Arbeitgeber und Betriebsrat haben bei Regelungen über die Dienstkleidung in einer Betriebsvereinbarung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

Die Ausgestaltung von Dienstkleidungsvorschriften berührt das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb und unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, wenn die Dienstkleidung dazu dient, das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens zu fördern1. Dies gilt gleichermaßen für das durch § 77 Abs. 1 Nr. 1 TV PV begründete gleichlautende Mitbestimmungsrecht der Personalvertretungen des fliegenden Personals.
Nach § 68 TV PV haben die Personalvertretung und die Arbeitgeberin bei Betriebsvereinbarungen den personalvertretungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 68 TV PV zu beachten. Dieser auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt2. Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Pflichten vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck3. Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten4.
Nach diesen Grundsätzen ist die nur für Piloten geltende Pflicht, in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich eine Cockpit-Mütze zu tragen, gemessen am Normzweck der Betriebsvereinbarung (BV 2004) nicht gerechtfertigt. Die darauf bezogene Regelung des § 4 (2.4) BV 2004 ist unwirksam.
Die BV 2004 verfolgt das Ziel, die Mitarbeiter des fliegenden Personals in der Öffentlichkeit und insbesondere gegenüber Kunden der Beklagten als Repräsentanten des Unternehmens kenntlich zu machen (§ 1 Satz 4 BV 2004). Nach § 1 Satz 1 und Satz 2 BV 2004 ist die uniformähnliche Dienstbekleidung ein wesentliches Element des von der Beklagten angestrebten einheitlichen Erscheinungsbilds ihrer Flugzeugbesatzungen. Zu diesem Zweck werden in der BV 2004 Aussehen und Bestandteile der Dienstbekleidung des fliegenden Personals festgelegt (§§ 4, 5 BV 2004) und eine allgemeine Tragepflicht während des Flugeinsatzes (§ 3 (1) Satz 1 BV 2004) angeordnet. Die Zuordnung der Uniformträger zu den Angehörigen des fliegenden Personals der Beklagten wird nach der Einschätzung der Betriebsparteien durch die während des Flugeinsatzes von der Öffentlichkeit unschwer wahrzunehmenden Kleidungsstücken bestimmt.
Die in der BV 2004 vorgenommene Gruppenbildung bewirkt eine unmittelbare personenbezogene Ungleichbehandlung zwischen den männlichen und weiblichen Cockpitmitgliedern.
In Bezug auf die Ausgestaltung der während eines Flugeinsatzes anzulegenden Uniformteile unterscheidet die BV 2004 zwischen dem Cockpit- und dem Kabinenpersonal. Innerhalb dieser Beschäftigtengruppen ist die Dienstbekleidung für Frauen und Männer jeweils unterschiedlich ausgestaltet. Für die männlichen Cockpitmitglieder gehört die Cockpit-Mütze zur Uniform, die in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich zu tragen ist (§ 4 (2.4) BV 2004). Für Pilotinnen bestimmt § 4 (1.4)) BV 2004, dass die Cockpit-Mütze nicht zur vollständigen Uniform gehört. Das Tragen einer solchen Kopfbedeckung ist ihnen freigestellt.
Die nur Piloten betreffende Pflicht zum Tragen der Cockpit-Mütze (§ 4 (2.4) BV 2004) ist nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte hat sich hierzu auf das klassische Pilotenbild und die Frisurgestaltung weiblicher Cockpitmitglieder berufen. Gemessen an dem Regelungszweck der BV 2004 sind beide Gründe nicht geeignet, die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Die Beklagte hat im Ausgangspunkt zutreffend darauf hingewiesen, dass Flugzeugführer in der Öffentlichkeit regelmäßig nur als solche wahrgenommen werden, wenn sie eine Cockpit-Mütze tragen. Die verbleibenden Uniformteile ermöglichen zwar die Zuordnung zum fliegenden Personal, nicht aber die von der Beklagten gewünschte Unterscheidung zwischen ihrem Cockpit- und Kabinenpersonal. Die Zuordnung von Pilotinnen zu den Flugzeugführern der Beklagten kann daher ebenfalls ohne das Anlegen einer repräsentativen Kopfbedeckung nicht erreicht werden. Dass auch die Frisurgestaltung von Pilotinnen einer solchen Tragepflicht grundsätzlich nicht entgegensteht, belegt schon die entsprechende Regelung für die weiblichen Mitglieder des Kabinenpersonals. Dieses kann zwar außerhalb des Flugzeugs einen Hut tragen, ist aber nach § 5 (1.7) Satz 4 BV 2004 gehalten, ihre Frisur „in Klassik und Eleganz“ dem Hut anzupassen.
Rechtsfolge des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 68 Abs. 1 TV PV ist die Unwirksamkeit von § 4 (2.4) BV 2004. Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Cockpit-Mütze in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich zu tragen.
Danach bedarf es keiner Entscheidung, ob die in der BV 2004 vorgenommene Gruppenbildung bei der Tragepflicht einer Kopfbedeckung auch gegen das Verbot der unterschiedlichen Behandlung wegen des Geschlechts (§ 68 TV PV iVm. § 7 Abs. 1 AGG) verstößt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. September 2014 – 1 AZR 1083/12