Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin nicht nach der spezialgesetzlich geregelten Vorlagepflicht des § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX die jährliche Übermittlung einer Kopie der Verzeichnisse nach § 163 Abs. 1 SGB IX für die weiteren Betriebe verlangen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Anspruch nach § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX nicht dem einzelnen Betriebsrat, sondern dem Gesamtbetriebsrat zu, sofern im Unternehmen eines Arbeitgebers mehrere Betriebe bestehen.

Der Betriebsrat ist nicht schon aufgrund des Wortlauts von § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX anspruchsberechtigt. Mit der Formulierung „Betriebsrat“ bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Übermittlungspflicht gegenüber dem nach den einschlägigen Gesetzen gebildeten Betriebs, Personal, Richter, Staatsanwaltschafts- und Präsidialrat besteht. Damit wird nicht zugleich die funktionelle Zuständigkeit innerhalb der nach den betreffenden gesetzlichen Regelungen möglichen Beteiligungsebenen bestimmt.
Abweichend von der nach dem Betriebsverfassungsgesetz geregelten Abgrenzung einer Zuständigkeit zwischen der Betriebs- und der Unternehmensebene für die Wahrnehmung eines Überwachungsrechts1 obliegt die spezialgesetzlich geregelte Vorlagepflicht des Arbeitgebers nach § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, wenn im Unternehmen mehrere Betriebe bestehen.
Bereits der Inhalt der Anzeigepflicht nach § 163 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist unternehmensbezogen ausgestaltet. Er dient vor allem der Veranlagung zur Ausgleichsabgabe nach § 160 SGB IX. Deren Inhalt wird durch die Vordrucke der Bundesagentur für Arbeit (§ 163 Abs. 6 Satz 1 SGB IX) näher festgelegt. Dementsprechend sind in der Anzeige nach Abs. 2 der Vorschrift die Zahl der Arbeitsplätze nach § 156 Abs. 1 SGB IX, die Stellen, die gemäß § 156 Abs. 2 SGB IX nicht als Arbeitsplätze gelten, die Ausbildungsplätze entsprechend § 157 SGB IX und die Zahl der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen (§ 158 Abs. 2 SGB IX) sowie etwaige Mehrfachanrechnungen iSd. § 159 SGB IX bezogen auf das gesamte Unternehmen aufzuführen. Beizufügen sind die – für jeden Betrieb iSd. Betriebsverfassungsgesetzes (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGB IX) getrennt zu führenden – Verzeichnisse nach § 163 Abs. 1 SGB IX, die alle schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen nach § 2 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX sowie die sonstigen anrechenbaren Personen (§ 158 SGB IX) nebst den in den Vordrucken geforderten Angaben zu den einzelnen Personen erfassen. Auf dieser Datengrundlage hat der Arbeitgeber im Wege der Selbstveranlagung zu ermitteln, ob und in welcher Höhe eine Ausgleichsabgabe für das gesamte Unternehmen zu entrichten ist.
Die für das betreffende Unternehmen in § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX geregelte und im Übrigen voraussetzungslose Vorlageverpflichtung an die jeweilige Interessenvertretung richtet sich an den Gesamtbetriebsrat, wenn in diesem mehrere Betriebe bestehen. Der Gesamtbetriebsrat ist – nicht zuletzt aufgrund seiner Zusammensetzung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 BetrVG – in der Lage, die vorstehend dargestellten Angaben zur unternehmensbezogen ausgestalteten Beschäftigungspflicht auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und ggf. beim Arbeitgeber auf eine Berichtigung hinzuwirken. Über seine Mitglieder kann er sich erforderliche Kenntnisse über den jeweiligen Betrieb verschaffen. Aufgrund der seit dem Inkrafttreten des SGB IX am 1.07.2001 nicht mehr wie in der Vorgängerregelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchwbG (in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung) „gesondert für jeden Betrieb“ zu erstellenden Anzeige ist dem jeweiligen Betriebsrat eine Aufschlüsselung der in der Anzeige unternehmensweit aufgeführten Daten mangels notwendiger Kenntnisse über die Beschäftigten und die Arbeitsplätze in den anderen Betrieben zumindest erschwert, wenn nicht unmöglich2. Im anderen Fall käme es auch zu einer der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung entgegenstehenden Information der örtlichen Betriebsräte, wenn ihnen die jeweiligen Verzeichnisse iSd. § 163 Abs. 1 SGB IX über alle anderen Betriebe übermittelt würden.
Diese Auslegung führt auch nicht zu einer Schutzlücke bei der Unterrichtung des Betriebsrats. Soweit im jeweiligen Betrieb eines Unternehmens mit mehreren Betrieben ein Betriebsrat besteht, kann er vom Arbeitgeber die notwendigen Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG verlangen, um die Durchführung der die Arbeitnehmer schützenden Vorschriften iSd. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG überwachen zu können. Zur Wahrnehmung seiner weiteren Aufgaben nach § 80 Abs. 1 BetrVG, namentlich derer nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG, sind dem Betriebsrat gleichfalls nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Der Betriebsrat kann dann seiner Aufgabe, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern (§ 176 Satz 1 SGB IX), auf Grundlage der für ihn erforderlichen Unterlagen nachkommen.
Ein weiterer spezialgesetzlich geregelter Vorlageanspruch des Betriebsrats folgt auch nicht aus § 176 Satz 2 SGB IX. Dabei muss das Bundesarbeitsgericht nicht abschließend darüber befinden, ob aus den Überwachungspflichten ein eigenständiger Auskunfts- oder Unterrichtungsanspruch über die Erfüllung der Beschäftigungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber folgt. Ein solcher wäre jedenfalls nicht auf diejenigen Daten gerichtet, die Inhalt der Anzeige nach § 163 Abs. 2 Satz 1 SGB IX und der Verzeichnisse iSd. § 163 Abs. 1 SGB IX sind.
Auch ein betriebsverfassungsrechtlicher Vorlageanspruch des Betriebsrats besteht nicht.
Ein solcher folgt nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihm nach Satz 2 der Bestimmung auf Verlangen die dazu erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, wenn überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung dieser Aufgabe erforderlich ist. Dies hat der Betriebsrat darzulegen. Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und im Streitfall das Gericht prüfen, ob die Voraussetzungen der Vorlagepflicht vorliegen3.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt ein Anspruch des Betriebsrats auf die geforderten Unterlagen nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Betriebsrat hat keine Schutzvorschrift zugunsten von Arbeitnehmern benannt, zu deren Überwachung er die verlangten Unterlagen benötigt.
Die betriebsverfassungsrechtliche Überwachungsaufgabe iSd. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auf die „Durchführung“ ua. von Gesetzen gerichtet. „Durchzuführen“ sind Verbote und Gebote4.
Bei der Pflicht des Arbeitgebers im Rahmen der Selbstveranlagung zur Ausgleichsabgabe und der hierbei zu fertigenden Anzeige nach § 163 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sowie den nach § 163 Abs. 1 SGB IX beizufügenden Verzeichnissen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, nicht aber um ein zugunsten einzelner Arbeitnehmer geltendes Gesetz. Diese Beurteilung wird durch § 176 Satz 2 Halbs. 1 SGB IX bestätigt. § 163 SGB IX wird von denjenigen Bestimmungen ausgenommen, auf deren Erfüllung der Betriebsrat durch den Arbeitgeber zu achten hat. Eine etwaige Kontrolle wird über die spezialgesetzlich geregelte Übermittlungspflicht des § 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ermöglicht.
Die aus § 154 SGB IX folgende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist ebenfalls keine „zugunsten der Arbeitnehmer“ geltende Bestimmung iSd. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Sie begründet für den Arbeitgeber eine öffentlich-rechtliche Pflicht und führt nicht zu einer rechtlichen Verpflichtung zugunsten einzelner schwerbehinderter Arbeitnehmer oder Stellenbewerber. Die Vorschrift vermittelt diesem Personenkreis keine unmittelbaren subjektiven Rechte5. Darauf hat auch die Erörterungspflicht nach § 164 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX keinen Einfluss. Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat ein Arbeitgeber zunächst zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit einem bei ihm beschäftigten oder einem arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Erfüllt er seine Beschäftigungspflicht gemäß § 154 SGB IX nicht, hat er seine Entscheidung zur Nichtberücksichtigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers oder Stellenbewerbers mit der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat zu erörtern (§ 164 Abs. 1 Satz 7 SGB IX). Eine Verletzung des Prüf- und Konsultationsverfahrens nach § 164 Abs. 1 SGB IX kann zwar einen Betriebsrat zur Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei einer beabsichtigten Einstellung berechtigen6. Das begründet aber keinen subjektiven Anspruch zugunsten betroffener schwerbehinderter Menschen.
Für sein Vorlagebegehren kann sich der Betriebsrat schließlich nicht auf eine Förderpflicht iSd. § 80 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG stützen. Die von ihm begehrte Vorlage von Unterlagen lässt keinen entsprechenden Aufgabenbezug erkennen.
Der Betriebsrat hat nicht dargelegt, für welche konkrete Aufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG – die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern – er die Vorlage einer Kopie der Anzeige nach § 163 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nebst den einzelnen Verzeichnissen iSd. § 163 Abs. 1 SGB IX bedarf. Sein allgemeiner Hinweis auf eine enge Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Gesamtbetriebsrat nach § 182 Abs. 1 SGB IX ist ersichtlich untauglich7. Gleiches gilt für das nicht näher ausgeführte Vorbringen, er könne ggf. darauf hinwirken, dass die Beschäftigungsquote nach § 154 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in dem Betrieb, für den er gewählt wurde, erfüllt oder, wenn sie in anderen Betrieben nicht erreicht werde, sogar übererfüllt werde. Unabhängig davon, ob und inwieweit dieses Anliegen Teil der Förderpflicht des § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ist, bedarf es dazu keiner Vorlage der noch geforderten Unterlagen. Es genügt, wenn die Arbeitgeberin über den Umfang der Beschäftigung Auskunft erteilt.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. März 2018 – 1 ABR 76/16
- dazu BAG 16.08.2011 – 1 ABR 22/10, Rn. 29 ff., BAGE 139, 25[↩]
- Dau in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 80 Rn. 10[↩]
- vgl. BAG 7.02.2012 – 1 ABR 46/10, Rn. 7, BAGE 140, 350[↩]
- BAG 27.10.2010 – 7 ABR 86/09, Rn. 32, BAGE 136, 123[↩]
- sh. nur Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 71 Rn. 3 mwN; zu § 5 SchwbG aF BAG 1.08.1985 – 2 AZR 101/83, zu II 3 c der Gründe, BAGE 49, 214[↩]
- vgl. BAG 23.06.2010 – 7 ABR 3/09, Rn. 29, BAGE 135, 57[↩]
- vgl. BAG 17.09.2013 – 1 ABR 26/12, Rn. 16[↩]