Verpflichtet sich der Arbeitgeber eine für die Berechnung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes relevante Obergrenze in bestimmten Abständen zu überprüfen, so ist das Ergebnis dieser Überprüfung nicht an § 315 BGB zu messen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die vertragliche Verpflichtung nach Auslegung erschöpft in der Durchführung eines Verfahrens1.

In dem hier vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Leistungspaket handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Anhaltspunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsregeln ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Dies setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht3.
Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze enthält die Regelung in Satz 2 des Absatzes 4.20.2 lediglich die vertragliche Verpflichtung der Arbeitgeberin, ohne zwingende Berücksichtigung bestimmter Parameter die Obergrenze zu überprüfen und dann unabhängig von Vorgaben zu entscheiden, ob diese erhöht wird oder nicht.
Der Wortlaut stellt darauf ab, dass die Obergrenze alle zwei Jahre überprüft wird. Die Arbeitgeberin hat damit nicht lediglich etwas unverbindlich in Aussicht gestellt, sondern sich vertraglich verpflichtet, die Überprüfung alle zwei Jahre vorzunehmen. Von einer unverbindlichen Absichtserklärung kann daher bereits angesichts dieses Wortlautes keine Rede sein.
Allerdings erschöpft sich dem Wortlaut nach diese Verpflichtung in einer bloßen Überprüfung. Weitergehende Handlungspflichten oder Parameter, an denen die Überprüfung vorzunehmen ist, sind dem Wortlaut der Regelung nicht zu entnehmen. Überprüfen bedeutet nach dem Synonymwörterbuch (Duden, 6. Auflage) unter anderem einer Prüfung unterziehen, kontrollieren, nachprüfen, bedenken, sich durch den Kopf gehen lassen, erwägen oder in Betracht ziehen.
Überprüfen bedeutet daher vom Wortlaut lediglich, einen Sachverhalt beziehungsweise Vorgang einer Kontrolle zu unterziehen. Darin erschöpft sich aber auch der Wortlaut. Weitergehende Handlungspflichten oder gar Parameter, anhand derer die Überprüfung stattzufinden hat, lassen sich aus der bloßen Verwendung des Wortes „überprüft“ nicht ableiten.
Auch der Hinweis im Arbeitsvertrag, dass die Bemessungs-Obergrenze „z. Zt. DM 8.000, 00“ betrage, führt nicht dazu, dem Wortlaut auch gleichzeitig über eine Überprüfungspflicht hinaus eine Handlungspflicht beziehungsweise bestimmte Parameter zu entnehmen. Zwar bedeutet der Hinweis darauf, dass die Bemessungs-Obergrenze „zur Zeit“ DM 8.000, 00 betrage, dass dies der Betrag ist, der zum Zeitpunkt der Aufstellung des Leistungspaketes gelten sollte und folglich für die Zukunft in Verbindung mit der Überprüfungspflicht eine Erhöhung dieses Betrages denkbar sein sollte. Entscheidend bleibt aber, dass sich der Wortlaut erschöpft in der Überprüfung, nicht aber weitergehende Verpflichtungen der Arbeitgeberin begründet, insbesondere die Obergrenze auch tatsächlich unter Berücksichtigung bestimmter Parameter beziehungsweise billigem Ermessen zu prüfen und danach zu erhöhen. Die Handlungspflicht bleibt dem Wortlaut nach begrenzt auf die Pflicht zur Überprüfung.
Gegen eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, nicht nur eine bloße Überprüfung vorzunehmen, sondern diese auch nach billigem Ermessen durchzuführen, spricht der gesamte Regelungsgehalt der arbeitsvertraglichen Regelung. Die Arbeitgeberin hat sich nur zur Überprüfung verpflichtet. Sie hat keine Maßstäbe aufgestellt, anhand derer die Überprüfung vorzunehmen ist. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Überprüfung die Entwicklung des AT-Gehalts in der Metallindustrie zu bewerten sein soll. Denn die Arbeitgeberin stellt gerade darauf ab, dass sich seinerzeit die Bemessungs-Obergrenze an den damaligen AT-Gehältern orientierte. Wenn die Arbeitgeberin die Bemessungs-Obergrenze verknüpfte mit der Grenze zu den AT-Gehältern, dann hat die Entwicklung der AT-Gehälter bei der Überprüfung sicherlich Bedeutung. Es fehlt allerdings über die Verpflichtung zur Überprüfung hinaus in dem Leistungspaket eine Regelung, dass sich die Arbeitgeberin verpflichtet, dieses Kriterium im Sinne einer Leistungsbestimmung maßgeblich zu beachten. Der Regelung ist allenfalls zu entnehmen, dass der Arbeitgeberin eine Veränderung der Grenze zu den AT-Gehältern Anlass sein könnte, die Obergrenze zu überprüfen. Dabei bleibt sie allerdings frei. Es fehlen jegliche Kriterien, die die Arbeitgeberin über eine bloße Überprüfungsverpflichtung hinaus verpflichten könnten, die Überprüfungsentscheidung nach bestimmten Maßstäben vorzunehmen. Gerade der Umstand, dass solche Kriterien fehlen, belegt, dass es mit der vertraglichen Verpflichtung allein um die Überprüfungsentscheidung ging. Die Arbeitgeberin sollte frei bleiben, wie sie auf das Ergebnis ihrer Prüfung reagiert. Es gibt in dem Vertrag weder einen Automatismus zur Erhöhung der Bemessungs-Obergrenze noch eine Verpflichtung, die Prüfung nach bestimmten Kriterien vorzunehmen. Es bleibt allein bei der Pflicht, die Obergrenze zu überprüfen.
Diese Pflicht zur Überprüfung ist auch nicht sinnlos. Sie gewinnt ihre betriebliche Bedeutung aus dem Umstand, dass sie von der Arbeitgeberin die Durchführung eines Verfahrens verlangt, dass im Interesse der Mitarbeiter liegt. Die Arbeitgeberin muss im Abstand von zwei Jahren sich mit der Anpassung der Obergrenze befassen. Erhöht sie diese nicht, obwohl nach Auffassung der Mitarbeiter Gründe dafür bestehen, so gerät sie gegenüber den Mitarbeitern und dem Betriebsrat unter einen in der betrieblichen Praxis nicht zu unterschätzenden Legitimations- und Begründungsdruck, wenn sie dennoch von einer Erhöhung der Obergrenze absieht4. Mit anderen Worten: Verpflichtet sich ein Arbeitgeber zur Prüfung eines Sachverhaltes, so erschöpft sich der vertragliche Regelungsgehalt – wenn es nicht weitergehende Anhaltspunkte gibt – in der Verpflichtung zur Kontrolle, zum Durchdenken und zum Erwägen. Diese Verpflichtung ist für die Arbeitnehmer nicht wertlos, denn sie zwingt die Arbeitgeberin zu einer Überprüfung und gegebenenfalls Rechtfertigung ihrer Entscheidung in der betrieblichen Diskussion. Fällt sie aus der Sicht der Belegschaft negativ aus, so setzt sich die Arbeitgeberin möglicherweise dem Unmut der Belegschaft und der Unzufriedenheit aus. Dies ist in der Praxis nicht zu unterschätzen.
Auch Absatz 4.3 spricht dafür, dass sich die Regelung in Absatz 4.20.2 in der bloßen Verpflichtung zur Überprüfung erschöpft. In Absatz 4.3 des Leistungspaketes heißt es, die A. GmbH werde die tariflichen Gehaltssteigerungen an alle Beschäftigten weitergeben, soweit dies aus wirtschaftlichen Gründen vertretbar ist und es sich nicht um strukturelle Änderungen handelt. Anders als in Absatz 4.20.2 hat sich die Arbeitgeberin in 4.3 zur Weitergabe der Tarifentwicklung verpflichtet und dies unter den Vorbehalt gestellt, dass es wirtschaftlich vertretbar sein muss und es sich nicht um strukturelle Änderungen handeln darf. In 4.3 hat die Arbeitgeberin also bezogen auf das Entgelt unter bestimmten Voraussetzungen eine Gehaltserhöhung zugesagt5 und gleichzeitig die Parameter benannt, unter welchen Voraussetzungen die Gehaltserhöhung erfolgt.
Anders ist dies in der Regelung in Ziffer 4.20.02. Auch die dort geregelte Bemessungs-Obergrenze ist entgeltrelevant. Wird sie erhöht, erhöht sich für einen Teil der Mitarbeiter die Vergütung. Denn das Urlaubs- und Weihnachtsgeld steigt entsprechend. In Absatz 4.20.2 hat sich die Arbeitgeberin aber nicht verpflichtet, die Bemessungs-Obergrenze unter bestimmten Voraussetzungen zu erhöhen. Sie hat – anders als in Absatz 4.3 – insoweit lediglich eine Überprüfung in Aussicht gestellt. Sie hat für diese Überprüfung keine Parameter genannt und auch nicht erklärt, eine Erhöhung unter Berücksichtigung bestimmter Parameter vorzunehmen. Der Vergleich der Regelung in Absatz 4.20.2 mit jener Regelung in Absatz 4.3 belegt, dass die Arbeitgeberin mit der Regelung in 4.20.2 in Übereinstimmung mit dem dortigen Wortlaut anders als in der Regelung 4.3 über die bloße Verpflichtung zur Überprüfung hinaus keine weitere Verpflichtung eingehen wollte. Also weder die Überprüfung nach bestimmten Parametern vorzunehmen noch insoweit billiges Ermessen zu berücksichtigen. Sie wollte bei der Überprüfung erkennbar frei bleiben.
Sinn der Regelung war – und insoweit ist dem Arbeitnehmer sicherlich zuzustimmen – eine mögliche Veränderung der AT-Grenze zum Anlass zu nehmen, um die Obergrenze zu überprüfen. Dies sollte alle zwei Jahre geschehen. Dass die AT-Grenze Grund für die vertraglich zugesagte Überprüfung war, ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Arbeitgeberin, wonach seinerzeit die Grenze von 8.000, 00 DM bestimmt wurde durch die damals geltende Grenze zur AT-Vergütung. Allerdings folgt daraus noch nicht, dass die Arbeitgeberin insoweit über die Verpflichtung zur Überprüfung hinaus eine Verpflichtung zur Entscheidung nach billigem Ermessen eingegangen ist. Mit der bloßen Verpflichtung zur Überprüfung ist sie gerade keine Verpflichtung eingegangen, sich maßgeblich zu orientieren an der Veränderung der AT-Grenze. Sie wollte – weil andere Parameter nicht in 4.20.2 aufgeführt werden – in ihrer Überprüfungsentscheidung frei bleiben. Mit anderen Worten: Die Pflicht zur Überprüfung hätte auch dann keine Handlungspflicht oder Bindung bei der Prüfung begründet, wenn selbst nach Auffassung der Arbeitgeberin sich die AT-Grenze erheblich verändert hätte. Sie hätte diesen Aspekt in ihrer Prüfung erwägen können, sie hätte den vertraglichen Anspruch auf Überprüfung aber auch dann erfüllt, wenn sie trotz erheblicher Veränderung der Grenze zu den AT-Gehältern keine Veranlassung gesehen hätte, nach Überprüfung die Obergrenze zu verändern.
Der Arbeitnehmer weist selbst darauf hin, dass die Erhöhung der Obergrenze sich für bestimmte Mitarbeiter als Gehaltserhöhung auswirkt. Absatz 4.20.2 begründet aber keinen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung. Die Arbeitgeberin wollte nur überprüfen, sich nicht aber zu einer Vergütungserhöhung bei Eintreten bestimmter Parameter verpflichten. Insoweit weist die Arbeitgeberin zutreffend auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hin, wonach auch mehrfache Gehaltserhöhungen nach denselben Kriterien regelmäßig keine betriebliche Übung entstehen lassen, und zwar selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Betriebsvereinbarung zu jährlichen Gehaltsüberprüfungen verpflichtet ist6. Die bloße Pflicht zur Überprüfung der Gehälter – sei sie im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbart – begründet allenfalls einen Anspruch auf Überprüfung der Gehaltssituation. Weitergehende Ansprüche folgen daraus nicht, und zwar sogar dann nicht, wenn die Überprüfung der Gehaltssituation anhand bestimmter Kriterien erfolgen soll. Fehlen – wie hier – jegliche Kriterien, so kann erst recht keine Rede davon sein, dass sich die Pflicht zur Überprüfung nicht nur darin erschöpft, den Sachverhalt zu prüfen und eine Entscheidung zu erwägen und zu treffen, sondern diese nach bestimmten Kriterien vorzunehmen. Der Arbeitgeber will – soweit es nicht deutliche Anhaltspunkte dafür gibt – bei der Bestimmung von ihm zu bezahlenden Vergütung frei bleiben, und zwar auch dann, wenn er sich zur Überprüfung der Gehaltssituation verpflichtet. Anderes gilt auch für die hier zu beurteilende Bemessungs-Obergrenze nicht.
Für die Anwendung des § 315 BGB ist deshalb kein Raum bei der hier ausgelegten Regelung. Erschöpft sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Überprüfung eines Sachverhaltes, dann geht es nicht um die Bestimmung einer Leistung durch einen der Vertragsschließenden gemäß § 315 Abs. 1 BGB.
Die §§ 315, 316 BGB sind nur anwendbar, wenn die Parteien mit dem Willen, ein Schuldverhältnis zu begründen, einen Vertrag fest geschlossen und lediglich die Bestimmung der Leistung oder Gegenleistung einer Vertragspartei anheim gegeben haben7. Der Vertrag begründet also eine nur rahmenmäßig bestimmte Leistungspflicht; die Ausfüllung des Rahmens erfolgt dann durch eine Erklärung der bestimmungsberechtigten Partei. § 315 Abs. 1 BGB setzt also eine Vereinbarung voraus und enthält unmittelbar nur eine Auslegungsregel, nach welchem Maßstab der Rahmen zu füllen ist8. Die Leistung muss daher bestimmbar sein, das heißt, im Vertrag muss der Inhalt der Leistung rahmenmäßig festgelegt sein9.
Dies ergibt sich auch aus den vom Arbeitnehmer genannten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts.
In der Entscheidung vom 03.08.201810 führt das Bundesarbeitsgericht aus, § 4 Ziffer 1 des dortigen Arbeitsvertrages lege fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und /oder am Deferralplan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnehme. Diese Formulierung spreche – so das Bundesarbeitsgericht – deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung bestehe. Dabei solle es der Arbeitgeberin überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral-Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt werde. Gleiches gelte für die Höhe der Leistung.
Für einen solchen Sachverhalt – weil ein vertraglicher Anspruch auf Teilnahme am Bonussystem bestand – gelangte das Bundesarbeitsgericht zur Anwendung des § 315 BGB.
Dies gilt auch für die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.01.201311. Auch dort nahm das Bundesarbeitsgericht bezogen auf die Weihnachtsgratifikation einen klagbaren Anspruch an, wobei das Leistungsbestimmungsrecht beim Arbeitgeber lag und nach billigem Ermessen zu erfolgen hatte.
Mit anderen Worten: § 315 BGB verlangt einen vertraglichen Anspruch, mit dem der Inhalt der Leistung rahmenmäßig festgelegt wird, wobei dem Arbeitgeber das Bestimmungsrecht verbleibt. Eine solche rahmenmäßige Einigung kann sich auch auf eine Vergütungserhöhung beziehen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich der Arbeitgeber dazu zweifelsfrei verpflichtet hat und diese Verpflichtung mit der Maßgabe eingehen sollte, sie nach billigem Ermessen zu erfüllen.
An einer solchen vertraglichen Verpflichtung einer rahmenmäßigen Festlegung der Inhalte der Leistung – hier Erhöhung der Obergrenze – fehlt es hier. Wie oben ausgeführt, ging die Arbeitgeberin lediglich eine Überprüfungspflicht ein. Sie ist damit nicht die vertragliche Verpflichtung eingegangen, die Obergrenze unter bestimmten Voraussetzungen nach billigem Ermessen zu erhöhen. Ein zugesagter Anspruch auf eine Leistung – hier Erhöhung – bestand nicht.
Angesichts dieser durch Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen in Absatz 4. des Leistungspaketes gewonnenen Auslegung des Satzes 2 in Absatz 4.20.1 als bloße Überprüfungspflicht besteht kein Raum für die Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB. Es gibt keine weitere rechtlich vertretbare Möglichkeit der Auslegung, die zudem noch so gewichtig wäre, dass keines der beiden Ergebnisse den klaren Vorzug verdiente.
Nur der Vollständigkeit halber soll darauf hingewiesen werden, dass auch weder § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB noch § 308 Nr. 4 BGB dem gewonnenen Ergebnis entgegenstehen. Insbesondere § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB zwingt nicht dazu, die Überprüfungsentscheidung dem Maßstab des § 315 BGB zu unterwerfen. Zwar ist es richtig, dass das Bundesarbeitsgericht einseitige Leistungsbestimmungsrechte in allgemeinen Geschäftsbedingungen deshalb akzeptiert, weil der Arbeitnehmer in diesem Fall einen Schutz über § 315 BGB erlangt. Dies setzt aber voraus, dass vertraglich auch ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Bestimmung der Leistung besteht. Daran fehlt es hier aber aus den oben dargelegten Gründen, weil es nur um eine Überprüfung geht.
Aus diesen Gründen ist auch § 308 Nr. 4 BGB nicht einschlägig. Denn die Arbeitgeberin hat sich nicht das Recht vorbehalten, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen. Sie hat sich lediglich vorbehalten, die Obergrenze zu überprüfen.
Die Arbeitgeberin hätte allerdings bei ihrer Entscheidung, im Jahre 2015 die Bemessungs-Obergrenze nicht zu erhöhen, auch nicht den Maßstab des § 315 Abs. 1 BGB verletzt. Nach dieser Vorschrift ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist, sofern die Leistung durch einen der Vertragsschließenden bestimmt werden soll. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen12. Die Arbeitgeberin stellt ganz maßgeblich für die Begründung ihrer Entscheidung, die Obergrenze nicht zu erhöhen, darauf ab, dass sie seit dem Jahre 1996 jeweils die tariflichen Erhöhungen weitergegeben hat. Zwar war sie dazu möglicherweise auch aufgrund der Regelungen in Absatz 4.3 des Leistungspaketes vertraglich verpflichtet. Dennoch durfte sie diese zusätzliche wirtschaftliche Belastung bei ihrer Prüfung berücksichtigen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch im Jahre 2016 noch 70 % der Mitarbeiter ein Monatsentgelt unterhalb der Bemessungs-Obergrenze aus dem Jahre 1996 haben. Mit anderen Worten: Diese Mitarbeiter profitierten bei der Entwicklung ihres Weihnachts- und Urlaubsgelds von der Übernahme der tariflichen Gehaltssteigerung. Betroffen war im Zeitraum zwischen 1996 und dem Jahr 2016 eine steigende Zahl von maximal 30 % der Belegschaft, deren Urlaubs- und Weihnachtsgeld ab einem bestimmten Zeitpunkt statisch blieb, weil sie die alte Bemessungs-Obergrenze mit ihrem Monatsentgelt überschritten. Angesichts des Umstandes, dass die Übernahme der tariflichen Entwicklung auch für immerhin noch fast 70 % der Belegschaft zu einer Steigerung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes in der Vergangenheit führte, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Arbeitgeberin davonabsah, eine weitere wirtschaftliche Belastung durch Veränderung der Bemessungs-Obergrenze einzugehen. Da sie bei ihrer Prüfungsentscheidung an keine Parameter gebunden war, konnte sie dies – unterstellt sie hätte billiges Ermessen zu beachten – als entscheidenden Faktor berücksichtigen und trotz Veränderung der AT-Grenze von einer Erhöhung der Bemessungs-Obergrenze absehen. Auf diesen Aspekt hat sich die Arbeitgeberin im Termin zur Berufungsverhandlung auch bezogen.
Für die Berechnung der Höhe des Urlaubsgeldes ergibt sich entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers auch nichts anderes aus dem Inhalt der „Betriebsvereinbarung zusätzliche Urlaubsvergütung“ vom 22.12 1999. Diese Betriebsvereinbarung, die in ihrer Ziffer 5 identisch ist mit der Regelung in Ziffer 5 aus der Betriebsvereinbarung des Jahres 1997, stellt ebenso wie die Betriebsvereinbarung des Jahres 1997 in Ziffer 2 darauf ab, dass die Betriebsvereinbarung die Art und Weise der Auszahlung der zusätzlichen Urlaubsvergütung betrifft. Es sind überhaupt keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Betriebsparteien abweichend von dem Inhalt des Leistungspaketes in Ziffer 5 die Bemessungs-Obergrenze für das Urlaubsgeld aufheben wollten. Zwar heißt es dort, das arbeitsvertragliche Bruttolohn-/Gehalt werde in Höhe von 100 % berücksichtigt. Dabei geht es erkennbar aber nur um die Ermittlung des der Berechnung des Urlaubsgeldes zugrundeliegenden Monatsentgelts. Das Leistungspaket stellt in Absatz 4.20.1 zur Berechnung auf das Monatsentgelt ab. In Ziffer 5 der Betriebsvereinbarung wird lediglich geregelt, welche Faktoren die Höhe des Bruttomonatsentgelts bestimmen. Zum einen ist dort geregelt, welche Bestandteile außer Betracht bleiben sollen. Zum anderen ist dort geregelt, dass das „arbeitsvertragliche Bruttolohn-/Gehalt in Höhe von 100 % berücksichtigt“ wird. Damit sollte lediglich klargestellt werden, was die Bezugsgröße für die Berechnung des Urlaubsgeldes ist. Es sollte klargestellt werden, dass das vertragliche Gehalt zu 100 % Berücksichtigung findet und nur die ausdrücklich genannten weiteren Zahlungen außer Betracht bleiben. Die Obergrenze aus dem Leistungspaket sollte damit aber nicht aufgehoben werden. Dafür besteht überhaupt kein Anhaltspunkt.
Wobei auch die nachfolgende praktische Handhabung vollständig gegen eine Absicht der Betriebsparteien spricht, für das Urlaubsgeld die Obergrenze nicht zu berücksichtigen. Die Arbeitgeberin hat seit 1996 bei der Berechnung des Urlaubsgeldes immer die Obergrenze berücksichtigt. Der Arbeitnehmer hat nicht vorgetragen, dass dies anders gehandhabt wurde. Hätten die Betriebsparteien – wie vom Arbeitnehmer behauptet – beim Urlaubsgeld mit den Betriebsvereinbarungen aus den Jahren 1997 und 1999 die Obergrenze aufheben wollen, so wäre es sehr naheliegend und wahrscheinlich gewesen, dass der Betriebsrat zeitnah die Einhaltung dieser Vereinbarung verlangt hätte.
Landesarbeitsgericht Schleswig -Holstein, Urteil vom 12. April 2018 – 4 Sa 360/17
- in Anlehnung an BAG, Urteil vom 21.01.2003 – 1 ABR 5/02[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 09.11.2005 – 5 AZR 361/05 – zu dem hier zu beurteilenden Leistungspaket[↩]
- BAG, Urteil vom 03.08.2016 – 10 AZR 710/14[↩]
- vgl. dazu BAG, Urteil vom 21.01.2003 – 1 ABR 5/02[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 09.11.2005 – 5 AZR 361/05[↩]
- BAG, Urteil vom 16.09.1998 – 5 AZR 598/97[↩]
- Würdinger in MünchKomm, 7. Auflage, § 315, Rn 12[↩]
- Würdinger, a. a. O., § 315, Rn 3[↩]
- Würdinger, a. a. O., § 315, Rn 14[↩]
- BAG 03.08.2018 – 10 AZR 710/14[↩]
- BAG 16.01.2013 – 10 AZR 26/12[↩]
- BAG, Urteil vom 03.08.2016 – 10 AZR 714/14[↩]