Eingruppierung eines Übersetzers beim Bundessprachenamt

Ein Übersetzer beim Bundessprachenamt kann nicht ohne weiteres eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TVöD/Bund verlangen.

Eingruppierung eines Übersetzers beim Bundessprachenamt

Für das Eingruppierungsbegehren des Übersetzers waren in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall die §§ 12 und 13 TVöD/Bund iVm. dem TV EntgO Bund maßgebend. Der Übersetzer stützt die geltend gemachte höhere Eingruppierung auf den am 1.01.2014 in Kraft getretenen TV EntgO Bund. Dementsprechend hat er mit Schreiben vom 23.02.2015; und vom 10.06.2016 fristgerecht einen Antrag auf Höhergruppierung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund gestellt. Für sein Verlangen führt er demgegenüber nicht die nach § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgte Überleitung unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit an. Eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 TVöD/Bund würde nach der Überleitungstabelle der Anlage 2 zum TVÜ-Bund (idF bis zum 31.12.2013) voraussetzen, dass der Übersetzer vor dem 1.01.2014 in der VergGr. IIa BAT eingruppiert war. Dass seine Tätigkeit eines der in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale erfüllt hätte, hat er weder behauptet noch ist dies ersichtlich.

Grundlage für die Bewertung der auszuübenden Tätigkeit ist der Arbeitsvorgang (§ 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/Bund). Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft keine Arbeitsvorgänge bestimmt. Das Bundesarbeitsgericht kann die rechtliche Bewertung jedoch auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Dabei bedarf es im Streitfall keiner Entscheidung, ob es sich bei den Übersetzungen aus dem Russischen auf der einen und den Übersetzungen aus dem Englischen auf der anderen Seite um zwei unter Berücksichtigung von § 12 Abs. 2 Satz 3 TVöD/Bund gesondert zu bewertende Arbeitsvorgänge oder um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt. Eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 13 TVöD/Bund kommt bei keinem der beiden denkbaren Zuschnitte in Betracht.

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Die Tätigkeit des Übersetzers erfüllt nicht das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 13 Fallgruppe 3 TV EntgO Bund. Zwar verfügt er über eine einschlägige abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung. Auch kann zu seinen Gunsten – was auch von der Arbeitgeberin nicht in Zweifel gezogen wird – unterstellt werden, dass er schwierige Texte in zwei Sprachrichtungen übersetzt. Er übersetzt jedoch nicht qualifiziert iSd. Protokollerklärung Nr. 4, und zwar weder in der bis zum 30.09.2019 geltenden (aF) noch in der aktuellen Fassung. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen1.

Die vom Übersetzer zu fertigenden Übersetzungen unterliegen nicht „keiner weiteren Kontrolle mehr“ iSd. Protokollerklärung Nr. 4 aF.

Wird ein von den Tarifvertragsparteien verwendeter Begriff nicht im Tarifvertrag selbst definiert, ist davon auszugehen, dass sie diesen in dem Sinne gebraucht haben, wie es dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Auffassung der beteiligten Branchen entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind2.

Während der Begriff „Überprüfen“ von den Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 1 definiert wird, fehlt dies für den Begriff der „weiteren Kontrolle“. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „Kontrolle“ „Überwachung“, „Aufsicht“, „Überprüfung“3. Danach können die Begriffe „Kontrolle“ und „Überprüfung“ grundsätzlich synonym verstanden werden. Aus dem Kontext der Protokollerklärungen Nr. 1 und Nr. 4 aF ergibt sich jedoch, dass die Tarifvertragsparteien den Begriffen eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen haben.

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In Satz 1 der Protokollerklärung Nr. 1 wird der Begriff „Überprüfen“ im Sinne einer inhaltlichen Prüfung der Übersetzung definiert. Eine solche Überprüfung ist nach Satz 3 „verantwortlich“, wenn die geprüfte Übersetzung „keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegt“. Diese sprachliche Differenzierung spricht dafür, dass den so verwendeten Begriffen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch ein unterschiedlicher Sinngehalt zukommt.

Soweit der Übersetzer meint, dieser Unterscheidung lägen keine inhaltlichen, sondern nur sprachliche Gründe zugrunde, wird diese Annahme durch die Verwendung des Begriffs „Kontrolle“ in der Protokollerklärung Nr. 4 aF widerlegt. Hätten die Tarifvertragsparteien hier auf die inhaltliche Überprüfung abstellen wollen, hätte es nahegelegen, jedenfalls an dieser Stelle wieder den in der Protokollerklärung Nr. 1 eingeführten Tarifbegriff „Überprüfen“ zu verwenden.

Die Kontrolle iSd. Protokollerklärung Nr. 4 aF ist danach nicht mit der inhaltlichen Überprüfung der Übersetzung gleichzusetzen. Andererseits ist eine „Kontrolle“ entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon dann gegeben, wenn der Beschäftigte in eine Behördenhierarchie einschließlich des damit verbundenen Weisungsrechts eingegliedert ist. Da dies praktisch auf alle Beschäftigten zutrifft, die unter den persönlichen Geltungsbereich des TV EntgO Bund fallen, ergäbe sich bei diesem Verständnis kein sinnvoller Anwendungsbereich für die zweite Alternative der Protokollerklärung Nr. 4 aF. Sie liefe weitgehend leer. Unter „Kontrolle“ ist vielmehr die nach der Organisation des Arbeitgebers vorgesehene regelmäßige Möglichkeit einer – nicht zwingend inhaltlichen – Prüfung zu verstehen, die über die Ausübung des allgemeinen arbeitgeberseitigen Weisungsrechts bei Erbringung der Arbeitsleistung4 hinausgeht.

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Die Übersetzungen des Übersetzers unterliegen einer „weiteren Kontrolle“ im so verstandenen Sinne.

Der Übersetzer hat seine Übersetzungen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf dem Laufwerk seiner Abteilung abzuspeichern und über die Fertigstellung zu informieren. „Das Referat“ sorgt sodann für die Weiterleitung an den Auftraggeber. In diesem Rahmen hat die Referatsleitung sowohl die Möglichkeit als auch aufgrund ihrer Verantwortung die Aufgabe, das jeweilige Arbeitsergebnis etwa im Hinblick auf Form, Vollständigkeit, Plausibilität und Stil zu kontrollieren.

Der Umstand, dass weder die Referatsleiterin noch die im Referat beschäftigten Überprüfer der russischen Sprache mächtig sind, führt nicht dazu, dass insoweit eine Kontrolle im tariflichen Sinne nicht erfolgen könnte. Die Beklagte hat in beiden Instanzen vorgetragen, die Referatsleiterin habe die Möglichkeit, sich zur Kontrolle der Übersetzungen in anderen Referaten tätiger Mitarbeiter mit Russischkenntnissen zu bedienen. Der Übersetzer hat dies nicht bestritten, sondern insoweit lediglich vorgetragen, eine Kontrolle sei tatsächlich nicht erfolgt.

Ob und in welchem Umfang Kontrollen tatsächlich durchgeführt worden sind, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und des Übersetzers ohne Belang. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 4 aF. Danach setzt das qualifizierte Übersetzen voraus, dass die Übersetzung keiner weiteren Kontrolle mehr „unterliegt“. Dies verlangt nach Wortlaut und Systematik der tariflichen Regelung nicht die tatsächliche Ausübung einer Kontrolle in jedem Einzelfall. Ein qualifiziertes Übersetzen iSd. Protokollerklärung Nr. 4 aF liegt schon dann nicht vor, wenn – wie vorliegend im Rahmen der Weiterleitung – die Möglichkeit einer Kontrolle eröffnet ist.

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Der Übersetzer hat die von ihm zu fertigenden Übersetzungen auch nicht „in druckreife Form“ iSd. Protokollerklärung Nr. 4 iVm. Nr. 2 zu bringen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in der Vorinstanz5 – aus seiner Sicht folgerichtig – über dieses tarifliche Merkmal nicht entschieden, da es ein „qualifiziertes Übersetzen“ – auf der Grundlage der bei Verkündung des Urteils geltenden Tariflage – schon deshalb angenommen hat, weil die Übersetzungen keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegen würden.

Das Bundesarbeitsgericht kann darüber jedoch aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Den Feststellungen sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Übersetzungen des Übersetzers den Anforderungen des Satzes 1 der Protokollerklärung Nr. 2 gerecht werden müssten. Weder besteht eine entsprechende Anordnung der Beklagten noch ergibt sich eine solche Anforderung aus dem Verwendungszweck der vom Übersetzer zu fertigenden Übersetzungen. Die Übersetzungen aus dem Russischen, die die Hälfte der vom Übersetzer auszuübenden Tätigkeit ausmachen und auf die sich der Übersetzer insoweit stützt, erfolgen ausschließlich für das FIZBW. Dessen Aufgabe besteht darin, als Spezialbibliothek der Bundeswehr deren bedarfsgerechte, effektive und wirtschaftliche Versorgung mit allgemeinen Fachinformationen zu gewährleisten. Danach dienen die Übersetzungen des Übersetzers lediglich der (internen) Informationsgewinnung. Die Nutzer verwenden die dort vorgehaltenen Werke für dienstliche Belange, auch bei der Abfassung von Forschungsberichten, bei der Planung von Verträgen sowie sonst bei der Vorbereitung von – auch die Öffentlichkeit betreffenden – wichtigen Entscheidungen. Selbst wenn die auf Grundlage der vom Übersetzer gefertigten Übersetzungen abgefassten Schriftstücke ihrerseits in stilistischer Hinsicht „höchsten Anforderungen“ genügen müssten, ergibt sich daraus nicht, dass dies auch für die vom Übersetzer verfassten Texte gilt.

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Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht erforderlich. Die Beklagte hat in beiden Tatsacheninstanzen in Abrede gestellt, die Übersetzungen des Übersetzers seien in druckreife Form zu bringen. Als darlegungs- und beweisbelastete Partei hatte der Übersetzer deshalb schon in den Vorinstanzen hinreichenden Anlass, hierzu substantiiert vorzutragen.

Der Übersetzer kann eine Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TVöD/Bund schließlich auch nicht nach der Überleitungsregelung in § 2 Abs. 2 ÄTV Nr. 7 verlangen. Ein Verbleib in dieser Entgeltgruppe setzt danach eine entsprechende Eingruppierung aufgrund eines rechtskräftigen Urteils voraus. Die der Klage stattgebenden Urteile der Vorinstanzen sind indes nicht rechtskräftig geworden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Juni 2020 – 4 AZR 167/19

  1. zu den Maßstäben der Tarifauslegung zB BAG 20.06.2018 – 4 AZR 339/17, Rn.19[]
  2. BAG 26.02.2020 – 4 ABR 19/19, Rn. 34; 12.06.2019 – 4 AZR 363/18, Rn. 47 mwN[]
  3. Duden Deutsches Universalwörterbuch 8. Aufl. Stichwort „Kontrolle“[]
  4. dazu ausf. BAG 2.11.2016 – 10 AZR 596/15, Rn. 25 f. mwN, BAGE 157, 153; 19.04.2007 – 2 AZR 78/06, Rn. 23 mwN[]
  5. LAG Köln 29.11.2018 – 7 Sa 265/18[]

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