Für die Eingruppierung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen im personellen Geltungsbereich des § 11a TVöD-NRW ist nach Nr. 1 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses im Anhang zu Teil A § 11a TVöD-NRW das Tätigkeitsmerkmal maßgebend, dem die auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Damit haben die Tarifvertragsparteien des TVöD-NRW von den ihnen im Anhang zur Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eingeräumten Regelungskompetenzen Gebrauch gemacht. Die Eingruppierungsbestimmungen der §§ 12, 13 TVöD/VKA sind nicht anzuwenden.

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war der klagende Arbeitnehmer zunächst auf Grundlage einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei der beklagten Stadt tätig. In der Zeit vom 10.01.1994 bis zum 28.03.1994 nahm er in diesem Rahmen an einer von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit geförderten beruflichen Bildungsmaßnahme zum Hilfsgärtner in einer Ausbildungsstätte der Stadt erfolgreich teil. Nach einem befristeten Arbeitsverhältnis wurde der Arbeitnehmer mit Arbeitsvertrag vom 14.10.1998 als „Bestattungsgehilfe und Hilfsgärtner“ eingestellt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis „nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW), in ihrer jeweils geltenden Fassung“, sowie die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben sollen „die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung“ finden. Nach einer zwischenzeitlichen Beschäftigung als Krematoriumswärter wird der Arbeitnehmer seit dem 12.05.2003 wieder als Bestattungsgehilfe und Hilfsgärtner auf einem Parkfriedhof der Stadt beschäftigt. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers wurde zunächst der Lohngruppe 3 Abschn. c des Lohngruppenverzeichnisses zu § 4 Abs. 1 des Bezirks-Zusatztarifvertrags zum BMT-G für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW) und ab dem 3.01.2005 der Lohngruppe 4 Abschn. e BZT-G/NRW zugeordnet. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) im Jahr 2005 wurde der Arbeitnehmer in Entgeltgruppe 4 TVöD/VKA übergeleitet und erhielt zuletzt eine Vergütung nach Entgeltgruppe 4 Stufe 6 TVöD/VKA. Im Jahr 2017 hat der Arbeitnehmer eine Höhergruppierung in „Entgeltgruppe 5 TVöD-NRW“ beantragt, die Stadt lehnte dies im März 2018 ab.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Arbeitsgericht hat seiner Eingruppierungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat auf die Berufung der Stadt das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen1. Das Bundesarbeitsgericht sah dies nun ebenso wie zuvor das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und wies die Revision des Arbeitnehmers als unbegründet zurück; die Stadt sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer nach Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA zu vergüten:
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD/VKA, der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) und der TVöD-NRW Anwendung. Der TVöD/VKA hat den BMT-G II am 1.10.2005 abgelöst und ist damit iSd. Bezugnahmeklausel an dessen Stelle getreten2. Bei dem TVÜ-VKA handelt es sich um einen weiteren, für den Bereich der Stadt „in Kraft befindlichen“ Tarifvertrag. Weiterhin hat der TVöD-NRW ab dem 1.01.2007 den BZT-G/NRW abgelöst. Nach § 11 TVöD-NRW ersetzt dieser Tarifvertrag im Geltungsbereich der Besonderen Teile Verwaltung, Entsorgung und Flughäfen die bisherigen landesbezirklichen Regelungen ua. zum BMT-G.
Für die Eingruppierung des Arbeitnehmers sind seit dem 1.01.2017 allein die Regelungen des § 11a TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis maßgebend.
Nach § 11a Satz 2 TVöD-NRW gilt für die Beschäftigten iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA, die von den Besonderen Teilen Verwaltung, Entsorgung und Flughäfen des TVöD erfasst werden und in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen stehen, das Eingruppierungsverzeichnis im Anhang zu Teil A § 11a TVöD-NRW. Für ihre Überleitung gilt Abschnitt IVb TVÜ-VKA entsprechend (§ 11a Satz 3 TVöD-NRW).
Der Arbeitnehmer ist Beschäftigter iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA, da seine Tätigkeit – unabhängig davon, ob es sich um diejenige eines Bestattungsgehilfen oder eines Hilfsgärtners handelt – vor dem 1.01.2005 der Rentenversicherung der Arbeiter unterlegen hätte (vgl. § 133 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Seine Tätigkeit unterfällt mangels anderweitiger Erfassung durch besondere Teile des TVöD dem Besonderen Teil Verwaltung des TVöD (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 TVöD-BT-V).
Darüber hinaus sind nicht (ergänzend) die Regelungen der §§ 12, 13 TVöD/VKA oder die „Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen)“ zu allen Teilen der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA zu berücksichtigen. Diese gelten – was das Landesarbeitsgericht offengelassen hat – für die Beschäftigten iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA nach § 11a Satz 1 TVöD-NRW nicht. Die Tarifvertragsparteien des TVöD-NRW haben in zulässiger Weise von der ihnen im Anhang zur Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eingeräumten umfassenden Regelungskompetenz Gebrauch gemacht. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen3.
Bereits dem Wortlaut des Abs. 5 Unterabs. 2 Regelungskompetenzen der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA (Regelungskompetenzen) nach gelten – in Abweichung von dessen Unterabs. 1 – für die Beschäftigten nach § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA ausdrücklich die Regelungen und Oberbegriffe nach dem TVöD-NRW. Im Zusammenhang mit diesen Beschäftigten finden – anders als in der allgemeineren Regelung in Abs. 5 Unterabs. 1 Regelungskompetenzen – weder §§ 12, 13 TVöD/VKA noch die „Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen)“ Erwähnung.
Die Aufteilung des Abs. 5 Regelungskompetenzen in zwei Unterabsätze verdeutlicht deren unterschiedlichen Regelungsgehalt. Die Tarifvertragsparteien für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen erhalten zunächst in Abs. 5 Unterabs. 1 Regelungskompetenzen die Möglichkeit, für alle Beschäftigten der Entgeltgruppen 2 bis 9a ergänzende Regelungen zu treffen, allerdings nur unter Beachtung der Maßgaben der §§ 12, 13 TVöD/VKA und der grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen). Für einen Teil dieser Beschäftigten – denjenigen, die § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA unterfallen – bestehen nach Abs. 5 Unterabs. 2 Regelungskompetenzen erweiterte Befugnisse. Auf die Beachtung der Maßgaben des TVöD/VKA wird verzichtet und ausschließlich auf den TVöD-NRW Bezug genommen.
Damit können die Tarifvertragsparteien für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen Regelungen treffen, nach denen für die Eingruppierung abweichend von § 12 TVöD/VKA für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit nicht Arbeitsvorgänge zu bestimmen sind, sondern die überwiegende Tätigkeit maßgebend ist. Das ermöglicht die Fortführung der vor Einführung des TVöD/VKA geltenden Eingruppierungsgrundsätze für diesen Beschäftigtenkreis. Die Eingruppierung von Arbeitern und damit Beschäftigten iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA erfolgte zuvor nach dem BMT-G II und dem BZT-G/NRW ebenfalls nur nach der überwiegenden Tätigkeit und nicht anhand der Bestimmung von Arbeitsvorgängen4.
Die Eingruppierung des Arbeitnehmers bestimmt sich, da er einen Antrag nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt hat, nach § 11a Satz 2 TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis.
Nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gelten für die in den TVöD-NRW übergeleiteten Beschäftigten sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD-NRW und dem 31.12.2016 neu eingestellten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis über den 31.12.2016 hinaus fortbesteht, ab dem 1.01.2017 für (Neu-)Eingruppierungen § 11a TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung anhand dieser Vorschriften fand jedoch anlässlich der Überleitung in die Entgeltordnung nicht statt (§ 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA). Vielmehr erfolgte die Überleitung zum 1.01.2017 gemäß § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe. Dies ist nach der Protokollerklärung zu § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA diejenige, die nach Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Lohngruppe des BMT-G II, deren tarifliche Anforderungen die Tätigkeit erfüllte, zugeordnet war5. Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach § 11a TVöD-NRW nur in Betracht, wenn sich nach dem Eingruppierungsverzeichnis eine höhere Entgeltgruppe als in der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA vorgesehen ergibt, und der Beschäftigte bis zum 31.12.2017 eine dementsprechende Eingruppierung beantragt hat.
Der Arbeitnehmer wird zwar seit dem 12.05.2003 unverändert als Bestattungsgehilfe und Hilfsgärtner beschäftigt. Er hat aber im Hinblick auf die seit dem 1.01.2017 geltenden neuen Tätigkeitsmerkmale fristgemäß einen Antrag nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt.
Nach den Tätigkeitsmerkmalen des TVöD-NRW ergibt sich auch – bei deren Vorliegen – für den Arbeitnehmer mit Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA eine höhere Eingruppierung. Er war zunächst in Lohngruppe 3 Abschn. c BZT-G/NRW und ab dem 3.01.2005 nach entsprechender Bewährung in Lohngruppe 4 Abschn. e BZT-G/NRW eingruppiert. In Anwendung der Anlage 1 TVÜ-VKA in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung wurde er zum 1.10.2005 lediglich in Entgeltgruppe 4 TVöD/VKA übergeleitet.
Die Tätigkeit des Arbeitnehmers erfüllt kein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis.
Nach Nr. 1 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses sind die Beschäftigten in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die von ihnen nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Satz 1 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses. Maßgeblich ist danach zunächst, ob die Tätigkeit sich als einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit darstellt oder ob es sich um mehrere getrennt zu bewertende Teiltätigkeiten handelt6. Vorliegend kann mit dem Landesarbeitsgericht zugunsten des Arbeitnehmers unterstellt werden, er übe seinem Vortrag entsprechend überwiegend eine Tätigkeit als „Hilfsgärtner“ aus.
Die Tätigkeit eines Hilfsgärtners erfüllt kein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis.
Eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis kommt vorliegend nicht in Betracht, da es sich bei der Tätigkeit als Hilfsgärtner nicht um diejenige eines anerkannten Ausbildungsberufs (Lehr- oder Anlernberufs) iSd. Vorschrift handelt. Es kann daher dahinstehen, ob zugunsten des Arbeitnehmers eine Werkprüfung nach Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 4 Satz 5 zur Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis als abgelegt gilt.
Nach Nr. 6 Satz 1 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses sind anerkannte Ausbildungsberufe staatlich anerkannte oder als staatlich anerkannt geltende Ausbildungsberufe, die auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung geregelt sind. Ebenfalls erfasst sind nach dessen Satz 2 Ausbildungsberufe, welche als Vorgängerberufe gemäß dem Verzeichnis anerkannter Ausbildungsberufe, veröffentlicht vom Bundesinstitut für Berufsbildung, zwischenzeitlich modernisierter bzw. aufgehobener Berufe gelten. Die Tarifvertragsparteien haben damit erkennbar und entgegen der Auffassung der Revision mangels anderweitiger Anhaltspunkte ohne Einschränkung für alle Tätigkeitsmerkmale auf die Regelungen des BBiG Bezug genommen. Ausbildungsberufe iSd. Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis können daher nur solche iSd. BBiG sein.
Nach § 4 Abs. 1 BBiG kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder das sonst zuständige Fachministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung als Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung Ausbildungsberufe staatlich anerkennen und hierfür Ausbildungsordnungen nach § 5 BBiG erlassen. Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nach § 4 Abs. 2 BBiG nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden.
Vor Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes vom 14.08.1969 am 1.09.1969 unterschied man zwischen Lehrlingen und Anlernlingen. Lehrlinge waren Arbeitnehmer, die systematisch in einem anerkannten Lehrberuf ausgebildet wurden. Anlernlinge erhielten dagegen in einem engeren Fachgebiet eine planmäßige Spezialausbildung. Sie unterschieden sich von den Lehrlingen durch die kürzere Dauer der Ausbildung, die geringeren persönlichen Bindungen an den Ausbilder und die begrenzte Ausbildung auf einem Spezialgebiet. Bestimmte Anlernberufe wurden staatlich anerkannt7. Die Ausbildungsdauer der anerkannten Anlernberufe betrug regelmäßig zwei Jahre8. Auch wenn seit dem 1.09.1969 keine Ausbildung in Anlernberufen mehr erfolgt, gelten gemäß § 103 Abs. 1 BBiG (bis zum 31.03.2005 gemäß § 108 BBiG 1969) die vor dem 1.09.1969 anerkannten Lehrberufe und Anlernberufe oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberufe als Ausbildungsberufe iSd. § 4 BBiG. Obwohl diese Regelung nur als Übergangsregelung gedacht war, findet sie heute noch Anwendung9.
Für ein Verständnis des „Ausbildungsberufs“ als eines solchen iSd. BBiG spricht auch die Systematik der tariflichen Vorschriften.
In Entgeltgruppe 4 Eingruppierungsverzeichnis sind ua. „angelernte Beschäftigte“ eingruppiert. Bereits die im Vergleich zu Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis unterschiedliche Wortwahl („angelernte Beschäftigte“ und „Anlernberuf“) zeigt, dass die Tarifvertragsparteien für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 4 oder 5 Eingruppierungsverzeichnis unterschiedliche Tätigkeiten voraussetzen und nicht nur danach differenzieren, ob der jeweilige Beschäftigte einen Berufsabschluss erworben hat oder ein solcher als erworben gilt. Folglich wird nicht jeder angelernte Beschäftigte zugleich in einem Anlernberuf tätig.
Anlernen bedeutet nach allgemeinem Sprachverständnis, sich in eine bestimmte berufliche Tätigkeit – die keine Berufsausbildung voraussetzt – einzuarbeiten oder sich etwas durch Übung anzueignen10 und erfasst sowohl praktische als auch theoretische Elemente11. Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis erfasst dagegen grundsätzlich Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als drei Jahren, die in ihrem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden. In Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis wird hiervon lediglich bei erfolgreicher Ablegung einer Werkprüfung, wobei diese nach Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 4 Satz 5 zur Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis bei einer im Betrieb verbrachten gleichartigen Tätigkeit von mindestens neun Jahren als abgelegt gilt, abgewichen. Die Vorschrift lässt eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis daher nur bei Nachweis einer besonderen Qualifikation zu, der durch ein reines „Anlernen“ nicht erworben wird.
Zudem kann eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 Abschn. b Eingruppierungsverzeichnis nach der dortigen Aufzählung erfolgen, wenn die Fähigkeit zur Ausübung der Tätigkeit durch die erfolgreiche Ablegung einer Werkprüfung nachgewiesen ist12 oder wenn neben der erfolgreichen Ablegung einer Werkprüfung weitere – konkret bezeichnete – Voraussetzungen erfüllt sind13. Dieser ausdrücklichen Benennung der Werkprüfung und der weiteren Voraussetzungen bedürfte es nicht, wenn die in Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 1 bis 43 Eingruppierungsverzeichnis genannten Tätigkeiten Ausbildungsberufe iSd. Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis darstellen würden.
Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers, kann dem Begriff des „Anlernberufs“ auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 26.04.201714 kein anderes Verständnis zugrunde gelegt werden. Der „Anlernberuf“ war dort kein Tarifmerkmal; eine Abgrenzung zwischen einem Anlernberuf und der tariflichen Anforderung des „Anlernens“ ist nicht Gegenstand der Entscheidung.
Nach diesen Grundsätzen ist die Tätigkeit eines Hilfsgärtners nicht die eines „Anlernberufs“.
Das vom Bundesinstitut für Berufsbildung gemäß seiner gesetzlichen Verpflichtung (§ 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG) geführte und veröffentlichte Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nennt in der Berufshauptgruppe 12: Gartenbauberufe und Floristik den Beruf „Gärtner/Gärtnerin“ und unter der Berufsgattung 12132 den Beruf „Gärtner/Gärtnerin Ausbildung in Fachrichtung: – Friedhofsgärtnerei“. Der Ausbildungsgang ist in der Verordnung über die Berufsausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin vom 06.03.199615 mit dem zugehörigen Ausbildungsrahmenplan geregelt. Demgegenüber wird der Hilfsgärtner weder im Verzeichnis erwähnt noch existiert eine diesbezügliche Ausbildungsordnung. Auch in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Verzeichnis der in der Bundesrepublik Deutschland anerkannten Lehr- und Anlernberufe – Stand 1.06.1962 – wird die Tätigkeit des Hilfsgärtners nicht erwähnt. In der Datenbank BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit wird die Tätigkeit „Helfer/in – Gartenbau“ als Helfertätigkeit – nicht aber als Anlernberuf – genannt.
Die Teilnahme des Arbeitnehmers an der beruflichen Bildungsmaßnahme zum Hilfsgärtner vom 10.01.1994 bis zum 28.03.1994 führt zu keiner anderen Bewertung. Die Bildungsmaßnahme mit einer Dauer von weniger als drei Monaten stellt keine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf dar.
Ebenso kann aus der Nennung des Hilfsgärtners in Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 16 Eingruppierungsverzeichnis nicht gefolgert werden, es handele sich um eine Tätigkeit in einem Anlernberuf. Die in Entgeltgruppe 4 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis genannten Tätigkeiten sind – wie gezeigt – nicht mit denjenigen eines Anlernberufs gleichzusetzen.
Die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist auch nicht den Oberbegriffen der Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis zuzuordnen.
Nach Nr. 3 Satz 1 und Satz 2 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses sind die in den jeweiligen Entgeltgruppen in Fettdruck vorangestellten Überschriften allgemeine Tätigkeitsmerkmale, auf die eine Eingruppierung mit Ausnahme der Entgeltgruppen 2, 8 und 9a Eingruppierungsverzeichnis gestützt werden kann, sofern sie nicht ohnehin von einem bereits aufgeführten Merkmal erfasst sind. Sie beschreiben daneben als Oberbegriffe das von den Tarifvertragsparteien vorgegebene systematische Wertgefüge für die einzelnen Tätigkeitsmerkmale. Danach kann, wenn – wie vorliegend – eine Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel – hier Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis – nicht oder nicht voll erfasst wird, auf die Oberbegriffe zurückgegriffen werden16.
Der Arbeitnehmer ist kein Beschäftigter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung von weniger als drei Jahren, der in diesem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt wird. Der Arbeitnehmer verfügt nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 Eingruppierungsverzeichnis scheidet daher aus.
Die Tätigkeit des Arbeitnehmers erfüllt ferner keines der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2 Eingruppierungsverzeichnis. Die zugunsten des Arbeitnehmers vom Landesarbeitsgericht unterstellte Tätigkeit als Hilfsgärtner stellt keine dar, für die eine Werkprüfung vorgesehen ist.
Der Arbeitnehmer ist nicht aufgrund einer Tätigkeit als Gärtner in Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis eingruppiert. Er behauptet selbst nicht, über die Tätigkeiten eines Hilfsgärtners hinaus solche eines ausgebildeten Gärtners auszuüben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2022 – 4 AZR 422/21
- LAG Düsseldorf 30.06.2021 – 12 Sa 859/20[↩]
- zur Bezugnahme auf „ersetzende Tarifverträge“ sh. BAG 15.06.2011 – 4 AZR 563/09, Rn. 38 mwN[↩]
- zu den Auslegungsgrundsätzen etwa BAG 12.12.2018 – 4 AZR 147/17, Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326[↩]
- vgl. zB BAG 1.07.2009 – 4 AZR 249/08, Rn. 11 f. mwN[↩]
- vgl. BAG 27.04.2022 – 4 AZR 463/21, Rn. 16; 23.02.2022 – 4 AZR 354/21, Rn. 14[↩]
- vgl. zum TVLohngrV BAG 2.06.2021 – 4 AZR 274/20, Rn. 22; grds. BAG 6.06.1973 – 4 AZR 387/72[↩]
- BAG 14.12.1994 – 4 AZR 865/93, zu II 5 a der Gründe, BAGE 79, 21; 15.10.1986 – 4 AZR 572/85; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 19. Aufl. § 15 Rn. 2[↩]
- BAG 14.12.1994 – 4 AZR 865/93, zu II 5 b der Gründe mwN, aaO[↩]
- ausf. Pepping in Wohlgemuth/Pepping BBiG 2. Aufl. § 103 Rn. 3[↩]
- vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „anlernen“[↩]
- so zum Einarbeiten BAG 24.02.2021 – 4 ABR 19/20, Rn. 32[↩]
- vgl. zB Hallenwarte in Mehrzweckhallen: Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 14 und bei erfolgreicher Ablegung einer Werkprüfung in die Entgeltgruppe 5 Abschn. b Nr. 14[↩]
- vgl. zB Ankleider bei Theatern und Bühnen: Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 1 und für Ankleider an Theatern und Bühnen, die mindestens zu 25 Prozent ihrer Gesamttätigkeit schwierige Reparatur- und Änderungsarbeiten durchführen bei erfolgreicher Ablegung einer Werkprüfung in die Entgeltgruppe 5 Abschn. b Nr. 1[↩]
- BAG 26.04.2017 – 4 ABR 73/16[↩]
- BGBl. I S. 376; iF GärtnerAusbV[↩]
- vgl. zu einer solchen Regelung ausf. BAG 12.06.2019 – 4 AZR 363/18, Rn. 17 mwN, BAGE 167, 78[↩]
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