Die unterbliebene Anmeldung bei der VBL

Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung nicht unmittelbar über ihn erfolgt (Verschaffungspflicht).

Die unterbliebene Anmeldung bei der VBL

Diese Bestimmung, die durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) vom 26.06.20011 in das BetrAVG eingefügt wurde, beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach im Betriebsrentenrecht stets zwischen der arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung und den Durchführungswegen zu unterscheiden und der eingeschaltete externe Versorgungsträger seiner Funktion nach nur ein Instrument des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner arbeitsrechtlichen Versorgungsverpflichtungen ist. Wird die geschuldete Versorgung nicht auf dem vorgesehenen Durchführungsweg erbracht, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall erforderlichenfalls aus seinem eigenen Vermögen die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die er dem Arbeitnehmer versprochen hat. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG führt damit nicht zu verschuldensabhängigem Schadensersatz, sondern zu verschuldensunabhängigen Erfüllungsansprüchen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer2. Der Verschaffungsanspruch richtet sich darauf, eine Lücke zu schließen, die sich zwischen der Versorgungszusage einerseits und dem Durchführungsweg andererseits ergeben kann. Er betrifft also Fälle, in denen die für die Durchführung der Versorgungszusage getroffene Regelung hinter den Verpflichtungen des Arbeitgebers zurückbleibt oder der externe Versorgungsträger die Betriebsrentenansprüche aus anderen Gründen nicht erfüllt. Durch die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG wird sichergestellt, dass bei Schwierigkeiten im Durchführungsweg im Versorgungsfall gleichwohl der Versorgungszusage entsprechende Leistungen erbracht werden3.

Danach steht der Arbeitnehmerin im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall gegen die Arbeitgeberin kein Anspruch auf Verschaffung der mit dem Hauptantrag begehrten Versorgung aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG zu. Die Arbeitgeberin und ihre Rechtsvorgängerin waren nicht verpflichtet, die Arbeitnehmerin bei der VBL zu versichern.

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Nach § 6 ihres jeweiligen Arbeitsvertrags war die Arbeitnehmerin lediglich „nach Maßgabe“ des Versorgungs-TV in seiner jeweils geltenden Fassung bei der VBL zu versichern. Gemäß § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 bestand danach keine Versicherungspflicht für die Arbeitnehmerin bei der VBL. Denn die Arbeitnehmerin war aufgrund der Satzung der KZVK – einer Zusatzversorgungseinrichtung, mit der die VBL ein Überleitungsabkommen abgeschlossen hatte – von der Pflicht zur Versicherung befreit worden. Für die Zeit bis zum 31.12 1984 erfolgte die Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Zusatzversorgung auf Antrag der Arbeitnehmerin durch die KZVK auf der Grundlage von § 17 Abs. 5 Satz 1 Buchst. a KZVK-S 1983. Nach Wegfall dieses Befreiungstatbestands zum 1.01.1985 war der Arbeitnehmerin durch § 81 Abs. 6 KZVK-S 1985 die Möglichkeit eingeräumt worden, sich auf Antrag auch über den 31.12 1984 hinaus weiterhin von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Hiervon hat die Arbeitnehmerin Gebrauch gemacht. Auf ihren Antrag vom 18.12 1984 wurde sie von der KZVK nach § 81 Abs. 6 KZVK-S 1985 über den 1.01.1985 hinaus von der Pflicht zur Versicherung befreit. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Pflicht zur Versicherung bei der VBL nach § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 vor. Die Bestimmung erfordert – anders als von der Revision angenommen – nicht, dass eine Versicherung des Arbeitnehmers hätte übergeleitet werden können. Da die Regelung gerade eine frühere Befreiung von der Zusatzversicherungspflicht voraussetzt, ist ein solches Erfordernis bereits denklogisch ausgeschlossen.

Entgegen der Ansicht der Revision ist die in § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 geregelte Ausnahme von der Versicherungspflicht für diejenigen Arbeitnehmer, die sich trotz grundsätzlicher Versicherungspflicht ab dem 1.01.1985 für die Beibehaltung ihrer bereits zuvor bestehenden Befreiung von derselben entschieden haben, auch wirksam. Die Bestimmung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

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Die Tarifvertragsparteien sind – jedenfalls mittelbar – an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden4. Eine Tarifnorm verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Bei der richterlichen Kontrolle von Tarifverträgen sind die aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG sich ergebenden Einschränkungen zu beachten. Die Tarifvertragsparteien haben, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten oder Rechtsfolgen geht, eine Einschätzungsprärogative sowie einen Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können5.

Danach bewirkt § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitnehmern.

§ 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 schließt diejenigen Arbeitnehmer von der Pflicht zur Versicherung bei der VBL aus, die – wie die Arbeitnehmerin – aufgrund eines eigenen Willensentschlusses von einer nur ihnen zustehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, sich trotz der zum 1.01.1985 auch für sie geltenden Versicherungspflicht in der Zusatzversorgung weiter von dieser befreien zu lassen.

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Durch den 15. Änderungs-TV vom 21.02.1984 zum Versorgungs-TV wurden zum 1.01.1985 die bis dahin in § 6 Abs. 4 Versorgungs-TV 1981 enthaltenen Befreiungsmöglichkeiten von der Versicherungspflicht bei der Zusatzversorgung abgeschafft. Damit bestand seit diesem Zeitpunkt auch für die von dieser Regelung erfassten Arbeitnehmer grundsätzlich eine Versicherungspflicht bei der Zusatzversorgung. Hierzu gehörten auch diejenigen Arbeitnehmer, die – wie die Arbeitnehmerin – aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit waren. Nach der „Übergangsvorschrift gem. § 2 des 15. Änderungs-TV vom 21.02.1984“ im Versorgungs-TV 1985 waren die bis zum 31.12 1984 bereits befreiten Arbeitnehmer weiterhin nicht zu versichern, wenn sie dies bis zum 30.06.1985 schriftlich beantragten; machten die Arbeitnehmer von diesem Antragsrecht Gebrauch, war die Befreiung von der Pflicht zur Versicherung endgültig. Für die KZVK wurden diese tariflichen Regelungen durch § 81 Abs. 6 KZVK-S 1985 umgesetzt. Aufgrund dieser Bestimmungen erhielten die im Sinne einer Versicherungsfreiheit bereits bislang privilegierten Arbeitnehmer das Recht, sich trotz an sich bestehender Versicherungspflicht abschließend gegen diese zu entscheiden. Der Ausschluss von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 beruht damit auf einer von den Arbeitnehmern selbst getroffenen Entscheidung.

Entgegen der Rechtsauffassung der Revision begegnet § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 nicht deshalb Bedenken, weil er Arbeitnehmer von einer Versicherung bei der VBL ausschließt, die zuvor durch eine andere Zusatzversorgungseinrichtung von der Pflicht zur Zusatzversicherung befreit wurden. Die Regelung erfasst nur Zusatzversorgungseinrichtungen, mit denen die VBL ein Überleitungsabkommen abgeschlossen hat. Damit haben die Tarifvertragsparteien dem Umstand Rechnung getragen, dass die durch Überleitungsabkommen verbundenen Zusatzversorgungskassen den Arbeitnehmern bei einem Wechsel des Arbeitgebers und einem dadurch bedingten Wechsel der zuständigen Zusatzversorgungseinrichtung eine einheitliche Versorgung gewähren.

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Die Zusatzversorgungseinrichtungen, die ein Überleitungsabkommen geschlossen haben, müssen die Versicherung eines von einer Zusatzversorgungskasse zu einer anderen Einrichtung wechselnden Arbeitnehmers übernehmen und weiterführen. Sie gilt damit als Versicherung der annehmenden Kasse. Dementsprechend waren bis zur Ablösung des Gesamtversorgungssystems der VBL zum 1.01.2001 nach ihren bis dahin geltenden Satzungsbestimmungen die bei der vorherigen Zusatzversorgungskasse und damit im früheren Arbeitsverhältnis erbrachten Beschäftigungszeiten als gesamtversorgungsfähige Zeit zu berücksichtigen. Im Rahmen des seit dieser Zeit geltenden sog. Punktemodells ist das für den Beschäftigten gebildete Versorgungskonto, auf dem die jeweils zum Ende eines Kalenderjahres festgestellten Versorgungspunkte gutgeschrieben werden, fortzuführen. Um die Einheitlichkeit der Versorgung zu gewährleisten, sind die Arbeitnehmer, die zuvor bei einer anderen Zusatzversorgungseinrichtung versichert waren, mit der ein Überleitungsabkommen besteht, nach § 10 Versorgungs-TV 1988 grundsätzlich verpflichtet, die Überleitung ihrer dortigen Versicherung zur VBL zu beantragen. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, Arbeitnehmer nach § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 von der Pflicht zur Versicherung bei der VBL auszunehmen, wenn sie sich bei einer durch Überleitungsabkommen verbundenen Zusatzversorgungskasse gegen die Versicherungspflicht in der Zusatzversorgung entschieden haben.

Arbeitnehmer, die – wie die Arbeitnehmerin – unter § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 fallen, werden durch die Regelung daher nicht gegenüber einer vergleichbaren Gruppe von Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt.

Arbeitnehmer, die nach den tariflichen oder satzungsrechtlichen Bestimmungen nie von der Versicherungspflicht bei der VBL und den mit ihr durch Überleitungsabkommen verbundenen Zusatzversorgungskassen ausgenommen waren, sind bereits deshalb nicht mit den von § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 erfassten Arbeitnehmern vergleichbar, weil sie keine bewusste Entscheidung gegen die Teilnahme an dem nach den VBL-Grundsätzen geregelten Zusatzversorgungssystem getroffen haben. Arbeitnehmer, die sich bei Abschaffung der Ausnahme von der Zusatzversorgungspflicht aufgrund der Versicherung in einem Altersversorgungssystem nach § 7 Abs. 2 AVG zum 1.01.1985 gegen eine weitere Befreiung von der Zusatzversorgung entschieden haben, sind wegen der unterschiedlich getroffenen Entscheidungen nicht vergleichbar. Auch gegenüber Arbeitnehmern, die nach dem 1.01.1985 erstmals ein Arbeitsverhältnis begründet haben, das einer Versicherungspflicht bei der VBL oder einer mit ihr durch Überleitungsabkommen verbundenen Zusatzversorgungskasse unterlag, und deshalb auch dann versicherungspflichtig sind, wenn sie ggf. schon länger einem berufsständischen Versorgungswerk iSd. § 7 Abs. 2 AVG angehörten, liegt keine ungerechtfertigte Benachteiligung vor. Diese Arbeitnehmer haben ebenfalls keine Entscheidung gegen eine Versicherungspflicht im System der verbundenen Zusatzversorgungskassen getroffen und hatten auch keine solche Möglichkeit.

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§ 28 Abs. 2 Buchst. f VBL-S verstößt damit ebenfalls nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Da Grundlage dieser Satzungsregelung die inhaltsgleiche Bestimmung in § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 ist, ist für die hier interessierende Differenzierung in der Satzung die dahinterstehende Vereinbarung der Tarifvertragsparteien maßgeblich6. Diese ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Auch mit dem Inkrafttreten des ATV zum 1.01.2001 änderte sich an der Versicherungsfreiheit der Arbeitnehmerin bei der VBL nichts. Es kann daher dahinstehen, ob sich die Verweisung in § 6 des Arbeitsvertrags der Arbeitnehmerin vom 20.11.1988 ab dem 1.01.2001 auf den ATV bezog.

Nach der Anlage 2 Ziff. 3 ATV sind ua. Beschäftigte, die aufgrund der Satzung einer anderen Zusatzversorgungseinrichtung, von der Versicherungen übergeleitet werden, von der Pflicht zur Versicherung befreit worden sind, weiterhin nicht zu versichern. Die Regelung schließt – wie bereits § 6 Abs. 2 Buchst. f Versorgungs-TV 1988 – in zulässiger Weise diejenigen Arbeitnehmer von der Zusatzversorgung aus, die sich aufgrund einer eigenen, in ihrem Willen liegende Entscheidung gegen eine Versicherungspflicht im System der verbundenen Zusatzversorgungskassen ausgesprochen haben.

Der Arbeitnehmerin steht der begehrte Verschaffungsanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Stadt Bielefeld die Arbeitnehmerin im Zusammenhang mit dem Abschluss ihres Arbeitsvertrags darüber hätte informieren müssen, dass sie nicht bei der VBL versichert ist. Selbst wenn dies zugunsten der Arbeitnehmerin angenommen würde, kann die Arbeitnehmerin von der Arbeitgeberin keine Verschaffung der mit dem Hauptantrag begehrten Zusatzversorgung verlangen. Bei einem Verstoß gegen etwaige Hinweis- oder Informationspflichten hätte die Arbeitnehmerin gegen die Arbeitgeberin nach §§ 280, 249 BGB lediglich einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn sie von der Arbeitgeberin auf die versorgungsrechtliche Rechtslage und damit den Ausschluss von der Versicherungspflicht hingewiesen worden wäre7. Eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, der Arbeitnehmerin die mit dem Hauptantrag begehrte Versorgung zu verschaffen, ergibt sich hieraus nicht.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. August 2015 – 3 AZR 508/13

  1. BGBl. I S. 1310[]
  2. vgl. etwa BAG 10.02.2015 – 3 AZR 65/14, Rn. 26 mwN[]
  3. vgl. etwa BAG 10.02.2015 – 3 AZR 65/14, Rn. 27 mwN[]
  4. dazu ausführlich BAG 27.05.2004 – 6 AZR 129/03, zu B II der Gründe, BAGE 111, 8[]
  5. vgl. BAG 12.11.2013 – 3 AZR 92/12, Rn. 55 mwN[]
  6. vgl. BVerfG 18.04.2008 – 1 BvR 759/05, Rn. 57, BVerfGK 13, 455[]
  7. vgl. BAG 11.12 2001 – 3 AZR 339/00, zu I der Gründe[]