Der Betriebsrat eines konzernangehörigen Unternehmens hat gegen dieses keinen Anspruch darauf, dass das Konzernunternehmer sich einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung widersetzt.

Ein solcher Anspruch folgt nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen. Es handelt sich bei der erstrebten Verpflichtung weder um eine der Mitbestimmung unterliegende – und insofern ggf. initiativrechtlich durchzusetzende – Maßnahme, noch um einen aus sonstigen Beteiligungsrechten folgenden Anspruch des Betriebsrats. Soweit dieser auf ein ihm nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG iVm. §§ 3 und 5 ArbSchG oder nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustehendes Mitbestimmungsrecht verweist, verkennt er, dass die von ihm verlangte Rechtsfolge – die Ausübung einer Anweisungsmacht des Herzzentrums gegenüber dem Universitätsklinikum – keine Maßnahme des Gesundheitsschutzes ist und auch keinen Personalfragebogen darzustellen vermag. Soweit er auf die Mitarbeiterbefragung 2015 an sich abhebt, verkennt er, dass er einen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Handlung – die Anweisung – gegenüber demjenigen geltend macht, der nicht Maßnahmeträger ist. Der Betriebsrat richtet sein Begehren gegen das Herzzentrum; die Mitarbeiterbefragung 2015 ist aber eine Maßnahme des Universitätsklinikums. Sie wird angesichts ihrer Organisation und Ausgestaltung auch nicht durch das Herzzentrum und die anderen Konzernunternehmen als jeweils deren Maßnahme auf betrieblicher Ebene umgesetzt. Schon aus diesem Grund kann das mit den Hauptanträgen verfolgte Begehren des Betriebsrats keinen Erfolg haben.
Überdies kann die beanspruchte Rechtsfolge nicht auf datenschutzrechtliche Erwägungen gestützt werden. Dabei kann auf sich beruhen, ob das vom Beschwerdegericht herangezogene Zweckbindungsgebot von im Zusammenhang mit Beschäftigungsverhältnissen erhobenen Daten1 eine Verpflichtung des Herzzentrums, gegenüber dem Universitätsklinikum anweisend tätig zu werden, überhaupt trägt. Jedenfalls könnte der Betriebsrat vom Herzzentrum die Ausübung einer solchen Anweisung nicht aus eigenem Recht verlangen, denn sie folgte allenfalls aus dem Persönlichkeitsrecht der von der Verwendung personenbezogener Daten betroffenen Arbeitnehmer. Dieses höchstpersönliche Recht vermittelt keinen Gremienanspruch2.
Wird die Mitarbeiterbefragung durch die Konzernobergesellschaft durchgeführt und nicht etwa die Ausführung dem konzernangehörigen Unternehmen überlassen, kann die Mitarbeiterbefragung auch keine Maßnahme der Konzerngesellschaft darstellen. Wo aber nichts bestimmt wird, ist auch nichts durch den Betriebsrat mitzubestimmen. Das verkennt der Verweis auf die BAG-Rechtsprechung, wonach sich der Arbeitgeber in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten Dritten gegenüber grundsätzlich nicht in einer Weise binden kann, die die Mitregelungsbefugnis des Betriebsrats faktisch ausschließen würde3. Das Herzzentrum hat keine eigene Entscheidungsbefugnis „ausgelagert“ oder sich der Konzernspitze als „Dritte“ zur Ausübung einer (mitbestimmten) Maßnahme bedient. Ebenso verfehlt ist die Argumentation des Betriebsrats, er könne das Mitbestimmungsrecht beanspruchen, weil es anderenfalls bei einem Konzernsachverhalt wie dem vorliegenden leerliefe. Es besteht keine mitbestimmungsrechtliche Lücke. Die für alle Konzernunternehmen vorgesehene und konzeptionell an einen einheitlich gestalteten Standardfragebogen geknüpfte Mitarbeiterbefragung 2015 unterliegt – sollte es sich um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme handeln – der Beteiligung des Konzernbetriebsrats. Das folgt daraus, dass nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes die Mitbestimmung auf der Ebene einsetzt, auf der die Entscheidungskompetenz in der betreffenden Angelegenheit liegt. Das ist hier die Konzernleitung.
Ungeachtet dessen unterfällt die Mitarbeiterbefragung weder der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG noch der nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, wonach der Betriebsrat mitzubestimmen hat bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften, liegen nicht vor.
Der Betriebsrat verweist zutreffend darauf, dass er dem Grunde nach ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG hat4. Gegenstand der Mitbestimmung ist, wie der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung organisiert und durchführt. Der Betriebsrat verkennt aber, dass die streitbefangene Maßnahme objektiv keine Gefährdungsbeurteilung ist. Die Gefährdungsbeurteilung als Instrument zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen5 dient der Überprüfung, ob und ggf. welche Gefährdungen für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbunden sind. Durch sie ist zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG ist die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen; nach § 5 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG genügt bei gleichartigen Bedingungen die Beurteilung der Arbeitsbedingungen eines konkreten Arbeitsplatzes oder einer konkreten Tätigkeit. Einer solchen Analyse möglicher Gefährdungen genügt die Mitarbeiterbefragung 2015 für sich gesehen nicht. Sie ließe schon wegen der Freiwilligkeit an ihrer Teilnahme und ihrer Anonymität, vor allem aber wegen ihres Konzernbezugs keine ortsgebundenen arbeitsplatz, tätigkeits- bzw. arbeitsbereichsbezogene Schlüsse über Arbeitsbedingungen im Betrieb des Herzzentrums zu. Entsprechend würde das zum betrieblichen Arbeitsschutz verpflichtete Herzzentrum allein mit der streitbefangenen Maßnahme seiner Verpflichtung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG nicht genügen. Damit wird nicht verkannt, dass eine Beschäftigtenbefragung als Mittel der Gefährdungsanalyse infrage kommen kann. Der Betriebsrat kann jedoch bei seiner Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG iVm. § 5 ArbSchG auf eine entsprechende Befragung hinwirken.
Die arbeitsschutzrechtlichen Grundpflichten des Arbeitgebers nach § 3 ArbSchG tragen ebenso kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
Für eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG iVm. § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG fehlt es am Vorliegen von Gefährdungen, die entweder feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung festzustellen sind6. Überdies ist die Mitarbeiterbefragung 2015 keine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG.
Die Rechtspflicht zur Wirksamkeitskontrolle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG löst keine Mitbestimmung bei der streitbefangenen Angelegenheit aus. Dabei kann dahinstehen, inwieweit bei diesem Instrument der betrieblichen Selbstkontrolle die Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG eröffnet ist. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass auf der Grundlage der Mitarbeiterbefragung 2012 im Herzzentrum keine konkreten Maßnahmen ergriffen worden sind. Bereits aus diesem Grund kann die Befragung objektiv keiner Kontrolle iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG im Herzzentrum dienen.
Schließlich handelt es sich bei dem im Zusammenhang mit der Mitarbeiterbefragung 2015 verwandten Standardfragebogen nicht um einen nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Personalfragebogen. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 94 Abs. 1 BetrVG dient dem präventiven Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers, soweit dieses durch Fragen des Arbeitgebers nach persönlichen Verhältnissen, Eigenschaften und Fähigkeiten beeinträchtigt werden kann7. Eine solche Beeinträchtigung scheidet vorliegend – ungeachtet der Frage einer ausreichenden Anonymisierung der Befragung – bereits deshalb aus, weil die Teilnahme an der Mitarbeiterbefragung 2015 strikt freiwillig ausgestaltet ist und es damit am Arbeitnehmer liegt, ob und in welchem Umfang er die gestellten Fragen beantwortet oder nicht.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21. November 2017 – 1 ABR 47/16
- vgl. dazu zB BGH 20.01.2015 – VI ZR 137/14 – zu – II 2 b bb der Gründe[↩]
- vgl. dazu auch BAG 4.12 2013 – 7 ABR 7/12, Rn. 39[↩]
- vgl. dazu auch BAG 30.09.2014 – 1 ABR 106/12, Rn. 15 f. mwN[↩]
- ausf. BAG 8.06.2004 – 1 ABR 13/03 – zu B – I 2 b bb der Gründe, BAGE 111, 36[↩]
- Pieper ArbschR 6. Aufl. § 5 ArbSchG Rn. 1a[↩]
- vgl. hierzu BAG 28.03.2017 – 1 ABR 25/15[↩]
- vgl. BAG 9.07.1991 – 1 ABR 57/90 – zu B – II 2 der Gründe mwN, BAGE 68, 127[↩]