Befristung – bei vorübergehendem Bedarf an der Arbeitsleistung für ein Projekt

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.

Befristung – bei vorübergehendem Bedarf an der Arbeitsleistung für ein Projekt

Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf in dem Betrieb oder der Dienststelle kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht1, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird2.

Der Sachgrund setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb oder der Dienststelle kein dauerhafter Bedarf mehr besteht.

Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds für die Befristung. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen3.

Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen darf4.

Der Arbeitgeber kann sich zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt.

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Daueraufgaben des Arbeitgebers sind Tätigkeiten, die im Rahmen seiner unternehmerischen Ausrichtung ständig und im Wesentlichen unverändert anfallen. Davon abzugrenzen sind Zusatzaufgaben, die nur für eine begrenzte Zeit durchzuführen sind und keinen auf längere Zeit planbaren Personalbedarf mit sich bringen. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Für das Vorliegen einer Zusatzaufgabe bzw. eines Projekts spricht es regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der in dem Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden.

Allerdings kann auch die Durchführung zeitlich begrenzter Vorhaben zu den Daueraufgaben des Arbeitgebers gehören. Das kann der Fall sein, wenn die in diesen Vorhaben zu verrichtenden Tätigkeiten im Rahmen des von dem Arbeitgeber verfolgten Betriebszwecks ihrer Art nach im Wesentlichen unverändert und kontinuierlich anfallen und einen planbaren Beschäftigungsbedarf verursachen. Werden die Tätigkeiten hingegen entweder nur unregelmäßig – zB nur aus besonderem Anlass – ausgeführt oder sind sie mit unvorhersehbaren besonderen Anforderungen in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verbunden und verursachen sie deshalb keinen vorhersehbaren Personalbedarf sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals, handelt es sich um Zusatzaufgaben. Im Bereich der Daueraufgaben kann sich der Arbeitgeber nicht dadurch Befristungsmöglichkeiten schaffen, dass er diese Aufgaben künstlich in „Projekte“ zergliedert. Kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Betriebszwecks einen im Wesentlichen unveränderten Personalbedarf prognostizieren und einschätzen, ist es ihm regelmäßig verwehrt, den entsprechenden Arbeitsanfall unter Berufung auf die Grundsätze der Projektbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG mit befristet beschäftigten Arbeitnehmern zu bewältigen5.

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Wird ein Arbeitnehmer für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt, muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose des Arbeitgebers bedarf es ausreichend konkreter Anhaltspunkte6. Die Prognose muss sich auf den durch die Beendigung des konkreten Projekts vorhersehbaren Wegfall des zusätzlichen Beschäftigungsbedarfs für den befristet eingestellten Arbeitnehmer beziehen. Es ist unerheblich, ob der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach Fristablauf aufgrund seiner Qualifikation auf einem freien Arbeitsplatz außerhalb des Projekts befristet oder unbefristet beschäftigt werden könnte7.

Die Beurteilung, ob der Arbeitnehmer in einem Projekt oder im Rahmen von Daueraufgaben des Arbeitgebers beschäftigt werden soll, obliegt den Tatsachengerichten8. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob es diese Rechtsbegriffe verkannt, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat oder ob die Würdigung in sich widersprüchlich ist9.

Maßgebend für die Feststellung des betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG sind im Bereich des öffentlichen Dienstes die Verhältnisse in der Dienststelle, für die der Arbeitnehmer befristet eingestellt ist.

Ein die Befristung rechtfertigender vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden, die von dem beschäftigten Stammpersonal wegen einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung nicht erledigt werden können10.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. August 2019 – 7 AZR 572/17

  1. vgl. etwa BAG 16.01.2018 – 7 AZR 21/16, Rn. 16; 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn. 17 mwN[]
  2. vgl. hierzu BT-Drs. 14/4374 S.19[]
  3. st. Rspr. BAG 16.01.2018 – 7 AZR 21/16, Rn. 16; 21.03.2017 – 7 AZR 222/15, Rn. 28; 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 12 f., BAGE 133, 319; 11.02.2004 – 7 AZR 362/03, zu I 2 a der Gründe, BAGE 109, 339[]
  4. BAG 21.03.2017 – 7 AZR 222/15, Rn. 28; 15.05.2012 – 7 AZR 35/11, Rn. 30[]
  5. BAG 23.01.2019 – 7 AZR 212/17, Rn. 17; 21.11.2018 – 7 AZR 234/17, Rn. 27[]
  6. BAG 16.01.2018 – 7 AZR 21/16, Rn. 17; 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn.19; 24.09.2014 – 7 AZR 987/12, Rn. 18; 7.05.2008 – 7 AZR 146/07, Rn. 15; 7.04.2004 – 7 AZR 441/03, zu II 2 a aa der Gründe[]
  7. vgl. BAG 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn.19; 24.09.2014 – 7 AZR 987/12, Rn.19; 7.11.2007 – 7 AZR 484/06, Rn. 21[]
  8. BAG 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn. 18; 7.05.2008 – 7 AZR 146/07, Rn. 14; 7.11.2007 – 7 AZR 484/06, Rn.20[]
  9. vgl. zum eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab etwa BAG 24.08.2016 – 7 AZR 625/15, Rn. 17, BAGE 156, 170[]
  10. BAG 14.12 2016 – 7 AZR 688/14, Rn. 13[]