Berufsschullehrerin – und die Eingruppierung einer Quereinsteigerin

Eine als Berufsschullehrerin in den Fächern Spanisch und Politik eingesetzten Quereinsteigerin hat nach dem Eingruppierungserlass Niedersachsen1 mit einem für das Erstfach Spanisch qualifizierenden Masterstudium „Spanisch als Fremdsprache“ und einem in Kolumbien abgeschlossenen Studium „Finanzen und internationale Beziehungen“ keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II a BAT (entsprechend Entgeltgruppe 13 TV-L).

Berufsschullehrerin – und die Eingruppierung einer Quereinsteigerin

Die Vergütung der Berufsschullehrerin richtet sich nach dem Lehrer-Eingruppierungserlass, auf den § 3 des Arbeitsvertrages ausdrücklich verweist. Diese Vereinbarung basiert auf Nr. 5 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen des BAT, der gemäß § 2 des vertraglich in Bezug genommenen TVÜ-L durch den – ebenfalls vertraglich in Bezug genommenen – TV-L ersetzt wird, sowie darauf, dass nach näherer Maßgabe der Bestimmungen des TVÜ-L die bisherigen Eingruppierungsregelungen bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung maßgeblich bleiben.

Die für die Eingruppierung der Berufsschullehrerin danach bedeutsamen Vorschriften des Lehrer-Eingruppierungserlasses lauten wie folgt:

2.3 Die in der Anlage in den Merkmalen 3.1, 3.2, 23.1, 31, 32.1, 32.2, 41, 42.1 und 61.1 genannten Lehrkräfte, deren Studienabschluß nur für ein Unterrichtsfach geeignet ist, werden bei Erfüllung der sonstigen Anforderungen des Eingruppierungsmerkmals in der nächstniedrigeren VergGr. eingestuft und nach sechsjähriger Bewährung eine VergGr. höhergruppiert. Gegenüber der VergGr. II a gilt hierbei die VergGr. III als nächstniedrigere VergGr.

(…)

Ein Studienabschluß ist für ein Unterrichtsfach geeignet, wenn dieser Abschluß mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, die der Unterrichtstätigkeit entspricht. Für das zweite Unterrichtsfach kann vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden.

(…)

2.10

Für die einzelvertragliche Vergütungsvereinbarung der von den in der Anlage aufgeführten Eingruppierungsmerkmalen nicht erfaßten Lehrkräfte und in Zweifelsfällen ist meine Eingruppierungsfeststellung maßgebend. Zur Beurteilung und Bewertung sind mir die vollständigen Personalakten oder Bewerbungsunterlagen mit Lebenslauf, beglaubigten Zeugnissen über die Vor- und Ausbildung und die abgelegten Prüfungen (ggf. mit deutscher Übersetzung) vorzulegen. Ferner ist darzulegen, an welcher Schulform und in welchen Fächern die Lehrkraft überwiegend unterrichtet oder eingesetzt werden soll. Die Berichte sollen eine tabellarische Darstellung des Bildungsganges mit Hinweisen auf die Unterlagen und eine Stellungnahme zur Eingruppierung enthalten.

2.11 Bis zu einer endgültigen Entscheidung im Einzelfall sind die Lehrkräfte nach den Merkmalen zu vergüten, deren Eingruppierungskriterien sie unbedenklich erfüllen.

(…)

4. Lehrkräfte mit einer im Ausland oder in der ehemaligen DDR absolvierten Ausbildung

4.1 Bis zum 8.05.1945 außerhalb des früheren Reichsgebietes oder danach außerhalb des Geltungsbereichs des Beamtenrechtsrahmengesetzes ausgebildete Lehrkräfte sind auf Grund der auszuübenden Unterrichtstätigkeit – soweit sie in der Anlage nicht besonders erfaßt sind – nach den Merkmalen für die übrigen Lehrkräfte einzugruppieren, wenn ihre Ausbildung uneingeschränkt gleichwertig ist. Hierbei ist nicht entscheidend, für welche Schulform oder Schulstufe die Qualifikation erworben wurde. Es kommt vielmehr darauf an, mit welchem Ausbildungsgang in Niedersachsen oder in anderen Bundesländern die Ausbildung und Prüfung nach Art und Anlage uneingeschränkt gleichwertig sind. Als abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule gilt auch ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule im Ausland oder in der ehemaligen DDR, wenn es uneingeschränkt gleichwertig ist. Die Entscheidung behalte ich mir vor, soweit die Studienabschlüsse in der Anlage nicht besonders aufgeführt sind.

4.2 Eine angemessene andere Vor- und Ausbildung oder eine nur dem Rang nach gleichwertige Befähigung reicht für die Gleichwertigkeit nicht aus.

Die uneingeschränkte Gleichwertigkeit hat die Lehrkraft nachzuweisen2.

4.3 Bestehen Zweifel über den Wert der nachgewiesenen Ausbildung, so ist nach Nr. 2.10 zu verfahren. Bei Lehrkräften, die nicht allgemeinübliche Ausbildungsgänge in der ehemaligen DDR, in den europäischen Ländern oder in den USA durchlaufen haben, ist zunächst zu der in der ehemaligen DDR erworbenen Qualifikation eine Stellungnahme des Berliner Instituts für Lehrerfort- und -weiterbildung und Schulentwicklung – Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen – in 10715 Berlin, Uhlandstraße 97, und in den übrigen Fällen eine Stellungnahme der F. in 53113 F-Stadt, Lennéstraße 6, einzuholen.

(…)

V. Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen

VergGr

60. Lehrkräfte mit der Befähigung für eine Laufbahn des höheren Schuldienstes II a

61. Lehrkräfte in der Tätigkeit von Studienrätinnen und Studienräten

61.1 mit einem für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeigneten abgeschlossenen Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule II a

(…)

Das Merkmal 61.1 gilt nur mit der Einschränkung in Nr. 2.3 des RdErl.

Die Berufsschullehrerin erfüllte im hier entschiedenen Fall nicht das Merkmal V Nr. 60 der Anlage zum Lehrer-Eingruppierungserlass. Dieses setzt die Befähigung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes – nunmehr zweites Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Bildung – voraus. Dieses kann unter den Voraussetzungen der §§ 6 und 8 der Niedersächsischen Verordnung über die Laufbahn der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Bildung vom 19.05.20103, im Folgenden kurz: NLVO-Bildung erworben werden. Für eine Lehrbefähigung gemäß § 6 NLVO-Bildung fehlt der Berufsschullehrerin der Abschluss eines Studiums für ein Lehramt in Niedersachsen nebst Vorbereitungsdienst. Eine Lehrbefähigung nach § 8 NLVO-Bildung fehlt jedenfalls deshalb, weil die Berufsschullehrerin einen Mastergrad bzw. einen gleichwertigen Abschluss nur in Spanisch hat und der Abschluss „Spanisch als Fremdsprache“ nicht zwei Fächern im Sinne der Ausbildungs- und Prüfungsordnung zugeordnet werden kann.

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Die Berufsschullehrerin erfüllt auch nicht das Merkmal V. 61.1 der Anlage in Verbindung mit Nr. 2.3 des Lehrer-Eingruppierungserlasses. Sie hat nicht den erforderlichen Bildungsstand zum Unterrichten in einem zweiten Fach erworben.

Allein aufgrund des tatsächlichen Einsatzes der Berufsschullehrerin als Lehrkraft im Fach Spanisch und im Fach Politik kann nicht darauf geschlossen werden, das beklagte Land habe den für das zweite Unterrichtsfach gemäß Nr. 2.3 Satz 5 des Lehrer-Eingruppierungserlasses erforderlichen Bildungsstand anerkannt. Der Eingruppierungserlass stellt vergütungsrechtlich nur auf die Ausbildung, nicht auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ab. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden4.

Unstreitig ist die Berufsschullehrerin als Lehrkraft an einer berufsbildenden Schule mit dem Unterrichtsfach Spanisch eingesetzt. Gemäß § 6 Abs. 3 der Verordnung über Masterabschlüsse für Lehrämter in Niedersachsen vom 08.11.20075 – im Folgenden kurz: Nds. MasterVO-Lehr – und § 4 Abs. 2 Nds. MasterVO-Lehr ist Spanisch sowohl Unterrichtsfach für das Lehramt an berufsbildenden Schulen als auch für das Lehramt an Gymnasien. Die Berufsschullehrerin verfügt über eine im Ausland absolvierte Master-Ausbildung für „Spanisch als Fremdsprache“, die sie gemäß den Feststellungen des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 25.01.2012; und vom 18.09.2012 für den Quereinstieg in den niedersächsischen Schuldienst – sowohl an berufsbildenden Schulen als auch an Gymnasien – qualifiziert. Dies allein rechtfertigt gemäß V Nr. 61.1 der Anlage in Verbindung mit Nr. 2.3 Satz 1 Lehrer-Eingruppierungserlass eine Eingruppierung in die nächst niedrigere Vergütungsgruppe, hier der Vergütungsgruppe III BAT, welche nach den Regelungen des TVÜ-L der Entgeltgruppe 12 entspricht, nach der die Berufsschullehrerin bereits vergütet wird.

Die Berufsschullehrerin ist seit dem 01.01.2011 im weiteren Unterrichtsfach Politik eingesetzt. Ihr abgeschlossenes Studium der Finanzen ist unter Berücksichtigung des auszulegenden Merkmals Nr. 61.1 der Anlage in Verbindung mit Nr. 2.3 Lehrer-Eingruppierungserlass für die auszuübende Unterrichtstätigkeit jedoch nicht geeignet.

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Bei dem zum Vertragsinhalt gewordenen Nds. Lehrer-Eingruppierungserlass handelt es sich nach § 305 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB um allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie wurden von dem beklagten Land für eine Vielzahl von Verträgen mit Lehrkräften gleichlautend verwendet und der Berufsschullehrerin bei Abschluss des Formulararbeitsvertrages gestellt. Sie sind deshalb als typische Vertragsbedingungen auszulegen, wobei die Auslegung nicht nach den Regeln des Verwaltungsrechts vorzunehmen ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie vom verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders (§ 305 c Abs. 2 BGB).

Hiervon ausgehend ergibt die Auslegung des Merkmals Nr. 61.1 der Anlage in Verbindung mit Nr. 2.3 Lehrer-Eingruppierungserlass, dass das Studium für das erste und für das zweite Unterrichtsfach – für Letzteres auf dem Niveau einer Vor- oder Zwischenprüfung – inhaltlich im Wesentlichen einem Studium des Lehramtes für die jeweilige Schulform entsprechen muss.

Aus dem Wortlaut von Nr. 2.3 Lehrer-Eingruppierungserlass ergibt sich, dass ein Studium für ein Unterrichtsfach geeignet ist, wenn es inhaltlich der Lehramtsprüfung in einem vergleichbaren Fach derjenigen Schulform entspricht, in der die Unterrichtstätigkeit auszuüben ist. Dazu ist die auszuübende Unterrichtstätigkeit zunächst einem entsprechenden Lehramtsprüfungsfach zuzuordnen. Soweit in Nr. 2.3 Lehrer-Eingruppierungserlass veraltet von erster Staatsprüfung die Rede ist, ist dies unschädlich. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 NLVO-Bildung entspricht einer ersten Staatsprüfung der Mastergrad (Master of Education).

Für das Verständnis der Regelung ist auch die Anlage des Lehrer-Eingruppierungserlasses heranzuziehen. Nr. 2.3 des Lehrer-Eingruppierungserlasses einerseits und die Merkmale Nr. 3, 23, 31, 32, 41, 42 und 61 der Anlage beziehen sich jeweils aufeinander. In den Merkmalen der Anlage wird jeweils zwischen Lehrkräften mit der entsprechenden Laufbahnbefähigung und anderen Lehrkräften differenziert. Hinsichtlich der Berufsbildenden Schulen sind nach Nr. 60 und Nr. 61.1 der Anlage zum Lehrer-Eingruppierungserlass nur solche Lehrkräfte in die Vergütungsgruppe II a BAT (entsprechend Entgeltgruppe 13 TV-L) eingruppiert, die die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Schuldienstes haben oder „in der Tätigkeit von Studienrätinnen und Studienräten“ über ein für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeignetes abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule verfügen. Durch den Hinweis auf die Laufbahnbefähigung für den höheren Schuldienst bzw. auf die Tätigkeit von Studienrätinnen und Studienräten sind deutliche Bezüge zum landesrechtlichen Schul- und Beamtenrecht hergestellt. Nach § 5 Abs. 2 NLVO-Bildung eröffnet u. a. die Lehrbefähigung für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen und für das Lehramt an Gymnasien den Zugang für das zweite Einstiegsamt der Laufbahn der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Bildung (vormals höherer Schuldienst). Nach §§ 6 und 8 NLVO-Bildung erwirbt die Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien bzw. Berufsbildenden Schulen nur, wenn der Studienabschluss zwei Fächern im Sinne der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zugeordnet werden kann. Der Hinweis in Nr. 61.1 der Anlage zum Lehrer-Eingruppierungserlass auf Lehrkräfte „in der Tätigkeit von Studienrätinnen und Studienräten“, der Zusammenhang zur Regelung Nr. 60 sowie die Nr. 2.3 des Lehrereingruppierungserlasses zur Eignung eines Unterrichtsfaches zeigen hinreichend deutlich, dass eine der Lehramtsausbildung für die entsprechende Unterrichtstätigkeit vergleichbare wissenschaftliche Ausbildung erforderlich ist. Diese bezieht sich nach § 6 Abs. 1 Nds. MasterVO-Lehr bzw. der Vorgängerregelung in § 54 Abs. 3 Satz 4, § 47 Abs. 1 der Verordnung über die ersten Staatsprüfungen für Lehrämter im C. (PVO-Lehr I) vom 15.04.19986 für Studierende des Lehramtes der Berufsbildenden Schulen auf ein Unterrichtsfach, für das gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 Nds. MasterVO-Lehr mindestens 70 Leistungspunkte erworben werden müssen und eine berufliche Fachrichtung, bei der es sich um ein konkret berufsbezogenes Unterrichtsfach handelt, für das gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 Nds. MasterVO-Lehr mindestens 120 Leistungspunkte nachzuweisen sind. § 6 Abs. 4 Satz 1 Nds. Master-VO-Lehr verdeutlicht, dass das Lehramt an Berufsbildenden Schulen grundsätzlich nicht ohne Fachrichtung erworben werden kann.

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Hiervon ausgehend kann der ausgeübten Unterrichtstätigkeit der Berufsschullehrerin im Fach Politik als vergleichbares Prüfungsfach nur noch das Fach Politik/Wirtschaft (Lehramt Gymnasium) zugeordnet werden. Die Berufsschullehrerin ist neben Politik im Fach Spanisch eingesetzt. Spanisch ist Unterrichtsfach im Sinne des § 6 Abs. 3 Nds. MasterVO-Lehr. Es kann keiner beruflichen Fachrichtung im Sinne des § 6 Abs. 3 Nds. MasterVO-Lehr zugeordnet werden. Zwar ist auch Politik allgemeines Unterrichtsfach im Sinne des § 6 Abs. 3 Nds. MasterVO-Lehr. Mit zwei allgemeinen Unterrichtsfächern im Sinne des § 6 Abs. 3 Nds. MasterVO-Lehr kann jedoch keine Lehrbefähigung für Berufsbildende Schulen erworben werden. Da die Berufsschullehrerin selbst nicht behauptet, aufgrund ihres Studiums der Finanzen in der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften, der das Fach Politik zugeordnet werden kann, einen Bildungsstand auch nur auf dem Niveau einer Vor- oder Zwischenprüfung zu haben, verbleibt als vergleichbares Fach nur das Fach Politik/Wirtschaft (Lehramt Gymnasium), da mit einer Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien gegebenenfalls auch an Berufsbildenden Schulen unterrichtet werden kann. Wollte man auf zwei Unterrichtsfächer im Sinne des § 6 Abs. 3 Nds. MasterVO-Lehr abstellen, genügte bei berufsbildenden Schulen für einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 ein in zweifacher Hinsicht geringerer Wissensstand gegenüber einem Lehramtsinhaber der entsprechenden Schulform, denn Nr. 2.3 des Lehrereingruppierungserlasses setzt für das zweite Unterrichtsfach schon nur den Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung voraus, womit ersichtlich ein gewisses Mindestqualitätsniveau gesichert werden soll.

Soweit die Berufsschullehrerin unter Hinweis auf Urteile der 2. und 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen7 die Auffassung vertritt, die Regelung in Nr. 2.3 Sätze 5 und 6 Lehrer-Eingruppierungserlasses seien intransparent und unwirksam, kann dies vorliegend auf sich beruhen. Gegenstand der Verfahren 5 Sa 1434/14 E und 2 Sa 918/14 E war jeweils eine korrigierende Rückgruppierung. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Berufsschullehrerin hingegen ihre Höhergruppierung und stützt diese gerade darauf, dass für ihr zweites Unterrichtsfach die Eignungsvoraussetzungen im Sinne von Nr. 2.3 letzter Satz des Niedersächsischen Lehrereingruppierungserlasses erfüllt sind. Bei dieser Sachlage kann es auf eine Unwirksamkeit dieser Regelung wegen Intransparenz nicht ankommen. Die §§ 305 ff BGB dienen dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders. Zudem verbliebe es ansonsten bei der Regelung in Nr. 2.3 Satz 1 des Lehrereingruppierungserlasses.

Unzweifelhaft stimmt der Abschluss des Studiums der Finanzen und internationalen Beziehungen nicht mit den wesentlichen Inhalten der Masterprüfung im Fach Politik/Wirtschaft (Lehramt Gymnasium) überein. Nach der Stellungnahme der F. (ZAB) entspricht das Studium der Berufsschullehrerin einem deutschen Abschluss auf Bachelor-Ebene. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

Die Berufsschullehrerin erreicht aufgrund des in Kolumbien erworbenen Abschlusses des Studiums der Finanzen und wirtschaftlichen Beziehungen bezüglich des gymnasialen Unterrichtsfachs Politik/Wirtschaft derzeit selbst unter Zugrundelegung der ihr günstigsten Auslegung (§ 305 c BGB) nicht den Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung im Sinne der Nr. 2.3 des Eingruppierungserlasses.

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Von einem Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung kann nach Umstellung auf das Bachelor-/Mastersystem jedenfalls dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn deutlich weniger als 44 Prozent der nach Abzug eines fachdidaktischen Anteils von 25 Prozent erforderlichen Leistungspunkte nach der Nds. MasterVO-Lehr bezogen auf das entsprechende Lehramtsprüfungsfach erreicht bzw. inhaltlich nicht alle Kompetenzbereiche des Lehramtsstudiums auf Zwischenprüfungsniveau abgedeckt sind. Denn vor Umstellung auf das Bachelor-/Mastersystem wurde die Zwischenprüfung in der Regel am Ende des 4. von 9 erforderlichen Semestern, also nach knapp weniger als der Hälfte des Studiums abgelegt (§§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 Nr. 2 PVO-Lehr I, § 7 Abs. 1 Satz 1 NHG), wobei der fachdidaktische Anteil, der bei dem Lehramt für Gymnasien nach der Umstellung auf das Bachelor-/Mastersystem mindestens 20 Prozent beträgt (§ 4 Abs. 1 Nds. MasterVO-Lehr), herauszurechnen ist, weil er der Berufsschullehrerin gesondert bei dem Studienseminar Oldenburg vermittelt worden ist.

Das Niedersächsische Kultusministerium hat danach mit dem im Schreiben der Schulbehörde vom 25.01.2012 wiedergegebenen Erlass sowie mit Schreiben vom 18.09.2012 bei der Berufsschullehrerin das Vorliegen eines Zwischenprüfungsniveaus im maßgeblichen Zuordnungsfach ermessensfehlerfrei verneint.

Nach Nr. 2.10 Satz 1 und Nr. 4.3 Satz 1 Lehrer-Eingruppierungserlass ist in Zweifelsfällen, insbesondere hinsichtlich des Wert einer – wie hier – im Ausland erworbenen Ausbildung die Eingruppierungsfeststellung des Kultusministeriums maßgeblich. Damit haben die Parteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des beklagenden Landes im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB wirksam vereinbart. Nr. 2.10 des Eingruppierungserlasses enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt im Sinne von § 308 Nr. 4 BGB. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte nach § 315 ff BGB fallen nicht unter diese Vorschrift, wenn sie – wie hier – darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen8. Die Eingruppierungsfeststellung gemäß Nr. 2.10 Satz 1 Lehrer-Eingruppierungserlass hat insbesondere unter Berücksichtigung der im Satz 2 bis 4, ggf. Nr. 4.3 Satz 2 Eingruppierungserlass genannten Unterlagen und Umstände unter Beachtung festgelegter Vorgaben (Nr. 2.3 Lehrer-Eingruppierungserlass) und – mangels abweichender Vereinbarungen – „im Zweifel“ nach billigem Ermessen zu erfolgen9. Deshalb enthält Nr. 2.10 Satz 1 Lehrer-Eingruppierungserlass auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB. Insbesondere hat sich die Beklagte nicht vorbehalten, bereits zugesagte Leistungen wieder zu entziehen. Auch weicht Nr. 2.10 Satz 1 Lehrer-Eingruppierungserlass nicht im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB vom Gesetz ab. § 315 BGB sieht die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte ausdrücklich vor, wobei die Leistungsbestimmung auf Antrag des Gläubigers gerichtlich überprüft werden kann.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts scheitert das Eingruppierungsbegehren der Berufsschullehrerin nicht schon an einer positiven, gegebenenfalls mit Hilfe der Gerichte für Verwaltungssachen herbeizuführenden Eingruppierungsfeststellung bzw. Gleichwertigkeits-entscheidung des beklagten Landes. Der Lehrer-Eingruppierungserlass als Grundlage der Eingruppierungsfeststellung ist Bestandteil des Arbeitsvertrages und nicht nach den Regeln des Verwaltungsrechts auszulegen10. Er sieht für die Feststellung kein bestimmtes Verfahren, insbesondere kein Verwaltungsverfahren vor. Das Land hat gegenüber der Berufsschullehrerin auch nicht durch Verwaltungsakt entschieden. Vielmehr hat das Niedersächsische Kultusministerium durch Erlass – mithin verwaltungsintern gegenüber der nachgeordneten Landesschulbehörde aufgrund bestehender Weisungskompetenz – festgelegt, wie das Eingruppierungsbegehren der Berufsschullehrerin unter Berücksichtigung der beigebrachten Unterlagen zu behandeln ist. Diese Entscheidung des Ministeriums hat die Landesschulbehörde der Berufsschullehrerin lediglich mit einfachem Schreiben mitgeteilt. Jedenfalls bei dieser Sachlage sind die Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 315 BGB zur Überprüfung der Eingruppierungsfeststellung befugt11. Soweit das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.12.200212 davon ausgegangen ist, dass die Gleichwertigkeit eines im Ausland erworbenen Studienabschlusses durch förmliches Verwaltungsverfahren festzustellen ist, beruhte dies auf Besonderheiten des dort ausgelegten Erlasses des Kultusministeriums Nordrhein-Westfalen.

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Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen. Ihm verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle13.

Danach lässt die Leistungsbestimmung des beklagten Landes in der Verlautbarung vom 18.09.2012 keinen Ermessensfehler erkennen. Es ist zunächst vom zutreffenden Zuordnungsfach (Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften oder gymnasiales Unterrichtsfach Politik/Wirtschaft) ausgegangen und hat fehlerfrei festgestellt, dass das Studium der Finanzen nicht der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften auf dem Niveau einer Vor- oder Zwischenprüfung zugeordnet werden kann. Das Studium entspricht nach der Stellungnahme der ZAB einem deutschen Hochschulabschluss auf Bachelor-Ebene und ist auf den Beruf des Finanzwirts, nicht aber auf den Beruf des Lehrers zu beziehen. Das Kultusministerium hat mit Schreiben vom 18.09.2012 ausgeführt, dass in Bezug auf die berufliche Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften Studiennachweise hinsichtlich spezifischer Regelungen der sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland, bürgerliches- und EU-Recht und im Bereich personalwirtschaftlicher Problemstellungen fehlen. Solche Bescheinigungen hat die nach den allgemeinen Grundsätzen hinsichtlich der ihr Eingruppierungsbegehren rechtfertigenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastete Berufsschullehrerin auch im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht vorgelegt. Der Sachverständige W. hat das Vorliegen des erforderlichen Bildungsstandes bezüglich der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften aufgrund der zur Akte gereichten Unterlagen auf Seite 14 unter 9. ausdrücklich verneint und auf Seite 9 und 10 im Einzelnen den Standpunkt des beklagten Landes nachvollzogen, dass der Berufsschullehrerin ca. noch 25 Leistungspunkte fehlen, wobei der Gutachter seinerseits sogar zu einer noch höheren Zahl zu erbringender Leistungspunkte gelangt.

Aufgrund des ausländischen Studiums der Finanzen fehlen der Berufsschullehrerin auch Kompetenzen im gymnasialen Fach Politik/Wirtschaft auf dem Niveau einer Zwischenprüfung. Das beklagte Land hatte diesbezüglich das Fehlen der Methoden empirischer Sozialforschung sowie Inhalte zu dem Kompetenzbereich „Politik im Mehrebenensystem“ (Politisches System und Politikfelder in der Bundesrepublik Deutschland und europäische Integration sowie Sozialstruktur und Sozialisationsprozesse) beanstandet. Der Sachverständige W. bestätigt die Einschätzung des Kultusministeriums und verneint einen Bildungsstand auf einem angenommenen Niveau einer Zwischenprüfung für das Fach Politik/Wirtschaft für das Lehramt an Gymnasien unter dem Aspekt des Umfangs der Studienleistungen. Danach sind insgesamt lediglich 15 Leistungspunkte für in Kolumbien erbrachte Leistungen im sozial-wissenschaftlichen Anteil des Unterrichtsfach Politik/Wirtschaft für das Lehramt an Gymnasien anrechenbar. Ausgehend von mindestens 95 erforderlichen Leistungspunkten (§ 4 Abs. 1 MasterVO-Lehr) läge dies selbst bei einem Abzug von 25 Prozent fachdidaktischen Anteils in Ansehung der von der Berufsschullehrerin separat bei dem Studienseminar Oldenburg erbrachten Leistungen deutlich unter 44 Prozent der verbleibenden Punktzahl. Zwar trifft der Einwand der Berufsschullehrerin zu, die 15 Leistungspunkte beträfen nur den sozialwissenschaftlichen Anteil des Studiums, doch hat der Sachverständige unter Ziffer 8 des Gutachtens im Einzeln nachvollziehbar begründet, warum sich für den Anteil der ökonomischen Bildung aus dem Unterrichtsfach Politik/Wirtschaft jedenfalls keine relevante Anrechnung mehr ergeben kann. Bei dieser Sachlage war die von der Berufsschullehrerin vorsorglich beantragte Ergänzung des Gutachtens nicht veranlasst. Sie hat keine Anknüpfungstatsachen dafür vorgetragen, warum sich in Bezug auf die für den Bereich Ökonomische Bildung bedeutsamen Themen „Fachdidaktik“ und „Berufsorientierung von Jugendlichen in den Schulen“ eine nennenswerte Anrechnung von Kreditpunkten ergeben soll. Ihr Studium hat sie für den Bereich des Finanzwirts, nicht für den des Lehrers qualifiziert.

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Die Berufsschullehrerin erfüllt auch nicht unter weiterer Berücksichtigung ihres am 31.07.2013 an der Universität Oldenburg absolvierten Moduls „Politisches System Deutschlands und der Europäischen Union“ ab dem 01.08.2013 den Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung in Bezug auf die Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften (BBS) bzw. des gymnasialen Unterrichtsfachs Politik/Wirtschaft. Es ist unschädlich, dass eine neue Eingruppierungsfeststellung des Kultusministeriums vor Abschluss dieses Verfahrens nicht getroffen werden soll. Bei Verzögerung kann die Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht getroffen werden. Unter Berücksichtigung der Ausführung unter Ziffer 4.2 und Ziffer 8 im Gutachten des Sachverständigen W. ergibt sich jedoch auch unter Einbeziehung der für dieses Modul unstreitig anzusetzenden 6 Leistungspunkte vom Studienumfang der erforderliche Bildungsstand nicht.

Das Höhergruppierungsbegehren der Berufsschullehrerin ist nicht gemäß Abschnitt B V in Verbindung mit IV Nr. 1 der Lehrer-Richtlinien der TdL gerechtfertigt. Danach bestünde ein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TV-L nur, wenn die Berufsschullehrerin aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern hätte. Dies ist nach dem Vorstehenden nicht der Fall.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass sich der geltend gemachte Anspruch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ergibt. Der Vortrag der Berufsschullehrerin lässt schon nicht erkennen, welche nach Entgeltgruppe 13 TV-L vergüteten Mitarbeiter sie für vergleichbar erachtet und in welcher Weise diese jeweils qualifiziert sind und eingesetzt werden. Näherer Vortrag hierzu wäre jedoch erforderlich gewesen, weil das beklagte Land eine Ungleichbehandlung unter Hinweis darauf bestritten hat, dass es den Runderlass als kollektives Vergütungssystem gleichermaßen auf alle ihm unterfallenden Lehrer anwende.

Ein Anspruch der Berufsschullehrerin ergibt sich schließlich nicht aus dem Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L) vom 28.03.2015 für die Zeit ab 01.08.2015. Es besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass nach der Anlage zum TV EntgO-L (Entgeltordnung Lehrkräfte) allenfalls eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 in Betracht kommt, nach welcher die Berufsschullehrerin bereits vergütet wird.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 28. September 2016 – 13 Sa 1292/13 E

  1. Runderlasses des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 15.01.1996 zur Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis nach dem BAT beschäftigten Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen, Nds. MBl.1996 Nr. 11 Seite 334, in der Fassung vom 02.02.1998, Nds. MBl.1998 Nr. 12 Seite 476[]
  2. BAG, Urteil vom 30.01.1980, AP Nr. 6, §§ 22 und 23 BAT Lehrer[]
  3. Nds. GVBl. Nr. 14/2010 Seite 218[]
  4. BAG 22.01.1999 – 10 AZR 597/97, Juris Rn 40[]
  5. Nds. GVBl 2007 Seite 488[]
  6. Nds.GVBl 1998, 399[]
  7. LAG Niedersachsen, Urteil evom 09.07.2015 – 5 Sa 1434/14 E; und vom 09.09.2015 – 2 Sa 918/14 E[]
  8. BAG 15.05.2013 – 10 AZR 679/12 Rn 27[]
  9. BAG, aaO Rn 32[]
  10. BAG 16.04.2015 – 6 AZR 352/14 Rn 25[]
  11. vgl. auch BAG 27.01.1999 – 10 AZR 597/97, Rn 38[]
  12. BAG, Urteil vom 12.12.2002 – 8 AZR 37/02[]
  13. BAG 19.03.2014 – 10 AZR 622/13 Rn 41 f[]