Betriebliche Altersversorgung – und die unangemessene Benachteiligung der Hinterbliebenen

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mit Urteil vom 21.02.20171 entschieden, dass die Beschränkung der Witwenrente in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die zur Zeit der Zusage mit dem Mitarbeiter verheirateten Person diesen in unzulässiger Weise benachteilige.

Betriebliche Altersversorgung – und die unangemessene Benachteiligung der Hinterbliebenen

Kennzeichnend für eine Hinterbliebenenversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG sei die Absicherung eines für den Todesfall bestehenden typisierten Versorgungsinteresses des Arbeitnehmers. Maßgebend für dieses Versorgungsinteresse sei, in welchem Näheverhältnis der Arbeitnehmer zu den abzusichernden Personen steht. Für die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung sei damit vertragstypisch, dass sie eine bestimmte Kategorie von Personen, die in einem abgrenzbaren Näheverhältnis zum Versorgungsberechtigten steht, absichere. Sage der Arbeitgeber für eine bestimmte Kategorie von Hinterbliebenen eine Hinterbliebenenversorgung zu, entspreche es der im Gesetz angelegten Vertragstypik, dass diejenigen Personen abgesichert würden, die in einem der Kategorie entsprechenden Näheverhältnis zum Arbeitnehmer stünden. Schränke der Arbeitgeber den danach erfassten Personenkreis zulasten des Arbeitnehmers in einer Versorgungszusage weiter ein, unterliege diese Einschränkung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Werde eine Witwenversorgung auf die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zusage im Arbeitsverhältnis mit dem Kläger verheiratete Ehefrau beschränkt, so weiche sie damit von der die Hinterbliebenenversorgung für nicht geschiedene Ehefrauen kennzeichnenden Vertragstypik ab. Eine solche Einschränkung benachteilige den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil dem typisierten Versorgungsinteresse der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung für nicht geschiedene Ehefrauen nicht entsprochen werde. Das sei nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt.

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Dass die Begrenzung der Hinterbliebenenversorgung im entschiedenen Fall – anders als vorliegend – abstrakt und nicht konkret formuliert war, ist unerheblich. In der Sache liegt eine Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung für Ehegatten und damit eine Abweichung von der Vertragstypik vor. Die namentliche Nennung des Ehegatten begründet vor Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ auch keine eigenen Rechte für die Hinterbliebenen, da dies der Hinterbliebenenversorgung fremd ist. Es liegt zwar ein Fall des Vertrags zugunsten Dritter iSv. § 328 BGB vor, jedoch keiner, der nicht ohne Zustimmung des Dritten geändert werden könnte. Es besteht nur eine ungesicherte Aussicht, ein rechtliches Nullum2.

Die Spruchkörper, zu denen eine Divergenz iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG in Betracht kommt, sind in dieser Vorschrift abschließend aufgezählt. Dazu gehören nicht die übrigen obersten Gerichtshöfe des Bundes und die ihnen nachgeordneten Gerichte. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG hat nur die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung innerhalb der Arbeitsgerichtsbarkeit zu sichern3.

Eine Abweichung der anzufechtenden Entscheidung von einer Entscheidung eines anderen Landesarbeitsgerichts rechtfertigt die Zulassung der Revision nur solange, als die Rechtsfrage nicht schon durch das Bundesarbeitsgericht entschieden worden ist, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG4.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18. Februar 2020 – 3 AZN 954/19

  1. BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15, Rn. 32 ff., BAGE 158, 154[]
  2. vgl. BAG 31.07.2018 – 3 AZR 731/16, Rn. 26 f., BAGE 163, 192[]
  3. BAG 29.01.1986 – 1 ABN 33/85, zu II 1 der Gründe[]
  4. vgl. BAG 10.02.1988 – 1 ABN 51/87, zu II 1 der Gründe[]
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