Diskriminierung bei der Stellenbesetzung wegen vermuteter Behinderung

Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG ist die Benachteiligung eines Beschäftigten auch dann untersagt, wenn der Benachteiligende ein Diskriminierungsmerkmal nur annimmt. Die in einem Bewerbungsgespräch gestellten Fragen nach näher bezeichneten gesundheitlichen Beeinträchtigungen können auf die Nachfrage, ob eine Behinderung vorliege, schließen lassen.

Diskriminierung bei der Stellenbesetzung wegen vermuteter Behinderung

In einem jetzt vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschiedenen Rechtsstreit ist der Beklagte Arzt und Inhaber einer in der Forschung und Entwicklung im Medizinbereich tätigen Firma. Er hatte über die Bundesagentur für Arbeit eine Stelle für einen Biologen oder Tierarzt mit akademischem Titel zur Mitarbeit an wissenschaftlichen Studien und in der klinischen Forschung ausgeschrieben. Der Kläger, ein promovierter Diplom-Biologe, hat sich erfolglos darauf beworben. Während eines der Bewerbungsgespräche wurde der Kläger gefragt, ob er psychiatrisch oder psychotherapeutisch behandelt werde und aufgefordert zu unterschreiben, dass dies nicht der Fall sei. Außerdem äußerte der Beklagte, dass bestimmte Anzeichen beim Kläger auf Morbus Bechterew (eine chronisch verlaufende entzündlich-rheumatische Erkrankung) schließen ließen.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben; das Landesarbeitsgericht München hat auf die Berufung des beklagten Arztes die Klage abgewiesen1. Der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe mit seinen Fragen und Äußerungen nur auf das Vorliegen einer Krankheit und nicht einer Behinderung gezielt, ist das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht gefolgt. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Weiterlesen:
Sonderkündigungsschutz einem schwerbehinderten Menschen Gleichgestellter

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08

  1. LAG München, Urteil vom 08.07.2008 – 8 Sa 112/08[]