Ein Mehr an verfügbarer (Frei-)Zeit, die selbstbestimmt statt arbeitgeberbestimmt genutzt werden kann, ist eine finanziell bewertungsfähige Größe. Ihr Mehrwert besteht unabhängig von der Höhe des Stundenlohns.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Im Bereich der Vergütung findet der Grundsatz Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck ist zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird. Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden1.
Hier hat die Beklagte die arbeitsvertragliche Vergütung eines Großteils ihrer Mitarbeiter nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund entsprechender unternehmerischer Entscheidung angehoben. Dabei hat sie eine Gruppenbildung vorgenommen. Sie hat entschieden, den Arbeitnehmern mit ArbV 2008 die Leistungserhöhung zu gewähren, den übrigen Arbeitnehmern dagegen nicht. Ebenso wie in dem Fall, der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.03.20072 zugrundelag, stehen auch im vorliegenden Fall nicht die Reichweite des § 75 BetrVG und die Zulässigkeit einer Fortentwicklung unterschiedlicher Vergütungssysteme in Frage. Vielmehr kommt wie dort auch hier der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zum Zuge, nachdem die Beklagte aufgrund unternehmerischer Entscheidung, nicht etwa aufgrund bloßen Vollzugs einer Betriebsvereinbarung, eine bestimmte Arbeitnehmergruppe von der freiwillig gewährten Lohnerhöhung ausnimmt3.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 2.10.2012, 15 Sa 139/11