§ 174 BGB findet analoge Anwendung auf einseitige Rechtsgeschäfte, die ein abweichend von der gesetzlichen Grundregel der §§ 709, 714 BGB allein vertretungsberechtigter Gesellschafter im Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vornimmt.

Eine Kündigung, der kein Nachweis der alleinigen Vertretungsmacht des handelnden Gesellschafters der GbR beigefügt war und die der Arbeitnehmer deswegen zurückgewiesen hat, hat damit das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst; sie ist in analoger Anwendung von § 174 BGB unwirksam.
Nach § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unabhängig vom Bestehen einer Vollmacht und ohne die Möglichkeit einer Heilung oder Genehmigung [1] unwirksam, wenn der Bevollmächtigte weder eine Vollmachtsurkunde vorlegt noch die Bevollmächtigung dem Erklärungsempfänger vom Vollmachtgeber zuvor bekannt gegeben worden ist, und der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist.
Nach seinem eindeutigen Wortlaut („Bevollmächtigter“, „Vollmachtgeber“, „Vollmachtsurkunde“) gilt § 174 BGB unmittelbar lediglich für das Handeln eines Vertreters aufgrund einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht; vgl. die Legaldefinition in § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB). Allerdings ist die Vorschrift analog auf Fälle anzuwenden, in denen einerseits für den Erklärungsempfänger eine vergleichbare Unsicherheit über die vom Vertreter in Anspruch genommene Vertretungsmacht besteht und andererseits die Vertretungsmacht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen beruht, die von ihm gegenüber dem Erklärungsempfänger nachgewiesen werden kann. Das Recht, ein einseitiges Rechtsgeschäft mangels Vorlage eines Nachweises der beanspruchten Vertretungsmacht zurückzuweisen, entspricht dann einer billigen Rücksichtnahme, während zugleich eine Beengung des Verkehrs nicht zu besorgen steht [2].
Danach ist § 174 BGB auf gesetzliche oder ihnen gleichzustellende Vertreter nicht analog anzuwenden [3]. Die gesetzliche Vertretungsmacht beruht nicht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen. Sie kann nicht durch eine „Vollmachtsurkunde“ nachgewiesen werden. Deshalb wird dem Erklärungsempfänger die mit der Inanspruchnahme gesetzlicher Vertretungsmacht verbundene Unsicherheit über das Bestehen der behaupteten Vertretungsmacht zugemutet [4].
Das Recht zur Zurückweisung besteht auch im Fall der organschaftlichen Vertretung grundsätzlich nicht [5]. Die organschaftliche Vertretungsmacht beruht auf der Bestellung des Vertreters zum Organ einer juristischen Person, die nur durch ihre Organe am Rechtsverkehr teilnehmen kann [6]. Der Unsicherheit über die in Anspruch genommene organschaftliche Vertretungsmacht wirkt die grundsätzlich vorgeschriebene Eintragung des Vertreters als Organ in ein öffentliches Register entgegen, aus dem sich in vielen Fällen die Person des Organs und der Umfang seiner Vertretungsmacht ergibt, vgl. § 67 BGB, §§ 33, 34, 106, 107, 162 HGB, § 81 Abs. 1 AktG, § 39 Abs. 1 GmbHG, § 28 Satz 1 GenG [7].
§ 174 BGB ist indes analog anzuwenden, wenn eine organschaftliche Gesamtvertretungsmacht kraft Ermächtigung eines einzelnen Organmitglieds durch die zusammen mit ihm gesamtvertretungsbefugten Organmitglieder zu einer organschaftlichen Alleinvertretungsmacht erweitert wird [8]. Diese Alleinvertretungsmacht lässt sich keinem öffentlichen Register entnehmen. Die Ermächtigung des Alleinvertreters kann durch eine Erklärung aller oder der übrigen Organmitglieder nachgewiesen werden.
Mit dem Bundesgerichtshof [9] und der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum [10] findet § 174 BGB auch analoge Anwendung auf einseitige Rechtsgeschäfte, die ein abweichend von der gesetzlichen Grundregel der §§ 709, 714 BGB gemäß § 710 BGB allein vertretungsberechtigter Gesellschafter im Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vornimmt.
Einerseits besteht beim Erklärungsgegner eine vergleichbare Unsicherheit über die vom handelnden Gesellschafter in Anspruch genommene Alleinvertretungsmacht wie im Fall der rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht). Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts können die Vertretungsverhältnisse anders als bei der ansonsten für die organschaftliche Vertretung grundsätzlich vorgeschriebenen Eintragung des Vertreters als Organ in ein öffentliches Register, aus dem sich die Person des Organs und der Umfang seiner Vertretungsmacht ergibt, keinem öffentlichen Register entnommen werden, sondern ergeben sich aus einem keiner Publizität unterliegenden Gesellschaftsvertrag. Soweit die Gesellschaft nicht entsprechend der gesetzlichen Grundregel der §§ 709, 714 BGB durch sämtliche Gesellschafter handelt, liegt damit auch bei Teilnahme einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Rechtsverkehr eine Situation vor, die der des § 174 BGB entspricht [9].
Andererseits ist durch die Geltung von § 174 BGB keine „Beengung des Verkehrs“ zu besorgen.
Die Alleinvertretungsmacht beruht auf einer Willensentscheidung der Gesellschafter. Diese Entscheidung kann – wenn keine Vollmacht der übrigen Gesellschafter erteilt ist – entweder durch Vorlage des Gesellschaftsvertrags (ggf. in Auszügen) oder durch eine Erklärung der anderen Gesellschafter über die von §§ 709, 714 BGB abweichende Vertretungsbefugnis des Handelnden belegt werden [11]. Aufgrund der letztgenannten Nachweismöglichkeit besteht – entgegen der Ansicht der Revision – durch die analoge Anwendung von § 174 BGB kein faktischer Zwang, den Gesellschaftsvertrag schriftlich abzuschließen.
Die im Gesellschaftsvertrag umfassend eingeräumte alleinige Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters beschränkt sich ebenso wenig auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft wie die einem Gesellschafter von der Gesellschafterversammlung erteilte umfassende Vollmacht. Dementsprechend muss der dem (späteren) Erklärungsempfänger einmal vorgelegte Gesellschaftsvertrag, die ihm einmal vorgelegte Erklärung aller oder der übrigen Gesellschafter oder eine ihm einmal überreichte Vollmachtsurkunde nicht vor jedem einseitigen Rechtsgeschäft erneut vorgelegt werden [12]. Eines neuen bzw. ergänzten Nachweises bedarf es nur – aber auch immer – dann, wenn Änderungen im Gesellschafterbestand oder in den Vertretungsverhältnissen zu verzeichnen sind [13].
Unerheblich ist es hingegen, dass der Gesellschaftsvertrag jederzeit – auch mündlich – geändert werden könnte. Das von § 174 BGB geschützte Gewissheitsinteresse erstreckt sich nicht auf Zweifel darüber, ob die nachgewiesene bzw. mitgeteilte Vertretungsmacht (noch) den Tatsachen entspricht. Die Norm schützt den Erklärungsempfänger nicht davor, dass er der Mitteilung über die Vertretungsverhältnisse keinen Glauben schenkt, sondern will ihm nur die Nachforschung darüber ersparen. Wenn er die ihm mitgeteilten Vertretungsverhältnisse anzweifelt, kann er gemäß § 180 BGB das Fehlen der vermeintlichen Vertretungsmacht rügen [14]. Damit erweist sich zugleich der Einwand der Revision als verfehlt, bei Nichtanwendung von § 174 BGB werde dem Erklärungsempfänger über die Möglichkeit einer Beanstandung nach § 180 BGB ausreichender Schutz gewährt. Der durch § 180 BGB vermittelte Schutz ersetzt nicht denjenigen nach § 174 BGB, er ergänzt ihn [15].
Die analoge Anwendung von § 174 BGB hat entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht zur Folge, dass die übrigen Gesellschafter trotz der anderslautenden Regelung im Gesellschaftsvertrag in Teilbereichen doch an der Geschäftsführung mitwirken müssten. Sie haben lediglich dafür Sorge zu tragen, dass der exklusiv zur Führung der Geschäfte berufene Gesellschafter seine Entscheidungen auch im Außenverhältnis zu Dritten rechtssicher allein „exekutieren“ kann.
Die Arbeitnehmerin hat die Kündigung im hier entschiedenen Streitfall entsprechend § 174 BGB zurückgewiesen.
Dies geschah unverzüglich.
Für die Frage, ob eine Zurückweisung iSd. § 174 Satz 1 BGB unverzüglich erfolgt ist, gelten die zu § 121 BGB aufgestellten Grundsätze entsprechend. Die Zurückweisung muss daher nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung des Rats eines Rechtskundigen darüber einzuräumen, ob er das einseitige Rechtsgeschäft wegen fehlender Vorlage eines Vollmachtbelegs zurückweisen soll. Innerhalb welcher Zeitspanne der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft zurückweisen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls [16]. Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB [17]. Die Frist beginnt mit der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung und der fehlenden Vorlegung einer Vollmachtsurkunde (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB; BAG 8.12 2011 – 6 AZR 354/10, Rn. 33, aaO).
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in der Vorinstanz [18] zutreffend erkannt, dass der Beklagten das Zurückweisungsschreiben mit der Übergabe an die zuständige Mitarbeiterin unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zugegangen ist. Zwar weist die Revision zu Recht darauf hin, dass es seine anschließende Würdigung mit dem Bemerken eingeleitet hat, es lägen keine besonderen Umstände vor, aufgrund derer die Rüge trotz ihrer Erhebung innerhalb von einer Woche nach Ausspruch der Kündigung nicht mehr als unverzüglich zu bewerten wäre. Das bleibt jedoch unschädlich, weil es gleichwohl den gesamten von ihm festgestellten Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze dahin gewürdigt hat, der Arbeitnehmerin sei kein schuldhaftes Zögern anzulasten. Dass ihr angesichts des Erhalts von vier Kündigungsschreiben bezogen auf vier Arbeitsverträge mit vier Gesellschaften eine gewisse Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen war, wird von der Beklagten nicht angezweifelt. Von Rechts wegen nicht zu beanstanden ist auch die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Arbeitnehmerin, die aufgrund eines Hexenschusses nicht in der Lage war, das auf den 14.11.2016 datierte Zurückweisungsschreiben persönlich zu übermitteln, habe sich ihres Sohns als Boten bedienen dürfen, obgleich dieser erst am 16.11.2016 zur Verfügung gestanden habe. Die Entscheidung, die schriftliche Zurückweisung durch einen Zeugen „des Vertrauens“ und nicht zB durch einen Botendienst überbringen zu lassen, begründet jedenfalls dann kein schuldhaftes Zögern, wenn es dadurch – wie hier – nicht zu einer erheblich längeren Übermittlungsdauer kommt.
Entgegen der Ansicht der Revision bestand nicht ausnahmsweise eine Obliegenheit der Arbeitnehmerin, die Übermittlung des Zurückweisungsschreibens besonders zu beschleunigen. Selbst wenn sie nach Erhalt der Kündigung erklärt haben sollte, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erfüllen zu wollen, hätte sie damit nicht den objektiven Anschein begründet, gegen die Kündigung nicht vorgehen zu wollen. Deshalb kann dahinstehen, ob andernfalls eine Rüge analog § 174 BGB zur Vermeidung einer „Verwirkung“ besonders schnell hätte erfolgen müssen.
Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Zurückweisung nicht in analoger Anwendung von § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen war.
Nach dieser Bestimmung besteht kein Zurückweisungsrecht, wenn der Vollmachtgeber den Erklärungsempfänger von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Für das In-Kenntnis-Setzen ist keine Form vorgeschrieben. Es genügt eine Mitteilung des Vollmachtgebers, die sich – ua. – an den (späteren) Erklärungsempfänger richtet [19]. Ein In-Kenntnis-Setzen liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter – zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung – in eine Position berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Vielmehr muss der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat. Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein In-Kenntnis-Setzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig zudem einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind. Denn das In-Kenntnis-Setzen muss ungeachtet der fehlenden Formbedürftigkeit stets ein gleichwertiger Ersatz für die mangelnde Vorlage einer „Vollmachtsurkunde“ sein. Eine direkte Kundgabe der „Bevollmächtigung“ und der Person des „Bevollmächtigten“ durch den „Vollmachtgeber“ selbst ist nur bei entsprechender Publizität des Handelsregisters entbehrlich [20], an der es bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerade fehlt.
Daran gemessen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, es habe an einem In-Kenntnis-Setzen iSd. § 174 Satz 2 BGB gemangelt. Zwar haben die Gesellschafter der Beklagten Herrn J im Gesellschaftsvertrag die alleinige Geschäftsführungsbefugnis (§ 710 Satz 1 BGB) und damit auch die alleinige Vertretungsmacht (§ 714 BGB) übertragen und ihn damit gleichsam in die Stellung eines allein geschäftsführenden Gesellschafters „berufen“. Doch fehlt es an einer Kundgabe dieses zunächst rein internen „Bestellungsakts“ gegenüber der Arbeitnehmerin durch die „Vollmachtgeberin“, also durch alle Gesellschafter der beklagten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und nicht etwa nur den „Bevollmächtigten“ (Herrn J) selbst [21]. Das bloße Nichtauftreten weiterer Gesellschafter im laufenden Geschäftsbetrieb stellte nicht ein In-Kenntnis-Setzen der Arbeitnehmerin von der gesellschaftsvertraglichen Alleinvertreterstellung des Herrn J dar. Ein solches ist auch durch die Übergabe des Arbeitsvertragsentwurfs an die Arbeitnehmerin nicht erfolgt. Denn sie geschah ebenfalls allein durch Herrn J.
Die Beklagte rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe den Zeugen K vernehmen müssen. Auf diesen Beweisantritt kam es nach der Entscheidungslinie des Landesarbeitsgerichts nicht an, weil der Zeuge lediglich sollte bestätigen können, dass Herr J die Arbeitnehmerin immer wieder auf seine alleinige Vertretungsmacht hingewiesen habe. Das Berufungsgericht hat aber, zu Recht – eine Mitteilung durch den Bevollmächtigten selbst für unbeachtlich gehalten.
Vereinzelt wird vertreten, in teleologischer Auslegung von § 174 Satz 2 BGB sei eine Zurückweisung auch ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger vernünftigerweise nicht an der Vertretungsmacht des Handelnden zweifeln durfte [22]. Es kann dahinstehen, ob für eine derartige Ausnahme angesichts des entgegenstehenden Gesetzeswortlauts Raum ist.
Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze angenommen, aufgrund der für die Arbeitnehmerin erkennbaren Umstände habe nicht die erforderliche Klarheit einer „Bevollmächtigung“ des Herrn J betreffend die Kündigung ihres Arbeitsvertrags bestanden. Für sie sei zuverlässig nicht mehr ersichtlich gewesen, als dass dieser eine umfassende Alleinvertretungsmacht für sich in Anspruch nahm, er sich also als allein vertretungsberechtigter Gesellschafter gerierte. Dabei hat es in Abgrenzung zu dem Sachverhalt, der dem BAGUrteil vom 06.02.1997 [23] zugrunde lag, u.a. darauf abgestellt, dass für die Arbeitnehmerin nicht erkennbar gewesen sei, wer die weiteren Gesellschafter der Beklagten sein könnten und ob und wovon diese Kenntnis hatten oder zumindest hätten haben müssen.
Im hier entschiedenen Streitfall ließ sich aus dem (von der Arbeitnehmerin nicht unterschriebenen) Arbeitsvertragsentwurf nicht sicher auf eine alleinige Kündigungsbefugnis des Gesellschafters J schließen. Zum einen war für die Arbeitnehmerin nicht zuverlässig ersichtlich, dass der Vertragsentwurf „mit Wissen“ aller Gesellschafter der Beklagten gestaltet worden war. Zum anderen gibt er zumindest nicht eindeutig eine gesellschaftsvertragliche Alleinvertretungsmacht des Herrn J zu erkennen. Dieser wird in Nr. 7 nicht als „allein geschäftsführender Gesellschafter“, sondern als „geschäftsführender Gesellschafter“ bezeichnet. Dem lässt sich nicht entnehmen, dass die anderen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen seien. Die Zweifel werden verstärkt, indem nach der Unterschriftenzeile Herr J „in Vollmacht aller Gesellschafter“ handeln sollte. Dieser Zusatz deutet dahin, dass seine vermeintliche Alleinvertretungsmacht für den Abschluss des Arbeitsvertrags nicht schon aus dem Gesellschaftsvertrag folgte, sondern aus einer unabhängig von diesem und ggf. über diesen hinausgehenden durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht; vgl. § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB). Erschien damit gerade auch nach der Formulierung des Arbeitsvertragsentwurfs wenigstens möglich, dass Herr J lediglich bevollmächtigt war, Arbeitsverträge oder gar nur den mit der Arbeitnehmerin abzuschließen, konnte diese hieraus nicht auf seine Befugnis zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses schließen [24].
Das Zurückweisungsrecht war schließlich nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.
Die Zurückweisung ist gemäß § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten und deshalb ein Vertrauenstatbestand für den Kündigenden entstanden ist [25], aufgrund dessen er von der Vorlage einer „Vollmachtsurkunde“ abgesehen hat.
Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Arbeitnehmerin nicht zuvor einen Vertrauenstatbestand für die Beklagte begründet hatte, sie – die Arbeitnehmerin – gehe mit hinreichender Sicherheit von einer umfassenden Alleinvertretungsmacht oder doch einer alleinigen Kündigungsbefugnis des Herrn J aus [26]. Die Arbeitnehmerin hatte nicht bereits eine Kündigung oder ein vergleichbares einseitiges Rechtsgeschäft ohne Vorlage einer „Vollmachtsurkunde“ hingenommen. Allein dadurch, dass Herr J die Vertragsverhandlungen mit ihr geführt, sie ihn in einem erst seit kurzem bestehenden Arbeitsverhältnis ohne allgemeinen Kündigungsschutz in der täglichen Arbeit als Vorgesetzten „akzeptiert“ bzw. er bei der Erteilung von Weisungen immer wieder auf seine (vermeintliche) Stellung als allein vertretungsberechtigter Gesellschafter hingewiesen hat, wurde für die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen begründet, die Arbeitnehmerin werde im Fall einer Kündigung nicht zur Vergewisserung hinsichtlich der Vertretungsverhältnisse die Vorlage einer „Vollmachtsurkunde“ fordern. Das gilt umso mehr, als sich aus der Befugnis, einen Arbeitsvertrag abzuschließen und im laufenden Arbeitsverhältnis Weisungen nach § 106 GewO zu erteilen, nicht auf eine Kündigungsbefugnis schließen lässt. Ebenso wenig aussagekräftig ist insofern die Befugnis des Herrn J zur Abwicklung von Mietverhältnissen.
Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main [27] betraf den besonders gelagerten Fall, dass dem Schreiben zur Kündigung eines Mietverhältnisses durch eine Hausverwaltung, die schon den Mietvertrag als Vertreterin abgeschlossen hatte, eine Kopie der Vollmachtsurkunde beilag, aus der sich die Berechtigung der Hausverwaltung (auch) zum Ausspruch der Kündigung des Mietverhältnisses ergab. Ein vergleichbarer „Nachweis“ der Vertretungsmacht ist vorliegend nicht erfolgt.
Es kommt nicht darauf an, ob nach den gegebenen Umständen Herr J eine Anscheinsvollmacht für die Beklagte hatte. Gegebenenfalls folgte hieraus kein Ausschluss des Zurückweisungsrechts der Arbeitnehmerin. Die gewohnheitsrechtlich anerkannte Figur der Anscheinsvollmacht dient ausschließlich dem Schutz des Erklärungsempfängers. In dessen Interesse liegt aber ein Ausschluss des Rechts, ihn belastende einseitige Rechtsgeschäfte zurückzuweisen, gerade nicht. Die Sichtweise der Beklagten ist mit dem Schutzzweck der Anscheinsvollmacht nicht vereinbar [28]. Im Übrigen setzt die Annahme einer Anscheinsvollmacht voraus, dass der Erklärungsempfänger auf den erzeugten Rechtsschein einer Vertretungsmacht vertraut. Dies hat die Arbeitnehmerin vorliegend gerade nicht getan. Der Einwand der Beklagten läuft abermals darauf hinaus, es sei treuwidrig widersprüchlich, einen vermeintlichen Vertreter bei Abschluss des Arbeitsvertrags „nachweislos“ als solchen anzuerkennen, nicht aber bei Ausspruch einer Kündigung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Dezember 2019 – 2 AZR 147/19
- vgl. BAG 25.09.2014 – 2 AZR 567/13, Rn. 12[↩]
- vgl. Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch I S. 240 zu § 122 Entwurf des BGB[↩]
- vgl. BAG 20.09.2006 – 6 AZR 82/06, Rn. 37, BAGE 119, 311[↩]
- vgl. BAG 20.09.2006 – 6 AZR 82/06, Rn. 39, aaO; 10.02.2005 – 2 AZR 584/03, zu B I 1 c aa der Gründe; BGH 20.02.2014 – III ZR 443/13, Rn. 14, BGHZ 200, 195; 9.11.2001 – LwZR 4/01, zu III 1 der Gründe[↩]
- BAG 20.09.2006 – 6 AZR 82/06, Rn. 40, BAGE 119, 311; BGH 9.11.2001 – LwZR 4/01, zu III 1 der Gründe[↩]
- BAG 10.02.2005 – 2 AZR 584/03, zu B I c aa der Gründe[↩]
- vgl. BGH 20.02.2014 – III ZR 443/13, Rn. 14, BGHZ 200, 195; 9.11.2001 – LwZR 4/01, zu III 1 der Gründe[↩]
- vgl. BAG 10.02.2005 – 2 AZR 584/03, zu B I 1 c aa der Gründe; 18.12 1980 – 2 AZR 980/78, zu II 3 b der Gründe[↩]
- BGH 20.02.2014 – III ZR 443/13, Rn. 14, BGHZ 200, 195; 9.11.2001 – LwZR 4/01, zu III 1 der Gründe[↩][↩]
- Erman/Maier-Reimer BGB 15. Aufl. § 174 Rn. 3; Jauernig/Mansel BGB 17. Aufl. § 174 Rn. 1; MünchKomm-BGB/Schubert 8. Aufl. § 174 Rn. 15; Palandt/Ellenberger 78. Aufl. § 174 Rn. 4; BeckOK BGB/Schäfer Stand 1.11.2019 § 174 Rn. 5; Hk – BGB/Dörner 10. Aufl. § 174 Rn. 1; Spelge RdA 2016, 309, 311; SPV/Preis 11. Aufl. Rn. 103; Staudinger/Schilken (2019) § 174 Rn. 8; Weinland in jurisPK-BGB 8. Aufl. § 174 Rn.05.1[↩]
- vgl. BGH 20.02.2014 – III ZR 443/13, Rn. 14, BGHZ 200, 195; 9.11.2001 – LwZR 4/01, zu III 1 der Gründe; Hess. LAG 23.05.2011 – 16 Sa 35/11, zu II 1 a der Gründe[↩]
- vgl. BAG 24.09.2015 – 6 AZR 492/14, Rn. 22 ff., BAGE 152, 363[↩]
- vgl. Spelge RdA 2016, 309, 311[↩]
- vgl. BAG 24.09.2015 – 6 AZR 492/14, Rn. 25, BAGE 152, 363[↩]
- eingehend Spelge RdA 2016, 309, 311 f.[↩]
- BAG 8.12 2011 – 6 AZR 354/10, Rn. 32, BAGE 140, 64[↩]
- BAG 13.12 2012 – 6 AZR 608/11, Rn. 67[↩]
- LAG Berlin-Brandenburg 15.03.2019 – 9 Sa 445/18[↩]
- BAG 24.09.2015 – 6 AZR 492/14, Rn. 27, BAGE 152, 363[↩]
- vgl. BAG 14.04.2011 – 6 AZR 727/09, Rn. 22 ff., BAGE 137, 347[↩]
- vgl. BAG 12.01.2006 – 2 AZR 179/05, Rn. 38[↩]
- so Häublein NJW 2002, 1398[↩]
- BAG 06.02.1997 – 2 AZR 128/96[↩]
- st. Rspr., vgl. BAG 14.04.2011 – 6 AZR 727/09, Rn. 35, BAGE 137, 347 sowie die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des OLG Frankfurt am Main 17.03.1995 – 10 U 98/94[↩]
- vgl. BAG 14.04.2011 – 6 AZR 727/09, Rn. 34, BAGE 137, 347; BGH 20.10.2008 – II ZR 107/07, Rn. 15; KG Berlin 21.11.1997 – 5 U 5398/97, zu 3 der Gründe; allgemein zu den Voraussetzungen eines treuwidrig widersprüchlichen Verhaltens BAG 23.01.2018 – 3 AZR 448/16, Rn. 38, BAGE 161, 335[↩]
- vgl. BAG 14.04.2011 – 6 AZR 727/09, Rn. 35, BAGE 137, 347[↩]
- OLG Frankfurt a.M. 17.03.1995 – 10 U 98/94[↩]
- vgl. BAG 6.09.2012 – 2 AZR 858/11, Rn. 25, BAGE 143, 84[↩]