Haben die Betriebsparteien in einem Interessenausgleich aus Anlass einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG selbst festgelegt, welche Arbeitnehmer von dem Personalabbau betroffen sind (Namensliste), umfasst die Vermutungswirkung aus § 1 Absatz 5 KSchG auch den Umstand, dass es für die in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer keine geeigneten freien Arbeitsplätze gegeben hat, auf die man sie zur Vermeidung einer Kündigung hätte versetzen können1.

Nach § 1 Absatz 5 KSchG wird das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse für die Kündigung vermutet, wenn diese aufgrund einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG erfolgt und wenn die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind.
Die Vermutungswirkung aus § 1 Absatz 5 KSchG erstreckt sich auch auf das Nichtvorliegen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit2.
Nach § 1 Absatz 3 KSchG fehlt einer Kündigung auch dann die notwendige soziale Rechtfertigung, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Ergänzend heißt es in § 1 Absatz 5 KSchG, die soziale Auswahl könne im Falle des – hier gegebenen – Interessenausgleichs mit Namensliste nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
as Verfahren und die Methode, die die Arbeitgeberin im hier entschiedenen Fall zur Ermittlung der zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmer verwendet hat, sind nicht zu beanstanden. Bei der Bewertung der sozialen Schutzbedürftigkeit ihrer Arbeitnehmer mit einem Punktwert hat sich die Arbeitgeberin an Kriterien orientiert, die vom Bundesarbeitsgericht in einem vergleichbaren Falle als tragfähig anerkannt worden sind3.
Bei der Bildung der auswahlrelevanten Vergleichsgruppe hat die Arbeitgeberin ebenfalls auf anerkannte Methoden zurückgegriffen, in dem sie Gruppen von Arbeitnehmern mit vergleichbaren Fachkenntnissen (arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit) gebildet hat. Es ist auch methodengerecht, aus diesem Kreis weitere Arbeitnehmer auszuscheiden, deren weitere Beschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (vgl. § 1 Absatz 3 Satz 2 KSchG).
Letztlich ist es nicht zu beanstanden, dass die Arbeitgeberin in die Vergleichsgruppenbildung zusätzlich noch Altersgruppen eingebaut hat. Damit verfolgt sie das Ziel, die im Betrieb vorhandene Altersstruktur aufrecht zu erhalten. Die Erhaltung einer altersgemischten Belegschaft liegt sowohl im Interesse der Gesamtheit der Belegschaft als auch im Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers und ist daher legitim4.
Auch die Anwendung der gewählten Verfahren und Methoden auf den Fall des hiesigen Arbeitnehmers lässt jedenfalls nicht erkennen, dass die vorgenommene Auswahl grob fehlerhaft im Sinne von § 1 Absatz 5 Satz 2 KSchG ist. Die Arbeitgeberin hat für den Arbeitnehmer den zu Grunde zu legenden Punktwert zutreffend ermittelt. Die Beschäftigungszeiten von 1986 bis 1990 zu PGH-Zeiten können schon deshalb nicht mit berücksichtigt werden, da der Arbeitnehmer seinerzeit nicht auf Basis eines Arbeitsverhältnisses, sondern auf Basis des Genossenschaftsverhältnisses für die PGH tätig war5.
Der Arbeitnehmer trägt im Rahmen der Sozialauswahl die Darlegungs- und Beweislast (§ 1 Absatz 3 KSchG). Er muss daher diejenigen Umstände in den Rechtsstreit einführen, aus denen das Gericht den Schluss ziehen kann, dass der gekündigte Arbeitnehmer in der Lage gewesen wäre, die von ihm in den Blick genommenen Arbeitsplätze auch tatsächlich auszufüllen.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg -Vorpommern, Urteil vom 24. Februar 2015 – 2 Sa 218/14
- wie BAG 7.05.1998 – 2 AZR 536/97 – BAGE 88, 363, AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung – DB 1998, 1768[↩]
- BAG 7.05.1998 – 2 AZR 536/97– BAGE 88, 363, AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, DB 1998, 1768[↩]
- BAG 12.03.2009 – 2 AZR 418/07 – AP Nr. 97 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, DB 2009, 1932[↩]
- BAG 12.03.2009 aaO[↩]
- BAG 13.06.1996 – 8 AZR 20/94 – AP Nr. 1 zu § 15 AGB-DDR, DB 1996, 2393[↩]