Die Verlängerung eines nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristeten Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG setzt das Einverständnis des Arbeitnehmers voraus. Das Einverständnis muss vor dem vereinbarten Vertragsende vorliegen. Es bedarf nicht der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG und kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden.

Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter die Dauer eines nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristeten Arbeitsvertrags um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist. Die Verlängerungszeit wird nach § 2 Abs. 5 Satz 2 WissZeitVG nicht auf die zulässige Befristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG angerechnet.
Die Verlängerung der Vertragsdauer erfolgt nur im Einverständnis mit der Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG. Dabei ist es jedoch nicht erforderlich, dass die Parteien eine ausdrückliche Vereinbarung über die Verlängerung des Arbeitsvertrags getroffen haben.
Die Verlängerung des Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG um die in § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 WissZeitVG genannten Zeiträume tritt – wie bereits nach der Vorgängerregelung in § 57b Abs. 4 HRG aF – kraft Gesetzes („automatisch“) ein, sofern das Einverständnis des Arbeitnehmers vorliegt1. Die Vertragsverlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG erfordert deshalb keinen Vertragsschluss. Das Erfordernis des Einverständnisses des Arbeitnehmers soll lediglich verhindern, dass der Verlängerungsautomatismus gegen seinen Willen eintritt. Die Einverständniserklärung des Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung2. Während eine Willenserklärung iSd. §§ 145 ff. BGB auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge kraft rechtsgeschäftlichen Willens gerichtet ist, sind geschäftsähnliche Handlungen auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten3. Ebenso wie die Mahnung iSv. § 286 Abs. 1 BGB oder die Geltendmachung eines Anspruchs iSv. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG4 ist die Einverständniserklärung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge kraft rechtsgeschäftlichen Willens, sondern der durch Gesetz angeordneten Rechtsfolge der Verlängerung der Dauer des nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristeten Vertrags gerichtet.
Auch bedurfte ihre Einverständniserklärung der Arbeitnehmerin nicht der Schriftform. § 14 Abs. 4 TzBfG gilt für die Einverständniserklärung nicht. Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf nur die Vereinbarung der Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG erfolgt nicht aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, sondern kraft Gesetzes. Dieser Tatbestand fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 4 TzBfG5. Das Einverständnis kann daher nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden. Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Einverständnis zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Auf die Auslegung rechtsgeschäftsähnlicher Erklärungen sind die §§ 133, 157 BGB entsprechend anzuwenden6. Die Auslegung obliegt grundsätzlich den Gerichten der Tatsacheninstanz. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung ist in der Revisionsinstanz ebenso wie die Auslegung nichttypischer Vertragserklärungen nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist7.
Wenngleich das Gesetz keine Frist zur Erklärung des Einverständnisses vorsieht, muss sie vor dem vereinbarten Vertragsende abgegeben werden8. Liegt das Einverständnis bis zum vereinbarten Vertragsende nicht vor, tritt eine Verlängerung der Dauer des Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG nicht ein. Die Dauer eines Arbeitsvertrags kann sich automatisch nur verlängern, wenn sie noch nicht abgelaufen ist.
Danach hat die Arbeitnehmerin im hier entschiedenen Fall ihr Einverständnis zu der Verlängerung des Arbeitsvertrags rechtzeitig nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG erklärt: Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Einverständnis sei von der Arbeitnehmerin noch vor Vertragsablauf konkludent erklärt worden. Die Arbeitnehmerin habe ihre Arbeit nach Ablauf ihrer Elternzeit Anfang des Jahres 2013 in Kenntnis der Verlängerungsmitteilung des beklagten Landes vom 28.07.2011, in der sie über die gesetzliche Verlängerung und die Erforderlichkeit des Einverständnisses informiert worden sei, wieder aufgenommen und fortgeführt. Dabei habe sie in keiner Weise deutlich gemacht, dass sie ihr Einverständnis nicht habe erteilen wollen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis zum 31.12 2013 habe beenden wollen. Vielmehr habe sie sich widerspruchslos in die Abläufe der Fakultät einplanen lassen und selbst Termine und Arbeiten über den 31.12 2013 hinaus geplant. Die Arbeitnehmerin habe erkennbar den Willen gehabt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Es sei unerheblich, ob und wann die Personalabteilung der Universität von dem Einverständnis erfahren habe, da auf den Zugang der Einverständniserklärung nach § 151 BGB verzichtet werden könne.
Diese Ausführungen lassen für das Bundesarbeitsgericht keine Rechtsfehler erkennen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend gewürdigt, dass die Arbeitnehmerin nach Zugang des Schreibens des beklagten Landes vom 28.07.2011 und damit in Kenntnis des Verlängerungstatbestandes und des Erfordernisses ihres Einverständnisses Arbeiten und Termine für die Zeit nach dem 31.12 2013 eingeplant hat. Damit hat die Arbeitnehmerin ihr Einverständnis mit der Vertragsverlängerung nach außen erkennbar zum Ausdruck gebracht.
Es ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht den Zugang der Einverständniserklärung bei den vertretungsberechtigten Personen des beklagten Landes nach § 151 Satz 1 BGB für entbehrlich gehalten hat. Zwar ist für die Wirksamkeit des Einverständnisses grundsätzlich entsprechend § 130 BGB dessen Zugang bei dem Arbeitgeber erforderlich9. Der Zugang der Einverständniserklärung ist aber entsprechend § 151 Satz 1 BGB entbehrlich, wenn der Zugang nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Arbeitgeber auf den Zugang verzichtet hat10. Das beklagte Land hatte im Schreiben vom 28.07.2011 den Verzicht auf den Zugang der Einverständniserklärung der Arbeitnehmerin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Das beklagte Land hat die Arbeitnehmerin nicht zur Erklärung des Einverständnisses aufgefordert. Es hat vielmehr mitgeteilt, mit ihrer Zustimmung verlängere sich ihr Arbeitsvertrag nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG bis zum 23.01.2016. Aus dieser Formulierung kann entnommen werden, dass das beklagte Land von dem Einverständnis der Arbeitnehmerin mit der Verlängerung der Dauer des Vertrags ausging, wenn sie dieser nicht widerspricht.
§ 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG erlaubt für wissenschaftliches Personal, das – wie die Arbeitnehmerin – promoviert ist, eine Befristungsdauer von bis zu sechs Jahren nach Abschluss der Promotion. Innerhalb der zulässigen Höchstbefristungsdauer sind nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags möglich. Die Zeit der Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG wird nach § 2 Abs. 5 Satz 2 WissZeitVG nicht auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer angerechnet.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. August 2017 – 7 AZR 524/15
- vgl. BT-Drs. 16/3438 S. 15; ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 17; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 175; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 68; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 80[↩]
- ebenso Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 607; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Dezember 2016 § 2 WissZeitVG Rn. 107; ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 17; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 176; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 69; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 80[↩]
- vgl. BAG 11.10.2000 – 5 AZR 313/99, zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 96, 28[↩]
- vgl. dazu BAG 22.05.2014 – 8 AZR 662/13, Rn. 21, BAGE 148, 158[↩]
- vgl. etwa NK-GA/Boemke § 2 WissZeitVG Rn. 50; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 605; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Dezember 2016 § 2 WissZeitVG Rn. 107; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 176; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 69; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 80[↩]
- vgl. BAG 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, Rn. 62; 7.07.2010 – 4 AZR 549/08, Rn. 92 mwN, BAGE 135, 80[↩]
- vgl. zur Geltendmachung eines Anspruchs im Zusammenhang mit der Einhaltung tariflicher Ausschlussfristen: BAG 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, Rn. 62; 11.12 2003 – 6 AZR 539/02, zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 109, 100[↩]
- so auch NK-GA/Boemke § 2 WissZeitVG Rn. 50; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Dezember 2016 § 2 WissZeitVG Rn. 108; ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 17; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 177; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 69; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 81[↩]
- vgl. NK-GA/Boemke § 2 WissZeitVG Rn. 50; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Dezember 2016 § 2 WissZeitVG Rn. 107[↩]
- vgl. BAG 10.12 1992 – 8 AZR 20/92, zu B II 2 b der Gründe, BAGE 72, 95; zur Entbehrlichkeit der Annahmeerklärung des Arbeitnehmers im Falle der betrieblichen Übung vgl. etwa: BAG 17.11.2015 – 9 AZR 547/14, Rn. 16; 13.05.2015 – 10 AZR 266/14, Rn. 11[↩]