Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) enthält eine Bestimmung, wonach Arbeitnehmer, die bestimmte Altersgrenzen erreicht haben, zusätzliche Urlaubstage erhalten. Diese Bestimmung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG in Verbindung mit § 1 AGG. Diese – nach dem TVöD eigentlich den älteren Mitarbeitern vorbehaltenen – Urlaubstage stehen damit auch den jüngeren Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu.

Worum geht es genau? Gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG beträgt der nach § 1 BUrlG jedem Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr zustehende bezahlte Erholungsurlaub mindestens 24 Werktage. Anders als § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft die gesetzliche Regelung damit die Dauer des Urlaubs nicht an das Lebensalter des Arbeitnehmers. Diese Tarifvorschrift regelt, dass bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage beträgt. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 TVöD ist für die Berechnung der Urlaubsdauer das Lebensjahr maßgebend, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 1 AGG dürfen Beschäftigte ua. nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden, wobei eine unmittelbare Benachteiligung vorliegt, wenn eine Person wegen ihres Alters eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
In dem jetzt vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Rechtsstreit wollte die am 27. Oktober 1971 geborene und seit 1988 beim beklagten Landkreis beschäftigte Klägerin wollte festgestellt haben, dass ihr in den Jahren 2008 und 2009 und damit schon vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres über den tariflich vorgesehenen Urlaub von 29 Arbeitstagen hinaus jeweils ein weiterer Urlaubstag zugestanden hat. Sie vertrat in ihrer Klage die Auffassung, die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstoße gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Arbeitsgericht hat ihrer Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat dagegen auf die Berufung des beklagten Landkreises das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen1. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sah in dem von den Tarifvertragsparteien angeführten „gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen“ eine hinreichende Begründung für die Differenzierung nach dem Alter.
Dieser Argumentation des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg folgte das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht, dort hatte jetzt die Revision der Klägerin Erfolg und führte zur Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts.
Der Klägerin steht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zu. Die Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD benachteiligt Beschäftigte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unmittelbar und verstößt gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters. Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolgt nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten bereits ab dem 30. bzw. 40. Lebensjahr ließe sich auch kaum begründen. Der Verstoß der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD angeordneten Staffelung der Urlaubsdauer gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters kann nur beseitigt werden, indem die Dauer des Urlaubs der wegen ihres Alters diskriminierten Beschäftigten in der Art und Weise „nach oben“ angepasst wird, dass auch ihr Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage beträgt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. März 2012 – 9 AZR 529/10
- LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010- 20 Sa 2058/09[↩]