§ 259 ZPO ermöglicht nicht die Verfolgung künftig entstehender Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Der Abschluss des Arbeitsvertrags reicht für die Anspruchsentstehung nicht aus. Erforderlich ist die Erbringung der Arbeitsleistung oder die Erfüllung der Voraussetzungen, unter denen aus sonstigem Rechtsgrund Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung beansprucht werden kann.

Ein auf die Vornahme einer künftigen Handlung gerichteter Antrag ist nach § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen1. Die Besorgnis der Leistungsverweigerung kann sich auf einen bedingten Anspruch beziehen, sofern abgesehen vom Eintritt der Bedingung die Verpflichtung des Schuldners zur Erbringung der künftigen Leistung in ihrem Bestand gewiss ist. § 259 ZPO ermöglicht aber nicht die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs. Er setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist2.
Die im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall von der Arbeitnehmerin geltend gemachten künftigen Ansprüche waren im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz noch nicht entstanden. Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entstehen erst mit Erbringung der Arbeitsleistung, weil der Vertrag durch Kündigung beendet werden kann oder der Arbeitnehmer die ihm obliegende Leistung, ohne Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Vergütung ohne Arbeitsleistung gegeben wäre, verweigern kann3. Der Abschluss des Arbeitsvertrags reicht für die Entstehung des Anspruchs nicht aus4. Dies gilt unabhängig davon, ob als Voraussetzung für den künftigen Anspruch auf Arbeitsentgelt die Arbeitsleistung zu erbringen wäre oder ob künftig aus sonstigem Rechtsgrund Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung beansprucht werden könnte5. Auch im letztgenannten Fall entsteht der Anspruch erst, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Es ist überdies zu berücksichtigen, dass § 259 ZPO die Besorgnis der Leistungsverweigerung zum Fälligkeitstermin voraussetzt. Auch hieran fehlt es vorliegend. Denn allein das Bestreiten der vom Arbeitnehmer beanspruchten Forderungen durch den Arbeitgeber reicht hierfür nicht aus6. Nur weil der Arbeitgeber – wie hier – aufgrund (vertretbarer) Auslegung des Tarifvertrags bisher Zahlungen ablehnte, kann nicht davon ausgegangen werden, er werde sich, trotz einer Verurteilung zur Zahlung bereits fälliger Forderungen, künftig der rechtzeitigen Leistung entziehen. Weitere Anhaltspunkte, die eine Besorgnis der Leistungsverweigerung zum Fälligkeitstermin begründen könnten, hat die Arbeitnehmerin nicht dargelegt.
Einer Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts gemäß § 45 ArbGG bedarf es für die Beantwortung dieser Rechtsfrage nach Ansicht des hier entscheidenden 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts nicht.
Der Große Senat entscheidet, wenn ein Senat des Bundesarbeitsgerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts abweichen will. Eine Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG besteht nur, wenn eine entscheidungserhebliche Abweichung zu der identischen Rechtsfrage vorliegt. Diese Voraussetzung betrifft die zu treffende Entscheidung wie die vorhergehende Entscheidung, von der abgewichen werden soll7.
Der Neunte und Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts haben in ihren Entscheidungen vom 20.08.20028 und vom 06.05.20099 zukünftige Vergütungsansprüche als künftige Leistungen iSv. § 259 ZPO angesehen, ohne tragend auf die Frage der Anspruchsentstehung abzustellen. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinen Entscheidungen vom 09.04.200810 und vom 28.01.200911 die Zulässigkeit der Klage auf künftige Leistung bereits wegen fehlender Aufnahme der für den Vergütungsanspruch maßgeblichen Bedingungen in den Antrag verneint, ohne einen Rechtssatz zur Frage der Anspruchsentstehung als Zulässigkeitsvoraussetzung aufzustellen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 5 AZR 731/12
- vgl. BAG 6.05.2003 – 1 ABR 13/02, zu B II 2 b der Gründe, BAGE 106, 111[↩]
- BAG 27.10.2010 – 7 ABR 36/09, Rn. 13; BGH 12.07.2006 – VIII ZR 235/04, Rn. 11; zukünftige Vergütungsansprüche als künftige Leistungen iSv. § 259 ZPO ansehend, ohne tragend auf die Frage der Anspruchsentstehung abzustellen BAG 20.08.2002 – 9 AZR 710/00, zu A I der Gründe, BAGE 102, 225; 6.05.2009 – 10 AZR 390/08, Rn. 15; die Zulässigkeit des Antrags bereits wegen der fehlenden Aufnahme der für den Vergütungsanspruch maßgeblichen Bedingungen in den Antrag verneinend BAG 13.03.2002 – 5 AZR 755/00, zu I 1 und 2 der Gründe; 9.04.2008 – 4 AZR 104/07, Rn. 28; 28.01.2009 – 4 AZR 904/07, Rn. 42[↩]
- vgl. BGH 26.06.2008 – IX ZR 87/07, Rn. 13; 14.01.2010 – IX ZR 78/09, Rn. 21; 20.09.2012 – IX ZR 208/11, Rn. 14; 18.04.2013 – IX ZR 165/12, Rn.19[↩]
- vgl. BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11, Rn. 14, BAGE 141, 144; 27.09.2007 – 6 AZR 975/06, Rn. 18, BAGE 124, 150; 19.01.2006 – 6 AZR 529/04, Rn. 18, BAGE 117, 1; BGH 26.06.2008 – IX ZR 87/07 – aaO[↩]
- BAG 27.09.2007 – 6 AZR 975/06 – aaO[↩]
- vgl. BAG 9.04.2008 – 4 AZR 104/07, Rn. 29 mwN[↩]
- BAG 22.07.2010 – 6 AZR 847/07, Rn. 37 ff., BAGE 135, 163; 20.04.2011 – 5 AZR 191/10, Rn. 15 ff. mwN, BAGE 137, 383[↩]
- BAG 20.08.2002 – 9 AZR 710/00, BAGE 102, 225[↩]
- BAG 06.05.2009 – 10 AZR 390/08[↩]
- BAG 09.04.2008 – 4 AZR 104/07[↩]
- BAG 28.01.2009 – 4 AZR 904/07[↩]