Einseitige Erledigungserklärung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

Ein Beschlussverfahren kann auf die einseitige Erledigungserklärung des Wahlvorstands in entsprechender Anwendung von § 95 Satz 4, § 83a Abs. 2 ArbGG eingestellt werden.

Einseitige Erledigungserklärung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

Nach § 83a Abs. 2 ArbGG ist ein Beschlussverfahren einzustellen, wenn die Beteiligten es für erledigt erklärt haben. Hat der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt und widersprechen andere Verfahrensbeteiligte der Erledigungserklärung, hat das Gericht zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Ist das der Fall, ist das Verfahren einzustellen. Ein erledigendes Ereignis sind tatsächliche Umstände, die nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens eingetreten sind und dazu führen, dass das Begehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müsste. Anders als im Urteilsverfahren kommt es nicht darauf an, ob der gestellte Antrag bis dahin zulässig und begründet war1.

Vorliegend hat der Wahlvorstand als Antragsteller das Verfahren einseitig für erledigt erklärt. Ein erledigendes Ereignis ist zum einen deshalb eingetreten, da die Amtszeit des Wahlvorstands mit der Konstituierung des Betriebsrats geendet hat; zum anderen hat das Verfahren seine Erledigung gefunden, weil der Beteiligte zu 3. zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin bestellt worden ist. Aufgrund dieser Umstände müsste der Statusfeststellungsantrag jedenfalls nunmehr als unzulässig abgewiesen werden.

Der Wahlvorstand ist aufgrund der Beendigung seiner Amtszeit nicht (mehr) antragsbefugt.

Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter, abgesehen von einer zulässigen Prozessstandschaft, antragsbefugt, wenn er eigene Rechte geltend macht. Die Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren und die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dienen dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint2.

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Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, ein Wahlvorstand sei für einen Statusfeststellungsantrag antragsbefugt, einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung standhielte. Das Amt des Wahlvorstands ist inzwischen erloschen. Es hat entweder mit der Einberufung des Betriebsrats zur konstituierenden Sitzung3 oder spätestens mit der Wahl des Wahlleiters für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden in der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats vom 02.05.20174 geendet. Damit kann der Wahlvorstand durch das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens nicht mehr in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen sein.

Der Statusfeststellungsantrag ist auch deshalb unzulässig, weil der beteiligte Arbeitnehmer zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin bestellt wurde und an dem Antrag daher kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht.

Der Antrag ist auf die Feststellung des Status des Arbeitnehmers und nicht auf die Feststellung des Status des jeweiligen Inhabers der Stelle des Geschäftsleiters des Fachcentrums gerichtet. Dafür spricht nicht nur der Antragswortlaut, sondern auch die Antragsbegründung. Das Verfahren dient dem Zweck, Klarheit über den Status des Arbeitnehmer zu erzielen, um eine Anfechtbarkeit der vom Wahlvorstand durchzuführenden Wahl zu vermeiden. Die gerichtliche Entscheidung soll eine Vorfrage für die Wirksamkeit der Betriebsratswahl klären, indem sie für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz verbindlich festlegt, ob der Arbeitnehmer leitender Angestellter ist oder nicht. Dem Wahlvorstand geht es nicht darum, für andere zukünftig auftretende Meinungsverschiedenheiten zu klären, ob der jeweilige Geschäftsleiter leitender Angestellter ist. An einer solchen Klärung hat der Wahlvorstand, dessen Amt mit der Konstituierung des Betriebsrats endet, auch kein Interesse.

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Danach fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Dieses entfällt für einen Statusfeststellungsantrag, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausgeschieden ist oder im Betrieb eine andere Tätigkeit übernommen hat5. Letzteres ist hier der Fall.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24. Oktober 2018 – 7 ABR 1/17

  1. grundlegend BAG 26.04.1990 – 1 ABR 79/89, zu B I 3 der Gründe, BAGE 65, 105; vgl. auch BAG 17.05.2017 – 7 ABR 22/15, Rn. 14, BAGE 159, 111; 13.03.2013 – 7 ABR 39/11, Rn.20; 8.12 2010 – 7 ABR 69/09, Rn. 8 und 19.02.2008 – 1 ABR 65/05, Rn. 10[]
  2. BAG 19.12 2017 – 1 ABR 33/16, Rn. 28; 21.03.2017 – 7 ABR 17/15, Rn. 9[]
  3. BAG 14.11.1975 – 1 ABR 61/75; Fitting 29. Aufl. § 16 Rn. 83; Thüsing in Richardi BetrVG 16. Aufl. § 16 Rn. 59[]
  4. vgl. DKKW/Homburg 16. Aufl. § 16 Rn. 21; ErfK/Koch 18. Aufl. § 16 BetrVG Rn. 10; Kreutz GK-BetrVG 11. Aufl. § 16 Rn. 90 unter Hinweis auf § 29 Abs. 1 Satz 2 BetrVG[]
  5. vgl. BAG 23.01.1986 – 6 ABR 47/82, BAGE 51, 29[]