Eingruppierung der Leiterin einer Kindertagesstätte

Die Eingruppierung der Leiterin einer kommunalen Kindertagesstätte erfolgt in Anwendung der Eingruppierungsregelungen des TVöD-BT-V/VKA anhand der durchschnittlichen Belegungszahlen. Dies gilt auch bei der Betreuung behinderter Kinder.

Eingruppierung der Leiterin einer Kindertagesstätte

Bei einem gemeindlichen Kindergarten finden auf das Arbeitsverhältnis der (ebenfalls tariflich gebundenen) Leiterin einer Kindertagesstätte die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst im Bereich der VKA Anwendung. Dabei richtet sich die Eingruppierung von Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst in einer Kindereinrichtung als unselbständiger Teil der Gemeindeverwaltung gemäß § 56 TVöD – Besonderer Teil Verwaltung – (TVöD-BT-V) iVm. der dazugehörigen Anlage (Anlage zum Abschn. VIII Sonderregelungen VKA zu § 56) nach den Merkmalen des Anhangs zur „Anlage C (VKA)“. Abweichend von § 15 Abs. 2 TVöD erhalten diese Beschäftigten ein Entgelt nach Anlage C (VKA), in die sie am 1.11.2009 nach den Vorgaben des § 28a TVÜ-VKA übergeleitet worden sind. Dabei ist, solange der TVöD in den §§ 12 und 13 noch keine eigenen Eingruppierungsregelungen enthält, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA nach wie vor § 22 BAT anzuwenden1.

Im hier entschiedenen Fall erfüllte die Tätigkeit der Kindertagesstättenleiterin die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 15 TVöD-BT-V/VKA nicht. Die von ihr geleitete Kindertagesstätte L zählte im maßgebenden Referenzzeitraum vom 01.10.bis zum 31.12 2009 auch unter Berücksichtigung des Abweichungsspielraums nach Nr. 9 Satz 2 der Protokollerklärung des Anhangs zur Anlage C TVöD-BT-V/VKA mit einer durchschnittlichen Auslastung von 91 Plätzen nicht mehr zu den Kindertagesstätten iSd. Entgeltgruppe S 15 TVöD-BT-V/VKA. Nach den tariflichen Vorgaben2 ist allein die Anzahl der tatsächlich belegten Plätze maßgebend. Eine Mehrfachzählung von Kindern bestimmter Gruppen sieht die Tarifregelung nicht vor.Nach dem Tarifwortlaut knüpft die Entgeltstaffelung bei der Leitung von Kindertagesstätten – wozu nach der Protokollerklärung Nr. 8 des Anhangs zur Anlage C TVöD-BT-V/VKA die Kindertagesstätte in der L ohne Weiteres gehört – ausschließlich an die Zahl der vergebenen Plätze an, zB für die Entgeltgruppe S 15 TVöD-BT-V/VKA an die durchschnittliche Belegung von mindestens 100 Plätzen. Zur Ermittlung dieser Durchschnittsbelegung ist nach der Protokollerklärung Nr. 9 des Anhangs zur Anlage C TVöD-BT-V/VKA für das jeweilige Kalenderjahr die Zahl der gleichzeitig belegbaren Plätze im Referenzzeitraum (1.10.bis 31.12 des vorangegangenen Jahres) heranzuziehen. In der Protokollerklärung Nr. 9 des Anhangs zur Anlage C TVöD-BT-V/VKA haben die Tarifvertragsparteien für die Berechnung die „je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze“ zugrunde gelegt. Mit dieser pauschalierten Betrachtungsweise gehen sie davon aus, dass die Anforderungen an die Leitung einer Kindertagesstätte und damit die tarifliche Wertigkeit der maßgeblichen Tätigkeit steigen, je mehr Kinder in der Einrichtung gleichzeitig betreut werden3. Die Tarifregelung schließt damit aber nicht nur eine Doppelzählung der Plätze aus, die vormittags und nachmittags an andere Kinder vergeben werden, sondern auch eine fiktive, nicht auf die tatsächlich vergebenen Plätze abstellende Berechnung4.

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Diese typisierende und pauschalierende tarifliche Regelung verzichtet im Interesse der Klarheit und Handhabbarkeit der Eingruppierungsregelung darauf, bei der Bestimmung der maßgebenden durchschnittlichen Belegungszahl noch weitere sonstige Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen5. Weitere Kriterien, die sich auf die Eingruppierung der Leitung einer Kindertagesstätte auswirken können, nennt die Tarifnorm nicht6.

Abweichende Bemessungsmaßstäbe aus anderen, nichttariflichen Regelungen ändern an dieser Berechnungsmethode nichts.

Eine mögliche Doppelzählung aufgrund von kommunalen oder landesgesetzlichen Regelungen, die – aus pädagogischen oder anderen Gründen – Mindestanforderungen für eine Personalbemessung einer Kindertagesstätte formulieren und ggf. Kindern unter drei Jahren7 oder Kindern mit Behinderung – wie die Integrationsempfehlung der beklagten Stadt – doppelt berücksichtigen, lässt sich nicht auf die tariflichen Bewertungs- und Berechnungsmaßstäbe übertragen. Die tariflichen Bestimmungen stellen hierauf nicht ab.

Deshalb ist auch eine mögliche Anweisung des Regierungsbezirks S zur Berechnung der Personalbemessung, aufgrund dieser es bei der Betreuung von behinderten Kindern zu einer andern Zählweise kommt, für die tarifliche Bewertung und Eingruppierung unerheblich.

Nach der Protokollerklärung Nr. 9 Satz 3 des Anhangs zur Anlage C TVöD-BT-V/VKA führt eine Unterschreitung aufgrund von Arbeitgeber zu verantworteten Maßnahmen (zB einer „Qualitätsverbesserung“) nicht zu einer Herabgruppierung. Allerdings bleiben nach Satz 4 der Protokollerklärung Nr. 9 des Anhangs zur Anlage C TVöD-BT-V/VKA hiervon organisatorische Maßnahmen infolge demografischer Handlungsnotwendigkeiten unberührt.

Die Kindertagesstättenleiterin hat im vorliegenden Fall jedoch nicht dargetan, dass die Unterschreitung der erforderlichen Durchschnittsbelegung die Folge einer von der Beklagten zu verantworteten Maßnahme, insbesondere einer solchen zur Qualitätsverbesserung, ist. Worin eine solche auf eine Änderung des bestehenden Zustands abzielende und von der Beklagten initiierte Maßnahme liegen soll, lässt sich dem Vortrag der Kindertagesstättenleiterin nicht entnehmen. Allein in der Aufnahme von Kindern mit Behinderungen liegt eine solche Maßnahme nicht.

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Hinzu kommt, dass im Referenzzeitraum durchschnittlich lediglich 91 Plätze belegt waren und die Aufnahme von Kindern mit Behinderungen nicht zu einer Ablehnung weiterer Kinder geführt hat. Auch dies spricht dafür, dass die Beklagte keine konkreten organisatorischen Maßnahmen getroffen hat, um die (durchschnittlichen) Belegungszahlen abzusenken.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. April 2014 – 4 AZR 745/13

  1. vgl. BAG 12.12 2012 – 4 AZR 199/11, Rn. 29 mwN; 11.12 2013 – 4 AZR 493/12, Rn. 12[]
  2. zu den Maßstäben der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags vgl. zB BAG 28.01.2009 – 4 ABR 92/07, Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238[]
  3. BAG 12.12 2012 – 4 AZR 199/11, Rn. 25; 4.04.2001 – 4 AZR 232/00, BAGE 97, 251; 11.12 2013 – 4 AZR 493/12, Rn. 16[]
  4. BAG 11.12 2013 – 4 AZR 493/12, Rn. 15 f.; für die Anzahl betreuter Kinder mit Behinderung vgl. auch BAG 4.04.2001 – 4 AZR 232/00, zu I 4 a der Gründe, aaO[]
  5. BAG 11.12 2013 – 4 AZR 493/12, Rn. 17; vgl. auch 19.03.2003 – 4 AZR 391/02, zu I 1 e aa der Gründe, BAGE 105, 291[]
  6. ausf. BAG 11.12 2013 – 4 AZR 493/12 – aaO; zum Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien BAG 12.12 2012 – 4 AZR 199/11, Rn. 25; 4.04.2001 – 4 AZR 232/00, zu I 8 b der Gründe, BAGE 97, 251[]
  7. vgl. insoweit BAG 11.12 2013 – 4 AZR 493/12, Rn. 18[]
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