Für die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin nach § 16 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der AWO in den TV AWO NRW und zur Regelung des Übergangsrechts vom 05.01.2008 (TV‑Ü AWO NRW) ist der § 22 des Bundesmanteltarifvertrags für die Arbeiterwohlfahrt vom 01.11.1977 (BMT-AW II) einschließlich des Tarifvertrags über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II vom 01.11.1997 (TV TM AWO) maßgebend.

Damit erfolgt die Eingruppierung der Betreuungsassistentin anhand der Tätigkeitsmerkmale des TV TM AWO. Eine Entgeltordnung zum TV AWO NRW ist bislang nicht in Kraft getreten. Die Übergangsregelungen, nach denen die bisherigen Eingruppierungsvorschriften maßgebend sind, gelten daher nicht nur für übergeleitete Beschäftigte, sondern grundsätzlich auch für solche, die wie die Betreuungsassistentin nach dem 1.01.2008 neu eingestellt wurden (§ 16 Abs. 1 Satz 2 TV‑Ü AWO NRW).
Die Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 2 TV‑Ü AWO NRW, wonach dies für ab dem 1.01.2008 in die Entgeltgruppe 1 neu eingestellte Beschäftigte nicht gilt, greift nicht. Die Betreuungsassistentin hat keine der in der Entgeltgruppe 1 TV AWO NRW aufgeführten oder mit ihnen vergleichbaren einfachen Tätigkeiten auszuüben.
Die Vergütungsgruppen des TV TM AWO werden nach § 16 Abs. 7 TV‑Ü AWO NRW gemäß dessen Anlage 2 bzw. für die Beschäftigten im Pflegedienst gemäß dessen Anlage 31 den Entgeltgruppen des TV AWO NRW zugeordnet.
Die Betreuungsassistentin ist in keiner Vergütungsgruppe des Tarifvertrags über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II eingruppiert, die zu einer Zuordnung in die Entgeltgruppe 2 TV AWO NRW führte. Sie erfüllt vielmehr die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. VIII Fallgr. 2 TV TM AWO, was zu einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 3 TV AWO NRW führt.
Nach § 22 Abs. 2 BMT-AW II ist – ebenso wie bei § 22 Abs. 2 BAT – die zentrale Kategorie der Eingruppierung der Arbeitsvorgang. Das Landesarbeitsgericht hat es zwar unterlassen, Arbeitsvorgänge zu bestimmen. Dies ist jedoch unschädlich, da das Bundesarbeitsgericht die Arbeitsvorgänge der von der Betreuungsassistentin auszuübenden Tätigkeit selbst bestimmen kann, weil hierzu ausreichende Tatsachenfeststellungen vorliegen2. Danach besteht die Tätigkeit der Betreuungsassistentin aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang, dem das Arbeitsergebnis der Aktivierung und Betreuung an Demenz erkrankter Pflegebedürftiger in einer Tagespflegeeinrichtung zugrunde liegt.
Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BMT-AW II sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Arbeitnehmers, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist hiernach das Arbeitsergebnis3. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Wiederkehrende, gleichartige und gleichwertige Bearbeitungen können zusammengefasst werden; nicht zusammengefasst werden können jedoch Bearbeitungen, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Letzteres gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vorneherein – sei es aufgrund der Schwierigkeit oder anderer Umstände – auseinandergehalten werden können und voneinander getrennt sind. Dafür reicht jedoch nicht die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist4.
Ausgehend davon handelt es sich bei der von der Betreuungsassistentin auszuübenden Tätigkeit um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Das diesem zugrunde liegende (einheitliche) Arbeitsergebnis ist die Aktivierung und Betreuung an Demenz erkrankter Pflegebedürftiger in einer Tagespflegeeinrichtung. Damit ist nicht jede auf dieses Arbeitsergebnis gerichtete Einzeltätigkeit ein eigenständiger Arbeitsvorgang. Anderenfalls käme es zu einer tarifwidrigen Atomisierung solcher Tätigkeiten5. Ebenso wenig bildet die Betreuung jedes einzelnen Pflegebedürftigen einen eigenständigen Arbeitsvorgang, da der der Betreuungsassistentin zur Betreuung zugewiesene Personenkreis (an Demenz erkrankte Pflegebedürftige) einheitlich bestimmt ist6. Etwaige im Rahmen der Durchführung der Aktivierungs- und Betreuungstätigkeiten unaufschiebbar und unmittelbar erforderlich werdende grundpflegerische oder hauswirtschaftliche Tätigkeiten (vgl. § 2 Abs. 4 Betreuungskräfte-RL) sind als Zusammenhangstätigkeiten anzusehen. Dies wird auch von keinem der Beteiligten anders gesehen.
Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Tätigkeit der Betreuungsassistentin keines der Tätigkeitsmerkmale in Teil II des TV TM AWO, der ausweislich seiner Überschrift Tätigkeitsmerkmale „für Angestellte im Pflegedienst“ enthält, erfüllt. Hiervon gehen auch die Beteiligten aus.
Für den Abschnitt A („… in Krankenanstalten“) folgt dies bereits daraus, dass die Tagespflegeeinrichtung, in der die Mitarbeiterin W tätig ist, nicht unter den Geltungsbereich dieses Abschnitts fällt, da der Zweck dieser Einrichtung nicht in der Behandlung von Krankheiten liegt, sondern in der Betreuung von alten, gebrechlichen oder sonstigen hilfsbedürftigen Menschen.
Auch der Abschnitt B („… in Anstalten und Heimen“) ist nicht einschlägig. Diese Einrichtungen dienen ausweislich des Einleitungssatzes der Förderung der Gesundheit, der Erziehung, Fürsorge und Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der Fürsorge und Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen. Dazu gehören zwar auch die Arbeitnehmer in Anstalten, in denen die betreuten Personen nicht regelmäßig behandelt und beaufsichtigt werden. Voraussetzung ist aber die Zuordnung zum Pflegepersonal. Dies ist bei der Betreuungsassistentin zu verneinen. Sie ist weder Pflegehelferin noch Altenpflegehelferin mit entsprechender Tätigkeit (Fallgruppen 1 und 2 der VergGr. AW-KrT I TV TM AWO) und erst recht nicht mit einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlussprüfung (Fallgruppen 2 und 4 der VergGr. AW-KrT II TV TM AWO).
Auch eine Zuordnung der Tätigkeit der Betreuungsassistentin zum Abschnitt C scheidet aus, weil die Tagespflegeeinrichtung, in der sie tätig ist, nicht unter dessen Geltungsbereich fällt.
In diesem Abschnitt finden sich Tätigkeitsmerkmale für das Pflegepersonal, das in ambulanten Sozial- und Gesundheitsdiensten eingesetzt wird (Einleitungssatz zu Abschnitt C). Nach § 71 Abs. 1 SGB XI sind ambulante Pflegeeinrichtungen selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Ambulante Pflege ist demnach Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung in der Wohnung des Pflegebedürftigen und nicht etwa in einer – wie hier – Einrichtung, was im Übrigen auch dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht7. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien ein davon abweichendes Verständnis hatten, ist nichts ersichtlich.
Dementsprechend scheidet auch die von dem Arbeitgeber vorgesehene Zuordnung der Betreuungsassistentin zum Teil I Abschnitt B Unterabschn. 2 („Ambulante Sozial- und Gesundheitsdienste“) des TV TM AWO aus.
Die Tätigkeit der Betreuungsassistentin erfüllt jedoch – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. VIII Fallgr. 2 Alt. 1 in Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 („Sozial- und Erziehungsdienst“) des TV TM AWO.
Unter Beachtung dieser Tarifregelungen scheidet ein Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IXa TM TV AWO, das zu einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 2 TV AWO NRW führen würde, aus. Die Tätigkeit der Betreuungsassistentin als Betreuungskraft erfüllt vielmehr die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Fallgruppe 2 zu VergGr. VIII TV TM AWO.
Mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Tätigkeit der Betreuungsassistentin als Betreuungsassistentin in der Tagespflege für demenzkranke Menschen eine Tätigkeit im Sozialdienst iSd. Fallgruppe 2 zu VergGr. VIII TV TM AWO ist.
Sozialdienst ist eine institutionalisierte Hilfe für hilfebedürftige Menschen. Dies beinhaltet nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch die Hilfe für Menschen, die aufgrund von Krankheit oder wegen Alters hilfebedürftig sind. So sind dem entsprechenden Teil I Abschnitt B TV TM AWO mehrere entsprechende Tätigkeiten und Institutionen zugeordnet, zB „Stationäre und Teilstationäre Einrichtungen der Altenhilfe“ (hinsichtlich hier nicht einschlägiger Leitungsfunktionen) und „Betreuer von Maßnahmen der Altenerholung“. Dafür dass auch die Betreuung von erwachsenen hilfebedürftigen Menschen, also auch demenzkranken Pflegebedürftigen, eine Tätigkeit im Sozial- und Erziehungsdienst iSd. VergGr. VIII Fallgr. 2 Alt. 1 in Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 TV TM AWO ist, spricht auch die ua. dazu ergangene Protokollnotiz Nr. 03. Die in dieser Protokollnotiz aufgeführten Einrichtungen für Behinderte iSd. § 39 BSHG oder Obdachlose sind lediglich beispielhaft genannt und nicht abschließend. Lediglich für das Pflegepersonal haben die Tarifvertragsparteien in Teil II des TV TM AWO besondere Tätigkeitsmerkmale geschaffen.
Die Betreuungsassistentin ist eine Angestellte als Helferin im Sozial- und Erziehungsdienst.
Dieses in der Fallgruppe 2 zu VergGr. IXa TV TM AWO geregelte Tätigkeitsmerkmal hat eine Auffangfunktion und greift ein, wenn – wie hier – für einzelne Tätigkeiten im Sozial- und Erziehungsdienst kein spezielles Merkmal zur Anwendung kommt und eine Zuordnung zu den allgemeinen Merkmalen für Kinderpflegerinnen, Erzieher und Sozialarbeiter/Sozialpädagogen nicht erfolgen kann8. Helfer im Sozial- und Erziehungsdienst ist danach ein Mitarbeiter, der keine der in den übrigen Tätigkeitsmerkmalen geforderte Berufsausbildung, staatliche Anerkennung oder Prüfung vorzuweisen oder – in Abgrenzung zu den „sonstigen Angestellten“ – gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen hat und der dementsprechend im Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes eine fachlich einfache und unterstützende oder ergänzende Arbeit leistet. Nicht hingegen ist erforderlich, dass der „Angestellte als Helfer“ iSd. VergGr. VIII Fallgr. 2 Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 TV TM AWO eine Tätigkeit unter Anleitung ausübt. Eine solche Spezifizierung weist der TV TM AWO an anderer Stelle eindeutig aus, wenn er beispielsweise bei der VergGr. IXb Fallgr. 1 Teil I Abschnitt B Unterabschn. 2 TV TM AWO ausdrücklich die einschränkende Voraussetzung einer Tätigkeit als Helfer „unter Anleitung“ regelt.
Die Betreuungsassistentin leistet als Betreuungsassistentin in Bezug auf die Hilfe für an Demenz erkrankte, pflegebedürftige Personen eine ergänzende Arbeit, indem sie mit diesen Personen Alltagsaktivitäten ausführt wie Malen und Basteln, handwerkliche Arbeiten und leichte Gartenarbeiten, Kochen und Backen, Anfertigen von Erinnerungsalben oder Ordnern, Musik hören, Musizieren und Singen, Spielen von Brett- und Kartenspielen, Spaziergänge und Ausflüge, Bewegungsübungen und Tanzen in der Gruppe sowie Lesen und Vorlesen. Diese – hinsichtlich der fachlichen Anforderungen – einfachen Tätigkeiten, ergänzen die Tätigkeiten des Pflegepersonals, dessen Aufgabe die Beratung, Betreuung, Versorgung und Pflege der pflegebedürftigen Menschen ist. Die Tätigkeit der Betreuungsassistentin besteht gerade in einer über die Betreuung durch die Pflegekräfte hinausgehenden, zusätzlichen Betreuung. Dies entspricht auch der Zielsetzung der Betreuungskräfte-RL, wonach „durch mehr Zuwendung, zusätzliche Betreuung und Aktivierung“ die Lebensqualität der Pflegebedürftigen verbessert werden soll.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiterhin erkannt, dass die in § 4 Betreuungskräfte-RL geregelte und von der Betreuungsassistentin erworbene Qualifikation eine für ihre Tätigkeit förderliche Ausbildung iSd. VergGr. VIII Fallgr. 2 Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 TV TM AWO ist.
Eine für die Tätigkeit förderliche Ausbildung im tariflichen Sinne beinhaltet die organisierte Vermittlung von zusätzlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, die der Qualität der ausgeübten Tätigkeit zugute kommt und nicht nur von völlig untergeordneter Bedeutung ist. Formelle Anforderungen an diese Ausbildung, wie etwa eine Mindestdauer oder einen Abschluss, setzt der Tarifvertrag nicht voraus.
Unter dem Begriff der „Ausbildung“ wird die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten verstanden, die für eine bestimmte Tätigkeit oder Aufgaben Voraussetzung sind9. Indem die Tarifvertragsparteien eine „Ausbildung“ voraussetzen, machen sie deutlich, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine ausbildende Stelle in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden müssen10.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass das Merkmal der Ausbildung – entgegen der Auffassung des Arbeitgebers – weder eine Abschlussprüfung noch eine bestimmte Mindestdauer verlangt. Ebenso wenig erfordert das Tätigkeitsmerkmal eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Vielmehr ist jede für die auszuübende Tätigkeit förderliche Ausbildung ausreichend, die sowohl in der zeitlichen Dauer als auch inhaltlich von einigem Gewicht ist11.
Hinsichtlich der Dauer der Ausbildung sieht das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VIII Fallgr. 2 TV TM AWO keine bestimmte Mindestdauer vor. Es beschreibt auch nicht deren Inhalt in einer Weise, aus der sich ein Rückschluss auf eine bestimmte Mindestdauer ziehen ließe.
Auch hinsichtlich Art und Güte sowie des näheren Inhalts der Ausbildung haben die Tarifvertragsparteien – über das Merkmal der Förderlichkeit hinaus – keine weiteren Mindestanforderungen formuliert. Ein Vergleich mit anderen Tätigkeitsmerkmalen des TV TM AWO macht deutlich, dass die Tarifvertragsparteien an anderer Stelle sehr differenzierte Anforderungen an die geforderte Ausbildung oder Prüfung gestellt haben12. So wird zB ausdrücklich eine „abgeschlossene Berufsausbildung“ (VergGr. VII Fallgr. 4 Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 TV TM AWO), eine „staatliche Anerkennung“ oder „staatliche Prüfung“ (VergGr. VIII Fallgr. 1 Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 TV TM AWO), eine „mindestens einjährige Ausbildung“ und eine „verwaltungseigene Abschlußprüfung“ (VergGr. AW-KrT II Fallgr. 2 Teil II Abschnitt B TV TM AWO) oder eine „erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren“ (LohnGr. 4 Fallgr. 1 Teil III TV TM AWO) gefordert. Derartige Spezifizierungen enthält die Anforderung an die förderliche Ausbildung eines Helfers im Sozial- und Erziehungsdienst gerade nicht, so dass daraus geschlossen werden muss, dass die Tarifvertragsparteien weitergehende spezielle Anforderungen nicht stellen.
Die Ausbildung der Betreuungsassistentin erfüllt diese tariflichen Anforderungen.
Bei der Qualifikation zur zusätzlichen Betreuungskraft handelt es sich um eine Ausbildung iSd. tariflichen Regelung und nicht – wie der Arbeitgeber meint – um ein bloßes „Anlernen“. Es ist bereits fraglich, was mit diesem Begriff ausgegrenzt werden soll. Seit der Reform des Berufsbildungsrechts 1969 ist das „Anlernen“ kein im Verhältnis zum Begriff der „Berufsausbildung“ gestufter juristischer Begriff13 mehr. Es kann daher an den allgemeinen Sprachgebrauch angeknüpft werden, der von einer Einweisung in eine bestimmte Tätigkeit oder Fertigkeit ausgeht14. Insoweit ist im konkreten Zusammenhang mit „Anlernen“ letztlich das Einarbeiten in ein bestimmtes berufliches Aufgabenfeld gemeint, das im Betrieb und in der konkret auszuübenden Tätigkeit stattfindet. Die Qualifikation iSd. § 4 Betreuungskräfte-RL ist hingegen eine geordnete formalisierte Maßnahme, bei der – losgelöst von einem konkreten Arbeitsplatz – von einer ausbildenden Stelle – hier: einem externen Anbieter – Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die für die Arbeit als zusätzliche Betreuungskraft Voraussetzung sind. Sie besteht aus drei Modulen (Basiskurs, Betreuungspraktikum und Aufbaukurs) und hat einen Gesamtumfang von mindestens 160 Unterrichtsstunden zuzüglich eines zweiwöchigen Betreuungspraktikums (§ 4 Abs. 3 Betreuungskräfte-RL). Im ersten Modul werden Grundkenntnisse der Kommunikation und Interaktion, über bestimmte Krankheitsbilder, über Pflege und Pflegedokumentation, Hygieneanforderungen sowie Erste Hilfe vermittelt. Das Betreuungspraktikum dient dem Zweck, praktische Erfahrungen auch in der Betreuung von Menschen mit einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz zu sammeln und erfolgt in einer vollstationären oder teilstationären Pflegeeinrichtung unter Anleitung und Begleitung einer in der Pflege und Betreuung erfahrenen Pflegefachkraft. Im dritten Modul werden vertiefte Kenntnisse, Methoden und Techniken über das Verhalten, über die Kommunikation und die Umgangsformen mit betreuungsbedürftigen Menschen vermittelt. Zudem beinhaltet dieses Modul die Vermittlung von Grundkenntnissen des Haftungsrechts, Betreuungsrechts, der Schweigepflicht und des Datenschutzes und zur Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen, Kenntnisse über Hauswirtschaft und Ernährungslehre mit besonderer Beachtung von Diäten und Nahrungsmittelunverträglichkeiten, über Beschäftigungsmöglichkeiten und Freizeitgestaltung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen und/oder mit Demenzerkrankungen, über Bewegung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen und/oder mit Demenz, psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen sowie über Kommunikation und Zusammenarbeit mit den an der Pflege Beteiligten, zB Pflegekräften, Angehörigen und ehrenamtlich Engagierten. Diese Ausbildung ist auch sowohl von der zeitlichen Dauer als auch von der inhaltlichen Gestaltung von einigem Gewicht, wie ein Vergleich mit das BAG-Entscheidung vom 18.06.1997 zeigt, in der eine 28-tägige Ausbildung zur Schwestern-Helferin als in jeder Hinsicht ausreichend gewichtig für die Erfüllung dieser tariflichen Anforderung erachtet wurde15.
Bei der Ausbildung der Betreuungsassistentin zur zusätzlichen Betreuungskraft handelt es sich auch um eine für ihre Tätigkeit „förderliche“ Ausbildung iSd. VergGr. VIII Fallgr. 2 TV TM AWO. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die Ausbildung der Betreuungsassistentin für ihre Tätigkeit nicht nur förderlich, sondern darüber hinaus speziell auf die Arbeit als Betreuungsassistentin zugeschnitten ist und nach dem Vorbringen des Arbeitgebers für einen Einsatz als solche sogar erforderlich ist. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem Merkmal der Förderlichkeit lediglich eine Mindestanforderung an die Ausbildung gestellt. Von diesem Tätigkeitsmerkmal sollen Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst erfasst werden, die zwar keine der in den übrigen Tätigkeitsmerkmalen geforderten Abschlüsse einer Berufsausbildung, einer staatlichen Anerkennung oder einer Prüfung vorzuweisen haben, jedoch zumindest eine für die Tätigkeit förderliche Qualifikation aufweisen können, weil sie entweder eine – allerdings nicht in den anderen Tätigkeitsmerkmalen genannte – Ausbildung absolviert (Alt. 1) oder gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen haben (Alt. 2).
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26. April 2017 – 4 ABR 73/16
- sh. Protokollerklärung zu § 16 Abs. 7 TV‑Ü AWO NRW[↩]
- vgl. st. Rspr., zB BAG 17.06.2015 – 4 AZR 371/13, Rn. 21 mwN[↩]
- st. Rspr., etwa BAG 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, Rn. 24; 25.08.2010 – 4 AZR 5/09, Rn. 22 mwN[↩]
- st. Rspr., zB BAG 22.02.2017 – 4 AZR 514/16, Rn. 34; grdl. 23.09.2009 – 4 AZR 308/08, Rn.20, 24 mwN[↩]
- BAG 20.03.1996 – 4 AZR 1052/94, zu II 2 b der Gründe, BAGE 82, 272[↩]
- vgl. BAG 10.12 2014 – 4 AZR 773/12, Rn. 25 mwN[↩]
- BFH 9.09.2015 – X R 2/13, Rn. 30, BFHE 251, 59[↩]
- Ihlenfeld Eingruppierungsrecht Arbeiterwohlfahrt Rn. 449[↩]
- BAG 24.02.2010 – 4 AZR 657/08, Rn. 51 unter Bezugnahme auf Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 13. Aufl. Stichwort: „Ausbildung“; vgl. auch 18.06.1997 – 4 AZR 747/95, zu II 5.03.1 der Gründe mwN[↩]
- BAG 24.02.2010 – 4 AZR 657/08 – aaO[↩]
- vgl. BAG 18.06.1997 – 4 AZR 747/95, zu II 5.03.4 der Gründe[↩]
- vgl. BAG 17.05.2001 – 8 AZR 277/00, zu II 3 b cc der Gründe[↩]
- vgl. zur Geschichte des „Anlernberufs“ instr. BAG 15.10.1986 – 4 AZR 572/85; 14.12 1994 – 4 AZR 865/93, zu II 5 a der Gründe, BAGE 79, 21[↩]
- vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl.; auch reflexiv: „sich Kenntnisse, Fähigkeiten (oberflächlich) selbst beibringen“; ähnl. Duden Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl.[↩]
- BAG 18.06.1997 – 4 AZR 747/95, zu II 5.03.4 der Gründe[↩]
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