Findet sich im Arbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen zum Arbeitsort, dann gilt der Betriebsort als vertraglich festgelegter Arbeitsort. Dies folgt schon aus § 269 Abs. 1 BGB, wonach mangels Leistungsbestimmung oder wenn sich der Ort der Leistung nicht aus der Natur des Schuldverhältnisses ergibt, der Leistungsort am Betriebssitz liegt. Eine Änderung des Arbeitsortes bzw. eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort als den vertraglich vereinbarten, ist nur möglich bei entsprechendem vertraglichen Versetzungsvorbehalt.

Im hier vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschiedenem Fall war daher die Versetzung des Klägers unwirksam. Sie ist insbesondere nicht durch das Direktionsrecht der beklagten Arbeitgebers gemäß § 106 Satz 1 GewO gedeckt. Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung gemäß § 106 Satz 1 GewO nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzlicher Vorschriften festgelegt sind.
Vertraglich ist eine Versetzung im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Genauso stehen der vorgenommenen Versetzung gesetzliche Vorschriften nicht entgegen. Ebenso wenig stehen der Versetzung Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen entgegen.
Allerdings gibt der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag ein solches örtliches Versetzungsrecht nicht her: Die Reichweite des Direktionsrechts ist durch Auslegung des Arbeitsvertrages zu ermitteln. Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. § 157 BGB verlangt eine Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Es sind demnach alle Begleitumstände zu würdigen, die dafür von Bedeutung sind, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung diese verstanden hat oder verstehen musste1. Die Vorstellungen der Erklärenden können aber nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie in der Erklärung und dem Gesamtzusammenhang mit dem Vertragsschluss einen wahrnehmbaren Ausdruck gefunden haben. Dabei kann auch auf die Interessenlage der vertragschließenden Parteien und die Zwecke des Arbeitsverhältnisses abgestellt werden2.
Enthält ein Arbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen zum Arbeitsort, gilt der Betriebsort als vertraglich festgelegter Arbeitsort3. Dies folgt schon aus § 269 Abs. 1 BGB, wonach mangels Leistungsbestimmung oder wenn sich der Ort der Leistung nicht aus der Natur des Schuldverhältnisses ergibt der Leistungsort am Betriebssitz liegt4.
Gilt aber der Betriebsort als vertraglich festgelegter Arbeitsort, umfasst das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers grundsätzlich nicht die Versetzung des Arbeitnehmers an einen anderen Arbeitsort. Die Befolgung einer Betriebsverlagerung an einen anderen Ort kann dann nicht mehr einseitig verlangt werden5.
Selbstverständlich kann in diesen Fällen aber vertraglich ein Versetzungsvorbehalt vereinbart werden6. Ob ein solcher Versetzungsvorbehalt vereinbart wurde und mit welcher Reichweite ist wiederum durch Vertragsauslegung zu ermitteln7.
Allerdings ist das Landesarbeitsgericht nicht der Auffassung, dass allein aufgrund einer fehlenden Regelung zum Arbeitsort in einem Arbeitsvertrag die volle Eröffnung eines Direktionsrechts über den Arbeitsort nach billigem Ermessen angenommen werden kann8. Denn ohne vertragliche Öffnungsklausel kann ein Arbeitgeber auch inhaltlich keine anderen Tätigkeiten zuweisen als die vertraglich (gegebenenfalls rahmenmäßig) vereinbarten9. Selbiges gilt in Bezug auf die Arbeitszeit. Ist die Lage der Arbeitszeit vertraglich vereinbart, kann hiervon nicht durch Direktionsrecht ohne Öffnungsklausel abgewichen werden10. Es ist nicht erkennbar, weshalb in Bezug auf den Ort der Arbeitsleistung etwas anderes gelten sollte.
Eine ausdrückliche Regelung über den Arbeitsort existiert im vorliegenden Fall nicht. Unter § 2 des Arbeitsvertrages ist lediglich der Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung geregelt. Dies ergibt sich schon aus der Überschrift „Tätigkeit“. Im Übrigen wird diese Tätigkeit mit der eines Montagearbeiters beschrieben. Soweit in § 2 des Arbeitsvertrages sodann noch geregelt ist, dass der Kläger auch verpflichtet ist, andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten, bezieht sich dies erkennbar nur auf den Inhalt der geschuldeten Tätigkeit und nicht auf den Ort.
Unter § 3 des Arbeitsvertrages befindet sich sodann eine Regelung zur Arbeitszeit. Diese soll festgesetzt werden entweder durch Weisung des Arbeitgebers, durch betriebliche Übung oder durch eine Betriebsvereinbarung. Eine vergleichbare Regelung zum Arbeitsort wurde ausdrücklich nicht vereinbart.
Dies war offenkundig zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch nicht erforderlich. Denn zum damaligen Zeitpunkt des Vertragsschlusses gab es nur einen Betriebsstandort. Dies wusste auch der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt bereits seit 30 Jahren bei der Beklagten beschäftigt war. Der Kläger konnte daher den Vertrag aus seinem Empfängerhorizont und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben, sowie unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs nur so verstehen, dass als alleiniger Beschäftigungsort der Betriebsstandort L. vereinbart war. Dies entspricht auch der Regelung des § 269 Abs. 1 BGB.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 12 des Arbeitsvertrages. Soweit darin geregelt ist, dass für die Arbeitsbedingungen die Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen der Betriebsstätte gelten, in der der Mitarbeiter eingesetzt ist, ist dies lediglich eine Konkretisierung des § 269 Abs. 1 BGB. Daraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass die Parteien möglicherweise schon an die Errichtung einer neuen Betriebsstätte gedacht haben, an der auch der Kläger einst eingesetzt werden dürfen sollte.
Selbiges gilt für § 16 des Arbeitsvertrages. Geregelt wird darin der Erfüllungsort. Insoweit regelt § 16 des Arbeitsvertrages aber nichts anderes als § 269 Abs. 1 BGB. Ein Versetzungsvorbehalt lässt sich daraus aber nicht entnehmen. Nur weil der Kläger in den vergangenen 38 Jahren insgesamt dreimal kurzzeitig und freiwillig einem Außenmontageeinsatz zugestimmt hat, lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger einem örtlichen Versetzungsrecht des Arbeitgebers zugestimmt hat.
Ist aber die örtliche Versetzung nach R. vertraglich ausgeschlossen, kommt es auf die Überprüfung des Ermessens nicht mehr an. Die Beklagte hätte die Durchsetzung des anderen Arbeitsorts durch eine Änderungskündigung des Klägers erreicht.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2010, 18 Sa 33/10
- BAG 29.10.1997 – 5 AZR 593/96, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51; Lakies in Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 23 Rn. 15[↩]
- LAG Rheinland-Pfalz, 23.09.2010 – 11 Sa 213/10[↩]
- Griese in Küttner Personalbuch, 2010, Weisungsrecht Rn. 10[↩]
- BAG 03.12.1985 – 4 AZR 325/84, AP TVG § 1 Tarifverträge Großhandel Nr. 5; Lakies in Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 23 Rn. 14 bis 16[↩]
- LAG München 24 02.1988 – 8 Sa 936/87 – DB 1988, 1553; Griese in Küttner Personalbuch, 2010, Rn. 10[↩]
- z. B. BAG 13.03.2007 – 9 AZR 433/06, AP BGB § 307 Nr. 26; BAG, 29.10.1997 aaO; LAG München, 24.02.1988 aaO[↩]
- BAG 25.08.2010 aaO[↩]
- anderer Ansicht BAG, 11.04.2006 – 9 AZR 557/05, BAGE 118, 22[↩]
- BAG, 27.03.1980 – 2 AZR 506/78, BAGE 33, 71[↩]
- BAG, 17. 07.2007 – 9 AZR 819/06, AP ZPO § 50 Nr. 17[↩]