Der Arbeitsvertag eines Juniorprofessors – und seine Befristung

Der Arbeitsvertag eines Juniorprofessors an einer staatlich anerkannten Hochschule kann – anders als der Arbeitsvertrag eines Juniorprofessors an einer staatlichen Hochschule – nach den Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes befristet werden.

Der  Arbeitsvertag eines Juniorprofessors – und seine Befristung

Nach § 4 Satz 1 WissZeitVG gelten §§ 1 bis 3 und § 6 WissZeitVG entsprechend für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an nach Landesrecht staatlich anerkannten Hochschulen.

Ein Juniorprofessor an einer nach Landesrecht staatlich anerkannten Hochschule zählt zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 4 Satz 1 WissZeitVG. Er ist nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ausgeschlossen. § 4 Satz 1 WissZeitVG verweist hinsichtlich des personellen Geltungsbereichs nicht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, sondern bestimmt den personellen Geltungsbereich für das Personal an staatlich anerkannten Hochschulen eigenständig. Dies ergibt die Auslegung von § 4 Satz 1 WissZeitVG.

Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Regelung hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter diesen Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich unter Umständen erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist dieser zu achten1.

Bereits der Wortlaut der Norm legt das Verständnis nahe, dass § 4 Satz 1 WissZeitVG seinen personellen Anwendungsbereich eigenständig bestimmt. Zwar ordnet § 4 Satz 1 WissZeitVG die entsprechende Geltung der §§ 1 bis 3 und § 6 WissZeitVG an, ohne § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG von der Verweisung auszunehmen. Jedoch enthält § 4 Satz 1 WissZeitVG eine eigene, von § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG abweichende Festlegung des personellen Geltungsbereichs. Die Vorschrift gilt nach dem Wortlaut ihres Satzes 1 für das wissenschaftliche und künstlerische Personal. Sie sieht damit – anders als § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG – keine Ausnahme für Hochschulprofessoren vor. Daraus ergibt sich, dass die Hochschullehrer grundsätzlich dem wissenschaftlichen Personal angehören und sie daher in den Anwendungsbereich des § 4 Satz 1 WissZeitVG fallen.

Auch die Gesetzessystematik spricht dafür, dass § 4 Satz 1 WissZeitVG eine eigenständige Bestimmung des personellen Anwendungsbereichs enthält.

§ 2 WissZeitVG regelt den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit dem „in § 1 Abs. 1 Satz 1“ WissZeitVG genannten Personal. § 3 WissZeitVG ordnet für den Abschluss von Privatdienstverträgen mit Personal „im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1“ WissZeitVG die entsprechende Geltung von §§ 1, 2 und 6 WissZeitVG an. Sowohl § 2 WissZeitVG als auch § 3 WissZeitVG verweisen damit ausdrücklich auf § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, der Hochschullehrer von der Anwendung des WissZeitVG ausnimmt. Demgegenüber nehmen §§ 4 und 5 WissZeitVG, die den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an staatlich anerkannten Hochschulen (§ 4) und an Forschungseinrichtungen (§ 5) zum Gegenstand haben, nicht ausdrücklich auf § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG Bezug, sondern bestimmen insoweit, dass für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal die Vorschriften der §§ 1 bis 3 und § 6 WissZeitVG entsprechend gelten. § 5 WissZeitVG beschreibt mit der Formulierung „mit wissenschaftlichem Personal“ einen eigenständigen personellen Geltungsbereich, also einen anderen als den in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG2. Dieser ist weitergehend als derjenige in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG3. Da auch § 4 WissZeitVG – insoweit wortgleich mit § 5 WissZeitVG – für das wissenschaftliche Personal die entsprechende Geltung von §§ 1 bis 3 und § 6 WissZeitVG vorsieht, ist davon auszugehen, dass auch § 4 Satz 1 WissZeitVG seinen personellen Geltungsbereich eigenständig bestimmt und dieser weitergehend ist als derjenige in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG.

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Aus der Gesetzesbegründung zu § 4 WissZeitVG folgt kein anderes Ergebnis.

Nach der Gesetzesbegründung3 ersetzt § 4 WissZeitVG den früheren § 70 Abs. 5 HRG. Dies rechtfertigt allerdings entgegen der Ansicht des Junioprofessors nicht die Annahme, dass § 4 WissZeitVG den bisherigen § 70 Abs. 5 HRG inhaltsgleich ersetzen soll. Die Ausgestaltung der Vorschrift spricht vielmehr gegen eine solche Annahme. Nach § 70 Abs. 5 HRG in der ab dem 25.08.1998 geltenden Fassung galten für staatlich anerkannte Hochschulen die Befristungsregelungen in §§ 57a bis 57f HRG entsprechend. § 70 Abs. 5 HRG enthielt damit keine eigenständige Regelung zum personellen Geltungsbereich, sondern verwies insoweit auf die für staatliche Hochschulen geltende Bestimmung in § 57a HRG. Der Gesetzgeber hat in § 4 Satz 1 WissZeitVG nicht in Anlehnung an § 70 Abs. 5 HRG bestimmt, dass für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge an staatlich anerkannten Hochschulen die §§ 1 bis 3 und § 6 WissZeitVG entsprechend gelten; er hat vielmehr in § 4 WissZeitVG – ebenso wie in § 5 WissZeitVG und abweichend von § 3 WissZeitVG – die entsprechende Geltung von §§ 1 bis 3 und § 6 WissZeitVG für das wissenschaftliche Personal angeordnet und damit den personellen Geltungsbereich eigenständig festgelegt.

Zwar enthält die Gesetzesbegründung zu § 4 WissZeitVG – anders als zu § 5 WissZeitVG – keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass und aus welchem Grund die Regelung zum personellen Geltungsbereich weitergehend als § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist. Dies zwingt jedoch nicht zu dem Schluss, der personelle Anwendungsbereich des § 4 Satz 1 WissZeitVG solle dem des § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG entsprechen4. Die unterschiedliche Regelung des personellen Geltungsbereichs erweist sich vielmehr deshalb als naheliegend, weil staatliche Hochschulen – anders als staatlich anerkannte Hochschulen – mit ihren Professoren auch Beamtenverhältnisse begründen können. Dies lässt es sinnvoll erscheinen, es dem Landesgesetzgeber zu überlassen, sowohl die Vorschriften für die Berufung von Professoren an staatlichen Hochschulen in ein Beamtenverhältnis auf Zeit oder Lebenszeit zu erlassen als auch die Voraussetzungen für die Befristung von Arbeitsverhältnissen angestellter Hochschulprofessoren an staatlichen Hochschulen zu regeln, um diese Vorschriften aufeinander abzustimmen.

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Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind auf die in § 2 Abs. 1 WissZeitVG geregelte zulässige Befristungsdauer alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung iSd. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 WissZeitVG anzurechnen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 WissZeitVG werden auch befristete Arbeitsverhältnisse angerechnet, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden.

Beschäftigungszeiten bei der Hochschule vor deren staatlichen Anerkennung sind auf die Höchstbefristungsdauer nicht anzurechnen. Die Hochschule war vor ihrer staatlichen Anerkennung keine „deutsche Hochschule“ iSv. § 2 Abs. 3 WissZeitVG. Erst mit der staatlichen Anerkennung erhält die private Hochschule die Möglichkeit, von dem Sonderbefristungsrecht des WissZeitVG Gebrauch zu machen. Dementsprechend sind Beschäftigungszeiten an privaten Hochschulen erst vom Zeitpunkt ihrer staatlichen Anerkennung auf die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG anzurechnen. Das entspricht auch dem Zweck der Anrechnungsvorschrift. Dieser ist darauf gerichtet, einen funktionswidrigen Wechsel der Befristungstatbestände in der Qualifizierungsphase durch Kombination unterschiedlicher gesetzlicher Grundlagen ebenso auszuschließen wie eine immer wieder erneute Inanspruchnahme der Befristungshöchstgrenzen bei jedem Wechsel der Hochschule oder Forschungseinrichtung5. Dieser Zweck gebietet es nicht, Beschäftigungszeiten an einer privaten Hochschule, die vor deren staatlicher Anerkennung liegen, auf die zulässige Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Die Gefahr einer funktionswidrigen Verwendung des Sonderbefristungsrechts des WissZeitVG besteht nicht, weil privaten Hochschulen vor ihrer staatlichen Anerkennung das Sonderbefristungsrecht des WissZeitVG nicht zur Verfügung steht.

Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt lediglich voraus, dass die Höchstbefristungsdauer nicht überschritten wird. Von weiteren Voraussetzungen ist die Befristung – anders als nach der seit dem 17.03.2016 geltenden Neufassung (§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG nF) – nicht abhängig6. Damit setzt die Zulässigkeit der Befristung einer Juniorprofessur nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG das Anstreben einer Habilitation nicht voraus. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dem wissenschaftlichen Personal im Rahmen einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, Forschungsleistungen und wissenschaftliche Tätigkeiten in der Lehre zu erbringen und sich auf diese Weise für die Übernahme einer Professur zu qualifizieren7. Dafür bedarf es nicht zwingend einer Habilitation8. Danach kommt es auf die Behauptung des Junioprofessors, er habe bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags die Voraussetzungen für die Übernahme einer „Vollprofessur“ iSv. § 100 BerlHG erfüllt, und die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge nicht an.

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Eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG ist in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall ebenfalls nicht eingetreten:

Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG verlängert sich die jeweilige Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses im Einverständnis mit dem Mitarbeiter um Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus, Fort- oder Weiterbildung.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zwar bestand das erforderliche Einverständnis des Junioprofessors mit der Verlängerung des Arbeitsvertrags. Er hatte bereits vor dem 31.07.2016 die Verlängerung des Arbeitsvertrags um 18 Monate beantragt. Die Freistellung des Junioprofessors in der Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 erfolgte jedoch nicht zum Zwecke einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Tätigkeit oder einer außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführten wissenschaftlichen, künstlerischen oder beruflichen Aus, Fort- oder Weiterbildung iSv. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG. Es kann daher dahinstehen, ob eine Beurlaubung iSv. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG eine Suspendierung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten voraussetzt9 und deshalb bereits die Fortzahlung der Vergütung an den Junioprofessor der Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG entgegensteht, wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in der Vorinstanz angenommen hat10.

Eine Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG setzt voraus, dass die Beurlaubung zum Zwecke einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Tätigkeit oder einer außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführten wissenschaftlichen, künstlerischen oder beruflichen Aus, Fort- oder Weiterbildung erfolgt. Eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit, die der Erlangung der im Arbeitsverhältnis angestrebten Qualifikation unmittelbar dient, genügt dazu nicht. Das ergibt sich schon aus den weiteren Verlängerungstatbeständen in § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG. Diese Verlängerungstatbestände betreffen Zeiten, in denen der Arbeitnehmer gehindert ist, sein Qualifizierungsziel weiterzuverfolgen. Nur in solchen Fällen soll eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses eintreten. Dies entspricht dem Zweck der Befristungsregelungen des WissZeitVG, eine zügige Qualifizierung zu fördern. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn Zeiten einer Beurlaubung oder Freistellung, die der Arbeitnehmer für seine im Arbeitsverhältnis angestrebte wissenschaftliche Qualifizierung nutzen kann, zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses führen würden.

Danach hat sich das Arbeitsverhältnis des Junioprofessors nicht nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG um die Dauer seiner Freistellung verlängert. Soweit der Junioprofessor geltend macht, die Freistellung sei ihm als Anerkennung für seine vorherige Tätigkeit bei der Beklagten gewährt worden, hat er nicht behauptet, iSv. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine Aus, Fort- oder Weiterbildung freigestellt worden zu sein. Auch wenn zugunsten des Junioprofessors unterstellt wird, dass der Junioprofessor – wie die Beklagte vorträgt – freigestellt wurde, um sich seiner wissenschaftlichen Tätigkeit zur Schärfung seines Forschungsprofils im Hinblick auf die Qualifizierung für eine Professur zu widmen, und der Junioprofessor – wie er behauptet – tatsächlich die Freistellung hierzu genutzt hat und Forschungs- und Vortragstätigkeiten einschließlich Auslandsaufenthalten nachgegangen ist, wäre nicht von einer Beurlaubung iSv. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG auszugehen, da diese Tätigkeit dazu gedient hätte, sein im Arbeitsverhältnis verfolgtes Qualifikationsziel weiterzuverfolgen.

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Das Arbeitsverhältnis hat sich auch nicht nach § 95 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BerlHG um die Zeit der Freistellung verlängert. Dabei kann unentschieden bleiben, ob die Verlängerung in den in § 95 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 5 BerlHG genannten Fällen – wie nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG – kraft Gesetzes („automatisch“) eintritt, sofern der Antrag des Arbeitnehmers vorliegt. § 95 BerlHG findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Zwar gilt nach § 123 Abs. 6 Satz 6 BerlHG für Juniorprofessoren an staatlich anerkannten Hochschulen die für Juniorprofessoren an staatlichen Hochschulen geltende Regelung in § 102b Abs. 4 BerlHG entsprechend. Nach § 102b Abs. 4 BerlHG kann für Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen auch ein Angestelltenverhältnis begründet werden; in diesem Fall sollen ihre Arbeitsbedingungen, soweit allgemeine dienst- und haushaltsrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen, den Rechten und Pflichten beamteter Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen entsprechen. Diese Bezugnahme auf die für beamtete Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen geltenden Regelungen erfasst aber – jedenfalls soweit es um Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen an staatlich anerkannten Hochschulen geht – nicht die Bestimmungen zur Verlängerung befristeter Arbeitsverträge in § 95 BerlHG, wonach das Dienstverhältnis auf Antrag zu verlängern ist im Fall einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus, Fort- oder Weiterbildung. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner Gesetzgebungszuständigkeit für die Regelung der befristeten Beschäftigung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern an staatlich anerkannten Hochschulen Gebrauch gemacht. Das gilt auch für die in § 2 Abs. 5 WissZeitVG geregelte Verlängerung befristeter Arbeitsverträge. Diese bundesrechtlichen Regelungen stehen daher abweichenden landesrechtlichen Bestimmungen entgegen.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien verlängerte sich im hier entschiedenen Streitfall auch nicht auf Antrag des Junioprofessors für die Dauer von 18 Monaten nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG. Das gilt schon deshalb, weil der Junioprofessor nicht für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus, Fort- oder Weiterbildung iSv. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG beurlaubt war. Zudem ergibt sich die vom Junioprofessor begehrte Rechtsfolge – ein Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitnehmers – nicht aus § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG. Diese Vorschrift führt nur dazu, dass das befristete Arbeitsverhältnis über das vereinbarte Fristende hinaus fortdauert.

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Dafür spricht bereits der Gesetzeswortlaut. Die Dauer eines befristeten Arbeitsvertrags kann sich nur im unmittelbaren Anschluss an die vereinbarte Laufzeit verlängern. Im Falle der Unterbrechung, also der Beendigung und Neubegründung eines Arbeitsvertrags, „verlängert sich“ die Dauer eines Vertrags nicht11.

Systematische Gründe stehen dem nicht entgegen. Zwar setzt eine Vertragsverlängerung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG nicht voraus, dass die Verlängerungsvereinbarung noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags getroffen wird und dass sich die Laufzeit des neuen Vertrags unmittelbar an den vorherigen Vertrag anschließt12. Bei der Verlängerung iSv. § 2 Abs. 5 WissZeitVG geht es jedoch – anders als bei einer Verlängerung nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG – nicht um einen Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags durch die Parteien. Die Verlängerung des Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG tritt vielmehr kraft Gesetzes („automatisch“) ein, sofern das Einverständnis des Arbeitnehmers vorliegt. Die Einverständniserklärung des Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Das Erfordernis des Einverständnisses des Arbeitnehmers soll lediglich verhindern, dass der Verlängerungsautomatismus gegen seinen Willen eintritt13. Die in § 2 Abs. 5 WissZeitVG vorgesehene Verlängerung vollzieht sich daher kraft Gesetzes im unmittelbaren Anschluss an die vertraglich vereinbarte Laufzeit des befristeten Vertrags.

Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht des Junioprofessors auch nicht wegen der Möglichkeit geboten, dass ein Verlängerungstatbestand, etwa die Inanspruchnahme von Elternzeit, über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt hinaus fortdauern kann. In diesen Fällen schließt sich der Verlängerungszeitraum unmittelbar an das Ende des die Verlängerung begründenden Tatbestands, zum Beispiel der Elternzeit, an14.

Schließlich spricht auch der Zweck des WissZeitVG dafür, dass sich die Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG unmittelbar an die vereinbarte Vertragslaufzeit anschließt. Dem Zweck des WissZeitVG, eine zügige Qualifikation zu fördern, liefe eine allein vom Willen des Arbeitnehmers abhängige Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufleben zu lassen, entgegen. Der Zweck des § 2 Abs. 5 WissZeitVG gebietet es auch bei einem Streit der Arbeitsvertragsparteien über die Verlängerung nicht, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der späteren Inanspruchnahme des Verlängerungszeitraums einzuräumen.

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Dem Junioprofessor steht im hier entschiedenen Streitfall auch kein Anspruch nach § 102b Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, § 123 Abs. 6 Satz 6 BerlHG auf Abschluss eines Verlängerungsvertrags zu. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass § 102b Abs. 1 Satz 2 BerlHG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung findet. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner Gesetzgebungszuständigkeit für die Regelung der befristeten Beschäftigung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern an staatlich anerkannten Hochschulen Gebrauch gemacht. Das gilt auch für die Regelung etwaiger Verlängerungen im Rahmen der Höchstbefristungsdauer, wie § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG in der bis zum 16.03.2016 geltenden Fassung zeigt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2019 – 7 AZR 7/18

  1. vgl. BVerfG 6.06.2018 – 1 BvL 7/14 ua., Rn. 74 f., BVerfGE 149, 126; 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 ua., Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 7.02.2019 – 6 AZR 75/18, Rn. 16, BAGE 165, 315; 25.05.2016 – 5 AZR 135/16, Rn. 28, BAGE 155, 202[]
  2. ErfK/Müller-Glöge 19. Aufl. WissZeitVG § 5 Rn. 2 mwN; HK-TzBfG/Joussen 6. Aufl. WissZeitVG § 5 Rn. 3; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 5 Rn. 10 mwN; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 5 Rn. 4 mwN; KR/Treber 12. Aufl. § 5 WissZeitVG Rn. 2; offengelassen von BAG 13.02.2013 – 7 AZR 284/11, Rn. 22[]
  3. BT-Drs. 16/3438 S. 16[][]
  4. aA Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Juli 2011 § 4 WissZeitVG Rn. 3[]
  5. BAG 23.03.2016 – 7 AZR 70/14, Rn. 32, BAGE 154, 375; 24.08.2011 – 7 AZR 228/10, Rn. 31, BAGE 139, 109[]
  6. vgl. zu § 57b Abs. 1 Satz 1 HRG in der bis zum 31.12 2006 geltenden Fassung BAG 16.07.2008 – 7 AZR 322/07, Rn. 16[]
  7. vgl. BT-Drs. 14/6853 S. 33; BT-Drs. 16/3438 S. 12[]
  8. BAG 24.02.2016 – 7 AZR 182/14, Rn. 32[]
  9. so etwa Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Juli 2011 § 2 WissZeitVG Rn. 117; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 188[]
  10. LAG Berlin-Brandenburg, 20.10.2017 – 8 Sa 588/17[]
  11. vgl. BAG 28.05.2014 – 7 AZR 456/12, Rn. 11[]
  12. BAG 9.12 2015 – 7 AZR 117/14, Rn. 40, BAGE 153, 365[]
  13. BAG 30.08.2017 – 7 AZR 524/15, Rn. 31, BAGE 160, 117[]
  14. BAG 28.05.2014 – 7 AZR 456/12, Rn. 10 ff. für den Fall der Verlängerung wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit; vgl. auch Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Juli 2011 § 2 WissZeitVG Rn. 124 mwN; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 70; KR/Treber 12. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 103; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 228[]

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