Betriebliche Altersversorgung – und die Feststellungsklage des Ehegatten

Bei einem Streit um eine im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung bestehende Hinterbliebenenversorgung ist zwar eine Feststellungsklage des Arbeitnehmers, nicht aber auch eine solche seines Ehegatten zulässig.

Betriebliche Altersversorgung – und die Feststellungsklage des Ehegatten

Der Antrag ist – bei gebotener Auslegung – auf die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten gerichtet, der Ehefrau bei Eintritt des Nachversorgungsfalls „Tod des Arbeitnehmers“, soweit die Ehe bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden hat, eine Hinterbliebenenrente nach der für das von der Beklagten gegebene Versorgungsversprechen maßgeblichen Versorgungsregelung zu gewähren.

Für den so verstandenen Klageantrag sind die Voraussetzungen des § 256 ZPO für die Klage des Arbeitnehmers, nicht jedoch für die der Ehefrau gegeben.

Das Klagebegehren des Arbeitnehmers erfüllt die Voraussetzungen von § 256 Abs. 1 ZPO.

Die Klage richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien. Bei einer Hinterbliebenenversorgung als Teil des Versorgungsversprechens an den Arbeitnehmer handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB. Dieser berechtigt den Arbeitnehmer, die Leistungen auch selbst geltend zu machen, § 335 BGB1. Bei Versorgungszusagen, die auf kollektiv-rechtlichen Regelungen beruhen, gilt nach dem Zweck des Betriebsrentengesetzes nichts anderes2.

Unerheblich ist, dass im Rahmen der dem Arbeitnehmer erteilten Versorgungszusage die Hinterbliebenenversorgung lediglich eine einzelne Verpflichtung darstellt. Eine Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken3.

Der Arbeitnehmer hat auch ein rechtliches Interesse an alsbaldiger richterlicher Feststellung.

Die Beklagte stellt ihre Leistungspflicht bei Eintritt des Nachversorgungsfalls in Abrede.

Das Feststellungsinteresse fehlt auch nicht deshalb, weil die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt seines Ablebens noch nicht feststehen. Auch Rentner können durch ihr Spar- und Konsumverhalten bestehenden Versorgungslücken Rechnung tragen4.

Die Feststellungsklage ist zudem geeignet, die rechtliche Situation nach dem Ableben des Arbeitnehmers verbindlich zu klären. Der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach dem Eintritt des Nachversorgungsfalls bestimmt sich nach den Rechtsbeziehungen zwischen dem ursprünglich Versorgungsberechtigten, dem – ehemaligen – Arbeitnehmer, und dem die Versorgung schuldenden Arbeitgeber. Diese Rechtsbeziehungen können mit Rechtskraftwirkung, die sich aus materiell-rechtlichen Gründen auch auf die Hinterbliebenen erstreckt, zwischen dem ursprünglich Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner verbindlich geklärt werden. Die gerichtliche Entscheidung entfaltet damit präjudizielle Wirkung auch für nachfolgende Prozesse zwischen dem Hinterbliebenen und dem vormaligen Arbeitgeber.

Die Feststellungsklage der Ehefrau erfüllt die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO hingegen nicht und ist deshalb unzulässig. Die Ehefrau steht vor dem Eintritt des Nachversorgungsfalls – Vorversterben des Arbeitnehmers – in keinem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zur Beklagten.

Ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO wird durch die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder Sachen gebildet5. Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen hingegen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Gegenstand eines Feststellungsurteils können auch einzelne sich aus einem umfassenderen Rechtsverhältnis ergebende Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie der Umfang und der Inhalt einer Leistungspflicht sein6. Dabei muss sich das Feststellungsbegehren nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht7, insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken8.

Danach steht die Ehefrau vor dem Eintritt des Nachversorgungsfalls nicht in einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zur Beklagten9. Die Hinterbliebenenversorgung ist ein Teil des Versorgungsversprechens an den Arbeitnehmer und stellt einen Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB dar. Das Versprechen an den Dritten erfolgt dabei nach § 331 Abs. 1 BGB grundsätzlich in der Weise, dass der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel erst mit dem Tod des Versprechensempfängers erwirbt10. Der Dritte hat folglich bis zum Tod des Versprechensempfängers nur eine ungesicherte Aussicht auf den Erwerb, mithin ein rechtliches Nullum, vergleichbar der Stellung eines widerruflich Bezugsberechtigten bei der Lebensversicherung11. Auch insoweit gilt für kollektiv-rechtliche Regelungen nichts anderes.

Entgegen der vom Prozessbevollmächtigten der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht geäußerten Auffassung ändert daran auch der Umstand nichts, dass es sich bei einem Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung – auch im unionsrechtlichen Sinne – um Arbeitsentgelt des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers handelt. Denn die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses zugesagte Hinterbliebenenversorgung ist als Leistung der betrieblichen Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG – auch – Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Betriebszugehörigkeit12 und hat Entgeltcharakter. Der Hinterbliebene hat hingegen keine Arbeitsleistung erbracht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Juli 2018 – 3 AZR 731/16

  1. BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15, Rn. 13 mwN, BAGE 158, 154[]
  2. vgl. BAG 16.03.2010 – 3 AZR 594/09, Rn. 33, BAGE 133, 289[]
  3. BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15, Rn. 13, BAGE 158, 154; 28.06.2011 – 3 AZR 448/09, Rn. 18[]
  4. BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15, Rn. 14 mwN, BAGE 158, 154[]
  5. vgl. BGH 19.11.2014 – VIII ZR 79/14, Rn. 23 mwN[]
  6. vgl. BGH 19.11.2014 – VIII ZR 79/14, Rn. 24 mwN[]
  7. vgl. BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15, Rn. 13 mwN, BAGE 158, 154; 17.06.2014 – 3 AZR 412/13, Rn. 16 mwN[]
  8. BGH 2.03.2012 – V ZR 159/11, Rn. 16[]
  9. vgl. BAG 15.10.2013 – 3 AZR 294/11, Rn. 14, BAGE 146, 200[]
  10. vgl. BAG 30.09.2014 – 3 AZR 930/12, Rn. 14, BAGE 149, 200; 15.10.2013 – 3 AZR 294/11, Rn. 14 mwN; MünchKomm-BGB/Gottwald 7. Aufl. § 331 Rn. 2 mwN; Staudinger/Jagmann (2015) § 331 Rn. 4 mwN[]
  11. vgl. MünchKomm-BGB/Gottwald 7. Aufl. § 331 Rn. 1 iVm. § 328 Rn. 144; vgl. auch BGH 27.04.2010 – IX ZR 245/09, Rn. 3 mwN[]
  12. vgl. BAG 14.11.2017 – 3 AZR 781/16, Rn. 18[]