Ein Arbeitnehmer haftet seinem Arbeitgeber aus unerlaubter Handlung nicht auf Ersatz entgangener Provisionsansprüche, es sei denn, seine Handlungen sind unmittelbar gegen den Betrieb des Arbeitgebers gerichtet.

Der geschädigte Arbeitgeber hat hierauf keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB.
Bei einem – vom Arbeitgeber behaupteter – entgangenen Gewinn in Form entgangener Provisionen (hier: aus seiner Vertragsbeziehung mit einer Versicherungsgesellschaft) handelt es sich um einen reinen Vermögensschaden1. Reine Vermögensschäden fallen weder unter den Begriff des Eigentums, noch gehören sie als solche zu den durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten absoluten Rechten2.
Der Arbeitnehmer ist dem Arbeitgeber auch nicht nach § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers zum Schadensersatz verpflichtet.
Zwar ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht iSv. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt3. Allerdings gewährt § 823 Abs. 1 BGB gegen eine Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nur dann Schutz, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt, mithin betriebsbezogen ist4.
Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers stellt keinen unmittelbar betriebsbezogenen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Arbeitgebers dar, wenn sich die Schadensmanipulationen und das sonstige Fehlverhalten des Arbeitnehmers nicht unmittelbar gegen den Betrieb des Arbeitgebers richteten. Sie stellen in diesem Fall keinen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis des Arbeitgebers dar.
Auch Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. einem Schutzgesetz scheiden in diesem Fall aus.
Der Arbeitnehmer hat durch sein Verhalten kein zugunsten des Arbeitgebers bestehendes Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB verletzt. Soweit der Arbeitnehmer Schäden und Rechnungen manipuliert, unzulässige Provisionen kassiert und zur Regulierung vermeintlicher Schäden geleistete Zahlungen der P Versicherung selbst vereinnahmt hat, kommt zwar eine Strafbarkeit des Arbeitnehmern wegen Betruges nach § 263 StGB sowie ggf. wegen Untreue nach § 266 StGB in Betracht. Die nach § 263 StGB erforderliche Vermögensbeschädigung oder schadensgleiche Vermögensgefährdung und der nach § 266 StGB notwendige Nachteil wären allerdings nicht beim Arbeitgeber, sondern allenfalls bei der P Versicherung eingetreten. Sofern die insoweit geschädigte P Versicherung das Verhalten des Arbeitnehmern zum Anlass genommen haben sollte, den Geschäftsstellenleitervertrag fristlos zu beenden, wäre der beim Arbeitgeber hierdurch eingetretene Schaden nicht vom Schutzbereich der §§ 263, 266 StGB erfasst. Soweit der Arbeitnehmer sich durch Fälschung der Unterschrift des Arbeitgebers wegen Urkundenfälschung nach § 267 StGB strafbar gemacht haben könnte, scheidet ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers bereits deshalb aus, weil der Straftatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 StGB kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB ist5.
Schließlich verneint das Bundesarbeitsgericht auch Ansprüche des Arbeitgebers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB wegen Fehlens des erforderlichen Schädigungsvorsatzes.
Der nach § 826 BGB erforderliche Schädigungsvorsatz setzt keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus, vielmehr genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei dieser nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, jedenfalls aber Art und Richtung des Schadens umfassen muss; es reicht dabei jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage einschließlich der sittenwidrigen Belastung fremden Vermögens mit einem Verlustrisiko aus6. Für den nach § 826 BGB erforderlichen Schädigungsvorsatz trifft den Geschädigten, hier also den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast.
Der Arbeitgeber hat den Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns des Arbeitnehmern vorliegend ausschließlich darauf gestützt, dieser sei sich aufgrund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Tätigkeit bewusst gewesen, dass seine kriminellen Handlungen auch für ihn, den Arbeitgeber, zu erheblichen Problemen bis zur Kündigung des Geschäftsstellenleitervertrages führen konnten. Dies reicht – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, zur Darlegung eines bedingten Vorsatzes nicht aus. Der Vorsatz enthält ein „Wissens-“ und ein „Wollenselement“. Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz beziehen muss, gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Die Annahme bedingten Vorsatzes iSv. § 826 BGB setzt deshalb voraus, dass der Handelnde die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Dagegen genügt es nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und sich dem Handelnden hätten aufdrängen müssen. In einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt7. Fahrlässigkeit, auch grobe Fahrlässigkeit, reicht indes nicht aus. Dass der Arbeitnehmer nicht bedingt vorsätzlich gehandelt hat, legt im Übrigen auch der Umstand nahe, dass im Falle einer Beendigung des Geschäftsstellenleitervertrages durch die P Versicherung auch das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmern, und dies nicht nur als Grundlage seines Vergütungsanspruchs, sondern auch als Grundlage weiterer unberechtigter Einnahmen gefährdet gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund spricht in Ermangelung weiteren Vorbringens des Arbeitgebers zum „Wollenselement“ alles dafür, dass der Arbeitnehmer die fristlose Kündigung des Geschäftsstellenleitervertrages nicht billigend in Kauf genommen, sondern darauf vertraut hat, dass sein Fehlverhalten nicht entdeckt wird.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. April 2016 – 8 AZR 753/14
- ua. BGH 9.12 2014 – VI ZR 155/14, Rn. 15[↩]
- vgl. ua. BGH 9.12 2014 – VI ZR 155/14, Rn. 15 ff.; 14.06.1976 – III ZR 35/74, zu II 1 der Gründe, BGHZ 66, 398; 12.03.1968 – VI ZR 178/66, zu I der Gründe; 4.02.1964 – VI ZR 25/63 – BGHZ 41, 123[↩]
- zur Einordnung ua. BGH 6.02.2014 – I ZR 75/13, Rn. 12; ausführlich BGH 9.12 1958 – VI ZR 199/57, zu 1 a der Gründe, BGHZ 29, 65[↩]
- zu den Voraussetzungen ua. BGH 6.02.2014 – I ZR 75/13, Rn. 12; 4.02.1964 – VI ZR 25/63 – BGHZ 41, 123[↩]
- BGH 3.02.1987 – VI ZR 32/86, zu II 2 a der Gründe, BGHZ 100, 13[↩]
- BGH 19.11.2013 – VI ZR 411/12, Rn. 33 mwN; 13.09.2004 – II ZR 276/02, zu B I 3 der Gründe[↩]
- vgl. BGH 15.10.2013 – VI ZR 124/12, Rn. 12 mwN[↩]