Nimmt der Arbeitgeber, ohne dass ihn betriebstechnische Umstände daran hindern, die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht an, bestimmt sich die Rechtsfolge nach § 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB. Liegt ein Fall des Unvermögens des Arbeitnehmers iSd. § 297 BGB vor, regelt § 326 BGB, ob der Vergütungsanspruch entfällt (Abs. 1) oder aufrechterhalten bleibt (Abs. 2 Satz 1).

Das Hausverbot eines Kunden ist keiner der Fälle, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls nach § 615 Satz 3 BGB zu tragen hat. Die Norm meint das von der Rechtsprechung entwickelte Betriebsrisiko [1]. Dies ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können [2]. Kann ein Arbeitnehmer wegen des Hausverbots eines Kunden die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen, beruht dies nicht auf betriebstechnischen Umständen, wie etwa dem Ausfall von Produktionsmitteln oder einem von außen auf den Betrieb einwirkenden Geschehen („höhere Gewalt“), das die Beschäftigung der Belegschaft oder Teile davon unmöglich macht [3].
§ 615 Satz 3 BGB ist eine gesetzlich angeordnete Analogie, mit der – abweichend von §§ 275, 326 Abs. 1 BGB – bei einem Umstand, der dem Betriebsrisiko unterfällt, § 615 Satz 1 und Satz 2 BGB entsprechende Anwendung finden. Für die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene weitere entsprechende Anwendung der Norm fehlt es an einer Regelungslücke. Nimmt der Arbeitgeber, ohne dass ihn betriebstechnische Umstände daran hindern, die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht an, bestimmt sich die Rechtsfolge nach § 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB. Liegt ein Fall des Unvermögens des Arbeitnehmers iSd. § 297 BGB vor, regelt § 326 BGB, ob der Vergütungsanspruch entfällt (Abs. 1) oder aufrechterhalten bleibt (Abs. 2 Satz 1).
Annahmeverzug der Arbeitgeberin scheidet aus, wenn der Kunde, bei dem der Arbeitnehmer eingesetzt war (und bei dem er nach Ziff. 1.1 Arbeitsvertrag allein eingesetzt werden durfte) am 6.05.2011 dem Arbeitnehmer für das Einsatzobjekt ein durch sein Verhalten veranlasstes Hausverbot erteilt hat.
Unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen kommt der Arbeitgeber nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist – neben dem Leistungswillen – eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie zB Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder ihre Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt [4].
Kann dagegen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur deshalb nicht einsetzen, weil er dem Kunden vertraglich ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Arbeitnehmer eingeräumt hat, und widersetzt sich der Kunde dem Einsatz eines bestimmten Arbeitnehmers, begründet das grundsätzlich kein Unvermögen dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einem solchen „Einsatzverbot“ scheidet Annahmeverzug des Arbeitgebers erst aus, wenn ihm nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist [5].
Nach diesen Grundsätzen bedingte ein an den Arbeitnehmer gerichtetes, aus seiner Sphäre resultierendes Hausverbot des Kunden Unvermögen iSd. § 297 BGB [6]. Ein solches wäre nicht lediglich eine Aufforderung an die Arbeitgeberin, den Arbeitnehmer nicht mehr wie bisher einzusetzen. Ein Hausverbot bringt vielmehr den einem Betreten des geschützten Raums entgegenstehenden Willen des Hausrechtsinhabers zum Ausdruck [7]. Damit wäre der Arbeitnehmer, wollte er sich nicht strafbar machen [8], aufgrund des ihm erteilten Hausverbots wenn nicht tatsächlich, so doch rechtlich gehindert, an die Arbeitsstelle zu gelangen und die dort geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Weil nach § 294 BGB die Leistung so angeboten werden muss, wie sie zu bewirken ist, also am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend dem Inhalt des Schuldverhältnisses [9], liegt Unvermögen iSd. § 297 BGB auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer an sich arbeitsfähig ist, aber nicht an den Arbeitsplatz gelangen kann.
Ob Unvermögen ausscheidet, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar ist, den Arbeitnehmer auf einem anderen zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz einzusetzen [10] oder in einem solchen Falle nur ein Schadensersatzanspruch in Betracht käme, wenn der Arbeitgeber schuldhaft sein Direktionsrecht nicht neu ausübt [11], braucht das Bundesarbeitsgericht nicht zu entscheiden. Denn eine andere Tätigkeit als im Objekt METRO M ist arbeitsvertraglich nicht vereinbart, noch hat sich der Arbeitnehmer auf eine andere Beschäftigungsmöglichkeit berufen.
Das durch ein Hausverbot begründete Unvermögen des betroffenen Arbeitnehmers entsteht unabhängig davon, ob der Kunde dabei vertragliche Rücksichtnahmepflichten verletzt.
Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jeder Teil eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks [12]. Deshalb kann eine Pflicht zu leistungssichernden Maßnahmen bestehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht [13]. Dabei können die Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB gemäß § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB auch Personen treffen, die nicht selbst Vertragspartei sind.
Daraus folgt:
Ein Unternehmer, der in seinem Betrieb anfallende Arbeiten an einen Dritten vergibt, hat – wie dies für die Leiharbeit ausdrücklich in § 11 Abs. 6 AÜG geregelt ist – nicht nur dafür Sorge zu tragen, dass die zu ihm entsandten Arbeitnehmer den Vorschriften des Arbeitsschutzrechts entsprechende Bedingungen vorfinden [14]. Er muss, behält er sich kein Mitspracherecht über die Auswahl der bei ihm eingesetzten Beschäftigten vor, deren Anwesenheit im Betrieb dulden und darf ihnen nicht ohne triftigen Grund durch Maßnahmen des Hausrechts die Erledigung der zugewiesenen Arbeiten unmöglich machen. Dabei wird ein Hausverbot die Rücksichtnahmepflicht regelmäßig nicht verletzen, wenn sich ein Arbeitnehmer gegenüber dem Kunden in einer Art und Weise fehl verhält, bei der im Arbeitsverhältnis ein verständiger Arbeitgeber ernsthaft eine Kündigung in Erwägung ziehen dürfte.
Verletzt der Kunde durch ein Hausverbot die ihm gegenüber einem in seinen Betrieb eingesetzten Arbeitnehmer des beauftragten Drittunternehmers obliegende Rücksichtnahmepflicht schuldhaft, hat dieser nach § 280 Abs. 1 BGB einen auf die entgangene Vergütung (§ 252 BGB) gerichteten Schadensersatzanspruch, der – gegebenenfalls hilfsweise – mit der Inanspruchnahme des Arbeitgebers gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG bei den Gerichten für Arbeitssachen anhängig gemacht werden kann.
Fehlt es an den Voraussetzungen des Annahmeverzugs, weil ein Fall des § 297 BGB gegeben war, steht § 615 BGB der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht entgegen [15]. Danach bleibt der Vergütungsanspruch erhalten, wenn der Arbeitgeber für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, sie also iSd. §§ 276, 278 BGB allein oder weit überwiegend zu vertreten hat [16].
Eine vertragliche Übernahme des bei subjektiven Leistungshindernissen an sich den Arbeitnehmer treffenden Vergütungsrisikos durch den Arbeitgeber ist zwar möglich und besonders dann naheliegend, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Kenntnis des Leistungshindernisses einstellt [17]. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer (nur) für eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Objekt an einem bestimmten Ort eingestellt wurde, kann vielfältige Gründe haben und auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Er rechtfertigt allein nicht die Annahme, der Arbeitgeber wolle damit vertraglich das Vergütungsrisiko übernehmen für den Fall, dass der Kunde dem Arbeitnehmer ein aus dessen Sphäre resultierendes Hausverbot erteilt.
Auch für die Erwägung, bei einem Hausverbot könne die eingeklagte Vergütung dem Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zustehen, fehlte im vorliegenden Fall jeder Anhaltspunkt.
Zwar ist nach § 241 Abs. 2 BGB jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet, wozu auch leistungssichernde Maßnahmen gehören können. Erteilt ein Kunde einem Arbeitnehmer Hausverbot, kann es im Rahmen der Mitwirkungspflicht geboten sein, dass der Arbeitgeber auf den Kunden einwirkt und – im Rahmen des im Einzelfall Zumutbaren – versucht, eine Aufhebung der Maßnahme zu erwirken. Dass die Arbeitgeberin eine solche Pflicht verletzt hätte, ergibt sich jedoch weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem Vorbringen des Arbeitnehmers.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. September 2016 – 5 AZR 224/16
- ErfK/Preis 16. Aufl. § 615 BGB Rn. 122; HWK/Krause 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 115; MünchKomm-BGB/Henssler 6. Aufl. § 615 Rn. 90; BT-Drs. 14/6857 S. 48[↩]
- dazu im Einzelnen BAG 23.09.2015 – 5 AZR 146/14, Rn. 22, BAGE 152, 327; 18.11.2015 – 5 AZR 814/14, Rn. 52, jeweils mwN[↩]
- aA Schmiegel/Robrecht FS Löwisch S. 355, 363[↩]
- st. Rspr., vgl. nur BAG 21.10.2015 – 5 AZR 843/14, Rn. 27 f. mwN, BAGE 153, 85[↩]
- BAG 21.10.2015 – 5 AZR 843/14, Rn. 33 f., BAGE 153, 85[↩]
- vgl. BAG 18.09.2008 – 2 AZR 1060/06, Rn. 18; HWK/Krause 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 55; Schaub/Linck ArbR-Hdb 16. Aufl. § 95 Rn. 44[↩]
- Fischer StGB 63. Aufl. § 123 Rn.19 f.[↩]
- zur strafrechtlichen Beachtlichkeit auch des mit Rechtsmitteln angegriffenen Hausverbots sh. BGH 8.10.1981 – 3 StR 449/80, – 3 StR 450/80, zu II 4 a aa der Gründe; Fischer aaO Rn. 21 mwN[↩]
- BAG 24.09.2014 – 5 AZR 611/12, Rn. 37, BAGE 149, 144[↩]
- so BAG 18.09.2008 – 2 AZR 1060/06, Rn. 18 mwN[↩]
- vgl. BAG 19.05.2010 – 5 AZR 162/09, Rn. 25 ff., BAGE 134, 296[↩]
- BAG 10.09.2009 – 2 AZR 257/08, Rn.20, BAGE 132, 72[↩]
- vgl. BAG 19.05.2010 – 5 AZR 162/09, Rn. 26 mwN, BAGE 134, 296[↩]
- vgl. dazu MünchKomm-BGB/Henssler 6. Aufl. § 618 Rn. 25; HWK/Krause 7. Aufl. § 618 BGB Rn. 9 mwN[↩]
- BAG 23.09.2015 – 5 AZR 146/14, Rn. 26, BAGE 152, 327[↩]
- BAG 19.08.2015 – 5 AZR 975/13, Rn. 29, BAGE 152, 213; 23.09.2015 – 5 AZR 146/14, Rn. 28, aaO[↩]
- BAG 23.09.2015 – 5 AZR 146/14, Rn. 32, BAGE 152, 327[↩]
Bildnachweis:
- Arbeitsagentur,Agentur für Arbeit,Arbeitsamt: Pixabay