Der Erwerber eines Betriebs(teils) in der Insolvenz haftet nach § 613a Abs. 1 BGB für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Für die Leistungen, die auf Zeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet er auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem Betriebsrentengesetz der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) – der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung – nicht vollständig eintritt.
Dies entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht in den Klageverfahren zweier Arbeitnehmer, denen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden waren. Nach der Versorgungsordnung berechnet sich ihre Betriebsrente nach der Anzahl der Dienstjahre und dem – zu einem bestimmten Stichtag vor dem Ausscheiden – erzielten Gehalt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde am 1. März 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im April 2009 ging der Betrieb nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Betriebserwerberin über.
Einer der klagenden Arbeitnehmer erhält seit August 2015 von der Betriebserwerberin eine Betriebsrente in Höhe von. ca. 145,00 € und vom Pensions-Sicherungs-Verein eine Altersrente von ca. 817,00 €. Bei der Berechnung legte die Betriebserwerberin zwar die Versorgungsordnung einschließlich des zum maßgeblichen Stichtag vor dem Versorgungsfall bezogenen höheren Gehalts zugrunde, ließ aber den Anteil an der Betriebsrente, der vor der Insolvenz erdient war, außer Betracht. Der Pensions-Sicherungs-Verein setzte dagegen – wie im Betriebsrentengesetz vorgesehen – das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgebliche niedrigere Gehalt des Arbeitnehmers an. Der Arbeitnehmer hält die Betriebserwerberin für verpflichtet, ihm eine höhere Betriebsrente zu gewähren. Diese müsse sich nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung auf der Basis des höheren Gehalts unter bloßem Abzug des Betrags errechnen, den er vom Pensions-Sicherungs-Verein erhalte. Der andere Arbeitnehmer verfügte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht über eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft. Daher steht ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls nach dem Betriebsrentengesetz kein Anspruch gegen den Pensions-Sicherungs-Verein zu. Er hält die Betriebserwerberin für verpflichtet, ihm künftig eine Betriebsrente in voller Höhe zu gewähren.
In den Vorinstanzen haben das Landesarbeitsgericht Düsseldorf1 sowie das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz2 die Klagen abgewiesen. Die Revisionen der Arbeitnehmer hatten nun auch vor Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg:
Nach der – im Hinblick auf die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts einschränkenden – Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB durch die deutschen Arbeitsgerichte können die Arbeitnehmer mit ihren Klagebegehren nicht durchdringen. Danach haftet ein Betriebserwerber in der Insolvenz nicht für Betriebsrentenanwartschaften, die im Sinne von § 108 Abs. 3 Insolvenzordnung für die Zeit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind.
Diese Rechtsprechung ist – wie der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hat3- mit europäischen Unionsrecht vereinbar. Sie rechtfertigt sich nach der allgemeinen Regelung des Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG, der auch neben den nur in der Insolvenz geltenden Bestimmungen in deren Art. 5 anwendbar bleibt. Voraussetzung hierbei ist, dass ein Mindestschutz gewährt wird, der Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG entspricht. Dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz wird in der Bundesrepublik Deutschland durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den Pensions-Sicherungs-Verein gerichteten Anspruch gewährleistet.
Eine Haftung des neuen Arbeitgebers, der den Betrieb in der Insolvenz erworben hat, scheidet deshalb aus.
Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 26. Januar 2021 – 3 AZR 139/17 und 3 AZR 878/16