Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessfortsetzungsvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung. Sie ist vom Revisionsgericht deshalb von Amts wegen zu prüfen1.

War die Berufung der Beklagten unzulässig, ist auf die Revision des Klägers eine gleichwohl zu seinen Lasten ergangene Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung als unzulässig zu verwerfen2.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Die Frist zur Einlegung beginnt gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Danach war in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall die Berufung fristgerecht von der Beklagten eingelegt worden:
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) ist das erstinstanzliche Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Empfangsbekenntnis (§ 174 Abs. 4 ZPO) zugestellt worden. Voraussetzung einer wirksamen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis an eine der in § 174 Abs. 1 ZPO aufgeführten Personen ist neben der Übermittlung des Schriftstücks in Zustellungsabsicht die Empfangsbereitschaft des Empfängers. Die Entgegennahme des zuzustellenden Schriftstücks muss mit dem Willen erfolgen, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen. Zustellungsdatum ist deshalb der Tag, an dem der Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks persönlich Kenntnis erlangt, es empfangsbereit entgegennimmt und dies durch die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet3.
Danach ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei von einer Zustellung des erstinstanzlichen Urteils an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 5.10.2017 ausgegangen. Die am 2.11.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufungsschrift hat daher die Frist des § 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ArbGG gewahrt. Entsprechendes gilt sodann für die Frist zur Berufungsbegründung; diese ist fristwahrend am 4.12 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat das Empfangsbekenntnis unterschrieben und es mit dem Datum des 5.10.2017 versehen. Das Empfangsbekenntnis erbringt grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit für den Zeitpunkt der Zustellung. Jedoch steht dem Prozessgegner der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des im Empfangsbekenntnis angegebenen Datums offen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können4. Der Gegenbeweis ist nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist5.
Der Kläger hat keinen Beweis dafür angeboten, dass das handschriftlich auf dem Empfangsbekenntnis angegebene Datum falsch sei. Damit hat er die Beweiswirkung des Empfangsbekenntnisses nicht widerlegt6. Denn für das Datum der Zustellung ist nur entscheidend, ab wann der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Urteil als zugestellt gelten lassen wollte. Insoweit ist nicht dargetan, dass dies, anders als er es niedergeschrieben hat, schon vor dem 5.10.2017 der Fall war. Der Kläger hat sich im Berufungsverfahren lediglich auf eine lebensnahe Betrachtung der Postlaufzeiten berufen. Das Landesarbeitsgericht musste vor diesem Hintergrund den Gegenbeweis nicht als geführt betrachten.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. November 2019 – 5 AZR 21/19
- st. Rspr., vgl. BAG 3.07.2019 – 10 AZR 498/17, Rn. 11 mwN[↩]
- st. Rspr., vgl. BAG 24.10.2018 – 10 AZR 278/17, Rn. 13[↩]
- st. Rspr., vgl. BGH 22.10.2014 – IV ZB 13/14, Rn. 9; 19.04.2012 – IX ZB 303/11, Rn. 6 mwN[↩]
- BGH 12.09.2012 – XII ZB 642/11, Rn. 13[↩]
- vgl. BGH 19.06.2002 – IV ZR 147/01, zu II 1 der Gründe, zu § 212a ZPO aF[↩]
- vgl. BGH 22.10.2014 – IV ZB 13/14, Rn. 10[↩]
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