Verweigern Beschäftigte die Arbeit, weil der Arbeitgeber einem – unberechtigten – Kündigungsverlangen nicht nachkommt, ist eine Kündigung des Betroffenen nicht als sog. „echte“ Druckkündigung sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber den Druck und die dadurch drohenden wirtschaftlichen Nachteile nicht zumindest dadurch abzuwehren versucht, dass er die Beschäftigten auf die Rechtswidrigkeit der Arbeitsniederlegung hinweist und für weitere Zuwiderhandlungen arbeitsrechtliche Maßnahmen in Aussicht stellt.

Das ernstliche Verlangen eines Dritten, der unter Androhung von Nachteilen vom Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers fordert, kann auch dann einen Grund zur Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bilden, wenn es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung fehlt. Allerdings unterliegt eine solche „echte“ Druckkündigung strengen Anforderungen. Insbesondere darf der Arbeitgeber einem Kündigungsverlangen seitens der Belegschaft oder eines Teils seiner Mitarbeiter nicht ohne Weiteres nachgeben. Er hat sich vielmehr schützend vor den Betroffenen zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen1. Diese Pflicht verlangt vom Arbeitgeber ein aktives Handeln, das darauf gerichtet ist, den Druck abzuwehren2. Nur wenn trotz solcher Bemühungen die Verwirklichung der Drohung in Aussicht gestellt wird und dem Arbeitgeber dadurch schwere wirtschaftliche Nachteile drohen, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden3.
Unter Anwendung dieser Grundsätze lagen in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall die Voraussetzungen einer „echten“ Druckkündigung nicht vor. Die Arbeitgeberin hat bereits nach ihrem eigenen Vorbringen nicht in ausreichender Weise versucht, den auf sie ausgeübten Druck anders als durch die streitgegenständliche Kündigung abzuwehren. Diese war daher durch die Drucksituation nicht iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG „bedingt“.
Die Arbeitgeberin hat sich nicht darauf berufen, es hätten Arbeitnehmer mit einer Eigenkündigung oder Kunden mit Auftragskündigungen gedroht. Die Drohung von großen Teilen ihrer Belegschaft habe vielmehr darin bestanden, bei einer Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers (erneut) die Arbeit niederzulegen. Auch eine solche Druckausübung kann zwar, wenn durch sie schwere wirtschaftliche Schäden drohen, grundsätzlich geeignet sein, eine „echte“ Druckkündigung zu rechtfertigen. Voraussetzung dafür ist aber auch in einer solchen Konstellation, dass der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare getan hat, um den Druck anderweitig als durch die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers abzuwenden. Dafür stehen ihm bei einer Drohung mit Arbeitsniederlegungen andere Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung als bei einer Drohung mit Eigen- oder Auftragskündigungen. Arbeitnehmer, die die Arbeit verweigern, weil der Arbeitgeber einem – unberechtigten – Kündigungsverlangen nicht nachkommt, verletzen ihre arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten. Es ist dem Arbeitgeber stets zumutbar, sie darauf hinzuweisen, dass ihr Verhalten einen schwer wiegenden, nach Abmahnung ggf. zur Kündigung berechtigenden Vertragsbruch darstellt und dass ihnen für die ausfallende Arbeit kein Entgelt zusteht. Ein solcher Hinweis ist zur Abwendung des Drucks nicht ungeeignet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmer schon dadurch veranlasst werden, ihre Weigerungshaltung zu überdenken. Jedenfalls kann ohne eine entsprechende Klarstellung des Arbeitgebers nicht davon ausgegangen werden, die Mitarbeiter seien zu weiteren Arbeitsniederlegungen selbst um den Preis finanzieller Einbußen und rechtlicher Nachteile für den Bestand ihrer eigenen Arbeitsverhältnisse bereit.
Besondere Anforderungen an das dem Arbeitgeber zumutbare Verhalten, die Belegschaft anders als durch die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers von ihrer Drohung abzubringen, bestehen zudem dann, wenn der Arbeitgeber bereits unwirksam gekündigt hat und der Arbeitnehmer nach erfolgreichem Kündigungsschutzprozess wieder beschäftigt werden soll. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall gehalten, dem aufgrund der vorausgegangenen Kündigung möglichen subjektiven Eindruck der weiter eine Entlassung fordernden Mitarbeiter entgegenzuwirken, eine Druckausübung komme ihm „gerade recht“, um doch noch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Anderenfalls könnten sich die Mitarbeiter in ihrem Entlassungsverlangen und in ihrer Bereitschaft, diesem durch den Einsatz von Druck zum Erfolg zu verhelfen, noch bestärkt fühlen. Der Arbeitgeber muss deshalb auch dem Kündigungsverlangen als solchem entgegengetreten. Er muss deutlich machen, dass es für eine Entlassung keinen Grund gibt und dass aus seiner Sicht eine Entlassung ohne das Vorliegen objektiv geeigneter Kündigungsgründe ausgeschlossen ist4.
Diese Obliegenheiten entfallen nicht etwa dann, wenn Anlass für die Druckausübung eine als moralisch besonders verwerflich empfundene Straftat des Arbeitnehmers ist, die jedoch keinerlei Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit hat. Der Arbeitgeber ist auch in einem solchen Fall gehalten, dem möglichen Eindruck entgegen zu wirken, er habe für das Entlassungsverlangen Verständnis. Nicht nur die Arbeitgeberin, sondern auch die betriebsangehörigen Arbeitnehmer haben die gerichtlichen Entscheidungen zu respektieren, wonach eine arbeitsrechtliche Sanktion der vom Arbeitnehmer begangenen Straftat ausgeschlossen ist. Ein darauf gestütztes Entlassungsverlangen ist daher weder „legitim“ noch gar „objektiv gerechtfertigt“.
Danach hat die Arbeitgeberin nach ihrem eigenen Vorbringen nicht alles Zumutbare unternommen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen.
Die Weigerung ihrer Arbeitnehmer, die Arbeit aufzunehmen, solange der Arbeitnehmer das Gelände des Containerterminals nicht verlassen habe, war rechtswidrig. Nach dem Vortrag der Arbeitgeberin haben ihre Repräsentanten die Arbeitnehmer zwar wiederholt gebeten und aufgefordert, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie haben es aber unterlassen, sie auf die Rechtswidrigkeit der Arbeitsniederlegungen hinzuweisen und ihnen für weitere Zuwiderhandlungen arbeitsrechtliche Maßnahmen in Aussicht zu stellen. Die Arbeitgeberin hat insbesondere nicht in der gebotenen Weise dem möglichen Eindruck entgegengewirkt, sie lasse es selbst Mitarbeitern mit Vorbildfunktion „durchgehen“, sich offen vertragsbrüchig zu verhalten. Gegenüber den die Arbeit ebenfalls verweigernden und ihr gegenüber zu besonderer Loyalität verpflichteten Führungskräften hätte sie eindeutig klarstellen müssen, dass sie gerade auch deren Verhalten nicht billige und sich vorbehalte, darauf zumindest mit einer Entgeltkürzung arbeitsrechtlich zu reagieren. Die allein mit dem Hinweis auf die gerichtlichen Entscheidungen begründete Arbeitsaufforderung konnte sowohl die Führungskräfte als auch die übrige Belegschaft in ihrem Glauben bestätigen, es handele sich letztlich um eine „legitime“ Druckausübung, der die Arbeitgeberin nicht ernsthaft entgegentreten würde. Die Arbeitgeberin hätte überdies klarstellen müssen, dass eine Kündigung mangels objektiv geeigneter Kündigungsgründe ausgeschlossen und sie nicht bereit war, der rechtswidrigen Druckausübung der die Arbeit verweigernden Belegschaft nachzugeben. Auch dem ist sie schon nach ihrem eigenen Vorbringen nicht nachgekommen.
Da die Arbeitgeberin gegenüber den die Arbeit verweigernden Arbeitnehmern weder auf die Rechtswidrigkeit von deren Handeln hingewiesen noch ihnen konkrete arbeitsrechtliche Sanktionen angedroht hat und auch ihrem Kündigungsverlangen nicht ausdrücklich entgegen getreten ist, muss nicht entschieden werden, ob und unter welchen Voraussetzungen es einem Arbeitgeber zumutbar ist, die gegenüber den die Arbeit verweigernden Mitarbeitern in Aussicht gestellten Maßnahmen tatsächlich umzusetzen. Allerdings könnte dem nicht mit der Erwägung des Landesarbeitsgerichts begegnet werden, der Arbeitgeber dürfe solche Sanktionen unter Berücksichtigung vermeintlich berechtigter Interessen der Belegschaft für ungeeignet halten. Es gibt kein berechtigtes Interesse an einer rechtswidrigen Arbeitsniederlegung. Der Arbeitgeber hat – entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts – auch kein Ermessen bei der Beurteilung, welche Versuche zur Druckabwendung ihm zumutbar sind. Dies bestimmt sich vielmehr, wenn auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, objektiv. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Arbeitgeberin habe „glaubhaft dargelegt“, die Weigerungshaltung „der Belegschaft“ sei derart massiv und nachhaltig gewesen, dass der Ausspruch von Abmahnungen in der fraglichen Situation nicht als geeignetes Mittel erschienen sei, greift insofern zu kurz. Zwar mag es im Rahmen tatrichterlicher Würdigung liegen, ob der Ausspruch von Abmahnungen unmittelbar in der „aufgeheizten“ Situation anlässlich der Arbeitsantritte des Arbeitnehmers keinen Effekt gehabt hätte. Damit ist aber nicht gesagt, wie massiv und nachhaltig die Weigerungshaltung gewesen wäre, wenn die Arbeitgeberin den die Arbeit verweigernden Arbeitnehmern schon im Vorfeld des zweiten Arbeitsantritts des Arbeitnehmers Abmahnungen wegen der vorhergegangenen Arbeitsverweigerung angedroht oder ausgesprochen und/oder Entgeltkürzungen angedroht und/oder vorgenommen hätte.
Nicht konkret berufen hat sich die Arbeitgeberin darauf, inwiefern ihr wirtschaftliche Schäden gerade auch infolge der Arbeitsniederlegung von Mitarbeitern anderer auf dem Gelände tätiger Firmen entstanden sind bzw. künftig zu erwarten gewesen seien. Es kommt daher nicht darauf an, welche anderen zumutbaren Reaktionsmöglichkeiten als eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers ihr diesbezüglich zur Verfügung gestanden hätten. In Betracht käme etwa, bei den für den Arbeitseinsatz verantwortlichen Repräsentanten der Drittfirmen eine Einwirkung auf ihre Arbeitnehmer anzumahnen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 2 AZR 431/15