Kann das Geschlecht der Lehrkraft eine zulässige berufliche Anforderung im Sportunterricht darstellen? Das Bundesarbeitsgericht verneinte dies in einem aktuell entschiedenen Fall:

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte sich ein Sportlehrer im Juni 2017 ohne Erfolg bei einer genehmigten Privatschule in Bayern auf die für eine „Fachlehrerin Sport (w)“ ausgeschriebene Stelle beworben. Mit seiner Klage verlangt er von dem Schule eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG mit der Begründung, diese habe ihn entgegen den Vorgaben des AGG wegen seines Geschlechts benachteiligt. Die Schule hielt dagegen die Nichtberücksichtigung des Sportlehrers im Stellenbesetzungs-verfahren für nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig. Das Schamgefühl von Schülerinnen könnte beeinträchtigt werden, wenn es bei Hilfestellungen im nach Geschlechtern getrennt durchgeführten Sportunterricht zu Berührungen der Schülerinnen durch männliche Sportlehrkräfte komme bzw. diese die Umkleideräume betreten müssten, um dort für Ordnung zu sorgen.
Das Arbeitsgericht sowie in der Berufungsinstanz das Landesarbeitsgericht Nürnberg haben die Klage abgewiesen [1]. Die dagegen gerichtete Revision des Sportlehrers hatte nun vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg: Der Sportlehrer hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts kann nach § 8 Abs. 1 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung nur zulässig sein, wenn es um den Zugang zur Beschäftigung einschließlich der zu diesem Zweck erfolgenden Berufsbildung geht und ein geschlechtsbezogenes Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.
Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat die Schule nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht den Vorgaben des AGG und des Unionsrechts entsprechend dargetan, dass für die streitgegenständliche Stelle ein geschlechtsbezogenes Merkmal eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung im Sinne von § 8 Abs. 1 AGG ist.
Über die Höhe der Entschädigung konnte der Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht selbst entscheiden. Dies führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2019 – 8 AZR 2/19
- LAG Nürnberg, Urteil vom 20.11.2018 – 7 Sa 95/18[↩]
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