Ein Schriftsatz (hier: eine Nichtzulassungsbeschwerdebegründung) ist auch bei fehlender Personenidentität zwischen der am Ende des Schriftsatzes angegebenen Person und dem beA-Postfachinhaber wirksam eingereicht.

Die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung kann nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 130a ZPO auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Nach § 130a Abs. 3 ZPO, der dem § 46c Abs. 3 ArbGG entspricht, der seinerseits für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gilt, jedoch für das Revisionsverfahren nicht in Bezug genommen wurde, muss ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Im Hinblick auf die nach § 130a Abs. 3 Alt. 1 ZPO erforderliche qeS der verantwortenden Person ergibt sich Näheres aus der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste, sog. eIDAS-Verordnung). Nach Art. 3 Nr. 12 dieser Verordnung ist eine qeS eine „fortgeschrittene elektronische Signatur“ (vgl. zu dieser Art. 3 Nr. 11 dieser Verordnung), die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht. Nach Art. 25 Abs. 2 dieser Verordnung hat eine qeS die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift. Sie muss von der „verantwortenden Person“ stammen, also von demjenigen, dessen handschriftliche Unterschrift dem Formerfordernis genügen würde1. Im Hinblick auf § 130a Abs. 3 Alt. 2 ZPO sind in § 130a Abs. 4 ZPO verschiedene „sichere Übermittlungswege“ bestimmt, darunter in § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO der Übermittlungsweg zwischen dem beA nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung und der elektronischen Poststelle des Gerichts.
Im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall wurde die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung des Beklagten als elektronisches Dokument per beA eingereicht. Am Schluss des Begründungsschriftsatzes ist der Name „L K, LL.M.“ mit dem Zusatz „Rechtsanwalt“ wiedergegeben. In der Zeile darüber heißt es: „mit qualifizierter elektronischer Signatur gezeichnet“. Die Übermittlung erfolgte ausweislich der im Transfervermerk ersichtlichen Angaben einschließlich der „Visitenkarte des Absenders“ aus dem beA von A M. Der Transfervermerk enthält die Angabe „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“. A M ist ausweislich des auf der ersten Seite der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung befindlichen Kanzlei-Briefkopfs angestellter Rechtsanwalt in der Kanzlei K Rechtsanwälte. Zusätzlich wurde das elektronische Dokument von A R M qualifiziert elektronisch signiert.
Damit genügt die Einreichung der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung den Anforderungen von § 130a Abs. 3 ZPO.
Es kann dahinstehen, ob bei nicht gegebener Personenidentität zwischen der am Ende des Schriftsatzes angegebenen Person (hier: L K, LL.M.) und dem beA-Postfachinhaber (hier: A M) eine Übermittlung nach § 130a Abs. 3 Alt. 2 ZPO – also ohne qeS der verantwortenden Person – genügen kann2.
Jedenfalls sind die Anforderungen von § 130a Abs. 3 Alt. 1 ZPO durch die hier zusätzlich erfolgte qeS erfüllt.
Rechtsanwalt A M hat das Dokument nach den Angaben im Transfervermerk selbst als beA-Postfachinhaber übermittelt und zudem seine qeS hinzugesetzt. Dies erfolgte in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 ERVV, wonach ein elektronisches Dokument, das mit einer qeS der verantwortenden Person versehen ist, auch „auf einem sicheren Übermittlungsweg“ übermittelt werden darf3. Durch die Einreichung des elektronischen Dokuments mit qeS, die die gleiche Rechtswirkung wie seine handschriftliche Unterschrift hat, hat Rechtsanwalt A M die Verantwortung für dessen Inhalt übernommen, ist also „verantwortende Person“ iSv. § 130a Abs. 3 Alt. 1 ZPO. Die Rechtswirkung entspricht der der erfolgten eigenhändigen Unterschrift nach § 130 Nr. 6 ZPO4.
Danach ist es unerheblich, dass am Schluss des Schriftsatzes der Name „L K, LL.M.“ mit dem Zusatz „Rechtsanwalt“ wiedergegeben ist und es in der Zeile darüber heißt: „mit qualifizierter elektronischer Signatur gezeichnet“, wobei es auch ohne Bedeutung ist, ob es sich dabei (nur) um ein Redaktionsversehen handelt oder ob der Entwurf des Schriftsatzes von Rechtsanwalt L K, LL.M. stammt. Wie auch außerhalb der elektronischen Übermittlungswege muss ein bevollmächtigter Rechtsanwalt einen bestimmenden Schriftsatz nicht selbst verfasst haben, sondern es genügt, diesen nach eigenverantwortlicher Prüfung zu genehmigen und zu unterschreiben und damit zugleich die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen5.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24. Oktober 2019 – 8 AZN 589/19
- vgl. bereits BGH 21.12 2010 – VI ZB 28/10, Rn. 8, BGHZ 188, 38; BVerwG 14.09.2010 – 7 B 15.10, Rn. 24[↩]
- zur Diskussion vgl. ua. OLG Braunschweig 8.04.2019 – 11 U 146/18; ArbG Lübeck Verfügung vom 19.06.2019 – 6 Ca 679/19 – BeckRS 2019, 16942; Müller FA 2019, 170; Müller FA 2019, 98; Lapp jurisPR-ITR 17/2019 Anm. 3; Radke jM 2019, 272, 276; Bernhardt/Leeb in Heckmann jurisPK-Internetrecht 6. Aufl. Kap. 6 Rn. 280.1[↩]
- vgl. auch BGH 15.05.2019 – XII ZB 573/18, Rn. 11[↩]
- vgl. ebenso OLG Karlsruhe 16.07.2019 – 17 U 423/19, Rn. 12[↩]
- vgl. nur BGH 13.06.2017 – XI ZB 25/16, Rn. 6 ff. mwN[↩]
Bildnachweis:
- Mail,Post,: Pixabay