Die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Datenschutzbeauftragten aufgrund reiner Amtspflichtverletzungen ist nach Systematik sowie Sinn und Zweck von § 6 Abs. 4 BDSG unwirksam. Eine reine Verletzung der Pflichten als Datenschutzbeauftragter kann grundsätzlich nur seine Abberufung nach § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG rechtfertigen.

Aufgrund der möglichen Interessenkonflikte eines Datenschutzbeauftragten ordnet § 6 Abs. 4 BDSG einen besonderen Schutz des Amtsträgers vor Abberufung und Kündigung seines Arbeitsverhältnisses an. Nach S. 1 der Vorschrift ist die Abberufung des Datenschutzbeauftragten nur in entsprechender Anwendung von § 626 BGB zulässig. Der interne Datenschutzbeauftragte genießt zudem einen Sonderkündigungsschutz in Bezug auf sein Arbeitsverhältnis: So bestimmt § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig ist, es sei denn, es liegen Tatsachen vor, welche den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Diese nationale Norm, welche neben Art. 38 Abs. 3 DS-GVO tritt, ist auch europarechtskonform, denn in Rahmen ihrer Kompetenz zur Regelung des materiellen Arbeitsrechts sind die Mitgliedstaaten befugt, einen besonderen Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte vorzusehen1.
Die normative Ausgestaltung des Schutzes des Datenschutzbeauftragten legt nach Auffassung des Arbeitsgerichts Heilbronn nahe, dass – ebenso wie bei anderen Amtsträgern wie beispielsweise Betriebsratsmitgliedern2 – stets zwischen der Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten und solchen, die allein die Amtsführung betreffen, zu unterscheiden ist. Bei Verstößen gegen Amtspflichten, die nicht zugleich eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen, kommt eine vertragsrechtliche Sanktion wie beispielsweise eine Abmahnung oder Kündigung nicht in Betracht, sondern die für Amtspflichtverletzungen gesetzlich vorgesehene Sanktion. Dies ist im Falle eines Betriebsratsmitglieds der Antrag auf Ausschluss eines Mitglieds aus den Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG. Zwar nimmt das Bundesarbeitsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung an, dass die Übertragung des Amtes des internen Datenschutzbeauftragten auf einen Arbeitnehmer in aller Regel im Wege der jedenfalls konkludenten Vereinbarung Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll3. Dies könnte dafür sprechen, dass im Fall der Verletzung von Amtspflichten auch eine vertragsrechtliche Sanktion hinsichtlich des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages möglich ist.
Aus Sicht der Arbeitsgericht sprechen jedoch Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung in § 6 Abs. 4 BDSG i.V.m. Art. 38 Abs. 3 DS-GVO gegen ein solches Verständnis. § 6 Abs. 4 unterscheidet in S. 1 und 2 eindeutig zwischen Abberufungs- und Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten: Während Abberufungsgründe in entsprechender Anwendung von § 626 BGB zu bestimmen sind4, ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unzulässig, es sei denn, es ist ein fristloser Kündigungsgrund gegeben. Hätte der Gesetzgeber einen Gleichlauf in der Weise gewollt, dass eine Amtspflichtverletzung die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt sowie umgekehrt eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis die Abberufung, hätte es der gesetzlichen Differenzierung nicht bedurft. Diese Sichtweise entspricht auch dem gesetzgeberischen Zweck von § 6 Abs. 4 BDSG: Der Beauftragte soll hinsichtlich seines Amtes zugunsten einer freien Amtsführung gegen eine Abberufung ohne Grund geschützt werden. Zugleich wird den möglichen, aus dem Amt fließenden Konflikten im Arbeitsverhältnis dadurch Rechnung getragen, dass ihm ein Sonderkündigungsschutz zugesprochen wird. Dieser doppelte Bestandsschutz schließt es nach Auffassung des Arbeitsgerichts aus, in Fällen wie dem vorliegenden die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Amtspflichtverletzungen auszusprechen.
Für diese Sichtweise spricht auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BAG im Hinblick auf eine erforderliche Teilkündigung im Falle der Abberufung des Datenschutzbeauftragten: Während das BAG in seiner Entscheidung vom 13.03.2007 – 9 AZR 612/05 für die wirksame Abberufung des Berechtigten zusätzlich eine Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses forderte (mit dem Argument der Implementierung der Pflichten als Datenschutzbeauftragter in die arbeitsvertraglichen Pflichten), hat es an dieser Auffassung in neueren Entscheidungen nicht mehr festgehalten5.
Letztlich streitet auch das ultima ratio – Prinzip gegen die Zulässigkeit einer Kündigung bei der Verletzung von Pflichten als Datenschutzbeauftragter, denn die Abberufung wird in einem solchen Fall der reinen Amtspflichtverletzung stets das mildere Mittel gegenüber der Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses im Wege der Kündigung darstellen.
Da die Arbeitgteberin vorliegend die fristlose Kündigung ausschließlich darauf stützt, dass der Datenschutzbeauftragte seinen Pflichten als Datenschutzbeauftragter nicht nachgekommen sei, liegt auch keine Konstellation vor, bei der zugleich eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegt. Die Kündigung ist daher unwirksam.
Selbst wenn man im Fall der Verletzung von Amtspflichten eines Datenschutzbeauftragten den Ausspruch der Kündigung des der Bestellung zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses nicht für ausgeschlossen erachtet, scheitert die Kündigung daran, dass seitens der Arbeitgeberin eine konkrete Pflichtverletzung durch den Datenschutzbeauftragten nicht dargelegt wurde.
Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, zumutbar ist oder nicht6.
Der Arbeitgeberin steht durch die von ihm behaupteten Amtspflichtverletzungen kein wichtiger Grund zur Seite, der sie zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Datenschutzbeauftragten berechtigen würde. Es fehlt bereits an einer Darlegung konkreter Pflichtverletzungen durch den Datenschutzbeauftragten.
Bei den Pflichten des Datenschutzbeauftragten handelt es sich nicht um weisungsgebundene, sondern um gesetzliche Aufgaben, bei denen der Amtsträger Weisungen nicht unterworfen ist, Art. 38 Abs. 3 DS-GVO. Ihm obliegen nach Art. 39 DS-GVO vorwiegend Unterrichtungs, Beratungs- und Überwachungsaufgaben. Verantwortlich für die Umsetzung der Vorgaben der DS-GVO und des diese konkretisierenden und ergänzenden BDSG ist nach Art. 4 Nr. 7 DS-GVO demgegenüber „die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet“, vorliegend also die Arbeitgteberin. Die beklagtenseits vorgetragenen datenschutzrechtlichen Probleme aus dem Gutachten von P. zeigen indessen nur bestimmte Mängel als Ergebnis einer nicht vollständigen Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorschriften auf, z.B. ein fehlendes Datenschutzmanagementsystem. Zur Frage der Verantwortlichkeit wird keine Aussage getroffen. Vielmehr ist aus Sicht der Arbeitsgericht die Arbeitgteberin als verantwortliche Stelle im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO organisatorisch zur Umsetzung verpflichtet, sei es dadurch, dass externe Hilfe in Anspruch genommen wird oder im Wege der Anweisung zur Umsetzung an die eigenen Mitarbeiter. Dies schließt es aus, sich als Arbeitgeberin darauf zu berufen, der Datenschutzbeauftragte sei verantwortlich für die Herstellung eines ordnungsgemäßen Datenschutzniveaus. Hinzu kommt, dass dies bereits auf den ersten Blick nicht möglich sein dürfte: So war der Datenschutzbeauftragte zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Datenschutzbeauftragten der Arbeitgeberin im Jahr 2018 Leiter der Rechtsabteilung mit einer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit von „mindestens 40 Stunden“. Die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten wurde ihm zusätzlich übertragen. Wenn der Prozessvortrag der Arbeitgeberin zutreffend sein sollte, hätte der Datenschutzbeauftragte weitere 20 Stunden in der Woche zusätzlich arbeiten müssen, was wesentliche arbeitszeitrechtliche Bestimmungen außer Acht ließe. Für die Annahme eines entsprechenden Vertragswillens, gerichtet auf eine solche Vereinbarung, bedürfte es eindeutiger Anhaltspunkte. Solche vermag das Arbeitsgericht nicht zu erkennen.
Hieraus folgt, dass der Datenschutzbeauftragte mit der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten nicht zugleich dafür verantwortlich war, dass im Unternehmen der Arbeitgeberin sämtliche datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.
Konkrete Verletzungen der typischen Pflichten des Datenschutzbeauftragten im Bereich der Kontrolle und Beratung hat die Arbeitgteberin nicht dargelegt.
Auf die Frage, inwieweit zahlreiche datenschutzrechtliche Prozesse bereits nach dem Gutachten von P. angestoßen waren sowie auf die vom Datenschutzbeauftragten in Anlage K6 aufgelisteten Tätigkeiten kommt es daher nicht mehr an.
Auch dann, wenn man eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Datenschutzbeauftragten darin erblicken möchte, dass er die Arbeitgteberin nicht auf das unzureichende Datenschutzniveau mit hinreichender Deutlichkeit hingewiesen hätte, wäre vor Ausspruch einer Kündigung zunächst eine einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen, zumal die Arbeitgteberin angibt, dass sie schon seit Jahren mit der Arbeitsleistung des Datenschutzbeauftragten unzufrieden gewesen sei. Der zeitgleiche Ausspruch von drei Abmahnungen im Jahr 2021, welcher zudem die datenschutzrechtlichen Aufgaben des Datenschutzbeauftragten nicht betrifft, sondern andere Leistungsmängel wie die nicht vollständige Umsetzung der Inhalte eines Workshops, die Nichtberücksichtigung der Ergebnisse einer Risikoanalyse einer Beratungsgesellschaft bei einem Vertragsabschluss sowie die aus Sicht der Arbeitgeberin unrichtige Behauptung des Datenschutzbeauftragten zu einem hohen Zielerreichungsgrad im Rahmen eines Gespräches über die von ihm erreichten Ziele, vermag nicht die Prognose zu rechtfertigen, der Datenschutzbeauftragte hätte sein Verhalten bei Ausspruch einer weiteren Abmahnung hinsichtlich der Erfüllung datenschutzrechtlicher Pflichten nicht geändert.
Zudem steht es der Arbeitgeberin frei, hier als milderes Mittel gegenüber einer fristlosen Kündigung die Bestellung des Datenschutzbeauftragten zum Datenschutzbeauftragten zu widerrufen und einen anderen Mitarbeiter hiermit zu beauftragen, sofern tatsächlich Pflichtverletzungen im Bereich der Amtsführung als Datenschutzbeauftragter vorlägen.
Die Umdeutung der unwirksamen fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ist nicht möglich. Der Datenschutzbeauftragte genoss zum Zeitpunkt der Kündigung den besonderen Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte nach §§ 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG. Nach § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Datenschutzbeauftragten unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die öffentliche Stelle bzw. den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Damit ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Datenschutzbeauftragten ausgeschlossen.
Arbeitsgericht Heilbronn, Urteil vom 29. September 2022 – 8 Ca 135/22
- EuGH 22.06.2022 – C-534/20 im Anschluss an LAG Nürnberg 19.02.2020 – 2 Sa 147/19; Kühling/Buchner DS-GVO BDSG 3. Auflage 2020 Art. 38 DS-GVO Rn. 33[↩]
- ständige Rechtsprechung des BAG, zum Beispiel BAG 9.09.2015 – 7 ABR 13, Rn. 41; BAG 26.01.1994 – 7 AZR 640/92[↩]
- BAG 23.03.2011- 10 AZR 562/09, Rn. 29; BAG 29.09.2010 – 10 AZR 588/09, Rn. 15; BAG13.03.2007 – 9 AZR 612/05[↩]
- nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kommen insoweit als wichtige Gründe besonders solche in Betracht, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und eine weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden, BAG 23.03.2011 – 10 AZR 562/09 mwN[↩]
- BAG 29.09.2010 – 10 AZR 588/09, Rn. 15; BAG 13.03.2007 – 9 AZR 612/05[↩]
- BAG 20.10.2016 – 6 AZR 471/15, Rn. 14; BAG 17.03.2016 – 2 AZR 110/15, Rn. 17[↩]