Das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sowie der Eintritt des Versorgungsfalles markieren nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei der Frage der Gleichbehandlung von Betriebsrentnern und Anwärtern eine Zäsur und sind deshalb sachgerechte Anhaltspunkte für versorgungsrechtliche Bestimmungen1.

Dies gilt dann nicht, wenn der Arbeitgeber trotz Kündigung der Versorgungsordnung dieselbe in vollem Umfang weiter anwendet und den ausscheidenden Betriebsrentnern jahrelang irrtümlich eine nicht auf den Kündigungszeitpunkt quotal gekürzte Betriebsrente zahlt. Die Zahlung der Betriebsrenten erfolgte in diesen Fällen nicht gemäß einer wirksamen Versorgungsordnung, sondern nur in vermeintlichem Normenvollzug. Nach Aufdeckung des Irrtums muss der Arbeitgeber gegenüber den ausgeschiedenen Arbeitnehmern/Betriebsrentnern und den weiterbeschäftigten Arbeitnehmern/Anwärtern bei der Anrechenbarkeit der über den Kündigungszeitpunkt hinausgehenden Beschäftigungszeiten den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz wahren.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Er findet stets Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift jedoch nur ein bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers, hingegen nicht beim bloßen – auch vermeintlichen – Normenvollzug oder der Erfüllung vertraglicher Pflichten3. Deshalb gibt es keinen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Irrtum“4. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weitergewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen. Dann muss er die vergleichbaren Arbeitnehmer gleich behandeln. Stellt er hingegen die rechtsgrundlosen Zahlungen alsbald nach Kenntniserlangung von seinem Irrtum ein und ergreift rechtlich mögliche Maßnahmen zur nachträglichen Korrektur seines Irrtums, ist für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kein Raum5.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass die vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei der personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichbehandlungsgrundsatz bereits verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können6.
Arbeitnehmer werden dann nicht sachfremd benachteiligt, wenn sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen Arbeitnehmern gewährte Leistung vorzuenthalten7. Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn mit einer am Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist8. Verstößt der Arbeitgeber gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, ist er verpflichtet, die Regel auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und diese entsprechend zu begünstigen. Daraus kann sich ein Anspruch der bisher vom Arbeitgeber ausgenommenen Arbeitnehmer auf die den Begünstigten gewährten Leistungen ergeben9.
Hieran gemessen hat in dem hier vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Fall die Arbeitgeberin bei ihrer verteilenden Entscheidung im Dezember 2010 nicht den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt. Die Arbeitgeberin hat Ende 2010 die generelle abstrakte Regelung getroffen, für die längstens bis zum Stichtag 31.01.2011 beschäftigten Arbeitnehmer, die bereits ohne Rechtsgrund eine unquotierte Betriebsrente bezogen, die BV 2/88 weiterhin ohne Berücksichtigung der Kündigung zum 31.12.1994 anzuwenden, d. h. den Altrentnern die volle und nicht quotal gekürzte Betriebsrente zu zahlen. Zugleich hat sie entschieden, dass die über den Stichtag hinaus weiterbeschäftigten Arbeitnehmer/Anwärter zukünftig nur noch Betriebsrenten in quotal gekürzter Höhe der bis zum 31.12.1994 erworbenen Anwartschaften erhalten. Damit hat sie zugleich die Gruppe der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer/Anwärter von den freiwilligen Vergünstigungen der ausgeschiedenen Mitarbeiter/Betriebsrentner ausgenommen. Das bedeutet, dass die Arbeitgeberin die bewusste Entscheidung getroffen hat, für eine bestimmte Gruppe Arbeitnehmer, die eine Versorgungszusage hatte, die BV 2/88 trotz der Kündigung in vollem Umfang anzuwenden und für die andere Arbeitnehmergruppe, obgleich diese ebenfalls eine Versorgungszusage hat, die BV 2/88 nur noch statisch bis zum Kündigungstermin anzuwenden, sodass die letzte Gruppe nur noch eine auf den 31.12.1994 quotierte Betriebsrente erwerben konnte bzw. kann. Mit ihrer Verteilungsentscheidung wendet die Arbeitgeberin rückwirkend den maßgeblichen Faktor zur Berechnung der Betriebsrente, nämlich die anrechenbare Beschäftigungszeit, für beide Gruppen (ausgeschiedene Arbeitnehmer mit Betriebsrente und Anwärter) unterschiedlich an. Durch die getroffene Stichtagsregelung hat sie in einen rückwärtigen Sachverhalt eingegriffen, der für beide Arbeitnehmergruppen gleich war. Für die sogenannten Altrentner zählen deren vom 01.01.1995 bis längstens 31.01.2011 zurückgelegten Beschäftigungszeiten noch als anrechenbare Dienstzeiten i. S. d. BV 2/88 für die weiterbeschäftigten Arbeitnehmer indessen nicht mehr. Entscheidend ist, dass auch die sogenannten Altrentner zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Anrechnung der über den 31.12.1994 hinausgehenden Beschäftigungszeiten hatten. Diese Verteilungsentscheidung entspricht im Ergebnis genau derjenigen, als wenn die Arbeitgeberin bereits mit der Kündigung der BV 2/88 entschieden hätte, dass diejenigen weiterbeschäftigten Mitarbeiter, deren Versorgungsfall noch vor dem 31.01.2011 eintritt, eine unquotierte Betriebsrente und diejenigen, die über den 31.01.2011 als Anwärter weiterbeschäftigt werden, nur noch eine auf den 31.12.1994 quotal gekürzte Betriebsrente erhalten werden.
Für diese Ungleichbehandlung gibt es keine sachliche Rechtfertigung. Die getroffene Verteilungsentscheidung der Arbeitgeberin vom Dezember 2010 ist nicht durch sachlich anerkennenswerte Gründe gerechtfertigt.
Insbesondere kann sich die Arbeitgeberin vorliegend nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es stets sachlich gerechtfertigt sei, die Gruppe der Betriebsrentner und diejenige der Betriebsrentenanwärter ungleich zu behandeln. Dabei wird nicht verkannt, dass das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sowie der Eintritt des Versorgungsfalls nach der ständigen Rechtsprechung des 3. Landessozialgerichts des Bundesarbeitsgerichts eine Zäsur markieren und deshalb auch sachgerechte Anhaltspunkte für versorgungsrechtliche Bestimmungen sind10. In diesen Fällen wird eine Versorgungsordnung für die Zukunft geändert und die Änderungen wirken sich auf die Anwärter und Betriebsrentner unterschiedlich aus.
Vorliegend geht es aber nicht um den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz infolge der Änderung einer Versorgungsordnung, sondern um eine einseitige Verteilungsentscheidung der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin verkennt bei ihrer Argumentation im Berufungsverfahren, dass bei der Änderung einer Versorgungsordnung, bei der nur in die Rechte der Anwärter eingegriffen wird, die Betriebsrentner auf die ihnen bislang gezahlten Versorgungsleistungen einen Anspruch aufgrund der bisherigen Versorgungsordnung hatten. Dies ist hier gerade nicht der Fall. Vielmehr hat die Arbeitgeberin nicht nur die irrtümlich falsch berechneten Versorgungsleistungen zukunftsorientiert geändert, sondern rückwirkend die nach dem 31.12.1994 zurückgelegten Beschäftigungszeiten aller Arbeitnehmer, die eine Versorgungszusage hatten, gemessen daran, ob sie am Stichtag ausgeschieden waren und Betriebsrente bezogen oder weiterbeschäftigt werden, als anrechnungsfähig oder nicht anrechnungsfähig gewertet. Diese differenzierte Änderung erfolgte, obgleich diese Beschäftigungszeiten in beiden Fällen nach der gekündigten BV 2/88 nicht mehr anrechnungsfähig waren. Denn die Arbeitgeberin gewährte den Altrentnern nur im vermeintlichen Normenvollzug vor dem 31.01.2011 eine unquotierte Betriebsrente. Diesen Irrtum perpetuierte sie im Dezember 2010 zugunsten der Betriebsrentner. Die von der Arbeitgeberin in der Berufungsbegründung angeführte Rechtsprechung zur sachgerechten Differenzierung zwischen Betriebsrentnern und Anwärtern betrifft mithin nicht den vorliegenden Fall.
Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin handelt es sich bei der von ihr vorgenommenen Gruppenbildung nicht um eine rein sachverhaltsbezogene Differenzierung, bei der nur das Willkürverbot maßgeblich ist. Nach der Willkürklausel wurde Art. 3 Abs. 1 GG als verletzt angesehen, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt, die Regelung folglich als willkürlich bezeichnet werden muss. Demgegenüber ergeben sich nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Neuen Formel aus Art. 3 Abs. 1 GG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, d. h. vorliegend dem Arbeitgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen können typisierende und generalisierende Regelungen notwendig sein. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Zahl von Personen betrifft und der Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht sehr intensiv ist. Stehen die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Regelung jedoch in einem Missverhältnis zu den mit der Typisierung verbundenen Vorteilen, so genügt diese dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht11. Die Abgrenzung einer personenbezogenen und sachverhaltsbezogenen Differenzierung ist zudem fließend. Die Arbeitgeberin hat die Entscheidung, welchen Mitarbeitern sie auch künftig eine unquotierte Betriebsrente zahlt, danach getroffen, ob die Mitarbeiter bereits am 31.01.2011 ausgeschieden waren und Betriebsrente beziehen oder als Anwärter weiter beschäftigt werden. Sie hat mithin eine im Wesentlichen personenbezogene Differenzierung vorgenommen, für die sie einen hinreichenden Sachgrund benötigt. Vorliegend erweist sich die Differenzierung zwischen den bis zum 31.01.2011 ausgeschiedenen Arbeitnehmern/Betriebsrentnern und den noch weiter beschäftigten Arbeitnehmern/Anwärtern nicht mehr als sachgerecht.
Die Arbeitgeberin kann sich für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung insbesondere nicht darauf berufen, sie habe das durch ihr jahrelanges Verhalten geweckte Vertrauen der Altrentner in den Fortbestand der (rechtsgrundlosen) Rentenzahlungen in unquotierter Höhe nicht zerstören wollen.
Bereits der gewählte Stichtag (31.01.2011) ist aus Sicht aller zumindest seit dem 31.12.1994 beschäftigten Arbeitnehmer nicht nachvollziehbar. Zwar steht der gewählte Stichtag in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufdeckung des Irrtums der fehlerhaften Nichtberücksichtigung der Kündigung der BV 2/88 durch die Arbeitgeberin, für die betroffenen Mitarbeiter ist er indessen absolut zufällig und damit willkürlich. Denn auch die bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer/Betriebsrentner hatten keinen Anspruch auf eine unquotierte Betriebsrente. Auch ihre Betriebsrentenansprüche waren ebenso wie diejenigen der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer von der Kündigung der BV 2/88 betroffen. Die gewählte Stichtagsregelung kann auch zu eklatanten und damit nicht mehr hinnehmbaren Ungerechtigkeiten führen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein seit Dezember 1975 bis Dezember 2000 beschäftigter Arbeitnehmer (Wartezeit erfüllt), der wegen Erreichens des 65. Lebensjahres ausgeschieden ist, eine unquotierte Betriebsrente in Höhe von 51, 13 € erhält, ein Arbeitnehmer, der ebenfalls seit Dezember 1975 bis zum Dezember 2014 beschäftigt war, nur eine auf den 31.12.1994 quotal gekürzte Betriebsrente erhält, obgleich er wesentlich längere Betriebstreue erwiesen und seine Ansprüche auf Altersversorgung in größerem Umfang selbst miterwirtschaftet hat.
Der Arbeitgeber kann mit Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterschiedliche Zwecke verfolgen. Zunächst einmal soll die betriebliche Altersversorgung in aller Regel die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer im Alter verbessern. Außerdem dient die betriebliche Altersversorgung dazu, die von den Arbeitnehmern gezeigte Betriebszugehörigkeit zu belohnen und weitere Betriebszugehörigkeit zu fördern12. Auf die zuletzt genannten Zwecke beruft sich die Arbeitgeberin indessen nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Weitere Betriebszugehörigkeit wird vorliegend „bestraft“.
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.08.2014 – 3 AZR 764/12 – zugrunde lag, ganz maßgeblich. In dem dortigen Verfahren hatte die Arbeitgeberin eine allgemeine Regelung dergestalt aufgestellt, dass die an einem Stichtag noch aktiven Arbeitnehmer eine Zusage der jährlichen Erhöhung der Betriebsrente um 2, 2 % erhielten, während die ausgeschiedenen Arbeitnehmer von dieser Anpassung ausgenommen waren. Die Förderung und Honorierung weiterer Betriebszugehörigkeit sah das Bundesarbeitsgericht als geeigneten und auch angemessenen Differenzierungsgrund für die unterschiedliche Behandlung der zum Stichtag ausgeschiedenen und der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer an.
Hier liegt indessen ein umgekehrter Sachverhalt vor. Die Arbeitgeberin bevorzugt die ausgeschiedenen Arbeitnehmer/Betriebsrentner und nicht die weiterbeschäftigten Arbeitnehmer/Anwärter. Weitergehende Betriebstreue führt zu einer Benachteiligung gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern/Betriebsrentnern. Für diese Benachteiligung liegt kein hinreichender Sachgrund vor.
Die Differenzierung zwischen ausgeschiedenen Arbeitnehmern/Betriebsrentnern und weiterbeschäftigten Arbeitnehmern/Anwärtern ist auch nicht deshalb sachlich gerechtfertigt, weil die Altrentner aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation schutzwürdiger seien. Die wirtschaftliche Lage der Betriebsrentner und der Anwärter ist zumindest für die rentennahen Anwärter ähnlich. Auch die weiterbeschäftigten Anwärter sind angesichts der zu erwartenden gesetzlichen Rente in ähnlicher Weise auf das Zusatzeinkommen aus der betrieblichen Altersversorgung angewiesen wie die ausgeschiedenen Arbeitnehmer/Betriebsrentner. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die Anwärter künftig eine höhere gesetzliche Rente erhalten, wie die im Jahr 2010 bereits in Rente befindlichen Arbeitnehmer. Beide Gruppen sind mithin im gleichen Umfang auf die betriebliche Altersversorgung angewiesen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Betriebsrentner weitestgehend Arbeitnehmer der unteren Vergütungsgruppen waren und nur eine geringe gesetzliche Rente erhalten. Abgesehen davon, dass diese Behauptung pauschal und unsubstantiiert ist, hat die Arbeitgeberin die Differenzierung gerade nicht nach der Höhe des Bezugs der gesetzlichen Rente oder sonstiger Versorgungsleistungen vorgenommen, sondern allein danach, ob die (ehemaligen) Mitarbeiter bereits Betriebsrentner waren oder als Anwärter weiterbeschäftigt werden. Die Arbeitgeberin verkennt, dass auch die weiterbeschäftigten Arbeitnehmer/Anwärter, die ggf. aufgrund ihres höheren Einkommens eine höhere gesetzliche Rente erhalten werden, darauf vertrauen durften, eine unquotierte Betriebsrente zu erhalten.
Auch der Differenzierungsgrund, dass sich die Altrentner aufgrund der bereits gewährten höheren Betriebsrente auf eine höhere Lebensführung eingestellt hätten, verfängt nicht. Zur Wahrung des Besitzstandes hätte es ausgereicht, von den Altrentnern die zu viel gezahlten Betriebsrenten nicht zurückzufordern. Eine derartige Begünstigung der Altrentner gegenüber den Anwärtern wäre nicht zu beanstanden gewesen. Ein hinreichender Sachgrund, allein den sogenannten Altrentnern und den sogenannten Sozialplanabgängern/Anwärtern auch künftig die nicht geschuldete unquotierte Betriebsrente zu zahlen, liegt indessen nicht vor. Insbesondere hatten sich die sogenannten Sozialplanabgänger/Anwärter auch noch nicht in ihrer Lebensführung auf eine höhere Betriebsrente eingestellt. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hätte die Arbeitgeberin alle Arbeitnehmer, ob am Stichtag bereits als Rentner ausgeschieden oder darüber hinaus als Anwärter weiterbeschäftigt, im Hinblick auf die versorgungsrechtliche Anrechenbarkeit der von 1995 bis zum 31.01.2011 erbrachten Beschäftigungszeiten gleich behandeln müssen. Sie hätte entweder allen Arbeitnehmern mit Versorgungszusage – egal ob mit Status eines Betriebsrentners oder eines Anwärters – über den Stichtag hinaus eine unquotierte Betriebsrente (weiter-)zahlen oder nur noch eine quotal auf den 31.12.1994 gekürzte Betriebsrente zahlen müssen. Der mit der strittigen zusätzlichen Versorgungsleistung verfolgte Zweck ist im vorliegenden Fall sowohl bei den Altrentnern als auch bei den zukünftigen Betriebsrentnern gleich. Sie dient der Ergänzung der gesetzlichen Rente und anderweitiger Versorgungsleistungen und damit der Absicherung des Lebensunterhalts im Alter. Die Arbeitgeberin kann insoweit auch nicht mit dem Argument gehört werden, dass der Eintritt des Versorgungsfalls stets eine Zäsur bedeute. Denn nicht dieses Ereignis in Folge der Änderung einer Versorgungsordnung war maßgeblich für die Verteilungsentscheidung, sondern das von der Arbeitgeberin selbst gesetzte; vom Zufall der Aufdeckung des Irrtums abhängige Datum 31.01.2011.
Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die irrtümlich bis Januar 2011 gezahlten Differenzbeträge tatsächlich dazu geführt haben, dass sich die Altrentner in ihrer Lebensführung darauf eingerichtet haben, sodass eine künftige Kürzung für diese Gruppe zu nicht hinzunehmenden Härten führen würde. Die insoweit darlegungspflichtige Arbeitgeberin hat hierzu nichts vorgetragen. Die monatlichen Differenzbeträge dürften für die Altrentner mehrheitlich eher im unteren zweistelligen Euro-Bereich liegen. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hätte die Arbeitgeberin mithin die zunächst rechtsgrundlos erfolgten Zahlungen an die Altrentner einstellen und deren Betriebsrenten auf die Höhe der bis zum 31.12.1994 erworbenen Anwartschaftsrechte mit Wirkung zum 31.01.2011 kürzen müssen. Da sie stattdessen aber die rechtsgrundlosen Zahlungen auch nach Kenntnis ihres Irrtums ohne sachlichen Grund weiterhin leistet, haben nunmehr auch die weiterbeschäftigten Arbeitnehmer/Anwärter Anspruch auf eine künftige Betriebsrente quotiert auf den 31.01.2011 und nicht auf 31.12.199413.
Ein hinreichender Sachgrund für die vorgenommene Differenzierung kann auch nicht darin erblickt werden, dass es den Anwärtern im Gegensatz zu den Betriebsrentnern noch möglich sei, eine private Zusatzrente anzusparen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass auch die Anwärter kaum noch in der Lage sind, die gestrichenen anrechenbaren Beschäftigungszeiten von 17 Jahren durch den Abschluss einer privaten Zusatzrentenversicherung zu kompensieren. Hieran ändert auch der Einwand der Arbeitgeberin nichts, dass die Anwärter nur einen zweistelligen Eurobetrag ausgleichen müssten. Für den Erwerb einer privaten Zusatzrente in Höhe der betrieblichen Mindestrente von 51, 13 € bei Erreichen des 65. Lebensjahres müsste ein Mitarbeiter des Jahrgangs 1955 jetzt einen monatlichen Sparbetrag von ca. 300, 00 € aufwenden. Selbst wenn dieser Mitarbeiter bereits Anfang 2011 eine private Zusatzrentenversicherung abgeschlossen hätte, dürften die monatlichen Sparbeträge zumindest bei 200, 00 € gelegen haben, um eine Zusatzrente von 51, 13 € monatlich zu erwerben. Ein Mitarbeiter des Jahrgangs 1960 müsste jetzt Monatsbeiträge von ca. 150, 00 € leisten. Auch eine derartige Mehrbelastung können die wenigsten aktiven Mitarbeiter tragen.
Ungeachtet dessen hatten aber auch die heutigen Anwärter bis 2011 keine Veranlassung, sich eine private Zusatzrente aufzubauen. Sowohl die Altrentner als auch die zukünftigen Betriebsrentner, die ebenfalls vor dem 31.12.1993 eingestellt wurden, haben aufgrund des Verhaltens der Arbeitgeberin gleichermaßen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin ihnen bei Eintritt des Versorgungsfalles eine unquotierte Betriebsrente nach der BV 2/88 zahlen wird.
Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie die irrtümlich zu hohen Rückstellungen für die Betriebsrenten der Altrentner hätte teilweise auflösen und damit Gewinne hätte generieren müssen, wenn sie diesen ab Februar 2011 nur noch quotierte Betriebsrenten gezahlt hätte. Soweit die Arbeitgeberin vorträgt, dass sie für die Anwärter demgegenüber nur Rückstellungen auf der Basis der quotierten Betriebsrenten gebildet habe, ist dies für die Kammer nicht nachvollziehbar. Denn die Rückstellungen – sowohl für die Betriebsrentner als auch für die Anwärter – wird die Rechtsvorgängerin noch gebildet haben, denn der Irrtum ist erst bei der Unternehmensspaltung aufgedeckt worden. Ungeachtet dessen ist ein möglicher Imageschaden nicht geeignet einen hinreichenden Sachgrund für die Ungleichbehandlung darzustellen.
Angesichts der sachwidrigen Differenzierung zwischen den sogenannten Altrentnern und den weiterbeschäftigten Anwärtern kann es dahingestellt bleiben, ob der Feststellungsantrag auch wegen Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber den in 2010 ausgeschiedenen Sozialplanabgängern/Anwärtern begründet ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine außerordentlich kleine Gruppe, für die es eine sachliche Rechtfertigung der Differenzierung nicht bedarf14. Denn unstreitig erhalten 25 sogenannte Sozialplanabgänger, die am Stichtag ebenfalls noch nicht das Rentenalter von 65 Jahren erreicht hatten, weiterhin eine unquotierte Betriebsrente. Der Anteil dieser bevorzugten Gruppe von Anwärtern entspricht unstreitig 14, 8 % aller anspruchsberechtigten 169 Anwärter zu dem Zeitpunkt. Die Arbeitgeberin hat auch erstmals in der Berufungsbegründung vom 19.08.2015 – unbestritten – vorgetragen, dass sie bereits im Dezember 2010 entschieden habe, dass auch diese ausgeschiedenen Anwärter eine unquotierte Betriebsrente bekommen sollten, weil diese bereits infolge der Unternehmensspaltung ihren Arbeitsplatz verloren hätten. Der Arbeitnehmer wird mithin nicht nur gegenüber den Altrentnern sondern auch gegenüber diesen Anwärtern benachteiligt. Im vorliegenden Verfahren braucht indessen nicht geklärt zu werden, ob der von der Arbeitgeberin angegebene Sachgrund, den Sozialplanabgängern durch die Anerkennung der über den 31.12.1994 hinausgehenden Beschäftigungszeiten eine zusätzliche Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes gewähren zu wollen, tragfähig im Hinblick auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ist.
Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist die vom Arbeitnehmer beanspruchte „Anpassung nach oben“ der Arbeitgeberin auch nicht unzumutbar. Die Arbeitgeberin kann sich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Falle der Korrektur einzelner Bedingungen eines Sozialplans und der damit verbundenen Erhöhung des Sozialplanvolumens und einer etwaig vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung berufen15. Vorliegend geht es nicht um die Aufstellung oder Korrektur eines Sozialplans, der erzwingbar ist, sondern um die Frage der Wahrung des arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den Arbeitgeber im Rahmen einer (freiwilligen) Verteilungsentscheidung. Die Arbeitgeberin hatte es selbst in der Hand, in welcher Höhe sie (freiwillig) zusätzliche Betriebsrenten zahlen will. Die Kosten für die zusätzlichen Rückstellungen sind Folge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Ungeachtet dessen hat die Arbeitgeberin aber auch nicht schlüssig dargelegt, dass ihr die Gleichbehandlung von Altrentnern und weiterbeschäftigten Arbeitnehmern/Anwärtern wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Sie hat insbesondere die Berechnung der erforderlichen zusätzlichen Rückstellungen weder offen gelegt noch substantiiert vorgetragen, aus welchen Gründen sie diese behaupteten Zusatzkosten in unzumutbare Schwierigkeiten bringen würden.
Der Arbeitnehmer hat indessen keinen Anspruch auf Feststellung, dass für die Berechnung seiner betrieblichen Altersversorgung der Zeitraum vom 31.12.1983 bis zum 23.06.2016, d. h. dem letzten Tag der mündlichen Verhandlung, zugrunde zu legen ist. Die Verteilungsentscheidung der Arbeitgeberin vom Dezember 2010 beinhaltet grundsätzlich für alle Betriebsrentner und Arbeitnehmer gleich, dass die über den 31.01.2011 hinausgehenden Beschäftigungszeiten im Rahmen der Berechnung der Betriebsrente grundsätzlich nicht mehr als anrechnungsfähige Dienstzeiten berücksichtigt werden. Insoweit kann sich der Arbeitnehmer nicht auf eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber den zum Stichtag ausgeschiedenen Arbeitnehmern, die bereits Betriebsrente beziehen, berufen. Die Ungleichbehandlung ergibt sich einzig und allein daraus, dass die Arbeitgeberin die vergangenen Dienstzeiten vom 01.01.1995 bis zum 31.01.2011 bei den über den 31.01.2011 weiterbeschäftigten Arbeitnehmern bei der Berechnung der Betriebsrenten nicht als anrechenbare Dienstzeiten berücksichtigt.
Landesarbeitsgericht Schleswig -Holstein, Urteil vom 23. Juni 2016 – 5 Sa 299/15
- BAG, Urteil vom 12.08.2014 – 3 AZR 764/12[↩]
- st. Rspr. BAG, Urteil vom 14.12.2011 – 5 AZR 675/10, Rn. 15, juris; BAG, Urteil vom 21.09.2011 – 5 AZR 520/10, juris; BAG, Urteil vom 17.03.2010 – 5 AZR 168/09, Rn. 14 mwN[↩]
- BAG, Urteil vom 14.12.2011 – 5 AZR 675/10, Rn. 18 mwN, juris; BAG, Urteil vom 27.08.2008 – 4 AZR 484/07, Rn. 40, juris; BAG, Urteil vom 15.04.2008 – 1 AZR 65/07, Rn. 18, juris; BAG, Urteil vom 26.04.2005 – 1 AZR 76/04[↩]
- BAG, Urteil vom 02.08.2006 – 10 AZR 572/05, Rn. 33[↩]
- BAG, Urteil vom 27.08.2008 – 4 AZR 484/07, Rn. 40, juris; BAG, Urteil vom 26.11.1998 – 6 AZR 335/97, juris; BAG, Urteil vom 24.02.2000 – 6 AZR 504/98[↩]
- BAG, Urteil vom 12.08.2014 – 3 AZR 764/12, Rn. 25[↩]
- vgl. nur: BAG, Urteil vom 01.04.2009 – 10 AZR 353/08, Rn. 14, mwN[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.10.1985 – 2 BvL 4/83[↩]
- BAG, Urteil vom 16.06.2010 – 4 AZR 928/08, Rn. 30[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 12.08.2014 – 3 AZR 764/12, Rn. 39, juris; BAG, Urteil vom 11.08.2009 – 3 AZR 363/08, Rn. 39[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998 – 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94, Rn. 63[↩]
- BAG, Urteil vom 12.08.2014 – 3 AZR 764/12, Rn. 37[↩]
- BAG, Urteil vom 27.08.2008 – 4 AZR 484/07, Rn. 40[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 13.02.2002 – 5 AZR 713/00, Rn. 17[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 21.102003 – 1 AZR 407/02, Rn. 21[↩]