Die Funktionszulage Schreibdienst nach der seit 1. Januar 1984 nachwirkenden Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT (Protokollnotiz Nr. 3) ist kein Entgelt aus der bisherigen Tätigkeit iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw, das dem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw zugestanden hat. Der Anrechnungsausschluss des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw gilt deshalb nicht. Stufensteigerungen oder allgemeine tarifliche Entgelterhöhungen können auf die Funktionszulage Schreibdienst angerechnet werden, wenn die Anrechnung nicht einzelvertraglich ausgeschlossen ist.

Die Regelungen des TVöD (Bund) sehen keinen Anspruch auf eine Funktionszulage Schreibdienst vor. Nach der Kündigung der Vergütungsordnung der Anlage 1a zum BAT zum 31.12.1983 galten die nicht wieder in Kraft gesetzten Regelungen des Abschnitts N seit 1.01.1984 nur noch aufgrund ihrer Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG((vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 16 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1; 13.12.2000 – 10 AZR 689/99 – zu II 1 der Gründe, ZTR 2001, 269)). Auf die Frage, ob eine Gewerkschaftszugehörigkeit der Klägerin, die sie selbst nicht behauptet, zur Nachwirkung führte, kommt es nicht an. Es kann auch auf sich beruhen, ob eine vertragliche Bezugnahmeklausel besteht, die als Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Vierten Bundesarbeitsgerichts auszulegen wäre1 und ob eine Gleichstellungsabrede auch nachwirkende Tarifregelungen erfasste2.
Eine mögliche Nachwirkung wurde jedenfalls durch eine andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG beendet.
Eine „andere Abmachung“ muss die nachwirkende Tarifregelung ersetzen, also denselben Regelungsbereich erfassen3. Sie kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertragliche Abrede erfolgen4.
Die Parteien trafen hier einzelvertraglich eine andere Abmachung. Mit der Nebenabrede vom 31.10.1995/7.11.1995 gaben sie nicht nur einen bestehenden Rechtszustand deklaratorisch wieder, sondern trafen eine eigenständige neue Regelung.
Mit der Verweisung auf die „gültige“ Fassung der Protokollnotiz Nr. 3 konnten die Parteien nur die nachwirkende Regelung meinen, weil die Anlage 1a zum BAT zum 31.12.1983 gekündigt und Teil II des Abschnitts N nicht zum 1.01.1991 wieder in Kraft gesetzt worden war.
Mit der Bezugnahme auf die Maßgaben des Rundschreibens des Bundesministers des Innern – D III 1 – 220 254/9 – vom 02.09.1986 in seiner jeweiligen Fassung gingen die Parteien jedoch über das nachwirkende Tarifrecht hinaus. Sie lösten sich damit von der bloßen Anwendung der nachwirkenden tariflichen Regelung5. Die Vereinbarung einer anderen, ggf. gegenüber der Tarifregelung weniger günstigen Regelung war nach § 4 Abs. 5 TVG auch dann zulässig, wenn die Klägerin tarifgebunden gewesen sein sollte6.
Ansprüche auf (ungeschmälerte) Fortzahlung der Funktionszulage Schreibdienst folgen nicht aus der Nebenabrede vom 31.10.1995/7.11.1995. Nach der tariflichen Neuregelung durch den TVöD durfte die Beklagte die Entgeltsteigerungen aufgrund des Stufenaufstiegs der Klägerin und der allgemeinen tariflichen Entgelterhöhungen aus der Tarifrunde 2008/2009 auf die Funktionszulage Schreibdienst anrechnen. Die Nebenabrede schließt eine Anrechnungsbefugnis der Beklagten nicht aus.
Bei der Nebenabrede handelt es sich um eine von der Beklagten gestellte vorformulierte Vertragsbedingung, die nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB einer Kontrolle nach den Regelungen der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Nach Art. 229 § 5 EGBGB findet auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1.01.2002 begründet wurden, vom 01.01.2003 an das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung Anwendung. Dazu gehören auch §§ 305 bis 310 BGB7.
Bei der Nebenabrede handelt es sich um eine teilbare Klausel.
Für die Frage der Teilbarkeit einer teils wirksamen und andernteils unwirksamen Klausel iSv. § 306 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist entscheidend, ob die Bestimmung mehrere sachliche Regelungen enthält und der unwirksame Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiter verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des (möglicherweise) unwirksamen Teils zu ermitteln8.
Danach ist die Klausel teilbar. Sie enthält drei sachlich trennbare Regelungen. Es handelt sich erstens um die Verweisung auf die nachwirkende „gültige“ Regelung der Protokollnotiz Nr. 3 in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 der Nebenabrede, zweitens um die „Dynamisierung“ der Bezugnahme nach Maßgabe des Rundschreibens des Bundesministers des Innern – D III 1 – 220 254/9 – vom 02.09.1986 in seiner jeweiligen Fassung durch § 1 Abs. 1 der Nebenabrede und drittens um das in § 1 Abs. 2 Unterabs. 2 der Nebenabrede vereinbarte Widerrufsrecht. Die Inhaltskontrolle für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen ist getrennt vorzunehmen. Deshalb kann dahinstehen, welchen genauen Inhalt die Maßgaben- und die Widerrufsklauseln haben. Das Bundesarbeitsgericht braucht auch nicht darüber zu befinden, ob diese Teile der Vereinbarung einer Transparenz- oder Inhaltskontrolle standhielten oder ob sie die Klägerin als Änderungsvorbehalte iSv. § 308 Nr. 4 BGB unangemessen benachteiligten9.
Die Beklagte war berechtigt, die sich aus der Stufensteigerung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜBund und aus der Tarifrunde 2008/2009 ergebenden Entgelterhöhungen auf die ab 1.10.2005 als übertarifliche Besitzstandszulage gezahlte (frühere) Funktionszulage Schreibdienst anzurechnen. Die Nebenabrede vom 31.10.1995/7.11.1995 lässt nicht erkennen, dass eine Anrechnung tariflicher Entgeltsteigerungen ausgeschlossen werden sollte.
Ob eine Tarifentgelterhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Sonst ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist10. Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tarifentgelterhöhung als selbständiger Vergütungsbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt gezahlt werden11. Da sich durch eine Anrechnung von Tarifentgelterhöhungen auf die Zulage – anders als durch einen Widerruf der Zulage – die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist dem Arbeitnehmer die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter ausdrücklicher Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand12.
Die Funktionszulage Schreibdienst ist kein Entgelt aus der bisherigen Tätigkeit iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw, das der Klägerin in ihrer bisherigen Tätigkeit zuletzt iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw zugestanden hat. Bei dem durch eine persönliche Zulage gesicherten Einkommen handelt es sich lediglich um tarifvertraglich zustehendes Entgelt. Die Funktionszulage Schreibdienst, die seit 1.01.1984 nur aufgrund der Nachwirkung der Protokollnotiz Nr. 3 gezahlt wird, ist kein solches tarifvertraglich zustehendes Entgelt. Die gesicherten Zulagen sind nur tarifvertraglich zustehende, in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen. Nachwirkende Tarifvorschriften fallen dagegen nicht darunter. Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die den Tarifvertragsparteien bei Tarifabschluss bekannt sein musste, gelten gekündigte Tarifnormen nicht mehr kraft der Wirkung des Tarifvertrags, sondern nur noch kraft Gesetzes weiter. Sie sind nicht länger Tarifvertragsrecht13. Das gilt erst recht, wenn die Geltung lediglich nachwirkender Tarifvorschriften zugesagt wird. Der Anrechnungsausschluss des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw findet daher keine Anwendung.
Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw ist allerdings nicht eindeutig. Danach wird Entgelt aus der bisherigen Tätigkeit gesichert, das dem Arbeitnehmer „zuletzt zugestanden hat“. Dazu gehören nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw „in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen, die in den letzten drei Jahren der bisherigen Tätigkeit ohne schädliche Unterbrechung bezogen wurden“. Anders als § 5 Abs. 2 Satz 3 TVÜBund nennen die Tarifvertragsparteien des TV UmBw nicht ausdrücklich nur „tarifvertraglich zustehende Funktionszulagen“14. „In Monatsbeträgen festgelegte Zulagen“ sind die Vergütungsbestandteile, die aus besonderem Anlass zu einer bestimmten Grundleistung hinzutreten. Sie sind – wie zB Funktionszulagen – an die Person des Arbeitnehmers gebunden15. Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des TV UmBw zum 1.01.2008 gilt für „in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen“ nichts anderes als für die früheren „ständigen Lohnzulagen“ in § 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b der Ursprungsfassung des TV UmBw vom 18.07.200116.
Aus Zusammenhang sowie Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b TV UmBw ergibt sich jedoch, dass es sich bei dem durch eine persönliche Zulage gesicherten Einkommen nur um tarifvertraglich zustehendes Entgelt handelt.
Für eine Berücksichtigung nur tarifvertraglich zustehender Zulagen spricht zunächst die Einbettung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw in das tarifliche Entgeltgefüge. Die Bestimmung ist zwischen dem Tabellenentgelt iSv. § 15 TVöD und den Erschwerniszuschlägen iSv. § 19 TVöD in § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und Buchst. c TV UmBw angesiedelt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. April 2012 – 6 AZR 691/10
- vgl. grundlegend BAG 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; siehe auch 23.02.2011 – 4 AZR 536/09, Rn. 17 f., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86 = EzTöD 100 TVöDAT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 31[↩]
- vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10 – aaO mwN[↩]
- vgl. BAG 21.10.2009 – 4 AZR 477/08, Rn. 23, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 50 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 46[↩]
- vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 18, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1; 17.01.2006 – 9 AZR 41/05, Rn. 24, BAGE 116, 366[↩]
- vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 18, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1[↩]
- vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn.19, aaO; 3.04.2007 – 9 AZR 867/06, Rn.20 mwN, BAGE 122, 64[↩]
- vgl. für die st. Rspr. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 21, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1[↩]
- st. Rspr., vgl. zB BAG 19.10.2011 – 7 AZR 672/10, Rn. 65; 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 23, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1, jeweils mwN[↩]
- vgl. zu der Trennung einer auflösenden Bedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB von der sog. Maßgabenklausel BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 24 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1[↩]
- vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 39, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Schreibdienst Funktionszulage Nr. 1; 30.05.2006 – 1 AZR 111/05, Rn. 17, BAGE 118, 211; 1.03.2006 – 5 AZR 540/05, Rn. 13 mwN, AP TVG § 4 Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 40 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 47[↩]
- vgl. BAG 27.08.2008 – 5 AZR 820/07, Rn. 12, BAGE 127, 319[↩]
- vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 206/10 – aaO; 30.05.2006 – 1 AZR 111/05 – aaO[↩]
- vgl. zu der st. Rspr. und den abweichenden Meinungen im Schrifttum näher BAG 19.04.2012 – 6 AZR 622/10 – zu II 2 b der Gründe mwN; siehe zB auch 3.04.2007 – 9 AZR 867/06, Rn. 24 mwN, BAGE 122, 64[↩]
- vgl. dazu BAG 19.04.2012 – 6 AZR 622/10 – zu II 2 der Gründe[↩]
- vgl. BAG 13.08.2009 – 6 AZR 307/08, Rn. 17 mwN, ZTR 2009, 641; 23.11.2006 – 6 AZR 317/06, Rn. 25, BAGE 120, 239[↩]
- vgl. BAG 23.11.2006 – 6 AZR 317/06, Rn. 21, aaO[↩]