Das Qualifizierungschancengesetz – Anspruch und Vorteile

Das Qualifizierungschancengesetz ist die rechtliche Grundlage, auf der die Qualifizierungsoffensive der Bundesregierung aufbaut. Es trat am 01.01.2019 in Kraft und wird seitdem auf aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt angepasst (zuletzt im April 2020). Es beinhaltet die Fördermöglichkeiten für berufliche Weiterbildungen. Dabei gibt es Regelungen zur Finanzierung von Fortbildungen für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbstständige.

Das Qualifizierungschancengesetz – Anspruch und Vorteile

Ziel des Qualifizierungschancengesetzes

Das oberste Ziel des Qualifizierungschancengesetzes ist die Eindämmung des Fachkräftemangels. Daneben werden die Möglichkeiten des Qualifizierungschancengesetzes von Arbeitgebern aber auch genutzt, den Mitarbeitern die Kurzarbeitszeiten mit Weiterbildungsangeboten angenehmer zu gestalten und sie zugleich auf neue Aufgaben vorzubereiten. Strukturwandel und Digitalisierung bringen zudem einen erhöhten Bedarf an qualifizierten Kräften mit sich. Auch hier sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht aufgrund finanzieller Engpässe benachteiligt sein und können Fördermittel beantragen.

Für verschiedene Positionen im Unternehmen ist ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl auch der Nachweis über qualifizierte Angestellte zu erbringen. Hierunter fallen beispielsweise die Sicherheitsbeauftragten, die für Unfallverhütung, Ergonomie am Arbeitsplatz und die Vermeidung von gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten zuständig sind. Aber auch Datenschutz- oder QM-Beauftragte werden mittels geförderter Weiterbildungen geschult.

Um Beschäftigte qualifizieren zu lassen und dies gefördert zu bekommen, müssen die Bildungsangebote den Vorgaben der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) entsprechen. Das bedeutet, sowohl Bildungsanbieter wie auch das konkrete Bildungsangebot, müssen nach AZAV zertifiziert sein. Diese Zertifizierungsrichtlinien gelten schon lange, wie es auch einige Förderinstrumente aus dem Qualifizierungschancengesetz bereits seit langem gibt. Nicht zertifizierte Maßnahmen können unter besonderen Voraussetzungen gefördert werden, die im Einzelfall zu prüfen sind.

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Wer hat Anspruch auf Förderung?

Anspruch auf Fördermittel haben Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbstständige, die die Zugangsvoraussetzungen für das angestrebte Förderinstrument erfüllen. So werden Aufstiegsstipendien nur an Personen vergeben, die eine berufliche Vorqualifikation nachweisen. Auch Arbeitslose können von dem Qualifizierungschancengesetz profitieren und bei ihren Leistungsträgern Fördermittel beantragen.

Die Agentur für Arbeit informiert in einer Qualifizierungsberatung über die konkreten Möglichkeiten. Diese hängen von Betriebsgröße, Anzahl der zu qualifizierenden Mitarbeiter ab und ggf. auch von den persönlichen Voraussetzungen des zu Qualifizierenden (Alter, Herkunft, ggf. Grad der Behinderung).

Grundsätzlich werden Personen verstärkt gefördert, die den Abschluss einer Berufsausbildung anstreben. Aber auch verschiedene Zielgruppen, die aufgrund von Sprach-, Gesundheitsproblemen familiär- oder altersbedingt, bei einem Jobverlust schwieriger eine neue Arbeit finden, finden im Qualifizierungschancengesetz eine besondere Berücksichtigung. Alleinerziehende oder Eltern, die auf Kinderbetreuungszeiten angewiesen sind, profitieren besonders von den flexiblen Bildungsangeboten. Onlineschulungen und berufsbegleitende Zeitmodelle auch in Teilzeit gehören inzwischen zum Standard am Weiterbildungsmarkt.

In die Förderung fallen die Kosten für die Weiterbildungen, aber auch Lohnkosten für die Zeit der Weiterbildung und ggf. zusätzliche Kosten, die entstehen können, weil in der Weiterbildungszeit Personal einspringen muss etc. Die Höhe der Förderung kann was die Weiterbildungskosten angeht bis zu 100% sein. Bei den Lohnkosten hängt dies von der Betriebsgröße ab und variiert zwischen 25 und 75 %.

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Wichtig: Die letzte geförderte Weiterbildung für den zu Qualifizierenden muss mindestens 4 Jahre zurück liegen.

Förderangebote – welche gibt es?

Bildung ist Ländersache, daher kann es regional besondere Angebote geben, die über den Europäischen Sozialfond (ESF) finanziert werden. Brandenburg hat beispielsweise den Bildungsscheck, den es von der Struktur her ähnlich auch in anderen Ländern gibt, wo er aber anders heißt (Quali-Scheck oder Bildungsbonus). Bundesweit verfügbare Fördermöglichkeiten sind:

  • Der Bildungsgutschein
  • Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS)
  • Die Bildungsprämie
  • Aufstiegs-BAföG früher bekannt als Meister-BAföG
  • Das Weiterbildungsstipendium
  • Die Umschulungsprämie auch Weiterbildungsprämie genannt
  • Ggf. eine Rehabilitanden-Förderung

Nicht zu vergessen sind natürlich die geltenden Steuergesetze. Abgesetzte Fortbildungen können Steuererstattungen nach sich ziehen, was im weitesten Sinne ebenfalls als eine Weiterbildungsförderung gewertet werden kann. Zudem gibt es für Weiterbildungen, die nicht unter die Fördermittel des Qualifizierungschancengesetzes fallen, noch die Möglichkeit besonders günstige Bildungskredite bei der KfW Bank zu beantragen.

Die Vorteile des Gesetzes für Arbeitgeber

Arbeitgeber können ihr Personal für die Anforderungen an neue Aufgaben oder sich verändernde Technologien qualifizieren, ohne dass sie erhebliche Kosten dafür tragen müssen. Angestellte wissen es zu schätzen, wenn ihnen Weiterbildungen angeboten werden. Jeder strebt nach Anerkennung und Entfaltung. Dies bei der Personalentwicklung aufzugreifen, sorgt nicht nur für den Anschluss im strukturellen digitalen Wandel, sondern steigert auch die Motivation und Loyalität des Mitarbeiters. Außerdem macht Fachwissen die Mitarbeiter sicherer in ihren täglichen Aufgaben. Dies führt automatisch zu mehr Leistung und besseren Arbeitsergebnissen.

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Ein ganz besonderer Vorteil bietet sich für Unternehmen, die ihr Produktionsverfahren verändern wollen oder vor einem Standortwechsel stehen, der einen Betriebsausfall zur Folge hätte. Die Zeit, die für Umzug oder Installation neuer Produktionslinien nötig ist, kann durch Weiterbildung überbrückt werden. So können die Mitarbeiter direkt nach Beendigung der Weiterbildung mit den neuen Maschinen umgehen.

Arbeitsagenturen und auch Bildungsanbieter stehen Unternehmen gern zur Seite, wenn sie nach Bildungsangeboten für ihre Mitarbeiter suchen. Mit einem tragfähigen Personalentwicklungskonzept, kann es neben der vollen Förderung, sogar noch eine Prämie geben.

Die Vorteile des Gesetzes für Angestellte

Mitarbeiter können berufliche Ziele erreichen, ohne selbst finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen. Selbst wenn Arbeitgeber nicht von sich aus, zu Bildungsangeboten raten, kann das Gespräch von Arbeitnehmerseite gesucht und über die eigenen Wünsche gesprochen werden. Dem Arbeitgeber wird auf diese Weise bewusst, dass er seinen Arbeitnehmer langfristig vermutlich verlieren wird, wenn er ihn nicht in seinen Zielen unterstützt.

Digitalisierung kostet ggf. auch den ein oder anderen Arbeitsplatz. Gut qualifizierte Mitarbeiter finden aber schneller eine neue Stelle. Daher sollten Arbeitnehmer angebotene Weiterbildungen immer auch unter dem Gesichtspunkt prüfen, was diese Qualifizierung für die Zukunft bedeutet.

Menschen ohne berufliche Abschlüsse bedauern oft die Fehler ihrer Jugend. Sie können durch die Qualifizierungsoffensive die Chance bekommen, einen Berufsabschluss zu erlangen und damit langfristig ihre beruflichen und finanziellen Perspektiven verbessern.

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Ein langfristiger Personalentwicklungsplan gibt dem Arbeitnehmer Sicherheit, dass er in dem Unternehmen fest eingeplant wird. Die schnellen Veränderungen am Arbeitsmarkt schüren bei vielen die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Die kann durch diese Aussicht etwas gemildert werden, was den Stress senkt.

Der Bildungsgutschein ist übrigens für Angestellte besonders interessant. Steht eine Arbeitslosigkeit bevor, weil das Unternehmen schließt, die Stelle wegmodernisiert wurde oder die Gesundheit nicht mehr mitmacht, kann er auch Beschäftigten bewilligt werden. Hier muss der Betroffene dann selbst aktiv werden und das Gespräch mit seiner zuständigen Arbeitsagentur suchen. Außerdem kann er für Personen mit geringem Einkommen, die zusätzlich Geld vom Amt beziehen, interessant sein. Bessere Qualifizierung bedeutet meistens auch bessere Bezahlung.

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