Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit kann nach § 4 ArbGG durch einen Schiedsvertrag nach Maßgabe der §§ 101 bis110 ArbGG ausgeschlossen werden.

Nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG können die Tarifvertragsparteien für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, die Arbeitsgerichtsbarkeit durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, dass die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende oder Artisten umfasst. Wird das Arbeitsgericht wegen einer Rechtsstreitigkeit angerufen, für die die Tarifvertragsparteien einen Schiedsvertrag nach § 101 Abs. 2 ArbGG geschlossen haben, hat das Gericht die Klage nach § 102 Abs. 1 ArbGG als unzulässig abzuweisen, wenn sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag beruft.
Die in dem Tarifvertrag getroffene Schiedsvereinbarung gilt nach § 101 Abs. 2 Satz 2 ArbGG grundsätzlich nur für Tarifgebundene, dh. für Mitglieder der vertragsschließenden Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien erstreckt sich nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG jedoch auch auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben. Die nicht tarifgebundenen Parteien eines Arbeitsverhältnisses müssen gerade die Schiedsabrede ausdrücklich und schriftlich in Bezug nehmen1. § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG ermöglicht es, die fehlende Tarifbindung durch einzelvertragliche Bezugnahme zu ersetzen. Diese Möglichkeit geht allerdings nicht weiter als die entsprechende Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien2. Es muss sich deshalb um ein Arbeitsverhältnis handeln, das nach dem konkreten Inhalt der ausgeübten Tätigkeit einer Berufsgruppe zuzuordnen ist, für die nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bei Tarifgebundenheit der Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit wirksam geregelt werden kann3.
Die Voraussetzungen für einen wirksamen Schiedsvertrag sind hier nicht erfüllt. Die Parteien sind bezogen auf den NV Bühne unstreitig nicht tarifgebunden. Es liegt auch keine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Schiedsabrede des § 53 NV Bühne vor. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeit des Klägers dem persönlichen Geltungsbereich des NV Bühne unterfiel.
Der NV Bühne hat den BTT sowie den Normalvertrag Solo zum 1.01.2003 abgelöst4. § 53 NV Bühne enthält eine den Anforderungen des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genügende, die Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließende Schiedsvereinbarung5. Für die in § 1 Abs. 1 NV Bühne genannten Berufsgruppenbezeichnungen, die jeweils in den folgenden Absätzen der Regelung präzisiert werden, steht fest, dass die ihnen zuzuordnenden Personen als Bühnenkünstler iSv. § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG anzusehen sind6.
Die Parteien sind bezogen auf den NV Bühne nicht tarifgebunden. Der NV Bühne wurde zwischen dem Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater – und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger bzw. der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e.V. abgeschlossen. Eine beiderseitige Tarifbindung aufgrund Mitgliedschaft in diesen Vereinigungen wird von den Parteien nicht behauptet und ist nicht ersichtlich.
Die Geltung des NV Bühne einschließlich der Schiedsabrede des § 53 NV Bühne wurde von den Parteien auch nicht vertraglich vereinbart.
Der zwischen den Parteien am 7.04.1998 geschlossene Arbeitsvertrag sah in § 8 die Anwendbarkeit des BTT in der jeweils geltenden Fassung sowie der den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge vor. Hiervon war auch die Schiedsvereinbarung in § 12 BTT erfasst. Zudem wurde in § 11 des Vertrags vereinbart, dass die Bühnenschiedsgerichte nach Maßgabe der Bühnenschiedsgerichtsordnung über etwaige Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit entscheiden sollten.
Bei unveränderter Fortgeltung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hätte ab dem 1.01.2003 der NV Bühne auf das Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden, denn die Verweisungsklausel in § 8 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 hätte den NV Bühne als den an Stelle des BTT tretenden Tarifvertrag erfasst. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wäre wegen seiner Funktion als Assistent des Technischen Direktors vom persönlichen Anwendungsbereich des NV Bühne erfasst worden, denn nach § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 1 NV Bühne gilt der Tarifvertrag ua. für die Assistenten der Technischen Direktoren7.
Der Änderungsvertrag vom 03./5.08.1999 ist aber dahingehend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis sich seit dem 1.08.1999 nur nach den Bestimmungen des BAT-O richten sollte und nicht mehr nach dem BTT. In der Konsequenz kann sich die Beklagte auch nicht auf die Schiedsvereinbarung in § 53 NV Bühne als Nachfolgetarifvertrag des BTT berufen. Der Verweis auf die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit in § 11 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 ist durch den Änderungsvertrag ebenfalls aufgehoben worden.
Bei dem Änderungsvertrag vom 03./5.08.1999 handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um einen Formularvertrag und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen8. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht9.
Die Parteien haben unter dem 3./5.08.1999 einen Änderungsvertrag geschlossen, der schon in seiner Bezeichnung darauf schließen lässt, dass nunmehr der BAT-O auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll („Änderungsvertrag mit BAT-O-Angestellten“). Mit dieser Vereinbarung lösten die Parteien sich umfassend von dem Regime des BTT. § 1 des Änderungsvertrags sieht vor, dass der Kläger ab dem 1.08.1999 auf unbestimmte Zeit beschäftigt wird. Demgegenüber sah der ursprüngliche Arbeitsvertrag vom 07.04.1998 eine spielzeitbezogene Befristung des Arbeitsverhältnisses vor. Dies entsprach § 4 Abs. 1 BTT iVm. § 2 Nr. 1 Buchst. c Normalvertrag Solo. Der Änderungsvertrag hat auch die Vergütungsstruktur grundlegend modifiziert. Nach § 1 des Vertrags vom 03./5.08.1999 trat mit Wirkung zum 1.08.1999 an die Stelle des bisherigen Festgehalts die Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O für eine Tätigkeit als „vollbeschäftigter Angestellter“. Ein Bezug zu den spezifischen Berufsgruppen und dem Vergütungssystem der Bühnentarifverträge ist damit nicht mehr erkennbar. In der Gesamtschau haben die Arbeitsvertragsparteien den BAT-O nicht nur punktuell in Bezug genommen, sondern vollumfänglich.
Damit wurde auch die Bezugnahme auf die Schiedsvereinbarung in § 12 BTT und die Bühnenschiedsgerichtsordnung in § 11 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 aufgehoben. Anderenfalls hätte die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit über Rechtsstreitigkeiten entscheiden müssen, deren Beurteilung sich nicht mehr nach dem BTT, sondern seit dem 1.08.1999 nach dem BAT-O richtet. Dies wäre angesichts der Unterschiedlichkeit der Tarifwerke mit dem Willen der Vertragsparteien zur Ablösung des BTT durch den BAT-O als vertragliches Bezugsobjekt nicht vereinbar.
Die weitere Entwicklung bestätigt diesen Willen zur umfassenden Lösung von den Bühnentarifverträgen. Nach dem Inkrafttreten des TVöD-BT-V wurden dessen Regelungen auf das Arbeitsverhältnis angewandt. Dies ergibt sich aus der Vereinbarung vom 20.01.2011 über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen, welche sich ausdrücklich auf § 55 TVöD-BT-V und dessen Sonderregelungen für Beschäftigte an Theatern und Bühnen bezog. Hierbei ist unbeachtlich, dass diese Vereinbarung schließlich vom Kläger gekündigt wurde. Sie verdeutlicht dennoch, dass sich das Arbeitsverhältnis seit dessen Inkrafttreten nach dem TVöD-BT-V richtete. Dies entsprach auch der Tarifbindung beider Parteien. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes galten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis des Klägers. Sowohl die Beklagte als auch der Kläger sind unstreitig Mitglieder der Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Ausnahme des Geltungsbereichs des TVöD für technisches Theaterpersonal nach § 1 Abs. 2 Buchst. n TVöD-AT in der bis zum 31.05.2013 geltenden Fassung griff ebenso wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 3 Buchst. c BAT-O nicht ein. Demnach galt der BAT-O bzw. TVöD ua. nicht für technisches Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit. Eine solche wurde zwischen den Parteien in beiden Verträgen nicht vereinbart und wird auch von keiner Seite behauptet.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. September 2017 – 6 AZR 474/16
- BAG 28.01.2009 – 4 AZR 987/07, Rn. 38, BAGE 129, 225[↩]
- BAG 25.02.2009 – 7 AZR 942/07, Rn. 18[↩]
- vgl. BAG 15.02.2012 – 7 AZR 626/10, Rn. 22; 6.08.1997 – 7 AZR 156/96, zu I 2 der Gründe, BAGE 86, 190; GMP/Germelmann 9. Aufl. § 101 Rn. 29; GWBG/Greiner ArbGG 8. Aufl. § 101 Rn. 18; ErfK/Koch 17. Aufl. § 110 ArbGG Rn. 3; GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2017 § 101 Rn. 27; AR/Reinfelder 8. Aufl. § 110 ArbGG Rn. 3; Düwell/Lipke/Voßkühler 4. Aufl. § 101 Rn. 54; Schwab/Weth/Zimmerling 4. Aufl. ArbGG § 101 Rn. 56[↩]
- vgl. Assmann in Ganß/Assmann Arbeitsrecht der Bühne Teil I Kap. 2 Rn. 22[↩]
- BAG 25.02.2009 – 7 AZR 942/07, Rn.20 ff.; 28.01.2009 – 4 AZR 987/07, Rn. 14 ff., BAGE 129, 225[↩]
- BAG 28.01.2009 – 4 AZR 987/07, Rn.20, aaO[↩]
- vgl. zur Gruppe der Bühnentechniker BAG 28.01.2009 – 4 AZR 987/07, Rn. 23 ff., BAGE 129, 225[↩]
- BAG 23.03.2017 – 6 AZR 705/15, Rn. 14 mwN[↩]
- BAG 21.04.2016 – 8 AZR 753/14, Rn. 30 mwN[↩]