Vereinbaren die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses, kann diese nur dann nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gerechtfertigt sein, wenn der Vergleich zur Beilegung einer Streitigkeit über den Fortbestand oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird. Hierzu gehört auch ein Rechtsstreit, mit dem der Arbeitnehmer die Fortführung seines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Folgevertrags erreichen will.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG setzt voraus, dass der Vergleich zur Beilegung einer Bestandsstreitigkeit über den Eintritt oder die Wirksamkeit eines Beendigungstatbestands (Kündigung, Befristung, auflösende Bedingung, Aufhebungsvertrag) geschlossen wird oder dass durch den Vergleich ein Rechtsstreit beigelegt wird, mit dem der Arbeitnehmer die Fortführung seines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Folgevertrags erreichen will.
Der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis vereinbaren, unterliegt keiner weiteren Befristungskontrolle. Deren Funktion erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs, der regelmäßig sogar auf seinem Vorschlag beruht1. Neben der Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen eines befristeten Arbeitsverhältnisses setzt der Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über den Fortbestand des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses voraus. Dafür ist erforderlich, dass die Parteien gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen haben, ob bzw. wie lange zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Insbesondere muss der Arbeitnehmer nachdrücklich seine Rechtsposition vertreten und gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht haben. Der Arbeitgeber muss es daraufhin abgelehnt haben, den Arbeitnehmer entsprechend seiner Forderung zu beschäftigen2. Dadurch wird die missbräuchliche Ausnutzung des durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG eröffneten Sachgrunds verhindert und gewährleistet, dass der gerichtliche Vergleich nicht nur zur Protokollierung einer von den Arbeitsvertragsparteien vor Rechtshängigkeit getroffenen Vereinbarung benutzt wird3.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nur vor, wenn der die Befristung enthaltende Vergleich zur Beilegung eines Rechtsstreits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen wird. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine Bestandsstreitigkeit in diesem Sinne auch eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Fortführung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Folgevertrags sein kann.
Das Bundesarbeitsgericht hat den gerichtlichen Vergleich als Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG anerkannt, soweit die Parteien damit zur Beendigung eines Kündigungsschutzverfahrens oder eines sonstigen Feststellungsrechtsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eine Einigung erzielen4. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass dem Gericht als Grundrechtsverpflichteten iSd. Art. 1 Abs. 3 GG im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle die Aufgabe obliegt, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen, grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden. Diese aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht erfüllt das Gericht nicht nur durch ein Urteil, sondern auch im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Schlägt das Arbeitsgericht zur Beendigung des Verfahrens über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich vor, der eine weitere, allerdings zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist das im Regelfall eine hinreichende Gewähr dafür, dass diese Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz zu nehmen5.
Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfordert nicht, dass der Vergleich zur Beilegung einer Bestandsstreitigkeit über den Eintritt oder die Wirksamkeit eines Beendigungstatbestands6 abgeschlossen wird. Auch ein Vergleich in einem Rechtsstreit, mit dem ein Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Folgevertrags erreichen will, kann die in dem Vergleich vereinbarte Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG rechtfertigen. Derartige Streitigkeiten können beispielsweise Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2 GG, aus vertraglichen Zusagen, tariflichen Regelungen wie in § 30 Abs. 2 TVöD/TV‑L, aus § 242 BGB bei einem Betriebsübergang nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung7 oder aus § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB bei Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern zum Gegenstand haben. Vergleiche, die im Zusammenhang mit anderen Streitigkeiten (zB über eine Abmahnung) geschlossen werden und eine Befristung des Arbeitsverhältnisses vorsehen, erfüllen hingegen nicht die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG. Dies ergibt die Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG.
Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG kann jeder gerichtliche Vergleich einen Sachgrund für die darin vereinbarte Befristung abgeben8. Der Gesetzeswortlaut bringt nur zum Ausdruck, dass eine auf einer außergerichtlichen Einigung – also etwa auf einem Anwaltsvergleich nach § 796a ZPO – beruhende Befristungsabrede nicht zur Annahme eines Sachgrunds genügen soll; privilegiert ist nur der „gerichtliche“ Vergleich. Im Übrigen erweist sich eine grammatikalische Interpretation von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG als unergiebig9.
Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gebieten allerdings eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahin, dass nur gerichtliche Vergleiche zur Beilegung von Streitigkeiten über den Bestand oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die darin vereinbarte Befristung sachlich rechtfertigen. Ein gerichtlicher Vergleich kann nur deshalb ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags sein, weil durch die Mitwirkung des Gerichts an dem Vergleichsschluss gewährleistet wird, dass die Bestandsschutzinteressen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. Das Gericht kann seiner insoweit bestehenden Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG nur dann sachgerecht nachkommen, wenn es die wechselseitigen Rechtspositionen der Parteien hinsichtlich des (Fort-)Bestands des Arbeitsverhältnisses kennt. Dies ist typischerweise dann der Fall, wenn der Rechtsstreit über den (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnisses geführt wird, nicht jedoch, wenn sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Deshalb ist das Tatbestandsmerkmal des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG lediglich dann erfüllt, wenn der die Befristung enthaltende Vergleich zur Beilegung eines Rechtsstreits über den (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird10. Wenn § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG eine Befristung für den Fall als sachlich gerechtfertigt ansieht, dass die Parteien sich auf einen zeitlich begrenzten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verständigen und die Mitwirkung des Gerichts in aller Regel verhindert, dass die Bestandsschutzinteressen des Arbeitnehmers missachtet werden, gilt dies auch für einen Vergleich in einem Rechtsstreit, mit dem der Arbeitnehmer den Abschluss eines Folgevertrags begehrt. Auch in diesem Fall geht es darum, einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen durch eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen, dessen Weiterführung der klagende Arbeitnehmer anstrebt und auf dessen Beendigung sich der beklagte Arbeitgeber beruft. Auch bei einem auf Abschluss eines Folgevertrags gerichteten Rechtsstreit kann davon ausgegangen werden, dass sachfremde Befristungsabreden in Vergleichen ausgeschlossen sind, weil das am Zustandekommen des Vergleichs mitwirkende Gericht die Historie des Vertragsverhältnisses sowie die rechtlichen Risiken kennt und gewährleistet, dass der aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Bestandsschutz nicht kompensationslos preisgegeben wird.
Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG bestätigt. Der Gesetzgeber hat mit dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG geregelten Sachgrund an die bis dahin bestehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeknüpft. In den Gesetzesmaterialien des zum 1.01.2001 in Kraft getretenen Teilzeit- und Befristungsgesetzes ist beim Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG explizit auf diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwiesen. In der Gesetzesbegründung heißt es11: „Die Vereinbarung der Befristung eines Arbeitsvertrages im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs (Nummer 8) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein sachlich rechtfertigender Befristungsgrund. Durch die Vereinbarung eines befristeten Arbeitsvertrages kann ein Rechtsstreit über eine vorausgegangene Kündigung, die Wirksamkeit einer Befristung oder eine sonstige Bestandsstreitigkeit beendet werden. Die Mitwirkung des Gerichts an dem Vergleich bietet hinreichende Gewähr für die Wahrung der Schutzinteressen des Arbeitnehmers.“
Der Gesetzgeber hatte also neben Kündigungsschutz- und Befristungskontrollstreitigkeiten, die in den Entscheidungen nach altem Recht den jeweiligen Befristungsabreden überwiegend zugrunde lagen12, ausdrücklich auch „sonstige Bestandsstreitigkeiten“ vor Augen, die durch Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses im gerichtlichen Vergleich beigelegt werden können. Die Gesetzesbegründung geht daher davon aus, dass der Vergleich zur Beilegung einer „Bestandsstreitigkeit“ geschlossen wird. Vergleiche in anderen Streitigkeiten sollen von der Vorschrift somit nicht erfasst werden. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Gesetzgeber auch Rechtsstreitigkeiten über die Fortführung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Folgevertrags als Grundlage für einen gerichtlichen Vergleich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfassen wollte. Würde man den Begriff „sonstige Bestandsstreitigkeiten“ in einem engeren Sinne verstehen, bliebe als Anwendungsbereich praktisch nur der Streit um die Wirksamkeit von Aufhebungsverträgen. Für einen dahingehenden gesetzgeberischen Willen findet sich in den Materialien kein Anhaltspunkt.
Mit diesem Inhalt begegnet der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG keinen unionsrechtlichen Bedenken13.
Nach § 5 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu einer dieser Maßnahmen oder zu mehreren, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten14. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union in mehreren Entscheidungen ausgeführt und geklärt hat, ist es Aufgabe der nationalen Gerichte, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen15.
Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfordert daher zur Verhinderung missbräuchlicher Vertragsgestaltungen die verantwortliche Mitwirkung des Gerichts am Vergleichsschluss zur Beilegung eines offenen Rechtsstreits über den Bestand oder Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Damit ist grundsätzlich – also unabhängig von einer ggf. unionsrechtlich gebotenen Rechtsmissbrauchskontrolle – dem Ziel der Verhinderung des Rechtsmissbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ausreichend Rechnung getragen.
Danach sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für den Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfüllt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Parteien haben den Rechtsstreit über die Besetzung eines Dienstpostens als Wachmann und Diensthundeführer durch gerichtlichen Vergleich vom 04.03.2010 beigelegt. Der Vergleich wurde unter Mitwirkung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung des Eilverfahrens zur Sicherung der Teilnahme des Arbeitnehmers an einem Bewerberauswahlverfahren abgeschlossen. Mit dem Vergleich wurden sowohl das Eilverfahren als auch das auf Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Hauptsacheverfahren erledigt. Der Vergleich beendete daher einen offenen Streit der Parteien über die Fortführung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses. Während der Arbeitnehmer unter Berufung auf § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD meinte, bei der Besetzung auf einen der ausgeschriebenen Dienstposten berücksichtigt werden zu müssen, hatte die Arbeitgeberin seine Bewerbung zurückgewiesen. Im Ergebnis wollte der Arbeitnehmer mit den von ihm eingeleiteten Verfahren erreichen, sein bis zum 28.02.2011 befristetes Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin fortsetzen zu können.
Trotz des hiernach bestehenden Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG stellt sich das angefochtene Urteil nicht als zutreffend dar. Das Landesarbeitsgericht hat es zu Unrecht unterlassen, eine der – im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung unveröffentlichten – Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung entsprechende, aus Gründen des Unionsrechts gebotene, nach deutschem Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende umfassende Missbrauchskontrolle durchzuführen16.
Die Gerichte dürfen sich auch bei der Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sach-grunds beschränken (vgl. zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG BAG 13.02.2013 – 7 AZR 225/11, Rn. 36). Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen17. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen18.
Diese Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift19.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich aufgrund der stets gebotenen Gesamtabwägung näherer quantitativer Angaben dazu enthalten, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen für einen Missbrauch genau liegen. Er hat bisher nur grobe Orientierungshilfen gegeben. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften. Das Bundesarbeitsgericht hat bei einer Dauer von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten bei vier befristeten Arbeitsverträgen sowie keinen weiteren – vom Arbeitnehmer vorzutragenden – Umständen keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch gesehen20, während er bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und einer Anzahl von 13 Befristungen sowie einer gleichbleibenden Beschäftigung zur Deckung eines ständigen Vertretungsbedarfs davon ausgegangen ist, die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit der Vertretungsbefristung sei indiziert, könne aber vom Arbeitgeber noch widerlegt werden21.
Eine unionsrechtlich gebotene Prüfung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) ist nicht dann von vornherein ausgeschlossen, wenn die Befristung als Element einer Kette aus befristeten Arbeitsverhältnissen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigt ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Prüfung des institutionellen Rechtsmissbrauchs nicht nur erforderlich, wenn die streitgegenständliche (meistens die letzte) Befristung auf den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gestützt wird, sondern auch dann, wenn diese aus anderen Sachgründen gerechtfertigt sein soll. Eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung hängt nicht ausschließlich davon ab, welcher Sachgrund für die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Befristungsabrede vorliegt22. Zwar dürfte eine auf dem Wunsch des Arbeitnehmers beruhende Befristungsabrede als rechtsmissbräuchliche Gestaltungsform auszuschließen sein. Der Vergleich über die befristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG beruht jedoch nicht allein – und in der Regel nicht in erster Linie – auf dem Wunsch des Arbeitnehmers. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer regelmäßig an einer Dauerbeschäftigung interessiert ist, sich aber im Vergleichsweg auf eine befristete Beschäftigung einlässt, weil er das Prozessrisiko einer Abweisung seiner Klage über den (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnisses trägt.
Die Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des Vergleichs bietet keine abschließende Sicherheit dafür, dass sich die für sich betrachtet nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigte Vergleichsbefristung bei einer umfassenden Gesamtabwägung nicht (doch) als rechtsmissbräuchlich erweist.
Die Mitwirkung des Gerichts an dem Abschluss eines Vergleichs nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG kann nur gewährleisten, dass das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers berücksichtigt und ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der Prozessaussichten erzielt wird. Dazu wird in der Regel das Gericht die Parteien im Rahmen des Vergleichsgesprächs auf Chancen und Risiken des Rechtsstreits und ggf. auf rechtliche Folgerisiken hinsichtlich des Vergleichs und der darin vereinbarten Befristung hinweisen. Liegen nach der Einschätzung des Gerichts die Voraussetzungen einer missbräuchlichen Befristungskette vor, wird es von sich aus den Parteien keine Vergleichsbefristung vorschlagen. Geht in einem solchen Fall der Vergleich über die zeitlich beschränkte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf eine Anregung der Parteien zurück, kann ein gerichtlicher Hinweis erfolgen, dass sich die Befristung trotz des Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG möglicherweise als rechtsmissbräuchlich darstellen könnte. Letztlich liegt es allerdings auch bei einem gerichtlichen Vergleich in der Verantwortung der Parteien, ob und in welcher Weise sie sich verständigen und damit ggf. das Folgerisiko einer unzulässigen Befristungskette in Kauf nehmen.
Die gerichtliche Mitwirkung an dem Vergleich schließt es somit nicht aus, dass sich die für sich betrachtet nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigte Befristung – wie auch bei anderen Sachgründen – nach Prüfung aller Umstände des Einzelfalls als rechtsmissbräuchlich darstellt. Bringen die Parteien beispielsweise ihre unterschiedlichen Rechtsauffassungen über einen Anspruch auf eine dauerhafte Beschäftigung wiederholt zum Ausgleich, indem sie sich in gerichtlichen Vergleichen auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einigen, kann dies bei einer Gesamtbetrachtung uU zu einer unzulässigen Befristungskette führen. Auch lässt sich eine rechtsmissbräuchliche Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen nicht ohne weiteres dadurch legitimieren, dass die letzte Befristung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wird.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. November 2014 – 7 AZR 891/12
- vgl. BAG 15.02.2012 – 7 AZR 734/10, Rn. 25, BAGE 140, 368[↩]
- BAG 15.02.2012 – 7 AZR 734/10, Rn. 13 mwN, aaO[↩]
- BAG 26.04.2006 – 7 AZR 366/05, Rn. 28; 22.02.1984 – 7 AZR 435/82, zu 3 der Gründe, BAGE 45, 160[↩]
- BAG 26.04.2006 – 7 AZR 366/05, Rn. 27; 23.11.2006 – 6 AZR 394/06, Rn. 55, BAGE 120, 251; 15.02.2012 – 7 AZR 734/10, Rn. 13, BAGE 140, 368[↩]
- BAG 26.04.2006 – 7 AZR 366/05, Rn. 27 f. mwN; 23.11.2006 – 6 AZR 394/06, Rn. 55, aaO; 15.02.2012 – 7 AZR 734/10, Rn. 13, aaO[↩]
- Kündigung, Befristung, auflösende Bedingung, Aufhebungsvertrag[↩]
- vgl. BAG 13.05.2004 – 8 AZR 198/03, zu II 2 d cc der Gründe, BAGE 110, 336[↩]
- vgl. etwa ErfK/Müller-Glöge 14. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 75[↩]
- BAG 15.02.2012 – 7 AZR 734/10, Rn.20, BAGE 140, 368[↩]
- aA Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 154; MünchKomm-BGB/Hesse 6. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 70; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 99; KR-Lipke 10. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 340; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 90; Gravenhorst NZA 2008, 803 ff.[↩]
- BT-Drs. 14/4374 S.19[↩]
- vgl. etwa BAG 3.08.1961 – 2 AZR 117/60, BAGE 11, 236: Kündigung; 18.12 1979 – 2 AZR 129/78 -: Befristung; 9.02.1984 – 2 AZR 402/83 -: Befristung; 24.01.1996 – 7 AZR 496/95, BAGE 82, 101: Befristung; 22.10.2003 – 7 AZR 666/02 -: Befristung[↩]
- vgl. BAG 15.02.2012 – 7 AZR 734/10, Rn. 17, BAGE 140, 368[↩]
- vgl. EuGH 23.04.2009 – C‑378/07 ua. – [Angelidaki ua.] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, I‑3071[↩]
- vgl. EuGH 23.04.2009 – C‑378/07 ua. – [Angelidaki ua.] Rn. 106, aaO; 7.09.2006 – C‑53/04 – [Marrosu und Sardino] Rn. 56, Slg. 2006, I‑7213; 7.09.2006 – C‑180/04 – [Vassallo] Rn. 41, Slg. 2006, I‑7251[↩]
- grundlegend BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09, Rn. 36 ff., BAGE 142, 308 und – 7 AZR 783/10, Rn. 32 ff.; vgl. ferner 13.02.2013 – 7 AZR 225/11, Rn. 36 f.; 19.02.2014 – 7 AZR 260/12, Rn. 35 f. mwN[↩]
- EuGH 26.01.2012 – C‑586/10 – [Kücük] Rn. 40[↩]
- BAG 19.02.2014 – 7 AZR 260/12, Rn. 35 mwN[↩]
- vgl. BAG 13.02.2013 – 7 AZR 225/11, Rn. 37 mwN[↩]
- BAG 18.07.2012 – 7 AZR 783/10[↩]
- BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09, BAGE 142, 308; 19.02.2014 – 7 AZR 260/12, Rn. 38[↩]
- vgl. BAG 13.02.2013 – 7 AZR 225/11, Rn. 36[↩]