Der zukünftig private Museumsshop im Landesmuseum

1. Die Entscheidung des öffentlichen Arbeitgebers, einen Museumsshop an einen externen Betreiber zu vergeben stellt eine unternehmerische Entscheidung dar, die nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen ist. Sie ist Bestandteil der durch Art. 12, 14, 2 Abs. 1 Grundgesetz geschützten unternehmerischen Freiheit. Eine solche Maßnahme ist geeignet, die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist eines Arbeitnehmers zu rechtfertigen, der aufgrund einer tarifvertraglichen Bestimmung ordentlich unkündbar ist. Das gilt in gleicher Weise für eine Änderungskündigung.

Der zukünftig private Museumsshop im Landesmuseum

Bestehen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist vorrangig eine Änderungskündigung auszusprechen. Der besondere Kündigungsschutz wirkt sich auf die Darlegungslast des Arbeitgebers aus. Dieser hat gegenüber einer ordentlichen Änderungskündigung erheblich gesteigerte Bemühungen bei der Prüfung der Frage zu entfalten, welche Vertragsänderungen er dem Arbeitnehmer mit dem Änderungsangebot zumutet. Die Suche nach gleichwertigen Tätigkeiten beschränkt sich nicht auf den – vorliegend musealen – Bereich, in welchem der Arbeitnehmer bisher beschäftigt war. Die Prüfung von Beschäftigungs- und Einsatzmöglichkeiten erstreckt sich auf sämtliche Geschäftsbereiche des betreffenden öffentlichen Arbeitgebers im Rahmen seines gesamten territorialen Einflussbereichs. Hierzu hat der öffentliche Arbeitgeber von sich aus umfassend vorzutragen.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

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Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist gegenüber einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer grundsätzlich unzulässig. Sie setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist es, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten.

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt aber in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und Nachteilen für den gerade besonders geschützten Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber bei einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung zwingend eine der – fiktiven – ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten.

Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB kann sich – ebenso wie ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG – aus dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher, von äußeren Faktoren nicht „erzwungener“ Maßnahmen ergeben. Die einer betrieblich-organisatorischen Maßnahme zugrundeliegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist außerdem, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfallen ist.

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Die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation ist mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen – wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde, Rechtsmissbrauch also die Ausnahme ist. Darauf, ob die Maßnahme für den Bestand des Unternehmens notwendig, gar zwingend notwendig ist, kommt es nicht an. Es kann unter Geltung von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht darum gehen, dem Unternehmer die fragliche organisatorische Maßnahme als solche gerichtlich zu untersagen, sondern nur darum, ob ihre tatsächliche Umsetzung eine Kündigung rechtfertigt.

Das gilt gleichermaßen in Fällen, in denen von der fraglichen Maßnahme ein ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer betroffen ist, dessen Arbeitsverhältnis nur außerordentlich nach § 626 BGB gekündigt werden kann. Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen. Der Arbeitgeber muss deshalb regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen wird. Ob ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegeben ist, hängt in diesen Fällen davon ab, ob jedwede Möglichkeit ausgeschlossen ist, den Arbeitnehmer anderweitig sinnvoll einzusetzen, und der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für erhebliche Zeiträume an ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden und aus diesem zur Vergütung verpflichtet wäre. Der in Tarifverträgen an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit und ein bestimmtes Lebensalter geknüpfte Ausschluss der ordentlichen Kündigung ist regelmäßig nicht dahin zu verstehen, dass damit die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung generell – auch als außerordentliche, zumindest für die Fälle ausgeschlossen sein soll, in denen der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses auf wirtschaftlich nicht zwingend notwendigen unternehmerischen Organisationsentscheidungen beruht1.

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Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L gilt auch für eine Änderungskündigung. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Änderungskündigung setzt voraus, dass die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist und die geänderten Bedingungen dem gekündigten Arbeitnehmer zumutbar sind.

Die Voraussetzungen einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Änderungskündigung sind beträchtlich und gehen über die Anforderungen an eine ordentliche Änderungskündigung deutlich hinaus.

Bereits eine ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung kann nur dann wirksam sein, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist und sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung, d.h. die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist.

Für die außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung müssen demgegenüber erheblich verschärfte Maßstäbe gelten. Andernfalls bliebe der vereinbarte Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit wirkungslos. Der besonderen Bindung muss der Arbeitgeber insbesondere bei Prüfung der Frage, welche Vertragsänderungen er dem Arbeitnehmer mit dem Änderungsangebot zumutet, gerecht werden. Bestehen mehrere Möglichkeiten der Änderung der Arbeitsbedingungen zur Verfügung, so fordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diejenige auch ihm zumutbare Änderung anbietet, die den Gekündigten am wenigsten belastet.

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Dieser Prüfungsmaßstab gilt auch, wenn die Änderungskündigung infolge eines Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 6 BGB erfolgt.

Im Prozess wirkt sich die mit der Unkündbarkeit übernommene Verpflichtung des Arbeitgebers auch bei seiner Darlegungslast aus. Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar sein, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen besonderen Verpflichtungen alles Zumutbare unternommen hat, die durch die unternehmerische Entscheidung notwendig gewordene Anpassungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken.

Wenn neben der Tätigkeit auch die Vergütung des Arbeitnehmers geändert werden soll, sind beide Elemente des Änderungsangebots am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. Eine gesonderte Rechtfertigung des Vergütungsangebots ist nur dann entbehrlich, wenn dieses sich aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt (sogenannte Vergütungssystematik). Ist die Veränderung der Tätigkeit als solche unabweisbar und daher geeignet, eine darauf gerichtete außerordentliche Änderungskündigung zu rechtfertigen, so gilt dies auch hinsichtlich der Änderung der Eingruppierung2.

Diese Grundsätze wurden durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weiter konkretisiert:

Nach den Umständen des Einzelfalles kann deshalb der Arbeitgeber verpflichtet sein, auch Arbeitsplätze in Betracht zu ziehen, die zwar nicht bei ihm selbst, wohl aber bei einem Konzernunternehmen bestehen3.

Nach den Umständen trifft den Arbeitgeber die Pflicht, mit allen zumutbaren Mitteln, ggf. durch eine entsprechende Umorganisation und das Freimachen geeigneter gleichwertiger Arbeitsplätze, eine Weiterbeschäftigung – ggf. auch bei anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, zu versuchen4. Der Arbeitgeber hat zur Vermeidung einer Kündigung alle in Betracht kommenden Beschäftigungs- und Einsatzmöglichkeiten von sich aus umfassend zu prüfen und eingehend zu sondieren. In diese Prüfung sind nicht nur die in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG genannten Arbeitsplätze in derselben Dienststelle oder einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets einzubeziehen. Die Prüf- und Sondierungspflichten des Arbeitgebers gehen – wie auch sonst bei der außerordentlichen Kündigung – deutlich darüber hinaus. Sie erstrecken sich im Grundsatz auf sämtliche Geschäftsbereiche des betreffenden öffentlichen Arbeitgebers und zwar im Rahmen seines gesamten territorialen Einflussbereichs5.

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Eine Pflicht des Arbeitgebers, zugunsten des ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers den Arbeitsplatz eines ordentlich kündbaren Arbeitnehmers frei zu kündigen, ist allerdings nicht anzunehmen6.

Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 8. Oktober 2014 – 11 Ca 2434/14

  1. im Einzelnen mit zahlreichen weiterführenden Nachweisen BAG 20.06.2013 – 2 AZR 379/12 – Rz 13 ff., Juris; 22.11.2012 – 2 AZR 674/11 – Rz 12 ff., Juris[]
  2. im Einzelnen sowie mit zahlreichen Nachweisen zu Rechtsprechung BAG 28.10.2010 – 2 AZR 688/09 – Rz 31 ff., Juris; 27.11.2008 – 2 AZR 757/07 – Rz 24 ff., Juris; 02.03.2006 – 2 AZR 64/05 – Rz 27 ff., Juris; 26.03.2009 – 2 AZR 879/07 – Rz 50 ff., Juris[]
  3. BAG 22.11.2012 – 2 AZR 674/11 – Rz 38 ff., Juris[]
  4. BAG 06.10.2005 – 2 AZR 362/04 – Rz 31, Juris[]
  5. BAG 26.11.2009 – 2 AZR 272/08 – Rz 35[]
  6. vgl. hierzu BAG 18.05.2006 – 2 AZR 207/05 – Rz 27 ff., Juris[]