Es ist zweifelhaft, ob eine Klausel in einem Formulararbeitsvertrag, nach der der Arbeitgeber ohne nähere Bestimmung von Voraussetzungen berechtigt ist, den Arbeitnehmer von der weiteren Erbringung von Arbeitsleistungen freizustellen, einer Klauselkontrolle im Sinne von § 307 Absatz 2 BGB Stand hält.

Eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs dürfte für einen Fußballtrainer (hier: einer Mannschaft, die am Spielbetrieb des Deutschen Fußballbundes in der Regionalliga teilnimmt) – anders als für eine Profi-Fußballspieler1 gleichwohl im Regelfall nicht in Betracht kommen:
Ein Verfügungsgrund zur Durchsetzung des arbeitsrechtlichen Beschäftigungsanspruchs setzt voraus, dass dem Fußballtrainer wesentliche Nachteile drohen, die über die bloße Nichterfüllung der Vertragspflichten des Verfügungsgegners hinausgehen. Derartige wesentliche Nachteile sind bei der notwendigen summarischen Überprüfung nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Allein der Umstand, dass eine unterlassene oder eine vertragswidrige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, reicht hierfür nicht aus2. Die unterlassene Beschäftigung muss beispielsweise die Fingerfertigkeit des Arbeitnehmers oder sein berufliches Ansehen nachhaltig bedrohen. Von diesem strengen Maßstab kann allenfalls in Fällen offenkundig rechtswidriger Missachtung des Beschäftigungsanspruchs abgerückt werden3. – In diesem Sinne lässt sich aus der Nichterfüllung des Beschäftigungsanspruchs eines Fußballtrainers in der Regel kein Verfügungsgrund ableiten.
Dabei konnte es das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hier offen lassen, ob die Verfügungsklage nach § 1032 Absatz 1 ZPO bereits unzulässig ist, weil der Fußballtrainer es verabsäumt hat, vorab einen Schlichtungsversuch nach den Bestimmungen der Ausbildungsordnung des Deutschen Fußballverbandes (hier § 30) einzuleiten, oder ob der Weg zu den staatlichen Gerichten nach § 1033 ZPO wegen der begehrten lediglich vorläufigen Regelung zulässig ist. Denn jedenfalls liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Verfügung nicht vor.
Konkret ging es bei dem hier vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschiedenen Streit um folgende Vertragsklausel im Anstellungsvertrag des Fußballtrainers:
„Der Arbeitgeber ist jederzeit berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Grundgehaltes von der Arbeit freizustellen. Die Freistellung ist durch den Arbeitgeber jederzeit widerrufbar. Eine erteilte Freistellung gilt zugleich als Urlaubserteilung ohne dass es einer gesonderten Erklärung bedarf.“
Nach §§ 935 ff. ZPO kann eine einstweilige Verfügung nur dann zu erlassen werden, wenn eine Rechtsverletzung vorliegt oder ein Anspruch nicht erfüllt wird (Verfügungsanspruch) und gleichzeitig ein ausreichender Grund dafür vorliegt, in dem summarischen Eilverfahren über das Recht oder den Anspruch zu entscheiden (Verfügungsgrund).
Es spricht viel dafür, dass der notwendige Verfügungsanspruch vorliegt.
Der Fußballtrainer hat als Arbeitnehmer des Fußballvereins Anspruch darauf, dass er tatsächlich entsprechend den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen beschäftigt wird (arbeitsrechtliche Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers). Diese im Wege der Rechtsfortbildung entwickelte Rechtspflicht zur Beschäftigung bedeutet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vertragsgemäß beschäftigen muss, wenn dieser es verlangt. Rechtsgrundlage hierfür sind §§ 611, 613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB, wobei die Generalklausel des § 242 BGB dabei ausgefüllt wird durch die Wertentscheidung der Artikel 1 und 2 GG4. Der Arbeitnehmer soll – als Ausdruck und in Achtung seiner Persönlichkeit und seines Entfaltungsrechts – tatsächlich arbeiten dürfen.
Auf die Suspendierung des Beschäftigungsanspruchs durch die arbeitsvertragliche Freistellungsklausel kann sich der Fußballverein nicht berufen. Ziffer 7 des Arbeitsvertrages, der dem Arbeitgeber die Freistellung des Trainers von der weiteren Erfüllung seiner Aufgaben erlaubt, dürfte nicht wirksam vereinbart sein.
Da die berufliche Entfaltung des Arbeitnehmers durch tatsächliche Erfüllung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht zum unverzichtbaren Kernbereich des grundgesetzlich verankerten Persönlichkeitsrechts gehört, können die Parteien des Arbeitsvertrages durchaus Regelungen zur Einschränkung oder Aufhebung des arbeitsrechtlichen Beschäftigungsanspruchs treffen. Beispielsweise sind die weitverbreiteten Klauseln zum Recht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in einem gekündigten Arbeitsverhältnis für die Zeit des Laufs der Kündigungsfrist freizustellen, weitgehend als wirksam anerkannt worden.
Vorliegend muss allerdings beachtet werden, dass die Freistellungsklausel in einem Vertragsformular enthalten ist, das vom Arbeitgeber vorformuliert wurde. Die Freistellungsklausel in Ziffer 7 des Arbeitsvertrages könnte also nur wirksam sein, wenn sie einer Klauselkontrolle nach §§ 305 ff BGB Stand hält (§ 310 Absatz 3 BGB). Da die Parteien mit Ziffer 7 des Arbeitsvertrages den arbeitsrechtlichen Beschäftigungsanspruch weitgehend aufgehoben haben, weicht der Arbeitsvertrag der Parteien von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne von § 307 Absatz 2 BGB ab. Darin ist auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts (§ 310 Absatz 4 Satz 2 BGB) eine unangemessene Benachteiligung zu sehen, da es die Arbeitsvertragsparteien verabsäumt haben, im Arbeitsvertrag zu regeln, unter welchen näheren Voraussetzungen der Arbeitgeber von seinem Freistellungsrecht Gebrauch machen darf.
Der Fußballverein kann sich auch für die Zeit ab April 2015 nicht darauf berufen, er habe den arbeitsrechtlichen Beschäftigungsanspruch des Fußballtrainers durch das Angebot zur Erledigung von Aufgaben im weiteren Umfeld der Traineraufgaben mit Ausnahme der Verantwortung für die 1. Mannschaft erfüllt. Das Angebot des Fußballvereins, der Fußballtrainer könne Teile seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben mit Ausnahme der Verantwortung für die 1. Mannschaft weiterhin ausfüllen, kann nicht als Erfüllung der arbeitsrechtlichen Beschäftigungspflicht anerkannt werden, da diese ergänzenden Aufgaben untrennbar mit dem Amt als Trainer der 1. Mannschaft verbunden sind und ihre Erledigung ohne Zuständigkeit für die Kernaufgabe als Cheftrainer nahezu sinnlos erscheint.
Dem Arbeitsvertrag der Parteien liegt erkennbar das Verständnis zu Grunde, dass ein Trainer der 1. Fußballmannschaft nicht nur die Aufgabe hat, die 1. Mannschaft zu trainieren, sondern auch die Möglichkeit eingeräumt bekommt, seine Vorstellung von erfolgreichem Fußball auf alle nur denkbaren Ebenen des Sportbetriebes des Vereins zu erstrecken, bis hin zur Einflussnahme auf die Trainer der Jugendmannschaften, auf das Scouting und auf das Funktionsteam, das für Fitness und Gesundheit verantwortlich zeichnet. Diese weitgehenden Einflussmöglichkeiten werden heutzutage für erforderlich gehalten, um das gesamte sportliche Geschehen an einer Spiel- oder Erfolgsidee ausrichten zu können, um auf diesem Wege die Chancen auf den tatsächlichen Eintritt des erhofften Erfolges zu erhöhen. Wegen dieser Ausrichtung der weiteren Tätigkeiten und Kompetenzen im Umfeld der Kernaufgabe als Trainer an den Vorgaben des Trainers macht eine isolierte Verantwortung für Teile dieser Aufgaben im Umfeld der Kernaufgabe eines Trainers ohne die Verantwortung als Trainer keinen Sinn.
Nach dem Prüfungsmaßstab, der in einem Eilverfahren zu Grunde zu legen ist, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Fußballtrainer seinen arbeitsrechtlichen Beschäftigungsanspruch mit Ablauf der Saison 2014 /2015 zum 30.06.2015 verloren hat, denn es spricht viel dafür, dass sich der Arbeitsvertrag der Parteien wegen des von der Mannschaft erreichten einstelligen Tabellenplatzes um ein weiteres Jahr verlängert hat.
Stellt man nur auf den Wortlaut der Vertragsklausel ab, sind alle Voraussetzungen für die automatische Vertragsverlängerung erfüllt. Die Existenz weiterer ungeschriebener Merkmale, die nach dem gemeinsamen Willen beider Vertragspartner zusätzlich für die automatische Vertragsverlängerung erfüllt sein müssen, ist nicht schlüssig dargelegt. Dass die Tabellen in den Ligen des Deutschen Fußballbundes nicht nur vom sportlichen Erfolg der teilnehmenden Mannschaften abhängen, sondern auch von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Rechtsträger hinter den Mannschaften ist hinlänglich bekannt. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass dies auch den Parteien des Arbeitsvertrages bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages bekannt gewesen ist.
Selbst wenn man hilfsweise davon ausgehen will, dass die Parteien diesen Aspekt bei der Formulierung der Verlängerungsklausel versehentlich übersehen haben, würde das dem Fußballverein nicht weiterhelfen. Denn es müsste dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geprüft werden, was die Parteien billigerweise vereinbart hätten, wenn sie diesen Fall bei Vertragsabschluss mit in ihre Überlegungen einbezogen hätten. Da die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Einfluss auf den Tabellenplatz haben können, auch den Fußballverein hätten treffen können, steht es keinesfalls fest, dass der Fußballverein die Vertragsverlängerung einzig an den sportlichen Erfolg der Mannschaft hätte knüpfen wollen.
Das Arbeitsgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung dennoch im Ergebnis zutreffend abgelehnt, da es an einem Verfügungsgrund fehlt.
Ein Verfügungsgrund setzt voraus, dass dem Fußballtrainer wesentliche Nachteile drohen, die über die bloße Nichterfüllung der Vertragspflichten des Verfügungsgegners hinausgehen. Derartige wesentliche Nachteile sind bei der notwendigen summarischen Überprüfung nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Allein der Umstand, dass eine unterlassene oder vertragswidrige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, reicht hierfür nicht aus5. Vielmehr erfordert der Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung ein deutlich gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers. Die unterlassene Beschäftigung muss beispielsweise die Fingerfertigkeit des Arbeitnehmers oder sein berufliches Ansehen nachhaltig bedrohen. Von diesem strengen Maßstab kann allenfalls in Fällen offenkundig rechtswidriger Missachtung des Beschäftigungsanspruchs abgerückt werden6.
Legt man diesen Maßstab zu Grunde, ist ein Verfügungsgrund nicht erkennbar.
Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28.11.20111 liegt ein Sachverhalt zu Grunde, der mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht verglichen werden kann. Im Falle des LAG Hamm ging es um einen Fußballspieler, der von seinem Verein nicht mehr vertragsgemäß beschäftigt wurde. Das Gericht hat hier in Hinblick auf die Gefahr, dass der Spieler durch die fehlende Spiel- und Trainingspraxis sein erreichtes sportliches Niveau verlieren könnte, das erhöhte Abwehrinteresse des Arbeitnehmers anerkannt. Es ging also um die Fingerfertigkeit, deren Gefährdung in der Rechtsprechung beispielsweise auch bei Musikern und operierenden Ärzten für den Fall verweigerter Beschäftigung anerkannt wurde. – Für den Beruf des Fußballtrainers fehlt es jedoch an solchen Eigenschäften und Fähigkeiten, die bei fehlender beruflicher Praxis zu verkümmern drohen.
Der Verfügungsgrund kann auch nicht mit Rücksicht auf das berufliche Ansehen des Fußballtrainers und dessen aktuelle Gefährdung begründet werden. Dieser Aspekt war ausführlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Das Gericht bleibt auch im Ergebnis der mündlichen Verhandlung bei seiner Auffassung, dass es keinen erkennbaren Einfluss auf die Reputation eines Fußballtrainers hat, wenn dieser zeitweise keiner Trainertätigkeit nachgeht. Viele aus den Medien bekannte Werdegänge von Fußballtrainern aus den Profiligen legen eher die gegenteilige Annahme nahe. Der Marktwert eines Trainers kann auch dadurch gesteigert werden, dass er sich rarmacht und in seinen Werdegang künstliche Pausen einbaut.
Der strenge Maßstab bei der Prüfung des Verfügungsgrundes kann vorliegend auch nicht wegen einer Offenkundigkeit des Vorhandenseins des Verfügungsanspruchs abgesenkt werden. Die obigen Ausführungen zum Verfügungsanspruch zeigen, dass dieser nicht offensichtlich gegeben ist. Das Gericht ist lediglich aufgrund eines mehrschichtigen Prüfungsrasters, das mehrere bewertende Elemente enthält, hier zu dem Ergebnis gekommen, dass der Verfügungsanspruch gegeben ist.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch das lange Zuwarten des Fußballtrainers bezüglich der gerichtlichen Durchsetzung seines Beschäftigungsanspruchs als ein ergänzendes Indiz gewertet, das gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes spricht. Wer erst mehr als sieben Monate nach der Freistellung von der Erbringung der Arbeitsleistung gerichtliche Hilfe für die Durchsetzung seines Beschäftigungsanspruchs in Anspruch nimmt, ohne dass es eine Erklärung für diesen langen Zeitraum gibt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob es ihm ernsthaft um die weitere Beschäftigung geht oder vielmehr um die damit verbundene Vergütung, deren Zahlung der Fußballverein mit Ablauf des Juni 2015 eingestellt hatte. Sollte es dem Fußballtrainer allerdings in erster Linie um die Vergütung gehen, kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Absicherung des Beschäftigungsanspruchs ohnehin nicht in Betracht.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg -Vorpommern, Urteil vom 5. April 2016 – 2 SaGa 1/16
- LAG Hamm 28.11.2011 – 11 SaGa 35/11, SPuRt 2014, 214[↩][↩]
- LAG Mecklenburg-Vorpommern 12.05.2009 – 5 SaGa 4/08; LAG Köln 14.05.2008 – 3 SaGa 3/08; LAG Köln 26.08.1992 – 2 Sa 624/92 – LAGE § 940 ZPO Nr. 1[↩]
- LAG Mecklenburg-Vorpommern aaO; LAG Hamm 5.02.2008 – 11 SaGa 4/08[↩]
- grundlegend: BAG Großer Landessozialgericht 27.02.1985 – GS 1/84 – NJW 1985, 2968, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; vgl. zuletzt BAG 24.06.2015 – 5 AZR 462/14 – NJW 2016, 424, AP Nr. 139 zu § 615 BGB; BAG 22.07.2014 – 9 AZR 1066/12 – BAGE 148, 349, AP Nr. 30 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht[↩]
- LAG Mecklenburg-Vorpommern 12.05.2009 – 5 SaGa 4/08; LAG Köln 14.05.2008 – 3 SaGa 3/08; LAG Köln 26.08.1992 – 2 Sa 624/92 – LAGE § 940 ZPO Nr. 1[↩]
- LAG Mecklenburg-Vorpommern aaO; LAG Hamm 5.02.2008 – 11 SaGa 4/08[↩]