Mit der Durchführung des Günstigkeitsvergleichs hinsichtlich der Entgeltberechnung zwischen den Tarifverträgen der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 31.08.2007 und den Tarifverträgen der Vivento Customer Service als Folge der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.07.2011 [1] hatte sich aktuell das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu befassen:

Sofern der Arbeitnehmer in dem Geschäftsbereich von Vivento nach der Anlage 1b zu § 11 Abs. 2 MTV DTAG eingesetzt ist, ist für den Günstigkeitsvergleich von der Entgelttabelle für die 38 – Stunden Woche (Anlage 1b zu § 2 Abs. 1 ETV DTAG) auszugehen.
Für den Günstigkeitsvergleich ist weiter zu berücksichtigen, dass diese Arbeitnehmer durch die Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich durch § 5 Abs. 8 Arbeitszeit – Konten – Tarifvertrag DTAG 39 Stunden pro Woche zu arbeiten haben.
In den Günstigkeitsvergleich – hier konkret den Sachgruppenvergleich – bezüglich des Entgelts sind das nach dem ERTV VCS zu zahlende Urlaubgeld und die Jahressonderzahlungen mit einzubeziehen und differenzmindernd zu berücksichtigen.
Die Leistungszulagen sind ebenfalls einzubeziehen, nivellieren sich jedoch, da sie nach beiden Tarifwerken gleich hoch sind.
Vorliegend finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 31.08.2007 statisch Anwendung. Das ergibt sich aus der Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien als Gleichstellungsabrede. Die individualrechtliche, konstitutive Bezugnahme der Tarifverträge der DTAG ist unabhängig von deren normativen Geltung gemäß § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG im Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers und seiner damaligen Arbeitgeberin Deutsche Bundespost Telekom vereinbart. Im Falle des Betriebsübergangs geht die arbeitsvertraglich vereinbarte Anwendung der Tarifverträge der DTAG als vertragliche Rechtsposition gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB ohne weiteres und uneingeschränkt auf das mit der jeweiligen Erwerberin fortbestehende Arbeitsverhältnis über [2]. Davon ist auch das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Hingegen sind die von der VCS geschlossenen Tarifverträge von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst. Diese kann weder als eine sog. Tarifwechselklausel noch als eine solche Verweisungsklausel verstanden werden, die zumindest auch auf die im Konzern der DTAG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils geschlossenen Tarifverträge verweist [3].
Vorliegend haben die Parteien keine konkludente Vereinbarung getroffen, dass anstelle dieses Tarifwerkes nunmehr ausschließlich das Tarifwerk, das die Vivento mit ver.di vereinbart hat, Anwendung finden soll. Anhaltspunkte für eine solche konkludente Vertragsänderung gibt es nicht. Die Vivento hat kein Verhalten des Arbeitnehmers beschrieben, aus dem sich für sie bei redlichem Verständnis ergeben könnte, dass der Arbeitnehmer wolle oder damit einverstanden sei, dass sich sein Arbeitsverhältnis ausschließlich nach dem Tarifwerk VCS richte. Außer dem bloßen Nichtstun des Arbeitnehmers nach dem Unterrichtungsschreiben im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang von der DTAG auf die Vivento gibt es insbesondere keinerlei positives Verhalten des Arbeitnehmers aus dem die Vivento entsprechende Schlüsse hätte ziehen können. Im Hinblick darauf, dass ein vertraglicher Verzicht auf die Fortgeltung der Tarifverträge der DTAG für den Arbeitnehmer nachteilig wäre, kann aus dem bloßen Nichtstun des Arbeitnehmers nach dem Unterrichtungsschreiben nicht geschlossen werden, dass er mit einer ausschließlichen Geltung des Tarifwerkes der Vivento einverstanden sei. Das Schweigen bzw. Nichtstun des Arbeitnehmers könnte anders zu verstehen sein, wenn es sich um eine für ihn günstige Regelung handelt. Das ist aber, wie unten ausgeführt wird nicht der Fall. Die Behauptung der Vivento, der Arbeitnehmer habe auch Kompensationsleistungen entgegengenommen, ist auch nicht durch konkreten Tatsachenvortrag belegt. Der bloße Umstand, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers aufgrund der tariflichen Gesamtregelungen nicht kündbar gewesen ist, stellt noch nicht eine Entgegennahme von „Kompensationsleistungen“ dar. Die Vivento hat sich an diese Regelungen gehalten, eine konkrete Kompensationsleistung, die der Arbeitnehmer überhaupt hätte „entgegennehmen können“ stellt das jedoch nicht dar. Vor allem aber steht einer konkludenten Vertragsänderung der Umstand entgegen, dass die Vivento dem Arbeitnehmer einen Änderungsvertrag vorgelegt hat, nach dem das Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen war und sich der Arbeitnehmer mit der Begründung, er wolle keine alten Rechte aufgeben geweigert hat, diesen Änderungsvertrag zu unterschreiben. Unter diesen Umständen ist es fernliegend, davon auszugehen, der Arbeitnehmer habe einer Aufhebung der Bezugnahmeklausel auf das Tarifwerk der DTAG zugestimmt.
Ebenso wenig kann sich die Vivento darauf berufen, der Arbeitnehmer habe das Recht, sich auf die Bezugnahmeklausel und damit auf das Tarifwerk der DTAG zu berufen verwirkt. Zu Gunsten der Vivento soll angenommen werden, dass eine solche Verwirkung an sich möglich ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat. Auf Seite 15 f. des arbeitsgerichtlichen Urteils wird daher Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Vivento zuzugestehen ist, dass im Hinblick auf den Umstand, dass der Arbeitnehmer sich länger als zwei Jahre nicht auf die Geltung der Bezugnahmeklausel berufen hat, das Zeitmoment durchaus als erfüllt angesehen werden kann. Es fehlt allerdings am Umstandsmoment. Auch hier kann der Vivento zugebilligt werden, dass die Anforderungen an das Umstandsmoment geringer ausfallen, wenn wie hier das Zeitmoment „übererfüllt“ ist. Ein Verzicht auf irgendwelche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitnehmers, die darauf schließen lassen, er werde sich auf die vertragliche Bezugnahmeklausel nicht mehr berufen, ist jedoch nicht gänzlich entbehrlich. Außer der bloßen Weiterarbeit des Arbeitnehmers und dem Nichtstun nach dem Unterrichtungsschreiben im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang gibt es keine Umstände, aus denen die Vivento hätte schließen können, dass der Arbeitnehmer sich auf die Bezugnahmeklausel nicht mehr berufen wird. Im Gegenteil, zwei Umstände sprechen dagegen, hier überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen der Vivento anzunehmen: Sie war es nämlich, die durch das objektiv falsche Unterrichtungsschreiben dem Arbeitnehmer mitgeteilt hat, dass sich sein Arbeitsverhältnis nunmehr (ausschließlich) nach dem Tarifwerk der Vivento richten würde. Der Arbeitnehmer weist zu Recht darauf hin, dass die Vivento nunmehr Vertrauensschutz begehrt dafür, dass sie den Arbeitnehmer falsch unterrichtet hat. Da die Vivento selber aber zu der Situation der vorbehaltlosen Weiterarbeit des Arbeitnehmers und die Hinnahme der Behandlung des Arbeitsverhältnisses nach dem Tarifwerk der Vivento durch das falsche Unterrichtungsschreiben beigetragen hat, kann sie sich gerade auf diese von ihr selbst herbeigeführten Umstände nicht berufen. Hinzu kommt, dass der Annahme des Umstandsmomentes es auch entgegensteht, dass für die Vivento erkennbar war, dass der Arbeitnehmer sich jedenfalls nicht „freiwillig“ ausschließlich dem Tarifwerk der Vivento unter Verzicht auf die Rechte aus der Bezugnahmeklausel unterwerfen wollte, denn andernfalls hätte er es nicht abgelehnt, den ihm vorgelegten Änderungsvertrag zu unterschreiben [4].
Das Recht des Arbeitnehmers, sich zur Begründung seiner Differenzlohnansprüche auf die vertragliche Bezugnahmeklausel und damit auf das Tarifwerk der DTAG zu berufen, unterliegt als solches nicht der vertraglichen oder tarifvertraglichen Ausschlussfrist, sondern lediglich die einzelnen Differenzansprüche für die jeweiligen Monate. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die in einem Tarifvertrag geregelten Ausschlussfristen nicht die Anwendbarkeit des Tarifvertrages als solches zu regeln vermögen.
Dem Arbeitnehmer stehen Differenzvergütungsansprüche zu, die aus der Anwendung des Tarifwerkes der DTAG herrühren. Allerdings stehen dem Arbeitnehmer diese Ansprüche nicht in der geltend gemachten Höhe zu, sondern das von der Vivento gezahlte Urlaubsgeld und die einmal jährlich gewährte Sonderzuwendung sind in Abzug zu bringen. Im Einzelnen:
Da auf das Arbeitsverhältnis zwei konkurrierende Tarifwerke, nämlich das der DTAG durch die vertragliche Bezugnahmeklausel und das Tarifwerk der Vivento durch die beiderseitige Tarifbindung Anwendung finden, ist die Frage, welche Ansprüche dem Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Vergütung zustehen, nach dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG zu lösen [5]. Hinsichtlich der Vergütung des Arbeitnehmers erweist sich für den streitgegenständlichen Zeitraum das Tarifwerk der DTAG als für den Arbeitnehmer günstiger.
Bei einem Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG sind alle Regelungen miteinander zu vergleichen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Es hat ein „Sachgruppenvergleich“ zu erfolgen [6]. Es sind nur die Regelungen des Tarifvertrages mit den abweichenden vertraglichen Abmachungen zu vergleichen, die jeweils in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehen. Bei einem Vergleich verschieden langer Arbeitszeiten ist zumindest das dem gegenüberstehende Entgelt einzubeziehen [7]. Hierbei sind alle Vergütungsbestandteile von Bedeutung, die sich als Gegenleistung zu der zu erbringenden Arbeitsleistung darstellen. Dabei geht es primär um einen Vergleich der Regelungen. Dazu sind nähere Feststellungen zum Verhältnis der wöchentlichen Arbeitsleistung und der proportionalen Vergütung, insbesondere zur Höhe und Zusammensetzung der Vergütungen des Arbeitnehmers bei der DT AG und der Vivento nach Maßgabe der in Frage stehenden Tarifverträge erforderlich [6].
Unter Anwendung dieser Grundsätze führt der vorzunehmende Günstigkeitsvergleich hier zu dem Ergebnis, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum bezüglich der Vergütung des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der dafür zu leistenden Arbeitszeit das Tarifwerk der DTAG günstiger ist, denn es führt dazu, dass der Arbeitnehmer für die geleistete Arbeitsstunde eine höhere Vergütung erhält. Dabei kann nicht allein die Vergütung herangezogen werden, sondern die Vergütung ist in Relation zu der dafür zu leistenden Arbeitszeit zu setzen.
Nach dem Tarifwerk der DTAG hat der Arbeitnehmer nach § 11 Abs. 2 MTV DTAG iVm, Anlage 1 b und § 5 Abs. 8 Arbeitszeitkonten – Tarifvertrag wöchentlich 39 Stunden zu arbeiten und erhält dafür nach der Entgelttabelle (Anlage 1b zu § 2 Abs. 1 ETV DTAG) eine Vergütung von 2.759,00 €. Urlaubsgeld sowie eine Sonderzahlung o. Ä. erhält er nach diesem Tarifwerk nicht.
Die vom Arbeitnehmer nach dem Tarifwerk der DTAG zu leistende wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38 Stunden. Das ergibt sich aus § 11 Abs. 2 MTV DTAG iVm. Anlage 1b.
Für den Arbeitnehmer gilt daher eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden, da er in einem Geschäftsmodell Vivento tätig ist, nämlich bei der im Tarifvertrag ausdrücklich erwähnten Vivento. Die Einwände der Vivento, für den Arbeitnehmer sei bei Anwendung des Tarifwerks der DTAG eine 34-Stundenwoche maßgeblich, greift demgegenüber nicht durch. Der Wortlaut des Tarifvertrages ist eindeutig, die Vivento ist als Geschäftsmodell der Vivento ausdrücklich erwähnt und der Arbeitnehmer ist bei ihr tätig. Auch aus der Tarifsystematik ergibt sich nichts anderes. Bei der Vivento gilt eine 38-Stundenwoche – und sofern Arbeitnehmer, auf die noch das Tarifwerk der DTAG Anwendung findet, gleich aus welchem Grunde bei der Vivento eingesetzt werden, entspricht es der Tarifsystematik, dass hier nicht die verkürzte Arbeitszeit von 34 Stunden, sondern die „volle“ Arbeitszeit von 38 Stunden maßgeblich ist. Der Einwand der Vivento, dass die Regelung in § 11 Abs. 2 in Verbindung mit der Anl. 1 MTV DTAG nur im Hinblick auf die noch folgende Gründung der Geschäftsmodelle klarstellen wollte, dass bei der Vivento in Abgrenzung zu der DTAG die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 38 h und nicht nur 34 h betrage, findet zum einen in dem Wortlaut des Tarifvertrags keine Stütze. Zum anderen würde es sich bei diesem Verständnis um eine Regelung handeln, die überflüssig wäre, denn die Wochenarbeitszeit für die Arbeitsverhältnisse bei der Vivento kann nicht durch Tarifverträge der DTAG, sondern nur durch Regelungen, welche für die Vivento einschlägig sind, also insbesondere von ihr abgeschlossenen Tarifverträge oder Arbeitsverträge geregelt werden. Ein sinnvoller Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 MTV DTAG erschließt sich daher nur, wenn man diese Regelung so versteht, dass sie die Arbeitnehmer erfassen soll, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem Tarifwerk der DTAG richtet, die jedoch nicht bei der DTAG selbst, sondern entweder bei der Vivento als Qualifizierungs- und Vermittlungseinheit oder bei den Geschäftsmodellen der Vivento – wie bei der Vivento – eingesetzt werden. Der Arbeitnehmer hat darüber hinaus auch unwidersprochen vorgetragen, dass es nach wie vor Arbeitnehmer gibt, die in einem Arbeitsverhältnis zur DTAG stehen, jedoch bei eigenständigen Unternehmen aus dem Geschäftsbereich der Vivento eingesetzt werden. Zu Gunsten der Vivento kann unterstellt werden, dass zutreffend ist, dass der Hinweis auf die 38-Stundenwoche in § 11 Abs. 2 MTV DTAG nur dazu gedient haben soll, klarzustellen, dass in Geschäftsmodellen der Vivento andere Arbeitszeiten als die verkürzte Arbeitszeit von 34 Stunden pro Woche gilt. Dieses tarifhistorische Argument kann jedoch keine Berücksichtigung finden, weil es, wie oben dargelegt weder in der Systematik des Tarifvertrages noch in seinem Wortlaut eine Stütze findet.
Aus diesem Grunde beträgt die Arbeitszeit des Arbeitnehmers bei Anwendung des Tarifwerk der DTAG zunächst 38 Stunden pro Woche bei einer unstreitigen Vergütung von 2.759,00 € brutto.
Das Bundesarbeitsgericht ist in vergleichbaren Entscheidungen zwar jeweils von einer 34-Stundenwoche ausgegangen. In diesen Entscheidungen ist jedoch die Frage, welche Wochenarbeitszeit für den Arbeitnehmer nach § 11 MTV DTAG gilt, weder in den landesarbeitsgerichtlichen Entscheidungen noch in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts näher thematisiert worden, so dass diese Entscheidungen der Auffassung des Gerichtes nicht entgegenstehen.
Dabei ist allerdings noch zusätzlich zu berücksichtigen, worauf die Vivento zutreffend hingewiesen hat, dass die Arbeitszeit des Arbeitnehmers pro Monat noch weitere 4 h und 20 min umfasst, denn nach dem ebenfalls zum Tarifwerk der DTAG gehörenden Arbeitszeitkontentarifverträge muss das Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers monatlich nach § 5 Abs. 8 ArbZKTV mit einem Minus von 4 Stunden und 20 min beginnen.
Die einschlägige Vorschrift lautet: „Zu Beginn eines jeden Kalendermonats werden aus dem Arbeitszeitkonto von Arbeitnehmern, die aus der Wochenarbeitszeitverkürzung herausgenommen sind, obligatorisch 4 Stunden und 20 min heraus gebucht.“
Durch diese Regelung wird faktisch eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 39 Stunden ohne Lohnausgleich erreicht. Sie ist in den Günstigkeitsvergleich mit einzubeziehen, weil sie, auch wenn im Arbeitszeitkontentarifvertrag versteckt bei wirtschaftlicher Betrachtung in engem Zusammenhang mit der zu leistenden Wochenarbeitszeit steht und daher für das für den Günstigkeitsvergleich maßgebliche Verhältnis von Entgelt und der dafür zu leistenden Arbeitszeit mit zu berücksichtigen ist.
Für den vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich ist daher davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer wöchentlich nicht nur 38 Stunden, sondern 39 Stunden für die Vergütung von brutto 2.759, 00 € zu arbeiten hat. Das ergibt eine Stundenvergütung von 2.759,00 € /[8] (siehe § 7 Abs. 5 ERTV DTAG), 16,27 € pro Std.
Nach den vertraglichen und tariflichen Regelungen, die bei der Vivento gelten, hat der Arbeitnehmer auch hier unstreitig 38 Stunden pro Woche zu arbeiten (eine vergleichbare Regelung wie § 5 Abs. 8 ArbZKTV gilt für die Vivento nicht), er erhält dafür jedoch nur ein „Vertragsgehalt“ in Höhe von 2.350,44 € brutto. Darüber hinaus erhält der Arbeitnehmer bei der Vivento jedoch noch weiterhin ein Urlaubsgeld in Höhe von jährlich 311,13 € brutto mit der Vergütung für den Monat Mai ausgezahlt, das nach § 42 ERTV VCS voraussetzt, dass der Arbeitnehmer am 1.05. in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht und dieses ununterbrochen seit dem 1.11. des Vorjahres bestanden hat. Weiter erhält der Arbeitnehmer bei der Vivento eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 1.636,24 € brutto nach § 43 ERTV VCS, die voraussetzt, dass der Arbeitnehmer am 1.11. in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht und dieses Arbeitsverhältnis ununterbrochen seit dem 1.07. bestanden hat. Hat der Arbeitnehmer nicht während des ganzen Zeitraums vom Dezember des Vorjahres bis zum November des laufenden Jahres ein regelmäßiges Monatsentgelt erhalten, vermindert sich der Festbetrag um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer kein regelmäßiges Monatsentgelt oder Ähnliches erhält.
Diese Zahlungen sind im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs mit zu berücksichtigen. Es handelt sich bei ihnen auch um Zahlungen, mit denen letztendlich die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergütet wird und die daher in einem synallagmatischen Zusammenhang zwischen seiner Arbeitsleistung und seiner Bezahlung stehen. Im Rahmen des vorzunehmenden Sachgruppenvergleiches gehören sie daher zu der Sachgruppe der für die Arbeitszeit proportional gewährten Gesamtvergütung. Zwar sind sowohl das Urlaubsgeld als auch die jährliche Sonderzahlung an teilweise andere Voraussetzungen geknüpft als die monatliche Vergütungszahlung. Beide setzen jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer zu bestimmten Stichtagen sich im Arbeitsverhältnis befunden hat, was dafür spricht, dass diese Vergütungselemente nicht nur als reine Gratifikationszahlung für einen bestimmten Anlass gewährt werden, sondern auch dazu dienen, die geleistete Arbeit zu vergüten. Der Entgeltcharakter wird auch dadurch belegt, dass das Urlaubsgeld nach § 42 Abs. 1c ERTV VCS voraussetzt, dass der Arbeitnehmer im Bezugsmonat Mai Arbeitsentgelt oder eine Entgeltersatzleistung erhält. Für die Jahressonderzahlung wird der Entgeltcharakter dadurch belegt, dass sich diese nach § 43 Abs. 6 ERTV um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer kein regelmäßiges Monatsentgelt oder eine Ersatzleistung erhalten hat, vermindert.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der dafür spricht, diese Zahlungen in den Günstigkeitsvergleich mit einzustellen, liegt darin, dass es auch bei der DTAG zunächst entsprechende zusätzliche Zahlungen gegeben hat, die jedoch nach dem unbestrittenen Vortrag der Vivento in die Lohntabelle „eingearbeitet“ worden sind, was bedeutet, dass diese Zahlungen als solche zwar entfielen, jedoch als Kompensation hierfür die Vergütung pro Monat entsprechend erhöht worden ist.
Wie bereits oben dargestellt und auch zwischen den Parteien unstreitig, sind weitere Zahlungen der Vivento in den Günstigkeitsvergleich nicht einzustellen, weil der Arbeitnehmer auf sie auch nach dem Tarifwerk der DTAG einen Anspruch hat.
Daraus ergibt sich für die zeitproportionale Vergütung des Arbeitnehmers bei der Vivento, dass neben der monatlichen Vergütung von 2.350,44 € pro Monat noch das Urlaubsgeld und die Sonderzahlung von 311,13 € bzw. 1.636,24 € brutto einzurechnen sind. Daraus ergibt sich ein monatlicher Hinzurechnungsbetrag von 162,28 €, somit eine monatliche Vergütung von 2.512,72 € /[9] = 15,21 € proportional zeitanteilige Vergütung pro Stunde.
Da der „Stundenlohn“ des Arbeitnehmers bei Anwendung der Tarifwerke der DTAG höher ist, ist das Verhältnis von Arbeitszeit und Vergütung nach diesem Tarifwerk günstiger. Im Wege des Günstigkeitsvergleichs ist daher dieses Tarifwerk zugrundezulegen.
Für die Differenzvergütungsansprüche des Arbeitnehmers bedeutet dies folgendes:
Für den streitgegenständlichen Zeitraum ergibt sich aus dem Vergleich der Vergütung nach den Entgelttabellen die vom Arbeitnehmer zuletzt geltend gemachte Differenz von 12.665,36 € brutto. Allerdings ist von diesem Betrag das im Rahmen des Günstigkeitsvergleich mit einzubeziehende Urlaubsgeld sowie die Jahressonderzahlung abzuziehen. Der Arbeitnehmer hat hier folgende Zahlungen erhalten, wobei für das Jahr 2009 im Hinblick darauf, dass er erst ab 1.07.2009 seine Differenzvergütungsansprüche geltend machte, Urlaubsgeld und Sonderzahlung nur anteilig einzustellen sind. Diese nur anteilige Berücksichtigung ergibt sich hinsichtlich der Sonderzahlung aus der pro rata temporis – Berechnung nach § 43 Abs. 6 ERTV VCS. Bezüglich des Urlaubsgeldes fehlt es zwar an einer vergleichbaren Regelung, jedoch ergibt sich auch hier aus § 42 Abs. 1 ERTV VCS, dass diese Zahlung einen gewissen zeitlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzt und daher auch in den Vormonaten geleistete Arbeit vergüten will. Zudem ergibt sich die zeitanteilige Berücksichtigung dieser Zahlungen daraus, dass diese bei der DTAG in die Entgelttabelle eingearbeitet wurden und daher dort auch zeitanteilig gewährt werden.
Der Umstand, dass der Arbeitnehmer tatsächlich jedoch nur 38 Stunden pro Woche und nicht 39 Stunden gearbeitet hat, ist hierbei unerheblich und führt nicht zu einer Kürzung der Nachzahlungsansprüche. Ob der Arbeitnehmer diese Zeit nacharbeiten musste oder ob sie als Minusstunden auf seinem Zeitkonto zu erfassen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Berücksichtigung dieser nicht gearbeiteten Stunden im Rahmen der nachzuzahlenden Vergütung scheidet bereits deswegen aus, weil nach § 3 AbzKTV DTAG „die Bezahlung unabhängig von dem tatsächlichen Umfang der monatlich geleisteten Arbeitszeit in Form eines konstanten Monatsentgelts erfolgt. Dies berechnet sich bei vollbeschäftigten Arbeitnehmern auf der Grundlage der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit …“
Landesarbeitsgericht Baden ‑Württemberg, Urteil vom 30. September 2013 – 9 Sa 118/12
- BAG 6.07.2011, 4 AZR 706/09 u.a.[↩]
- BAG, Urteil vom 17.11.2010, 4 AZR 391 /09; BAG, Urteil vom 12. 12.2012, 4 AZR 328/11, Rn 27[↩]
- BAG 6.07.2011 – 4 AZR 706/09, Rn. 36 ff. mwN.; weiterhin 6.07.2011 – 4 AZR 494/09, Rn. 45 ff. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 90; 16.11.2011 – 4 AZR 822/09, Rn. 21, 42 ff.; 14.12 2011 – 4 AZR 179/10, Rn. 38 ff.; zuletzt: 21.11.2012 – 4 AZR 231/10, Rn. 16[↩]
- BAG, Urteil vom 12.12.2012, 4 AZR 328 /11 Rn. 38. m.w.N.[↩]
- BAG Urteil vom 22.04.2009, 4 AZR 100/08[↩]
- BAG, Urteil vom 12.12.2012, 4 AZR 328/11 m.w.N.[↩][↩]
- Greiner in Henssler/Moll/Bepler Der Tarifvertrag Teil 9 Rn. 176 – „synallagmatische Kernfrage des Arbeitsverhältnisses“[↩]
- 39 × 4,348€ [↩]
- 38 × 4,348 €[↩]