Der Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist regelmäßig darauf gerichtet, den Gläubiger so zu stellen, wie er bei einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft des Drittschuldners gestanden hätte. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt, den Gläubiger im Wege des Schadensersatzes nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO so zu stellen, als bestünde die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner.

Der Umstand, dass der Drittschuldnerin keine Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO abgibt, ändert nichts an den Bestimmtheitserfordernissen des Streitgegenstands. Hierdurch ist es der Gläubigerin im Falle einer unterlassenen Drittschuldnererklärung weder unmöglich, eine zulässige Drittschuldnerklage zu erheben, noch ist sie gezwungen, „schlüssig zu lügen“.
Die Drittschuldnerin hat sich im hier entschiedenen Fall zur Klageforderung in den Vorinstanzen nicht geäußert. Dadurch wurde die Klageforderung aber nicht „unstreitig“. Denn wegen des Fehlens jeglicher tatsächlicher Angaben zum Arbeitseinkommen oder sonstiger Forderungen des Schuldners waren überhaupt keine Tatsachen vorgetragen, die die Drittschuldnerin hätte bestreiten können1. Das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Drittschuldnererklärung vermag nicht die sonstigen Voraussetzungen einer zulässigen und schlüssigen Drittschuldnerklage zu ersetzen2. Es besteht keine Verpflichtung des beklagten Drittschuldners, die Klage des Gläubigers zulässig und schlüssig zu machen.
Nach der gesetzgeberischen Konzeption ist vorrangig der Schuldner und nicht der Drittschuldner Anspruchsgegner des Gläubigers für Auskünfte betreffend die Forderung. § 836 Abs. 3 ZPO dient dazu, dem Gläubiger die Durchsetzung der gepfändeten Forderung zu ermöglichen. Dagegen soll § 840 Abs. 1 ZPO ihm die Entscheidung erleichtern, ob er aus der gepfändeten angeblichen Forderung seines Schuldners gegen den Drittschuldner vorgehen soll oder nicht3. Ihm soll ermöglicht werden, sein weiteres Vorgehen sinnvoll zu planen und die Risiken der Durchsetzung der Forderung, etwa wegen bestehender Vorpfändungen, abschätzen zu können4. Der Gläubiger soll in groben Zügen darüber informiert werden, ob die gepfändete Forderung als begründet anerkannt und erfüllt wird oder Dritten zusteht oder ob sie bestritten und deshalb nicht oder nur im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren durchzusetzen ist5.
Der Drittschuldner ist nur dazu verpflichtet, die Fragen des Gläubigers zu beantworten, die sich inhaltlich im Rahmen des Katalogs von § 840 Abs. 1 ZPO bewegen6. Der Drittschuldner muss das Anerkenntnis oder die Ablehnung der Forderung nicht begründen. Die fehlende Pflicht zur Substanziierung ergibt sich dabei aus dem Zweck der Vorschrift, die den Gläubiger nicht vor jeglichen Risiken des Einziehungsprozesses schützen will. Es soll nur verhindert werden, dass der Gläubiger einen überflüssigen Einziehungsprozess mit der Kostenfolge des § 93 ZPO führt7.
Es gibt keinen Grund, den Drittschuldner über den durch die Pfändung gezogenen Rahmen hinaus mit weiter gehenden Auskunftspflichten zu belasten und den Pfändungsgläubiger so gegenüber dem Drittschuldner günstiger zu stellen als einen neuen Gläubiger nach der Abtretung gegenüber dem Schuldner (vgl. §§ 398 ff. BGB). Denn auch nach einer Abtretung muss der Schuldner dem neuen Gläubiger keine Auskunft über den Bestand der Forderung erteilen oder die Substanziierung einer Einziehungsklage ermöglichen oder erleichtern. Die für die Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft muss der neue Gläubiger im Zweifel gemäß § 402 BGB vielmehr beim bisherigen Gläubiger einholen. Für die gepfändete Forderung entspricht dem inhaltlich die Bestimmung des § 836 Abs. 3 ZPO8. Nach dieser Entscheidung des Gesetzgebers hat der Gläubiger die erforderlichen Auskünfte beim Schuldner einzuholen9 und nicht beim Drittschuldner.
Deshalb treffen den Drittschuldner auch grundsätzlich keine Präklusionswirkungen, wenn er die in § 840 Abs. 1 ZPO geforderte Erklärung nicht abgibt10, welche eine reine Wissens- aber keine Willenserklärung ist11. Gegen ihn besteht auch kein einklagbarer Anspruch des Gläubigers auf Abgabe der Drittschuldnererklärung12. Die Vorschrift begründet nur eine Obliegenheit, die im Falle ihrer Nichterfüllung gegebenenfalls zu einem Schadensersatzanspruch des Gläubigers nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO führen kann13.
Auch ohne Drittschuldnererklärung kann die Gläubigerin ihre Klage zulässig erheben und schlüssig begründen, ohne dabei, wie sie es plakativ herausstellt, „schlüssig lügen“ zu müssen.
Die Gläubigerin ist für einen schlüssigen Vortrag nicht verpflichtet, den betreffenden Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen, sondern genügt ihrer Darlegungspflicht grundsätzlich bereits dadurch, dass sie diejenigen Umstände vorträgt, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben14.
Soweit die Gläubigerin über keine anderen Erkenntnisquellen verfügt, genügt zunächst grundsätzlich die Angabe der üblichen Vergütung für die Tätigkeit des Schuldners (§ 612 BGB). Dabei kann regelmäßig auf die in entsprechenden Tarifverträgen geregelte Vergütung abgestellt werden15, ohne dass damit gegen die Wahrheitspflicht verstoßen wird16. Auch eine Bezugnahme auf die Vergütung nach § 1 MiLoG kommt in Betracht. Ein prozessual unzulässiges Vorgehen der Gläubigerin durch das Aufstellen willkürlicher Behauptungen, ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts „ins Blaue hinein“, kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder wenn sie selbst nicht an die Richtigkeit ihrer Behauptungen glaubt17. Läge ein entsprechender Tatsachenvortrag der Gläubigerin vor, müsste sich die Drittschuldnerin im Rahmen substanziierten Bestreitens hierzu äußern.
Welche Tätigkeit der Schuldner beim Drittschuldner ausübt, kann der Gläubiger durch Nachfrage beim Schuldner in Erfahrung bringen. Zu solchen Angaben ist er nach § 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Bei fehlenden Angaben zur Arbeitszeit und Pfändungsfreigrenzen kann der Gläubiger mangels anderer Erkenntnisse grundsätzlich von einer vollschichtigen Tätigkeit und fehlenden Unterhaltspflichten des Schuldners ausgehen. Hiervon abweichende Umstände hat der Drittschuldner darzulegen18.
Als eigene Erkenntnisquelle verfügt die Gläubigerin nicht nur über die einklagbaren Auskunftsansprüche gegenüber dem Schuldner. Sie hat nach § 836 Abs. 3 ZPO auch die Möglichkeit, die über die Forderung bestehenden Urkunden, etwa Abrechnungen, herauszuverlangen. Aus den Abrechnungen erfährt die Gläubigerin alle für die Berechnung des pfändbaren Einkommens nach den §§ 850 ff. ZPO maßgebenden Daten, wie das Brutto- und Nettoeinkommen und Unterhaltspflichten.
Sollte die Gläubigerin diesen Angaben des Schuldners misstrauen und annehmen, er erhalte von der Drittschuldnerin tatsächlich eine höhere, pfändbare Vergütung, könnte sie gegebenenfalls unter Bezugnahme auf § 850h Abs. 2 ZPO Ansprüche gegen die Drittschuldnerin wegen verschleierten Arbeitseinkommens geltend machen19. Dabei sind allerdings auch hier die entsprechenden Darlegungserfordernisse einzuhalten20.
Die Interessen der Gläubigerin in Fällen eines kollusiven Zusammenwirkens von Drittschuldner und Schuldner sind insbesondere durch die strafbewehrte eidesstattliche Versicherung des Schuldners nach § 836 Abs. 3 ZPO (vgl. § 156 StGB) und die Schadensersatzpflicht der Drittschuldnerin nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO geschützt. Hieraus ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision jedoch keine Rechtsfolgen für die an die Bestimmung des Streitgegenstands der Drittschuldnerklage zu stellenden Anforderungen.
Der Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist regelmäßig darauf gerichtet, den Gläubiger so zu stellen, wie er bei einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft des Drittschuldners gestanden hätte. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt, den Gläubiger im Wege des Schadensersatzes nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO so zu stellen, als bestünde die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner21. § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat nicht die Fiktion einer pfändbaren Forderung zur Folge22. Damit bleibt es dabei, dass der Gläubiger im Rahmen einer Drittschuldnerklage insbesondere das pfändbare monatliche Einkommen des Schuldners23, den Grund und die Höhe anderweitig gepfändeter Ansprüche sowie die Zeitabschnitte, auf welche die Ansprüche entfallen, anzugeben hat.
Der Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt allerdings nicht nur in Betracht, wenn ein Gläubiger wegen nicht erfolgter oder nicht ordnungsgemäßer Erklärung des Drittschuldners eine unbegründete Einziehungsklage erhebt. Erfasst wird auch der Fall, dass er eine solche Klage zunächst unterlässt, von weiteren objektiv erfolgversprechenden Vollstreckungsmaßnahmen Abstand nimmt und diese versäumt24.
Schließlich kommt im Falle vorsätzlich falscher Angaben eine Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB in Betracht25. Hierzu hat die Gläubigerin indes nichts vorgetragen. Derartige Schadensersatzansprüche würden im Übrigen auch einen anderen Streitgegenstand betreffen als die gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin.
Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.05.200626 ergibt sich nichts anderes. Diese ist vorliegend nicht einschlägig. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob und in welchem Umfang dem klagenden Gläubiger Schadensersatzansprüche gegen den Drittschuldner zustehen, wenn dieser eine Drittschuldnererklärung im Sinne von § 840 ZPO nicht (rechtzeitig) abgibt. Der Bundesgerichtshof erläutert hier die Voraussetzungen und den Umfang eines Schadensersatzanspruchs des Gläubigers gegen den Drittschuldner nach einem im Wege der zulässigen Klageänderung (§ 263 ZPO) geschehenen Übergang von der Drittschuldnerklage nach §§ 829, 835 ZPO auf eine Schadensersatzklage nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Damit ist jedoch nichts über die Zulässigkeitsanforderungen, insbesondere die Anforderungen an die Bestimmtheit des Streitgegenstands einer Drittschuldnerklage gesagt. Allein hinsichtlich der Begründetheit der entsprechenden Schadensersatzklage wird ausgeführt, dass es keiner nochmaligen Aufforderung an den Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO bedürfe, da der Gläubiger ohne Weiteres von der Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung ausgehen könne. Für den Fall, dass er eine entsprechende Drittschuldnerklage erhebt, entbindet ihn dies aber nicht davon, die maßgeblichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage zu erfüllen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Juli 2015 – 10 AZR 416/14
- vgl. BAG 20.06.1984 – 4 AZR 564/83 – Abs. 4 der Gründe[↩]
- unzutreffend LAG Hamburg 3.03.1986 – 2 Sa 5/86[↩]
- vgl. BGH 25.09.1986 – IX ZR 46/86, zu I der Gründe, BGHZ 98, 291[↩]
- vgl. Musielak/Voit/Becker ZPO 12. Aufl. § 840 Rn. 1[↩]
- vgl. BGH 17.04.1984 – IX ZR 153/83, zu I 2 b der Gründe, BGHZ 91, 126[↩]
- vgl. MünchKomm-ZPO/Smid 4. Aufl. § 840 Rn. 11; Musielak/Voit/Becker ZPO § 840 Rn. 5[↩]
- vgl. Wieczorek/Schütze/Lüke ZPO 4. Aufl. § 840 Rn. 11 ff.[↩]
- vgl. BGH 13.12 2012 – IX ZR 97/12, Rn. 14[↩]
- vgl. Stein/Jonas/Brehm ZPO 22. Aufl. § 840 Rn.19[↩]
- vgl. MünchKomm-ZPO/Smid § 840 Rn.19[↩]
- vgl. BGH 10.10.1977 – VIII ZR 76/76, zu III 2 der Gründe, BGHZ 69, 328[↩]
- vgl. BGH 4.05.2006 – IX ZR 189/04, Rn. 10 mwN[↩]
- vgl. Musielak/Voit/Becker ZPO § 840 Rn. 8; näher dazu unten zu I 4 a[↩]
- vgl. BAG 3.08.2005 – 10 AZR 585/04, zu II b der Gründe mwN[↩]
- vgl. Stöber Forderungspfändung Rn. 952; Natter/Gross/Perschke ArbGG 2. Aufl. § 58 Rn. 101[↩]
- vgl. AnwK-ArbR/Kloppenburg § 46 ArbGG Rn. 137; Wenzel MDR 1966, 971, 972[↩]
- vgl. BAG 10.09.2014 – 10 AZR 959/13, Rn. 29[↩]
- vgl. Schaub/Koch ArbR-Hdb 15. Aufl. § 89 Rn. 53[↩]
- vgl. Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 850h Rn. 3 ff.; MünchKomm-BGB/Wagner 6. Aufl. § 826 Rn. 167[↩]
- vgl. hierzu BAG 3.08.2005 – 10 AZR 585/04, zu II b der Gründe; AnwK-ArbR/Kloppenburg § 46 ArbGG Rn. 139 mwN[↩]
- BGH 10.10.1977 – VIII ZR 76/76, zu III 2 c bb der Gründe, BGHZ 69, 328; Boewer Handbuch zur Lohnpfändung und Lohnabtretung 3. Aufl. Rn. 324; Schaub/Koch ArbR-Hdb § 89 Rn. 47; PG/Ahrens ZPO 6. Aufl. § 840 Rn. 27[↩]
- vgl. Musielak/Voit/Becker ZPO § 840 Rn. 12[↩]
- vgl. BAG 20.06.1984 – 4 AZR 564/83 – Abs. 2 der Gründe; dort im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung gefordert[↩]
- vgl. Zöller/Stöber ZPO § 840 Rn. 13; Stein/Jonas/Brehm ZPO § 840 Rn. 22; PG/Ahrens ZPO § 840 Rn. 27[↩]
- BGH 25.09.1986 – IX ZR 46/86, zu II der Gründe, BGHZ 98, 291; MünchKomm-BGB/Wagner § 826 Rn. 167; Stein/Jonas/Brehm ZPO § 840 Rn. 22; Wieczorek/Schütze/Lüke ZPO § 840 Rn. 32[↩]
- BGH 04.05.2006 – IX ZR 189/04[↩]