Ein männlicher Bewerber, der aufgrund seines Geschlechts nicht in die Bewerberauswahl für die zu besetzende Stelle einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten nach § 2 Abs. 3 GO-SH einbezogen wurde, wird nicht unzulässig wegen seines Geschlechts benachteiligt.

Zwar unterfallen die Parteien dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Ein Entschädigungsanspruch folgt jedoch nicht aus § 15 Abs. 2 AGG. § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung; jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich bereits aus dem systematischen Zusammenhang1. Der Arbeitgeber hat den Stellenbewerber zwar wegen seines Geschlechts i. S. d. § 7 Abs.1 AGG benachteiligt. Die Benachteiligung ist jedoch gemäß § 8 Abs.1 AGG zulässig, Der Arbeitgeber hat den Stellenbewerber auch nicht wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert.
Beide Parteien unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG.
Der beklagte Kreis ist Arbeitgeber i. S. d. § 7 Abs. 1 AGG. Er ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine juristische Person und er beschäftigt Arbeitnehmer (§ 6 Abs. 2 S. 1 AGG).
Der Stellenbewerber gilt als Beschäftigter i. S. d. § 7 Abs. 1 AGG. Nach § 6 Abs. 1 S. 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Die Stellenbewerber ist ein solcher Bewerber. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es nicht an. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn noch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung oder ihrem Sinn und Zweck. Die Frage, ob eine Bewerbung „nicht ernsthaft“ war, weil eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern um eine Entschädigung geltend zu machen, betrifft vielmehr die Frage, ob diese sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) den formalen Status als Bewerber i. S. v. § 6 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 AGG verschafft und damit für sich den persönlichen Anwendungsbereich des AGG treuwidrig eröffnet hat, weshalb der Ausnutzung dieser Rechtsposition der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegenstehen könnte2.
Der Arbeitgeber hat den Stellenbewerber gemäß § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG wegen seines Geschlechts benachteiligt. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligen. Gemäß § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Stellenbewerber hat bezüglich der von dem Arbeitgeber ausgeschriebenen Stelle eine weniger günstige Behandlung erfahren als weibliche Bewerber. Zum einen war die Stelle nur für Frauen ausgeschrieben. Soweit der Stellenbewerber aufgrund der an zwei Stellen der Ausschreibung verwendeten beiden Geschlechter meint, die Stellenausschreibung sei nicht auf Frauen beschränkt, geht die Auffassung des Stellenbewerbers fehl. Offensichtlich handelt es sich bei den entsprechenden Passagen der Ausschreibung um standardisierte Textbausteine, deren Anpassung auf den vorliegenden Sonderfall unterblieben ist. Zum anderen wurde der Stellenbewerber nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen, weil er keine Frau ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Landessozialgerichts liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance. Bewerber/innen haben Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren. Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der sich an das Auswahlverfahren anschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat3. Dem Stellenbewerber wurde vorliegend diese mit dem Bewerbungsverfahren verbundene Chance auf eine Einstellung versagt.
Der Stellenbewerber hat sich auch in einer vergleichbaren Situation i. S. v. § 3 Abs. 1 S. 1 AGG mit anderen Bewerberinnen und Bewerbern befunden. Es kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob der Stellenbewerber für die ausgeschriebene Position der Gleichstellungsbeauftragten objektiv geeignet ist. Eine objektive Eignung für die ausgeschriebene Stelle ist entgegen der bis zur Rechtssprechungsänderung am 19.05.20164 vertretenen Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG5.
Die weniger günstige Behandlung erfuhr der Stellenbewerber gerade wegen seines Geschlechts und damit wegen eines in § 1 AGG genannten Benachteiligungsgrundes. Der zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund erforderliche Kausalzusammenhang ist vorliegend offensichtlich gegeben. Der Arbeitgeber hat dem Stellenbewerber ausdrücklich mitgeteilt, dass er wegen seines Geschlechts im weiteren Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt wird. Dabei vertritt der Arbeitgeber die Auffassung, dass Gleichstellungsbeauftragte i. S. d. § 2 Abs. 3 KrO nur weiblichen Geschlechts sein können.
Die Benachteiligung des Stellenbewerbers wegen seines Geschlechts ist jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AGG zulässig. Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist danach zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Allerdings muss – wenn dies auch in § 8 Abs. 1 AGG nicht wortwörtlich zum Ausdruck kommt – nach der bei der Auslegung heranzuziehenden Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen6. Das Merkmal, das im Zusammenhang mit einem der in § 1 AGG genannten Benachteiligungsgründe steht, – oder sein Fehlen – kann nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung i. S. d. § 8 Abs. 1 AGG sein, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt7.
Die Benachteiligung des Stellenbewerbers wegen seines Geschlechts ist bereits deshalb nach § 8 Abs.1 AGG zulässig, weil die gesetzliche Grundlage in Schleswig-Holstein für kommunale Gleichstellungsbeauftragte nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte vorsieht. Das weibliche Geschlecht stellt daher eine zwingende berufliche Anforderung an die Tätigkeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten dar. Der mit der Anforderung „weibliches Geschlecht“ verbundene Zweck ist rechtmäßig und die Beschränkung auf das „weibliche Geschlecht“ ist angemessen, weil § 2 Abs. 3 KrO-SH i. V. m. dem GstG-SH sowohl verfassungsgemäß als auch europarechtskonform ist.
§ 2 Abs. 3 KrO-SH gebietet die Besetzung der Position der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau. Dem Stellenbewerber ist zwar zuzugestehen, dass unter den Wortlaut des § 2 Abs. 3 S. 1 KrO-SH auch männliche Gleichstellungsbeauftragte subsumiert werden können. Allerdings folgt aus § 2 Abs. 3 S. 2 – 6 KrO-SH, dass nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte im Sinne des § 2 Abs. 3 KrO-SH sein können. Durchgehend wird die Gleichstellungsbeauftragte nur in weiblicher Form genannt, während in den §§ 6, 7 und 10 sowohl Einwohnerinnen und Einwohner, Landrätin und Landrat sowie Kreispräsidentin und Kreispräsident genannt werden. Dieser eindeutige Wortlautbefund wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. So wird in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten durchgehend von weiblichen Gleichstellungsbeauftragten gesprochen, bspw. als „unverzichtbare Akteurinnen“ institutionalisierter Gleichstellungspolitik8. Bereits am 19.04.1990 beantwortete die Landesregierung eine Kleine Anfrage zweier Abgeordneter des Schleswig-Holsteinischen Landtages dahingehend, dass der Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 3 KrO-SH einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten ausschließe9. In der zweiten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts am 14.03.1990 äußerte zudem eine Abgeordnete der damaligen Regierungsfraktion, dass der Ausschluss von Männern von der Position der Gleichstellungsbeauftragten verfassungsgemäß sei, da Frauen „als Frauen besser geeignet“ seien, „im Interesse von Frauen tätig zu werden“. Zwischen der Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten, die Probleme von Frauen sensibel aufzuspüren, und ihrer eigenen Geschlechtszugehörigkeit bestehe ein nachvollziehbarer funktioneller Bezug10.
Die Kammer hat keine Zweifel, dass § 2 Abs. 3 KrO-SH i. V. m. dem GstG-SH dennoch mit Art. 3 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 GG sowie Art. 12 und Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar ist und schließt sich der vom Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern zu dem dortigen Gleichstellungsgesetz vertretenen Auffassung und Argumentation an11, die aufgrund vergleichbarer Umstände entsprechend zur Begründung der Verfassungskonformität des § 2 Abs. 3 KrO i. V. m. dem GstG-SH herangezogen werden können. Eine Aussetzung des Verfahrens zur Klärung der Verfassungskonformität in verfassungsrechtlicher Hinsicht nach Art. 100 Abs.1 GG bedurfte es daher nicht.
Zwar behandelt § 2 Abs. 3 KrO-SH Männer und Frauen ungleich und verwehrt Männern den Zugang zu dem öffentlichen Amt der Gleichstellungsbeauftragten, indem es Männer von dem Zugang zur Position der Gleichstellungsbeauftragten im öffentlichen Dienst im Land Schleswig-Holstein ausschließt. Dies ist aber durch das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert, weil die Beschränkung des Zugangs zu der Position einer Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen in verhältnismäßiger Weise darauf abzielt, die Situation der Frauen im öffentlichen Dienst mit Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten so zu verbessern, dass künftig insbesondere auch bezogen auf höhere Vergütungs- und Besoldungsgruppen bzw. Führungspositionen die verfassungsrechtlich geforderte Chancengleichheit erreicht wird. Dieser Gesetzeszweck kommt in § 1 S. 2 Nr. 3 GstG-SH zum Ausdruck. Danach fördert das Gesetz die Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst insbesondere durch die gerechte Beteiligung von Frauen an allen Lohn, Vergütungs- und Besoldungsgruppen sowie in Gremien.
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Verfassungskonformität ist nur zu prüfen, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat12. Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschrift ist danach allein, dass der Gesetzgeber im Spannungsfeld von Frauenförderung und der Benachteiligung von Männern einen schonenden Ausgleich hergestellt hat, die Benachteiligung sich also als geeignet, erforderlich und angemessen erweist. Bei der wertenden Einschätzung des notwendigen Förderbedarfs hat der Gesetzgeber seine Entscheidung an den bestehenden Nachteilen auszurichten. Dabei kommt ihm in tatsächlicher Hinsicht ein Einschätzungs- und im Hinblick auf die von ihm zu treffende Entscheidung ein Gestaltungsspielraum zu13. Danach ist § 2 Abs.3 KrO-SH i. V. m. dem GstG-SH jedenfalls derzeit durch den dem Gesetzgeber mit Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG erteilten Auftrag gerechtfertigt, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. § 2 Abs. 3 KrO-SH i. V. m. dem GstG-SH dient der Beseitigung strukturell bedingter Benachteiligung von Frauen und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
§ 2 Abs. 3 KrO-SH i. V. m. dem GstG-SH dient der Beseitigung strukturell bedingter Benachteiligung von Frauen. Das GstG-SH ist ein Frauenförderungsgesetz. So ist bereits in § 1 S. 2 Nr. 2 und 3 GstG-SH ausdrücklich die Kompensation von vor allem von Frauen erlittenen Nachteilen sowie die gerechte Beteiligung von Frauen als Gesetzeszweck festgelegt. Nach §§ 3, 4 und 4 GstG-SH sind bei gleichwertiger Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen, bei Einstellungen und Beförderungen Frauen vorrangig zu berücksichtigen. In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, verlangt § 7 GstG-SH eine Arbeitsplatzausschreibung. § 11 GstG-SH regelt die Verpflichtung, einen Frauenförderplan aufzustellen.
Die bei der Schaffung des GstG-SH im Jahr 1994 vorgenommene Einschätzung des Gesetzgebers, dass eine strukturell bedingte Benachteiligung von Frauen tatsächlich bestand, ist nicht zu beanstanden. Diese Situation im Jahr 1994 wird vom Stellenbewerber auch gar nicht angezweifelt. Soweit der Stellenbewerber vorträgt, dass durch gesellschaftliche Rollenveränderungen die Gleichstellung beider Geschlechter neu zu beurteilen sei, ist die bisherige Einschätzung des Gesetzgebers, das GstG-SH nicht zu ändern und die Position der Gleichstellungsbeauftragten auch für Männer zu öffnen, nicht zu beanstanden. Ausweislich des Berichts der Landesregierung des Landes Schleswig-Holstein zur Durchführung des GstG-SH im Zeitraum 2009 bis 2013 besteht bei der Chancengleichheit für Frauen bezüglich Führungs- und Leitungspositionen sowie bei Gremienbesetzungen „erheblicher Nachholbedarf“, obwohl insgesamt der Frauenanteil in fünf von acht Geschäftsbereichen der Landesverwaltung über 50 % liegt. Die Landesregierung kommt danach zu der Einschätzung, dass das GstG-SH weiterhin ein notwendiges Instrument ist, damit Männer und Frauen im Landesdienst die gleichen Chancen haben. Diese Einschätzung der Landesregierung beruht auf der Auswertung ausgewählter Kennzahlen zur allgemeinen Entwicklung der Beschäftigungsstruktur im Landesdienst sowie zum Frauenanteil an den Besoldungs- und Entgeltgruppen, die dem Bericht angehängt sind. Es sind keine Anhaltspunkte vom Stellenbewerber vorgetragen oder ansonsten ersichtlich, dass die Beschäftigungssituation von Frauen im kommunalen Dienst bezogen auf die Kommunen des Landes Schleswig-Holstein grundlegend anders zu beurteilen ist.
Davon ausgehend erweist sich die Beschränkung des Zugangs zur Position der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen trotz der damit verbundenen Benachteiligung von Männern als geeignet, erforderlich und auch als angemessen.
Ein Mittel ist im verfassungsrechtlichen Sinne bereits dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weitgehender Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Als verfassungswidrig kann sich eine Regelung insoweit nur erweisen, wenn sie offensichtlich oder schlechthin ungeeignet ist14. Danach ist hier von der Eignung schon deshalb auszugehen, weil § 2 Abs. 3 KrO-SH i. V. m. dem GstG-SH nicht als grundsätzlich ungeeignet erscheint, die gesetzgeberischen Zwecke zu erreichen. Die Gleichstellungsbeauftragte hat nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 S. 1 GstG-SH bei allen personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten auf die Gleichstellung von Frauen und insbesondere auf die Einhaltung des GstG-SH hinzuwirken. Damit soll sie insbesondere auf die Beseitigung bestehender Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts und der Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit für Frauen und Männer hinwirken15. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Mitwirkung bei Maßnahmen, die den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen (§ 16 GstG-SH). Die Ziele des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG werden gefördert, wenn die Gleichstellungsbeauftragte eine Frau ist. Die Beschränkung auf eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte stellt sicher, dass Frauen eine weibliche Ansprechpartnerin für Gleichstellungsangelegenheiten haben, was die Bereitschaft, die Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten tatsächlich in Anspruch zu nehmen, bei Frauen steigern wird und somit ein geeignetes Mittel zur Umsetzung des Gleichberechtigungsgebotes darstellt16
Der Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Beschränkung des Zugangs zur Position der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen auch erforderlich ist, ist angesichts des ihm insoweit zustehenden Einschätzungsspielraums von Verfassungs wegen ebenfalls nicht zu widersprechen. Eine Maßnahme ist dann erforderlich, wenn es keine das beeinträchtigte Rechtsgut weniger belastende Maßnahme gibt, die das Ziel, um das es geht, ebenso gut fördert. Erforderlichkeit setzt aber nicht voraus, dass alle anderen, weniger einschneidenden Mittel ungeeignet zur Förderung des Ziels faktischer Chancengleichheit sind. Zugleich darf sich mit dem Alternativmittel auch für Dritte und die Allgemeinheit keine zusätzliche Belastung verbinden17. Infolge der dem Gesetzgeber eingeräumten Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die er zum Ausgleich zwischen den Verfassungsgütern des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG einerseits und des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GG andererseits für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten18. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber seine Einschätzungsprärogative überschritten hat bzw. überschreitet. Die aufgrund der neuesten Änderung in § 2 Abs. 3 KrO-SH durch das Gesetz zur Sicherung der Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten vom 14.03.2017, das hinsichtlich des vorgeschriebenen weiblichen Geschlechts für die Gleichstellungsbeauftragte keine Änderung vorgenommen hat, zu unterstellende weiterhin aktuelle gesetzgeberische Einschätzung, eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte sei zur Förderung der verfolgten Ziele immer noch erforderlich, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere aufgrund der aus dem Bericht der Landesregierung gewonnenen Erkenntnis, dass Frauen in den höheren Vergütungs- und Besoldungsgruppen bzw. in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind, obwohl sie in den anderen Entgelt- und Besoldungsgruppen teils die Mehrheit bilden. Insbesondere die Bestellung mehrerer Gleichstellungsbeauftragter verschiedenen Geschlechts ist nicht als gleich geeignet anzusehen, um das Ziel zu erreichen, da der Einsatz eines zusätzlichen männlichen Gleichstellungsbeauftragten wegen der daraus resultierenden Bindung von Ressourcen die Allgemeinheit zusätzlich belasten würde. Dieses Problem kann auch nicht dadurch bewältigt werden, dass jeder Gleichstellungsbeauftragte seine Tätigkeit nur anteilig im Sinne einer Funktionsteilung wahrnimmt, weil nicht selten Aufgaben gleichzeitig mit Blick auf beide Geschlechter wahrzunehmen sind und dann beide Beauftragten tätig werden müssten19.
Der Ausschluss von Männern von der Position der Gleichstellungsbeauftragten ist jedenfalls derzeit auch noch angemessen. Der Gesetzgeber hat seinen verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Bei der hierbei gebotenen Güterabwägung sind die Bedeutung der in Rede stehenden Rechtsgüter sowie einerseits die Intensität der Beeinträchtigung und andererseits der Gewinn an Förderung zu berücksichtigen. Die Intensität der Beeinträchtigung der Belange der durch die angegriffene Regelung formal benachteiligten Männer ist zwar erheblich, da den Männern der Zugang zu dem öffentlichen Amt verwehrt wird. Demgegenüber ist jedoch die Tauglichkeit des Instruments zur Erreichung der Ziele des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG beeinträchtigt, wenn die Gleichstellungsbeauftragte, die sich nach dem Gesetzeszweck derzeit noch ganz überwiegend der Belange der weiblichen Beschäftigten annehmen soll, keine Frau ist. Weibliche Beschäftigte werden sich mit ihren Problemen bei einer Person des gleichen Geschlechts zumindest überwiegend besser aufgehoben und vertreten fühlen. Hinzu kommt, dass die Gleichstellungsbeauftragte auch die Aufgabe hat, Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung in der Dienststelle zu begleiten, und es gerade insoweit von erheblicher Bedeutung sein kann, dass eine Frau die Position der Gleichstellungsbeauftragten innehat. Schließlich ist die Beschränkung des Zugangs zum Amt der Gleichstellungsbeauftragten für Frauen gerechtfertigt, weil es gerade für die Gleichstellungsbeauftragte wichtig ist, die Verhältnisse im Einzelfall aus der Sicht des benachteiligten Geschlechts beurteilen zu können. Dies gilt schon für die Fähigkeit und Bereitschaft, spezifische Gleichstellungsdefizite zu entdecken und zu benennen, um diese abzustellen. Sie ist von Frauen eher zu erwarten, solange und soweit gerade weibliche Beschäftigte diese Defizite besonders häufig erfahren und diese das Alltagsleben von Männern nicht in gleichem Maße prägen. Entsprechendes gilt für die Erwägung, bei männlichen Gleichstellungsbeauftragten bestehe die Gefahr, dass sich die weiblichen Beschäftigten weniger Verständnis für ihre Anliegen versprechen und deshalb von einer Beratung, Nachfrage oder Information absehen. Dabei werden nicht nur Qualifikation und Sensibilität relevant sein, die ein männlicher Gleichstellungsbeauftragter ebenfalls vorweisen könnte, sondern auch die Akzeptanz bei den zu fördernden weiblichen Beschäftigten, die aus den verschiedensten Gründen geringer sein oder ganz fehlen kann, was die Aufgabenerfüllung konterkarieren könnte. Nach alledem erweist es sich als angemessen, dass der Gesetzgeber zum Zwecke der Herstellung der Gleichberechtigung an tatsächliche Gegebenheiten und spezifische Eigenschaften, Erfahrungen und Kenntnisse, die mit Blick auf die frauenspezifische Ausrichtung der Position einer Gleichstellungsbeauftragten nur Frauen haben können, anknüpft. Aufgrund der gesellschaftlichen Gegebenheiten und der nach wie vor bestehenden Rollenbilder von Frau und Mann liegen die Benachteiligungen, die es abzubauen gilt, nach wie vor auf Seiten der Frauen20. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen des Stellenbewerbers, dass männliche Bedienstete ebenfalls Benachteiligungen ausgesetzt sein können, wenn sie beispielsweise Familien- oder Pflegeaufgaben nachgehen. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, inwiefern es für männliche Beschäftigte, etwa auch für alleinerziehende Väter, besonders problematisch oder ihnen gar unzumutbar sein könnte, sich insoweit an eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte zu wenden21.
Auch ein Verstoß gegen das Europarecht ist weder seitens des Stellenbewerbers dargetan noch sonst ersichtlich.
Abs. 1 a)) der RL 2006/54/EG untersagt im Hinblick auf die Auswahlentscheidung zum Zugang zur Beschäftigung oder zum beruflichen Aufstieg jedwede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Allerdings können die Mitgliedstaaten nach Abs. 2 dieser Regelung vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines geschlechtsbezogenen Merkmals keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Von der Ausnahmeregelung in Art. 14 Abs. 2 der RL 2006/54/EG hat der Gesetzgeber durch die §§ 8 und 5 AGG in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. In diesem Zusammenhang ist es zulässig, durch die Beschränkung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen zum einen den spezifischen Anforderungen an das Amt Rechnung zu tragen und zum anderen die Akzeptanz der Tätigkeit von Gleichstellungsbeauftragten vor allem bei weiblichen Beschäftigten zu erhöhen und deutlich zu machen, dass es bei der Tätigkeit von Gleichstellungsbeauftragten im Kern um die Gleichstellung von Frauen mit Männern und damit um die Herbeiführung einer Gleichstellung auch in tatsächlicher Hinsicht im Beschäftigungsverhältnis geht22. Es gelten insoweit die vorstehenden Ausführungen zur Verfassungskonformität des § 2 Abs.3 KrO-SH entsprechend.
Gleiches gilt für die Vereinbarkeit mit Art. 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die in Form der Richtlinie 2006/54/EG unionsrechtlich näher bezüglich der Gleichbehandlung von Mann und Frau ausgestaltet sind. Auch Art. 23 Abs. 2 der Charta der Grundrechte lässt eine Ungleichbehandlung zugunsten des unterrepräsentierten Geschlechts zu.
Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 14 der europäischen Menschenrechtskonvention vor, weil die Berufsfreiheit bereits nicht zu den von der Konvention in deren I. Abschnitt anerkannten Rechte und Freiheiten gehört23.
Diese Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AGG sind vorliegend auch deshalb erfüllt, weil das weibliche Geschlecht zur Erbringung eines wesentlichen Teils der Tätigkeiten der Gleichstellungsbeauftragten des Arbeitgebers eine unverzichtbare Voraussetzung ist. Ein Mann könnte diesen Teil nicht ausüben, ohne den verfolgten Zweck zu gefährden. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln24. Nach dem Stellenprofil der ausgeschriebenen Stelle erfordern wesentliche Teile der auszuübenden Tätigkeiten jedoch im vorstehend genannten Sinne das weibliche Geschlecht der Gleichstellungsbeauftragten.
Im vom Stellenprofil angeführten Aufgabenfeld der Zusammenarbeit mit Vereinen, Verbänden und Institutionen zur Wahrnehmung gleichstellungsrelevanter Themen wäre der verfolgte Zweck bei Besetzung der Stelle mit einem Mann gefährdet. Bei diesen Kooperationspartnern der Gleichstellungsbeauftragten handelt es sich im Hinblick auf die Zielrichtung „Wahrnehmung gleichstellungsrelevanter Themen“ typischerweise um Organisationen, die entweder Thematiken als Zielsetzung haben, die auf negativen Erfahrungen von Frauen und Mädchen mit Männern beruhen, oder aber sich nur an Frauen zur gemeinsamen Förderung der Gleichstellung von Frauen richten. Jedenfalls mit letzterer Kategorie hat die Gleichstellungsbeauftragte in Form der Frauennetzwerke „fif-Frauen in Führung und Verantwortung“ sowie „KOPF S.“ ausweislich der Tätigkeitsberichte aus den Vorjahren zusammenzuarbeiten. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung muss davon ausgegangen werden, dass diese Organisationen die Kooperation mit einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten nicht nur bevorzugen, sondern mit einem männlichen Gleichstellungsbeauftragten gar nicht zusammenarbeiten möchten oder können25.
Im Übrigen nimmt die Gleichstellungsbeauftragte laut Stellenprofil die gesetzlichen Aufgaben nach § 2 Abs. 3 KrO-SH i. V. m. § 20 GstG-SH wahr. Hierzu gehört nach § 20 Abs. 1 S. 1 GstG-SH auch die Beteiligung in allen sozialen Angelegenheiten bezüglich der Gleichstellung von Frauen, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des GstG-SH. Soweit die Gleichstellungsbeauftragte danach im Bereich der Konfliktlösung innerhalb des Arbeitgebers tätig zu werden hat, ist zwar nicht für jede Fallgestaltung zwingend, dass sich eine potentiell diskriminierte Frau nicht auch an einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten wenden würde. Solche Fallgestaltungen sind aber – etwa im Bereich sexueller Belästigungen oder aufgrund geschlechtsbezogener persönlicher Herabsetzungen – möglich26. Nach § 16 GstG-SH umfasst die Tätigkeit im Bereich der Konfliktlösung auch die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten im Zusammenhang mit Fällen sexueller Belästigung. Die Hemmschwelle, sich in diesen Situationen von einer Frau an eine andere Frau zu wenden, ist geringer als zu Männern. Die Bestellung eines Mannes zur Gleichstellungsbeauftragten birgt die (typisierende) Gefahr, dass sich Frauen diesem gegenüber nicht anvertrauen und die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten insoweit als Hülse ohne Kern übrigbleibt27. Soweit der Stellenbewerber meint, dass die entsprechende Argumentation für die Fälle sexuell belästigter Männer gegen eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte vorgebracht werden könnte, vermag dieses Argument nur theoretisch zu überzeugen. Typischerweise sind in Fällen sexueller Belästigung die Opfer Frauen. In Übereinstimmung mit dem Stellenprofil ist die Gleichstellungsbeauftragte des Arbeitgebers auch in der Dienstvereinbarung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement in der Kreisverwaltung Ansprechpartnerin in Fällen sexueller Belästigung.
Der Zweck der durch den Arbeitgeber verursachten Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten ist rechtmäßig. Der Arbeitgeber verfolgt mit der Position den Auftrag des § 3 Abs. 2 S. 2 GG, demzufolge der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken hat. Die vom Arbeitgeber aufgestellte Anforderung „weibliches Geschlecht“ ist auch angemessen. Der Tatbestand der Angemessenheit erfordert eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Eine vom Arbeitgeber vorgegebene berufliche Anforderung ist danach angemessen i.S.d. § 8 Abs.1 AGG, wenn sie geeignet ist, den vom Arbeitgeber verfolgten rechtmäßigen Zweck zu erreichen, wenn sie hierfür erforderlich, d. h. das mildeste geeignete Mittel zur Erreichung dieses Zwecks darstellt, und wenn sie darüber hinaus angemessen, also verhältnismäßig im engeren Sinne ist28. Das weibliche Geschlecht der Gleichstellungsbeauftragten ist insbesondere im Hinblick auf die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Lösung von Konflikten, u. a. in Fällen sexueller Belästigung, sowie im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Frauennetzwerken aus den vorstehend genannten Gründen geeignet, die verfolgten Ziele zu erreichen. Ein milderes Mittel zur Verwirklichung des angestrebten Ziels ist nicht ersichtlich. Im Hinblick auf das Aufgabenfeld der Gleichstellungsbeauftragen erscheint die mit der beschränkten Ausschreibung für eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte einhergehende Benachteiligung des Stellenbewerbers als Mann angemessen. In den aufgezeigten Bereichen des Aufgabengebiets der Gleichstellungsbeauftragten bestünde die Gefahr, dass die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten keine Wirkung entfaltet.
Der Arbeitgeber hat den Stellenbewerber auch nicht durch die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wegen dessen Schwerbehinderung gemäß § 7 Abs. 1 AGG benachteiligt. Dass die Schwerbehinderung kausal für die unterbliebene Berücksichtigung der klägerischen Bewerbung war, hat der Stellenbewerber nicht unmittelbar dargelegt.
Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG im Hinblick auf den Kausalzusammenhang jedoch eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat29. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund weder als negatives noch der fehlende Grund als positives Kriterium enthalten gewesen sein. Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG30.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Stellenbewerber nicht dargelegt, dass der Arbeitgeber ihn wegen seine Schwerbehinderung benachteiligt hat.
Entgegen der Auffassung des Stellenbewerbers indiziert die unterbliebene Einladung zum Vorstellungsgespräch vorliegend keine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung. Zwar begründet die Verletzung der in § 82 S. 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderten Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, grundsätzlich die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein31. Jedoch traf den Arbeitgeber die Pflicht aus § 82 S. 2 SGB IX nicht, da die Einladung des Stellenbewerbers nach § 82 S. 3 SGB IX entbehrlich war. Dies ist der Fall, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. So ist es im vorliegenden Fall, da der Arbeitgeber die Stellenausschreibung erkennbar und in zulässiger Weise auf weibliche Bewerber beschränkt hat.
Inwiefern der Arbeitgeber die vom Stellenbewerber angeführten Verpflichtungen zur Information der Schwerbehindertenvertretung und des Personalrats über die Bewerbung des Stellenbewerbers und zur Einhaltung der Beschäftigungsquote behinderter Menschen bzw. zur Einhaltung sonstiger schwerbehindertenspezifischer Anforderungen verletzt hat, kann dahingestellt bleiben. Der vorliegende Sachverhalt schließt aus, dass der Arbeitgeber den Stellenbewerber wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt hat. Wie aus der E‑Mail-Anfrage des Arbeitgebers vom 13.10.2016 an das Sozialministerium geschlossen werden kann, hat der Arbeitgeber die sich bewerbenden Männer allein wegen ihres Geschlechts im Bewerbungsverfahren nicht weiter berücksichtigt, da er sich nach der Zulässigkeit der von ihm vorgenommenen Differenzierung nach dem Geschlecht erkundigte. Soweit der Stellenbewerber die Auskunft des Sozialministeriums pauschal (mit Nichtwissen) bestritten hat, ist dieses Bestreiten im Hinblick auf den vom Arbeitgeber vorgelegten E‑Mail-Verkehr nicht ausreichend i. S. d. § 138 Abs.2 ZPO erfolgt und der E‑Mail-Verkehr daher nach § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu werten. Der Stellenbewerber hätte sich konkret zu dem vorgelegten Ausdruck des E‑Mail-Verkehrs erklären und angeben müssen, was er nunmehr noch konkret bezüglich der Behauptung des Arbeitgebers bestreiten möchte. Der Arbeitgeber hat dem Stellenbewerber die Auskunft des Sozialministeriums im Übrigen dann auch mit Schreiben vom 28.11.2016 mitgeteilt. Bei dieser Sachlage kann ausgeschlossen werden, dass auch die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers die Arbeitgeber zur Nichtberücksichtigung der klägerischen Bewerbung motiviert hat.
Landesarbeitsgericht Schleswig ‑Holstein, Beschluss vom 2. November 2017 – 2 Sa 262b/17
- BAG, Urteil vom 14.11.2013 – 8 AZR 997/12, Rn. 23[↩]
- BAG, Urteil vom 11.08.2016 – 8 AZR 4/1538[↩]
- BAG, Urteil vom 20.01.2016 – 8 AZR 194/14, Rn. 23 m.w.N.[↩]
- BAG, Urteil vom 19.05.2016 – 8 AZR 470/14, BAGE 155, 149 – 180, Rn. 25[↩]
- vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 26.01.2017 – 8 AZR 73/16, Rn. 14 m.w.N.[↩]
- vgl. EuGH 13.09.2011 – C‑447/09 [Prigge], Rn. 66[↩]
- BAG, Urteil vom 11.08.2016 – 8 AZR 4/15 101; BAG, Urteil vom 22.05.2014 – 8 AZR 662/13 34[↩]
- Drs. 18/4860 des Schleswig-Holsteinischen Landtages, S. 2 f.[↩]
- Drs. 12/804 des Schleswig-Holsteinischen Landtages, S. 3[↩]
- Plenarprotokoll 12/51 des Schleswig-Holsteinischen Landtags, S. 3053[↩]
- Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16[↩]
- vgl. auch BVerfG, Urteil vom 07.10.2014 – 2 BvR 1641/11 108[↩]
- Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn. 64[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 09.03.1971 – 2 BvR 326/69 37; Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn. 87[↩]
- insbesondere nach §§ 12, 14 GstG-SH[↩]
- vgl. Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn.89 ff.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.07.2005 – 2 BvF 2/01 243; Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn.96[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 – 1 BvR 539/96 77; Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn.97[↩]
- Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn. 100[↩]
- Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn.103 – 112[↩]
- Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2017 – 7/16, Rn.113[↩]
- VG Arnsberg, Urteil vom 14.08.2013 – 2 K 2669/11, Rn. 99[↩]
- VG Köln, Urteil vom 16.02.2006 – 1 K 2683/04, Rn. 71[↩]
- BAG, Urteil vom 18.03.2010 – 8 AZR 77/09, Rn. 30[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 18.03.2010 – 8 AZR 77/09, Rn. 31[↩]
- BAG, Urteil vom 18.03.2010 – 8 AZR 77/09, Rn. 31[↩]
- vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 14.08.2013 – 2 K 2669/11, Rn. 90[↩]
- Bauer/Krieger, AGG, 4. Aufl., § 8 Rn.20[↩]
- BAG, Urteil vom 11.08.2016 – 8 AZR 375/15 23[↩]
- BAG, Urteil vom 20.01.2016 – 8 AZR 194/14, Rn. 27 m.w.N.[↩]
- BAG, Urteil vom 20.01.2016 – 8 AZR 194/14, Rn. 34[↩]