Bei Leiharbeitsunternehmen stellt eine Auftragsnachfolge für sich allein betrachtet noch keinen Betriebsteilübergang im Sinne des § 613a Abs. 1 BGB dar1. Erforderlich für das Vorliegen eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs ist vielmehr zusätzlich die Übernahme eines übergangsfähigen Betriebes oder Betriebsteils.

Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist eine Gesamtbetrachtung maßgeblich, bei welcher die wirtschaftliche Einheit und ihre Identität im Mittelpunkt stehen. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebes auch beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben. Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss also – in Anlehnung an § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG – eine selbständige abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzweckes ein Teilzweck verfolgt wird. Das Merkmal des Teilzweckes dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung können wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur oder im Konzept einer Identitätswahrung entgegenstehen. Allerdings muss der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren. Es genügt, dass dieser die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen2.
Kennzeichnend für Leiharbeitsunternehmen ist im Allgemeinen das Fehlen einer eigenen Betriebsorganisation, nach der in einem solchen Unternehmen verschiedene entsprechend der Organisation des Veräußerers abtrennbare wirtschaftliche Einheiten bestimmt werden können3.
Bei Leiharbeitsunternehmen ist deshalb bei der Prüfung, ob eine solche Übernahme vorliegt, mangels einer abgrenzbaren Organisationsstruktur eine Prüfung vorzunehmen, bei welcher deren Besonderheiten Rechnung getragen wird, anstatt zu untersuchen, ob ihrer Organisationsstruktur nach eine wirtschaftliche Einheit vorgelegen hat, welche übernommen worden ist. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel bei ihm eine einsatzbereite Gesamtheit dargestellt haben, die als solche dazu ausgereicht hat, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen Dienstleistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können4.
Die Tätigkeit von Leiharbeitsunternehmen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie entleihenden Unternehmen – wie im Streitfalle der P – Arbeitnehmer vorübergehend zur Verfügung stellen, damit diese dort verschiedene Aufgaben entsprechend den Bedürfnissen und nach Anweisung des Entleihunternehmens wahrnehmen. Die Ausübung solcher Tätigkeiten erfordert insbesondere Fachkenntnisse, eine geeignete Verwaltungsstruktur zur Organisation des Verleihens der Arbeitnehmer und eine Gesamtheit von Leiharbeitnehmern, die sich in die entleihenden Unternehmen integrieren und für diese die geforderten Aufgaben wahrnehmen können. Dagegen sind weitere bedeutende Betriebsmittel für die Ausübung der in Rede stehenden wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht notwendig5.
An diesen Grundsätzen ändert im Streitfalle die Tatsache nichts, dass die vom Leiharbeitsunternehmen an den Entleiher entliehenen Tiefdrucker in deren Betriebsablauf eingegliedert waren, also insbesondere in die Schichtpläne an den Rotationsmaschinen eingeteilt waren. Die dem Entleiher überlassenen Arbeitnehmer blieben nämlich gleichwohl wesentliche Elemente, ohne die es dem Leiharbeitsunternehmen seinem Wesen nach nicht möglich gewesen wäre, seine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Außerdem bestätigt der Umstand, dass die überlassenen Arbeitnehmer mit des Leiharbeitsunternehmens durch ein Arbeitsverhältnis verbunden waren und dass sie unmittelbar von ihm entlohnt wurden, ihre Zugehörigkeit zum Leiharbeitsunternehmen und folglich ihren Beitrag zum Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit in diesem Unternehmen6.
Allerdings kann nur die Gesamtheit aus Verwaltungsangestellten, Leiharbeitnehmern und Fachkenntnissen den eigenen Zweck haben, Dienstleistungen zu erbringen, die darin bestehen, dem einzelnen Entleihunternehmen Arbeitnehmer vorübergehend gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Weiterhin muss für das Vorliegen einer übertragungsfähigen wirtschaftlichen Einheit hinzukommen, dass diese ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel und ohne Inanspruchnahme anderer Teile des Veräußerers einsatzbereit ist7.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für die Annahme einer übertragungsfähigen einsatzfähigen Gesamtheit zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel als solche ausreichen, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leiharbeitsunternehmens charakteristischen Dienstleistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile zu erbringen4. Danach schließt die Inanspruchnahme von Arbeitnehmern eines anderen Unternehmens durch das Leiharbeitsunternehmen zur Sicherstellung eines vertrags- und ordnungsgemäßen Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei den Entleihunternehmen die Annahme einer beim Veräußerer existierenden übergangsfähigen wirtschaftlichen Einheit aus.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – 8 AZR 1023/12
- st. Rspr., vgl. BAG 23.05.2013 – 8 AZR 207/12, Rn. 23 mwN[↩]
- vgl. BAG 27.01.2011 – 8 AZR 326/09, Rn. 23 mwN[↩]
- EuGH 13.09.2007 – C-458/05 [Jouini] Rn. 33, Slg. 2007, I-7301[↩]
- vgl. EuGH 13.09.2007 – C-458/05 [Jouini] Rn. 34, Slg. 2007, I-7301[↩][↩]
- EuGH 13.09.2007 – C-458/05 [Jouini] Rn. 35, Slg. 2007, I-7301[↩]
- vgl. EuGH 13.09.2007 – C-458/05 [Jouini] Rn. 36, Slg. 2007, I-7301[↩]
- vgl. EuGH 13.09.2007 – C-458/05 [Jouini] Rn. 37, Slg. 2007, I-7301[↩]