Gewinnansprüche aus einer indirekten Mitarbeiterbeteiligung, bei der eine Beteiligungsgesellschaft die Anteile der Arbeitnehmer am Unternehmen des Arbeitgebers hält, können nicht im Rahmen einer Betriebsvereinbarung näher ausgestaltet werden. Die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien reicht nicht so weit, den gesellschaftsrechtlichen Gewinnanspruch ausgestalten zu können.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen1 hat in der Vorinstanz seine gegenteilige Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewinnbeteiligung für das Jahr 2016 nach § 4 BV 2016 ausgeschlossen sei, weil der Arbeitnehmer im Jahr 2016 aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht wenigstens sieben Monate für die Arbeitgeberin tätig geworden sei. Die BV 2016 sei wirksam. Da nur Betriebsangehörige der Arbeitgeberin Gesellschaftsanteile erhalten könnten, seien die Betriebsparteien befugt, Regelungen zu treffen, die in den gesellschaftsrechtlichen Bereich hineinreichten. Die Stellung als Gesellschafter sei unabdingbar mit der Stellung als Betriebsangehöriger der Arbeitgeberin verknüpft.
Diese Auffassung hielt jedoch einer revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht nicht stand. Die Bestimmung ist unwirksam, weil die Betriebsparteien ihre Regelungskompetenz überschritten haben. Den Betriebsparteien ist es im Streitfall nicht erlaubt, die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft zu regeln. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ergibt sich die Regelungskompetenz der Betriebsparteien nicht daraus, dass Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft nur Betriebsangehörige sind. Obwohl nach §§ 2 bis 4 BV 1974 und §§ 1, 3 des Gesellschaftsvertrags ausschließlich Betriebsangehörigen die Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung eröffnet wird, ist mit Blick auf den Umfang und die Reichweite der Regelungskompetenz der Betriebsparteien zwischen der arbeits- und der gesellschaftsrechtlichen Ebene zu unterscheiden2.
Charakteristisch für eine indirekte Mitarbeiterbeteiligung ist, dass die Arbeitnehmer selbst keine Anteile an der Arbeitgeberin erwerben, sondern die Beteiligungsgesellschaft „zwischen“ die Parteien „geschaltet“ ist3. Deshalb bestehen zwei getrennte Beteiligungsverhältnisse. Mit der Leistung der Gesellschaftereinlage in Form der von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Beteiligungsprämie werden die Arbeitnehmer Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft. Diese ist ihrerseits mit den Beteiligungsanteilen der Arbeitnehmer als stille Gesellschafterin am Unternehmen der Arbeitgeberin beteiligt4.
Sofern die Mittel für die Mitarbeiterbeteiligung auf der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer beruhen oder mit ihr verknüpft sind, gelten arbeitsrechtliche Regeln und Grundsätze5. Arbeitsrecht betrifft damit lediglich das Arbeitsverhältnis und ist vor allem dann anzuwenden, wenn die Beteiligung Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Vergütung ist6. Das daneben bestehende Beteiligungsverhältnis beurteilt sich hingegen nicht nach arbeitsrechtlichen Vorschriften, sondern unterfällt dem Gesellschaftsrecht bzw. dem allgemeinen Schuldrecht7. Nach Leistung der Gesellschaftereinlage ist der Arbeitnehmer Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft. Seine Rechte und Pflichten richten sich in diesem Verhältnis in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft, ergänzt durch die gesetzlichen Regelungen der §§ 705 ff. BGB8. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern gegenüber nicht selbst für Forderungen aus dem Beteiligungsverhältnis haftet. Die Arbeitnehmer müssen zur Befriedigung ihrer Ansprüche, etwa solcher auf die Gewinnbeteiligung, auf das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft zurückgreifen9. Dementsprechend zählen auch die aus der Beteiligung der Arbeitnehmer folgenden finanziellen Vorteile, wie Gewinne und Zinsen, nicht zum Arbeitsentgelt10. Sie knüpfen nicht an die geleistete Arbeit als Synallagma, sondern an den Erfolg der Beteiligungsgesellschaft an11.
Die Trennung zwischen dem Arbeitsverhältnis auf der einen und der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auf der anderen Seite wirkt sich auch auf Umfang und Reichweite der Regelungskompetenz der Betriebsparteien im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungen aus.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzen von § 77 Abs. 3, § 75 BetrVG eine umfassende Regelungskompetenz für alle betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen sowie den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen12. Gegenstand einer Betriebsvereinbarung kann die Möglichkeit für Arbeitnehmer sein, an einer Mitarbeiterbeteiligung teilzunehmen13. Dabei ist die arbeitgeberseitige Entscheidung über die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms nicht mitbestimmungspflichtig, sondern unterfällt – ebenso wie die Frage des finanziellen Aufwands des Arbeitgebers für die Beteiligung – seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit14. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG im Hinblick darauf, unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Konditionen und in welchem Umfang die Arbeitnehmer am Beteiligungsmodell teilnehmen können15. Legen die Betriebsparteien ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm in einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung nieder, schaffen sie damit eine Anspruchsgrundlage für die Arbeitnehmer auf Abschluss einer Kapitalbeteiligung16.
Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungen findet ihre Grenze jedoch im verfassungsrechtlich geschützten Individualbereich der Arbeitnehmer17.
So ist es etwa der Vereinbarungsmacht von Arbeitgeber und Betriebsrat entzogen, eine Gesellschafterstellung zu begründen und Arbeitnehmer hierzu oder zum Abschluss schuldrechtlicher Verträge zu verpflichten18. Andernfalls könnten die Betriebsparteien für die Arbeitnehmer neben dem Arbeitsverhältnis ein zusätzliches Rechtsverhältnis begründen, aus dem unter Umständen nicht unerhebliche Verpflichtungen und Belastungen resultieren könnten19. Die Arbeitnehmer müssen im Rahmen der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit privatautonom darüber entscheiden können, ob sie an dem vom Arbeitgeber aufgelegten Mitarbeiterbeteiligungsprogramm teilnehmen möchten.
Eine Betriebsvereinbarung darf ferner grundsätzlich nicht in bereits entstandene Ansprüche eingreifen20. Bestimmungen über das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer können die Betriebsparteien grundsätzlich nicht vereinbaren. Sie führen zu Einschränkungen der dem Arbeitnehmer zustehenden Freiheit, über sein Entgelt zu verfügen, und greifen auf diese Weise in seine außerbetriebliche Lebensgestaltung ein21. Davon ausgenommen sind Maßnahmen zur Vermögensbildung iSv. § 88 Nr. 3 BetrVG22. Allerdings dürfen sie auch insoweit nicht in erdiente Besitzstände eingreifen23. Die Betriebsparteien können daher nicht darüber bestimmen, wie Arbeitnehmer das ausgezahlte und zur Vermögensbildung zweckgerichtet eingesetzte Arbeitsentgelt sowie die daraus erzielten Erträge verwenden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn zu der Zeit der Entstehung der Ansprüche hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass diese Ansprüche zulasten der Arbeitnehmer von den Betriebsparteien geändert werden können24.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist § 4 BV 2016 nicht von der Regelungsmacht der Betriebsparteien gedeckt.
Im Streitfall war es den Betriebsparteien zwar möglich, Regelungen der Beteiligungsprämie zu treffen. Sie ist das mit der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer verknüpfte zweckgebundene Mittel der Mitarbeiterbeteiligung und bildet die Gesellschaftereinlage der Arbeitnehmer an der Beteiligungsgesellschaft (vgl. § 5 BV 1974, § 3 des Gesellschaftsvertrags der Beteiligungsgesellschaft vom 22.11.1974). Der Arbeitgeberin und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat ist es im Rahmen ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Regelungskompetenz außerdem möglich, den Anspruch auf die Beteiligungsprämie in Grund und Höhe von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen (vgl. §§ 2 bis 5 BV 1974 bzw. §§ 2, 3 und 5 BV 2016). Es liegt dann in der freien Entscheidung jedes Arbeitnehmers der Arbeitgeberin, die angetragene Möglichkeit der Teilnahme am Beteiligungsprogramm anzunehmen.
Nimmt ein Arbeitnehmer das in der BV 1974 enthaltende Angebot auf Erhalt einer Beteiligungsprämie an, erwirbt er gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf die Beteiligungsprämie und auf Verschaffung der Gesellschafterstellung in der Beteiligungsgesellschaft. Erhält der Arbeitnehmer die Beteiligungsprämie und bringt sie als Gesellschaftereinlage in die Beteiligungsgesellschaft ein, ist er Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft geworden. Infolgedessen hat er einen gesellschaftsrechtlichen Besitzstand erlangt. Dieser Besitzstand allein und nicht die vom Arbeitnehmer im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung ist maßgeblich für seine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Beteiligungsgesellschaft. Der Besitzstand ist dem Bereich des Gesellschaftsrechts zuzuordnen, beurteilt sich ausschließlich nach den Regelungen des Gesellschaftsrechts und des allgemeinen Schuldrechts. Er ist dementsprechend von der Regelungskompetenz der Betriebsparteien nicht umfasst. Die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer ist von Bedeutung, um die Mittel zur Unternehmensbeteiligung in der Form der Beteiligungsprämie zu erlangen. Sie ist jedoch nicht entscheidend für den Ertrag aus dem zweckgerichteten Einsatz der Beteiligungsprämie, dh. die Beteiligung an der Beteiligungsgesellschaft.
Deshalb konnten die Betriebsparteien die Gewinnbeteiligung mit der Neuregelung in § 4 BV 2016 nicht von einer Mindestarbeitsleistung der Arbeitnehmer abhängig machen. Diese Voraussetzung führt zu einem Eingriff in deren Stellung als Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft, der nicht von der Regelungskompetenz der Betriebsparteien gedeckt ist. Während es den Betriebsparteien grundsätzlich erlaubt ist, das Angebot zur Mitarbeiterbeteiligung in einer ablösenden Betriebsvereinbarung neu auszugestalten und dazu die Voraussetzungen für den Erhalt der Beteiligungsprämie neu zu fassen, dürfen sie in Rechte, die mit der Gesellschafterstellung des Arbeitnehmers bereits entstanden sind, nicht eingreifen. Die rechtliche Ausgestaltung dieses Bereichs ist allein den Gesellschaftern der Beteiligungsgesellschaft vorbehalten.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Betriebsparteien nachträglich in den gesellschaftsrechtlichen Besitzstand des Arbeitnehmers eingreifen dürfen.
Das Bundesarbeitsgericht teilt nicht die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, der Gesellschaftsvertrag vom 22.11.1974 folge den Vorgaben der BV 1974. Diese Ansicht wird der Trennung von arbeits- und gesellschaftsrechtlicher Ebene nicht gerecht und liefe letztendlich auf ein Recht der Betriebsparteien hinaus, über den Umfang ihrer Regelungsmacht selbst verbindlich zu entscheiden.
Maßgeblich ist vielmehr, ob der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft einen Eingriff der Betriebsparteien in die Gesellschafterstellung der Arbeitnehmer zulässt. Der Gesellschaftsvertrag nimmt jedoch ausschließlich auf die BV 1974 Bezug, ohne Änderungen durch eine andere Betriebsvereinbarung zuzulassen. Anhaltspunkte für ein redaktionelles Versehen, wie die Arbeitgeberin meint, finden sich im Gesellschaftsvertrag vom 22.11.1974 nicht. Auch das von ihr herangezogene Kündigungsrecht in § 11 BV 1974 führt zu keinem anderen Ergebnis. Es betrifft das stille Gesellschaftsverhältnis, das zwischen der Arbeitgeberin und der Beteiligungsgesellschaft besteht.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. November 2021 – 10 AZR 695/19
- LAG Niedersachsen 26.09.2019 – 7 Sa 337/18[↩]
- vgl. Mohr GmbH-StB 2005, 305, 308[↩]
- vgl. dazu Jungen Mitarbeiterbeteiligung S. 8[↩]
- Salamon EntG-HdB/Bauer/Georgi/Weist I. Mitarbeiterbeteiligung Rn. 266[↩]
- MHdB ArbR/Krause 5. Aufl. § 68 Rn. 6; Küttner Personalbuch 2021/Röller Mitarbeiterbeteiligung Rn. 6; Röder NZA 1987, 799, 804[↩]
- zur Abgrenzung BAG 3.05.2006 – 10 AZR 310/05, Rn. 44 ff.[↩]
- Küttner aaO; Grobys/Panzer/Simon/Esskandari SWK-ArbR 3. Aufl. Mitarbeiterbeteiligung Rn. 10; Röder aaO[↩]
- Heckschen/Glombik GmbHR 2013, 1009, 1017; Schneider/Fritz/Zander Erfolgs- und Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter 6. Aufl. S. 188[↩]
- MHdB ArbR/Krause aaO Rn. 4[↩]
- Küttner aaO[↩]
- vgl. Wagner Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern und Führungskräften 2. Aufl. Rn. 610[↩]
- BAG 28.07.2020 – 1 ABR 41/18, Rn. 15, BAGE 171, 340[↩]
- Esser in Schneider Handbuch der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung S.203 f.; MHdB ArbR/Krause 5. Aufl. § 68 Rn. 7 ff.; Grobys/Panzer/Simon/Esskandari SWK-ArbR 3. Aufl. Mitarbeiterbeteiligung Rn. 9; Schanz NZA 2000, 626, 632[↩]
- Jungen Mitarbeiterbeteiligung S. 142[↩]
- Tepass/Lenzen in Harrer Mitarbeiterbeteiligungen und Stock-Option-Pläne 2. Aufl. Rn. 441 ff.; Jungen aaO S. 140; Röder NZA 1987, 799, 804 f.; vgl. zu dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Fall gewährter Aktienoptionen durch die Konzernobergesellschaft BAG 12.06.2019 – 1 ABR 57/17, Rn.20[↩]
- Grobys/Panzer/Simon/Esskandari aaO Rn.19; Röder NZA 1987, 799, 805; Schanz aaO[↩]
- vgl. BAG 18.07.2006 – 1 AZR 578/05, Rn. 30, BAGE 119, 122; 11.07.2000 – 1 AZR 551/99, zu II 2 der Gründe, BAGE 95, 221[↩]
- MHdB ArbR/Krause 5. Aufl. § 68 Rn. 10 mwN; Schanz NZA 2000, 626, 632; Röder NZA 1987, 799, 805[↩]
- Baeck/Diller DB 1998, 1405, 1406; Loritz DB 1985, 531, 537[↩]
- BAG 10.08.1994 – 10 ABR 61/93, zu B II 2 der Gründe, BAGE 77, 313; vgl. zu dem Eingriff in Versorgungsanwartschaften durch ablösende Betriebsvereinbarungen BAG 19.03.2019 – 3 AZR 201/17, Rn. 36 ff., BAGE 166, 136[↩]
- BAG 18.07.2006 – 1 AZR 578/05, Rn. 30, BAGE 119, 122[↩]
- Richardi BetrVG 16. Aufl. § 77 Rn. 116[↩]
- vgl. zu einem Anspruch auf Gewinnbeteiligung gegen den Arbeitgeber BAG 28.11.1989 – 3 AZR 118/88, zu II 2 b der Gründe, BAGE 63, 267[↩]
- Schaub/Ahrendt ArbR-HdB 19. Aufl. § 231 Rn. 18[↩]