Die Freistellungswahl des Betriebsrats – und die Kandidatengruppen

Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG werden die freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die Wahl bezieht sich danach nicht auf Paare oder gar Gruppen von Betriebsratsmitgliedern, sondern jeweils auf einzelne freizustellende Betriebsratsmitglieder.

Die Freistellungswahl des Betriebsrats – und die Kandidatengruppen

Dies entspricht auch dem Wesen der Verhältniswahl. Bei ihr handelt es sich um eine Listenwahl1. Die Grundsätze der für die Betriebsratswahl geltenden Wahlordnung sind zwar auf die Freistellungswahl nicht unmittelbar anwendbar, sie können jedoch entsprechend herangezogen werden; dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat – wie vorliegend – vorab keine eigenen Grundsätze aufgestellt hat2. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 WO sind in jeder Vorschlagsliste die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer aufzuführen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 WO sind Vorschlagslisten ungültig, auf denen die Bewerberinnen oder Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind. Die Erkennbarkeit der Reihenfolge ist von wesentlicher Bedeutung, da sich die gewählten Bewerber bei der Verhältniswahl gemäß § 15 Abs. 4 WO nach der Reihenfolge ihrer Benennung auf der Vorschlagsliste bestimmen3.

Danach kommt eine Aufstellung von Kandidatenpaaren nicht in Betracht. Das ergibt sich auch daraus, dass im Falle des Ausscheidens eines freigestellten Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung nicht ermittelt werden könnte, welches Betriebsratsmitglied in welchem Umfang in die Freistellung nachrückt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 2 Satz 1 BetrVG das ersatzweise freizustellende Mitglied der Reihe nach derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehörte4. Scheidet ein teilfreigestelltes Mitglied aus dem Betriebsrat aus, muss klar sein, welches Mitglied von der Liste nachrückt. Dies ist nicht der Fall, wenn es nur eine Reihenfolge von Kandidatenpaaren und nicht einzelner Kandidaten gibt.

Auf diesem Verstoß gegen das Wahlverfahren kann das Wahlergebnis beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden dass eine Vorschlagsliste ohne Paarbildung anders aufgestellt worden wäre, etwa dergestalt, dass die Reihenfolge der Kandidaten oder der jeweilige Umfang der Teilfreistellung anders festgelegt worden wären und dass die Wähler bei ordnungsgemäßer Auflistung der Wahlbewerber anders abgestimmt hätten.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24. März 2021 – 7 ABR 6/20

  1. Thüsing in Richardi BetrVG 16. Aufl. § 38 Rn. 32[]
  2. vgl. zur entsprechenden Situation bei der Wahl der weiteren Ausschussmitglieder Raab GK-BetrVG § 27 Rn. 17[]
  3. Fitting BetrVG 30. Aufl. § 6 WO Rn. 8[]
  4. BAG 21.02.2018 – 7 ABR 54/16, Rn. 15; ausführlich BAG 25.04.2001 – 7 ABR 26/00, zu B I 2 c der Gründe, BAGE 97, 340[]