Der Anspruch des Beschäftigten auf ein Jubiläumsgeld „bei Vollendung“ einer bestimmten Beschäftigungszeit (hier: nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b iVm. § 34 Abs. 3 TVöD (VKA) in der KODA-Fassung) setzt nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b iVm. § 34 Abs. 3 TVöD (VKA) in der KODA-Fassung hat der Beschäftigte einen Anspruch auf das Jubiläumsgeld in Höhe von 1.000 € bei Vollendung einer Beschäftigungszeit von 40 Jahren. Beschäftigungszeit ist in erster Linie die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde.
Der Zeitraum von 40 Jahren wird nach § 187 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 188 Abs. 2 BGB berechnet. Der Beginn des Arbeitsverhältnisses fällt mit dem Beginn des Tages zusammen, der als Beginn des Arbeitsverhältnisses vertraglich vereinbart ist1. Die Jahresfrist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Demnach hat der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis am 1.03.1972 begonnen hatte, mit Ablauf des 29.02.2012, dh. am 29.02.2012, 24:00 Uhr, eine 40-jährige Beschäftigungszeit vollendet. Das sehen auch die Parteien übereinstimmend so.
Die Vollendung der Beschäftigungszeit muss in einem bestehenden Arbeitsverhältnis erreicht werden2. Ohne Arbeitsverhältnis kann die Beschäftigungszeit entsprechend der Begriffsbestimmung des § 34 Abs. 3 TVöD nicht vollendet werden. Das ergibt sich ebenso aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 2 TVöD, wonach der Anspruch dem Beschäftigten bei Vollendung der Beschäftigungszeit zusteht. Bis zu diesem Zeitpunkt stand der Kläger noch in einem Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis endete erst zusammen mit der Vollendung der Beschäftigungszeit.
Mit Vollendung der maßgeblichen Beschäftigungszeit entsteht der Anspruch und wird fällig. Die Fälligkeit tritt mit einem bestimmten Tag ein. Das ist nicht der letzte Tag der Frist, da dieser Tag erst beendet sein muss, sondern der folgende Tag. Dieser Tag wird auch als „Jubiläumstag“ bezeichnet. Es entspricht nahezu einhelliger Auffassung, dass das Jubiläumsgeld entsprechend § 271 BGB am „Jubiläumstag“ fällig wird3. Das war hier der 1.03.2012. Davon gehen auch beide Parteien aus.
Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass am Tag der Fälligkeit kein Arbeitsverhältnis mehr bestand. Die Auslegung von § 23 Abs. 2, § 34 Abs. 3 TVöD ergibt, dass der Anspruch auf das Jubiläumsgeld nur die Vollendung der Beschäftigungszeit durch den Beschäftigten und damit den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt voraussetzt. Bei Fälligkeit des Anspruchs am Folgetag muss kein Arbeitsverhältnis mehr bestehen.
Der Wortlaut ist keineswegs eindeutig. Wenn „Beschäftigte“ eine Zahlung erhalten, kann das zwar bedeuten, dass die Zahlung am Tag der Fälligkeit nur von dann noch Beschäftigten verlangt werden kann. Zwingend ist das aber nicht. Maßgebend sind vielmehr die Anspruchsvoraussetzungen gemäß der jeweiligen Regelung. Ist die hiernach von dem Beschäftigten geforderte Leistung erbracht, steht ihm die Gegenleistung unabhängig davon zu, ob er bei Fälligkeit noch in einem Arbeitsverhältnis steht. So kann zB der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung oder Entgeltfortzahlung nach den §§ 611, 615 BGB oder § 3 EFZG selbstverständlich auch dann verlangen, wenn das Vertragsverhältnis bei Fälligkeit (§ 614 BGB) nicht mehr besteht; das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist Anspruchsvoraussetzung nur für die Zeit, für die der Anspruch geltend gemacht wird.
Das gilt so auch im öffentlichen Dienst. Der Begriff des Beschäftigten bezeichnet nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem öffentlichen Arbeitgeber stehen (§ 1 TVöD, § 1 TV-L). Nach §§ 15, 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/TV-L erfolgt die Zahlung des Entgelts an den Beschäftigten grundsätzlich am letzten Tag des Monats für den laufenden Kalendermonat, auch wenn das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits beendet ist. Soll der Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Tag Anspruchsvoraussetzung sein, wird das besonders geregelt, zB gemäß § 20 Abs. 1 TVöD/TV-L für die Jahressonderzahlung.
Der Wortlaut von § 23 Abs. 2 TVöD/TV-L verlangt als eindeutige Anspruchsvoraussetzung nur, dass „bei“ Vollendung der Beschäftigungszeit ein Arbeitsverhältnis besteht. Dass der „Beschäftigte“ das Jubiläumsgeld erhält, ist nicht als Anspruchsvoraussetzung, sondern eher als Rechtsfolge formuliert. Zwar ist ein Jubilar in der Regel am „Jubiläumstag“ noch Beschäftigter; die Bezeichnung als „Beschäftigter“ kann sich aber mindestens ebenso gut auf den dann schon abgeschlossenen Tatbestand der vollendeten Beschäftigungszeit beziehen.
Der Zusammenhang der tariflichen Regelungen zeigt, dass der Begriff des Beschäftigten nicht durchweg im Sinne der von der Beklagten vertretenen Auslegung zu verstehen ist. Je nach Sinn und Zweck des geregelten Anspruchs wird gerade kein Tatbestandsmerkmal für die Zeit der Fälligkeit des Anspruchs bestimmt. So haben „die Beschäftigten“ nach § 25 TVöD/TV-L Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Beschäftigte, die Schicht- oder Wechselschichtarbeit leisten, erhalten die Zulagen nach § 8 Abs. 7 und Abs. 8 TV-L bzw. § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD allein wegen der im Arbeitsverhältnis erbrachten Tätigkeit.
Nach Sinn und Zweck von § 23 Abs. 2, § 34 Abs. 3 TVöD reicht die Vollendung der maßgeblichen Beschäftigungszeit für den Anspruch auf Jubiläumsgeld aus. Die Regelung bezweckt ausschließlich, eine bestimmte Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers zu honorieren. Es geht um die Belohnung der besonderen Betriebstreue zum Arbeitgeber, die darin besteht, dass der Beschäftigte im unterstellten Interesse des Arbeitgebers die Freizügigkeit und die Chancen des Arbeitsmarkts nicht in Anspruch nimmt, sondern das Arbeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber während einer besonders langen Zeitspanne aufrechterhält4. Dann erscheint es nicht folgerichtig, noch nach Erfüllung der Beschäftigungszeit, wenn auch nur für kurze Zeit, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu fordern5.
Soweit in der Kommentarliteratur der Bestand eines Arbeitsverhältnisses am „Jubiläumstag“ gefordert wird6, wird zur Begründung vor allem die – nicht weiter begründete – Mehrheitsmeinung in der Sitzung des Ressorttarifausschusses des Bundes am 18.01.1980 angeführt7. Die Kommentierung steht jedoch im Widerspruch zu der zuvor erzielten Auslegung8, das Jubiläumsgeld stehe mit Ablauf des letzten zur Vollendung der Frist erforderlichen Tages zu. Die angezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.08.19819 gibt für die vorliegende Problematik nichts her; sie besagt nur, dass der Anspruch auf die Jubiläumszuwendung erst mit Vollendung der erforderlichen Dienstzeit entsteht und vorher weder Teilrechte noch Anwartschaften bestehen. Letztlich erkennen auch Sponer/Steinherr10 ein personalpolitisches Unbehagen an ihrer Lösung. Sie befürworten deshalb, „der durchaus anerkennenswerten Interessenwertung an einem verdienten Jubiläumsgeld mit einer übertariflichen Lösung zu entsprechen“, und verweisen auf die Rundschreiben des Beamtenbesoldungsreferats des Bundesministeriums des Innern vom 9. September 198011 und des Tarifreferats des Bundesinnenministeriums vom 26. November 198012. Danach ist abweichend von der in der Sitzung des Ressorttarifausschusses am 18. Januar 1980 überwiegend vertretenen Auffassung eine Jubiläumszuwendung auch dann zu gewähren, „wenn der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Zeitpunkt der Vollendung der maßgeblichen Dienstzeit zusammenfällt“. Dementsprechend sind Sponer/Steinherr13 der Auffassung, dass im Bereich der VKA entsprechend dem vorgenannten BMI-Rundschreiben vom 26. November 1980 verfahren werden konnte. Ebenso hat die Geschäftsstelle der Tarifgemeinschaft der Länder in ihrem Schreiben an die neuen Bundesländer vom 09.11.1992 –14 keine Bedenken erhoben, wenn nach dem Rundschreiben des BMI vom 26. November 1980 verfahren wird15.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. April 2014 – 10 AZR 635/13
- BAG 2.11.1978 – 2 AZR 74/77, zu II 3 b dd der Gründe, BAGE 31, 121; 27.06.2002 – 2 AZR 382/01, zu B I 2 b bb der Gründe, BAGE 102, 49[↩]
- so auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand März 2014 § 23 Rn. 71; Dörring/Kutzki/Schwald TVöD § 23 Rn. 29[↩]
- so zB Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck § 23 Rn. 74; Sponer/Steinherr TVöD Stand März 2014 § 23 Rn. 52 f., 58; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Februar 2014 § 23 Rn. 177; Burger/Clausen 2. Aufl. TVöD § 23 Rn. 34[↩]
- Dassau/Langenbrinck TVöD 2. Aufl. I 2.1[↩]
- iE wohl ebenso Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese § 23 Rn. 162 f., 167; Hamer in Görg/Guth/Hamer/Pieper TVöD § 23 Rn. 10; nicht anders Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck § 23 Rn. 71, 73 f.[↩]
- Sponer/Steinherr § 23 Rn. 53 bis 55; Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD 6. Aufl. § 23 Rn. 29[↩]
- Sponer/Steinherr § 23 Rn. 53[↩]
- Sponer/Steinherr § 23 Rn. 52[↩]
- BAG 12.08.1981 – 4 AZR 918/78, BAGE 36, 52, 58[↩]
- Sponer/Steinherr § 23 Rn. 55[↩]
- BMI, Schreiben vom 09.09.1980 – D III 6 – 211 422/68[↩]
- BMI,Schreiben vom 26.11.1980 – D III/1 – 220 220 – 5/1[↩]
- Sponer/Steinherr § 23 Rn. 57[↩]
- TdL, Schreiben vom 09.11.1992 – 3-01-39/2082/92 – D/2[↩]
- Clemens/Scheuring § 23 Rn. 166[↩]