Der Arbeitnehmer hat im Geltungsbereich des TV-L einen Anspruch gegen die Arbeitgeberin, dass diese künftig für die von ihm geleistete Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, den Freizeitausgleich gemäß Satz 1 der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d TV-L idF des § 43 Nr. 5 TV-L („Protokollerklärung in § 43 Nr. 5 TV-L“) im Dienstplan besonders ausweist.

Eine Praxis, für die an gesetzlichen Wochenfeiertagen geleistete Arbeit keinen konkreten Freizeitausgleich an einem Werktag zu gewähren und dementsprechend diesen Freizeitausgleich im Dienstplan nicht ausdrücklich auszuweisen, sondern lediglich eine Sollstundenreduzierung vorzunehmen, genügt den Anforderungen des § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 TV-L iVm. Satz 1 der Protokollerklärung in § 43 Nr. 5 TV-L nicht.
Allerdings wird Freizeitausgleich grundsätzlich dadurch gewährt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von seiner vertraglichen Pflicht, Arbeitsleistungen zu erbringen, freistellt und so dessen Sollarbeitszeit reduziert, wobei der Entgeltanspruch für diese Zeit fortbesteht. Der Arbeitnehmer erhält dann bezahlte Freizeit, statt arbeiten zu müssen1.
Die Tarifvertragsparteien können aber von diesem Grundsatz abweichen und Vorgaben dazu machen, wie der Freizeitausgleich zu erfüllen ist. Sie können zB ausschließen, dass der Freizeitausgleich durch bloße Reduzierung der Sollarbeitszeit erfolgen kann2. Von dieser durch die Tarifautonomie gedeckten Regelungsmacht haben die Tarifvertragsparteien in § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 TV-L Gebrauch gemacht. Diese Bestimmung erlaubt den von der Arbeitgeberin vorgenommenen institutionalisierten (automatischen) Freizeitausgleich3 bei tatsächlich geleisteter Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen nicht. Vielmehr muss in diesen Fällen nach § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 TV-L grundsätzlich eine entsprechende Freistellung an einem anderen Werktag erfolgen (konkreter Freizeitausgleich)4. Dieser konkrete Freizeitausgleich ist gemäß Satz 1 der Protokollerklärung in § 43 Nr. 5 TV-L im Dienstplan auszuweisen.
Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein5 erfasst § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 8 TV-L die von Beschäftigten wie dem Arbeitnehmer, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht (künftig: schichtdienstleistende Beschäftigte), tatsächlich geleistete Arbeit an Feiertagen nicht. Arbeitet ein solcher Beschäftigter an Wochenfeiertagen, sind vielmehr § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 bis Satz 7 TV-L anwendbar6. Dies ergibt sich aus dem unzweideutigen Wortlaut des § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 9 TV-L. Diese Bestimmung stellt klar, dass eine Ausnahme von dem in den Sätzen 4 bis 7 enthaltenen Grundsatz, wonach die an einem gesetzlichen Wochenfeiertag geleistete Arbeit durch konkreten Freizeitausgleich an einem anderen Werktag auszugleichen ist, nur in den Fällen des Satzes 8 erfolgen soll. Satz 8 ordnet aber nur dann einen automatischen Freizeitausgleich durch Sollstundenreduzierung an, wenn schichtdienstleistende Beschäftigte am Feiertag dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind, also an diesem Tag gerade nicht arbeiten müssen. Arbeiten solche Beschäftigte an einem gesetzlichen Wochenfeiertag, gilt dagegen nach dem tariflichen Regel-Ausnahme-Verhältnis die für alle Beschäftigten einschließlich der Schichtdienstleistenden gültige Grundregel der Sätze 4 bis 7.
Die von der Arbeitgeberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht angesprochene, nach ihrer Auffassung bestehende Regelungslücke liegt daher nicht vor. Die Arbeitgeberin übersieht dabei, dass die Tarifvertragsparteien in § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 bis Satz 7 und Satz 8 TV-L eine Regelung getroffen haben, die sich grundlegend von den im kommunalen Bereich geltenden Bestimmungen in § 6.1 Abs. 2 TVöD-K (gleichlautend § 49 TVöD-BT-K) und § 6.1 Abs. 2 TVöD-B (gleichlautend § 49 TVöD-BT-B) unterscheidet. Nach letztgenannten Regelungen ist für schichtdienstleistende Beschäftigte bei Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen ein automatischer Freizeitausgleich durch Sollstundenreduzierung vorzunehmen. Dies gilt sowohl dann, wenn tatsächlich Arbeitsleistung erbracht worden ist (Satz 1 Buchst. a), als auch dann, wenn die Beschäftigten dienstplanmäßig an dem Feiertag nicht zur Arbeit eingeteilt waren (Satz 1 Buchst. b). Dagegen haben die Tarifvertragsparteien des TV-L in § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 TV-L für schichtdienstleistende Beschäftigte, die an gesetzlichen Wochenfeiertagen arbeiten, grundsätzlich einen konkreten Freizeitausgleich durch Freistellung an einem anderen Werktag angeordnet. Damit ist im Anwendungsbereich des § 43 Nr. 3 Abs. 3 TV-L der von der Arbeitgeberin vorgenommene automatische Freizeitausgleich ausgeschlossen, wenn schichtdienstleistende Beschäftigte an Wochenfeiertagen arbeiten. Dieser Personenkreis hat nach dem Willen der Tarifvertragsparteien vielmehr grundsätzlich den in § 43 Nr. 3 Abs. 3 Satz 4 TV-L geregelten Anspruch auf konkreten Freizeitausgleich an einem anderen Werktag.
Abs. 3 Satz 4 TV-L gewährt dem Beschäftigten Anspruch auf eine „entsprechende Freistellung an einem anderen Werktag“. Das erfordert eine der Arbeitsleistung am Feiertag entsprechende tatsächliche Freistellung an einem anderen, konkreten Tag7, bei dem es sich um einen Werktag handeln muss. Allerdings besteht entgegen der Ansicht der Revision kein Anspruch des Arbeitnehmers, auf die Lage dieses Tages Einfluss zu nehmen. Der freie Werktag wird vielmehr vom Arbeitgeber unter Beachtung etwaiger Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bzw. Personalrats festgelegt.
Satz 1 der Protokollerklärung in § 43 Nr. 5 TV-L, wonach der Freizeitausgleich im Dienstplan besonders auszuweisen und zu bezeichnen ist, bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen vorrangig durch einen konkreten Freizeitausgleich und nicht durch bloße Sollstundenreduzierung ausgleichen wollten. Darauf weist die Revision zu Recht hin. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist die tarifliche Regelung, deren Einhaltung der Arbeitnehmer begehrt, bei tarifgerechter Durchführung auch keine bloße Förmelei. Der schichtdienstleistende Beschäftigte muss, anders als die Arbeitgeberin annimmt, nicht nur pro forma verplant und anschließend mit dem Vermerk „Freizeitausgleich“ wieder entplant werden, ohne dass dies ihm Vorteile bringt. Die Beachtung des Satzes 1 der Protokollerklärung in § 43 Nr. 5 TV-L ist zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Gewährung des Freizeitausgleichs. Die Tarifvertragsparteien haben mit dieser der Klarstellung und dem Beweis dienenden und insoweit zwingenden Bestimmung8 aber ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass es dem Beschäftigten möglich sein muss, den Ausgleich subjektiv als Inanspruchnahme von Freizeit wahrnehmen zu können. Darum muss der Freizeitgewinn einem bestimmten (Werk-)Tag zuzuordnen sein. Das ist dem Beschäftigten im Dienstplan deutlich zu machen. Daran fehlt es bei der Praxis der Arbeitgeberin, was sich schon daran zeigt, dass es zu vorliegendem Rechtsstreit gekommen ist, weil der Arbeitnehmer ursprünglich angenommen hat, es sei nicht einmal eine Sollstundenreduzierung erfolgt. Zudem lässt sich anhand der Praxis der Arbeitgeberin nicht feststellen, ob der Ausgleich, wie tariflich verlangt, an einem Werktag erfolgt ist.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. November 2016 – 6 AZR 465/15
- st. Rspr., zuletzt BAG 20.01.2016 – 6 AZR 742/14, Rn. 25[↩]
- vgl. BAG 11.02.2009 – 5 AZR 341/08, Rn. 16, 18[↩]
- zu dieser Begrifflichkeit für § 49 Abs. 2 TVöD-BT-K BAG 9.07.2008 – 5 AZR 902/07, Rn. 17[↩]
- zu dieser Begrifflichkeit für § 6.1 Abs. 1 TV-KAH BAG 21.08.2013 – 5 AZR 410/12, Rn. 15[↩]
- LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.07.2015 – 4 Sa 451/14; ebenso Breier/Dassau/Kiefer ua. TV-L Stand 1.07.2009 Teil B 2 § 43 Nr. 3 Rn. 5; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2008 Teil IIa § 6 TV-Ärzte Rn. 30, 34[↩]
- Breier/Dassau/Kiefer ua. TV-L Stand 1.11.2014 Teil B 4 § 6 TV-Ärzte Rn. 10; BeckOK TV-L/Dannenberg Stand 1.01.2013 § 43 Nr. 3 Rn.19[↩]
- vgl. BAG 21.08.2013 – 5 AZR 410/12, Rn. 15[↩]
- vgl. BAG 9.07.2008 – 5 AZR 902/07, Rn.20[↩]