Gemäß §§ 1, 47 BetrVG kann für Betriebe verschiedener Rechtsträger kein gemeinsamer Gesamtbetriebsrat gebildet werden [1].

Die Errichtung eines gemeinsamen Gesamtbetriebsrats vermag auf § 3 Abs. 1 BetrVG iVm. den Bestimmungen des TV gestützt zu werden.
Hierfür muss aber zum einen ein unternehmensübergreifender Tarifvertrag zur Bildung einer vom Gesetz abweichenden Betriebsratsstruktur nach § 3 Abs. 1 BetrVG wegen § 3 Abs. 2 TVG von allen betroffenen Unternehmen geschlossen werden [2]. Als ein Tarifvertrag über betriebsverfassungsrechtliche Fragen vermögen seine Rechtsnormen (nur) für (alle) Betriebe zu gelten, deren Arbeitgeber tarifgebunden sind. Zum anderen ist den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer vom Gesetz abweichenden Ausgestaltung der Repräsentationsstrukturen der Arbeitnehmer in der Betriebsverfassung lediglich in dem durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG bestimmten Umfang eröffnet [3]. Zwar können einem auf der Grundlage eines unwirksamen Tarifvertrags gewählten Betriebsrat ohne Weiteres betriebsverfassungsrechtliche Rechtspositionen zukommen, da dessen Wahl in einer organisatorischen Einheit bei einem nicht den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 BetrVG entsprechenden Tarifvertrag wegen der Verkennung des Betriebsbegriffs nicht nichtig, sondern bloß anfechtbar ist [4]. Das gilt aber nicht für einen – nicht zu wählenden, sondern zu errichtenden – Gesamtbetriebsrat auf der Grundlage eines Zuordnungstarifvertrags.
Die danach gebotene Prüfung ergab in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall, dass der Tarifvertrag mangels Gebundenheit eines von seinem Geltungsbereich erfassten Unternehmens an ihn keine Grundlage für die Bildung des Gesamtbetriebsrats („Kino-GBR“) vermittelt. Es konnte daher für das Bundesarbeitsgericht offenbleiben, ob er den Vorgaben des § 3 Abs. 1 BetrVG entspricht:
Tarifgebunden ist – neben den Mitgliedern der Tarifvertragsparteien – der Arbeitgeber, der selbst Tarifvertragspartei ist (§ 3 Abs. 1 TVG). Ein Konzern scheidet als Tarifvertragspartei mangels Rechtssubjektivität aus. Die Voraussetzung einer eigenständigen Tarifgebundenheit des Arbeitgebers kann auch nicht durch die – ohnehin zusätzlich erforderliche – Erfassung durch die Geltungsbereichsbestimmung ersetzt werden. Der Abschluss eines sog. Konzerntarifvertrags durch das herrschende Unternehmen begründet eine Tarifgebundenheit ausschließlich für diese Gesellschaft selbst, nicht aber – unbeschadet der Erstreckung in einer Geltungsbereichsbestimmung – für ein nicht selbst tarifschließendes beherrschtes Unternehmen. Zwar ist der Tarifvertragsabschluss für beherrschte Unternehmen möglich, wenn diese dabei durch das herrschende Unternehmen vertreten werden. Für eine entsprechende Vollmachtserteilung bedarf es aber hinreichender Anhaltspunkte; aus der Konzernzugehörigkeit ergibt sich eine solche Vollmacht nicht [5].
Die normative Gebundenheit an tarifvertragliche Rechtsnormen kann im Übrigen nur durch einen Tarifvertrag selbst bewirkt werden. Dabei kann sich der Wille des herrschenden Unternehmens, auch im Namen konzernzugehöriger Unternehmen zu handeln, nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB auch aus den Umständen ergeben, wenn sie einen einer ausdrücklichen Nennung als Tarifvertragspartei gleichwertigen Grad an Klarheit und Eindeutigkeit erreichen und in einer § 1 Abs. 2 TVG genügenden Form niedergelegt sind [6].
Gemessen daran ist die Errichtung des Kino-GBR unwirksam. In seiner letzten Fassung vom 18.01.2013 erfasst der Geltungsbereich des TV nach seinem § 1 Nr. 1 iVm. der Anlage 1 die Unternehmen („soweit sie Kinobetriebe unterhalten“): C AG, C GmbH & Co. KG, C Entertainment GmbH & Co. KG, C Cinetainment GmbH, C Movietainment GmbH, C Filmtheater GmbH, S Betriebs GmbH und C Maxxtainment GmbH. Diese Gesellschaften sind nicht sämtlich an den TV gebunden.
Das gilt allerdings nicht für die Arbeitgeberin, bei der der Kino-GBR errichtet ist. Diese ist an den TV gebunden. Bei einer formwechselnden Umwandlung tritt keine Rechtsnachfolge ein. Die Änderung der Rechtsform berührt auch nicht die Tarifgebundenheit des Rechtsträgers; dessen Identität sichert die tarifliche Kontinuität [7].
Partei des TV sind daneben die in seiner Anlage 1 im Zeitpunkt seines Abschlusses am 11.08.2003 angeführten beherrschten Unternehmen. Dies sind die C GmbH & Co. KG, die H Filmtheater GmbH & Co. KG, die H Kinobetriebsgesellschaft mbH, die B Filmtheater K GmbH & Co. KG, die C M GmbH, die C W GmbH, die C A GmbH, die C Filmtheater Betriebs GmbH, die C Filmtheater GmbH, die Ca Tickets & Service GmbH und die B Filmtheater Betriebsges. mbH. Die C AG – nunmehr: C Holdings GmbH – hat den TV „namens und im Auftrag“ dieser Unternehmen geschlossen. Darin wird hinreichend deutlich, dass sie die in der damaligen Anlage 1 ausdrücklich angeführten Unternehmen beim Abschluss des TV rechtgeschäftlich vertreten hat [8].
Die im Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses in Bezug genommene Anlage 1 benennt – bis auf die ersten beiden Unternehmen (C AG und C GmbH & Co. KG) – andere Gesellschaften als die Anlage 1 zum TV idF vom 18.01.2013. Das ist ausweislich der jeweiligen Handelsregisterauszüge unschädlich, soweit es die C Entertainment GmbH & Co. KG, die C Cinetainment GmbH, die C Movietainment GmbH, die C Filmtheater GmbH und die S Betriebs GmbH betrifft. Letztere beiden Gesellschaften wurden als jeweils übertragende Rechtsträger mit der C Entertainment GmbH & Co. KG verschmolzen, die ihrerseits als übernehmender Rechtsträger mit der „H Kino-Betriebs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ verschmolzen wurde. Das begründet die Gebundenheit der C Entertainment GmbH & Co. KG an den ua. in Vertretung für die H Kinobetriebsgesellschaft mbH geschlossenen TV, denn bei einer Verschmelzung durch Aufnahme nach § 2 Nr. 1 UmwG geht ein Firmentarifvertrag wegen der vom Gesetz in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge uneingeschränkt auf den übernehmenden Rechtsträger über [9]. Der übernehmende Rechtsträger tritt in bestehende Verträge ein und wird damit Partei des für den übertragenden Rechtsträger geltenden Firmentarifvertrags. Entsprechendes gilt für die C Cinetainment GmbH, mit der die den TV schließende C M GmbH verschmolzen ist, und für die C Movietainment GmbH, die als übernehmender Rechtsträger mit der den TV schließenden C A GmbH verschmolzen ist. Die in der Anlage 1 des TV idF vom 18.01.2013 angeführte C Maxxtainment GmbH ist hingegen nicht an den TV gebunden. Diese (oder ein Rechtsvorgänger) ist nicht Partei des TV. Selbst wenn die Anlage 1 des TV idF vom 18.01.2013 eine zulässige, bloß regelungstechnische Modalität des Tarifvertrags(neu)abschlusses wäre, fehlte es in dieser an hinreichend deutlichen Anhaltspunkten dafür, dass die die (geänderte) Anlage auf Arbeitgeberseite allein und ohne weiteren Zusatz unterzeichnende C AG (auch) die C Maxxtainment GmbH rechtsgeschäftlich vertreten hat.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25. Februar 2020 – 1 ABR 40/18
- ausf. BAG 13.02.2007 – 1 AZR 184/06, Rn. 17 ff., BAGE 121, 168[↩]
- vgl. BAG 13.12.2016 – 1 AZR 148/15, Rn. 14[↩]
- vgl. ausf. BAG 29.07.2009 – 7 ABR 27/08, Rn. 22, BAGE 131, 277[↩]
- ausf. BAG 13.03.2013 – 7 ABR 70/11, Rn. 17, BAGE 144, 290[↩]
- vgl. zu all dem ausf. BAG 22.11.2017 – 4 ABR 54/15, Rn. 22; 22.02.2012 – 4 AZR 24/10, Rn. 28; 7.07.2010 – 4 AZR 120/09, Rn.20 ff.; 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06, Rn. 26 ff., BAGE 124, 240[↩]
- vgl. BAG 13.12.2016 – 1 AZR 148/15, Rn. 16; 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06, Rn. 26 ff., BAGE 124, 240[↩]
- vgl. zB Wiedemann/Oetker TVG 8. Aufl. § 3 Rn.203 mwN[↩]
- vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation eines [Mantel-]Tarifvertragsabschlusses BAG 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06, Rn. 24 ff., BAGE 124, 240[↩]
- ausf. dazu BAG 15.06.2016 – 4 AZR 805/14, Rn. 33 mwN, BAGE 155, 280[↩]
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