Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für die Betriebsratsschulung – und die Seminarbeigaben

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen.

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für die Betriebsratsschulung – und die Seminarbeigaben

Dazu gehören die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist1. Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn diese unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann2.

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu3. Allerdings steht die Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG unter dem in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit4. Die Entscheidung über die Schulungsteilnahme darf der Betriebsrat daher nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt (vgl. zu § 40 Abs. 2 BetrVG BAG 17.02.2010 – 7 ABR 81/09, Rn. 12). Der Betriebsrat ist verpflichtet, den Arbeitgeber nur mit Kosten zu belasten, die er für angemessen halten darf. Er hat darauf bedacht zu sein, die durch seine Tätigkeit verursachten Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen und darauf zu achten, dass der Schulungszweck in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht5. Daher darf er die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nicht für erforderlich halten, wenn er sich vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann6. Der Betriebsrat ist allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen7. Entsprechend muss er sich nicht für die kostengünstigste Schulungsveranstaltung entscheiden, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält8. Sein Beurteilungsspielraum bezieht sich auch auf den Inhalt der Schulungsveranstaltung. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Schulungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren Veranstaltung in Betracht kommen9.

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Bei dem Begriff der Erforderlichkeit in § 40 Abs. 1 BetrVG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, ob die vom Betriebsrat oder einem Betriebsratsmitglied verursachten Kosten für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich waren, unterliegt in der Rechtsbeschwerdeinstanz vor dem Bundesarbeitsgericht nur einer eingeschränkten Nachprüfung darauf, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen wurden10.

Danach war für das Bundesarbeitsgericht im hier entschiedenen Fall die Würdigung des in der Vorinstanz tätigen Hessichen Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat habe die infolge der Schulungsteilnahme seines Mitglieds entstandene Kostenbelastung durch die Seminargebühr für erforderlich halten dürfen11, rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

Das Landesarbeitsgericht hat seiner Beurteilung der Erforderlichkeit die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde gelegt. Nach seinen Feststellungen wurden bei der Schulung, an der der erstmals im Jahr 2018 als Vollmitglied in den Betriebsrat gewählte Betriebsratsmitglied teilnahm, Grundlagenkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht vermittelt. Die Schulungsbedürftigkeit brauchte daher nicht weiter dargelegt zu werden; es handelte sich um eine nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderliche Schulungsveranstaltung. Das stellt die Arbeitgeberin auch nicht in Frage. Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsratsmitglied die vermittelten Kenntnisse bereits besaß oder diese bis zum Ende der Amtszeit nicht mehr einsetzen kann, sind nicht ersichtlich12.

Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Arbeitgeberin, der Wert der den Seminarteilnehmern überlassenen kostenlosen „Werbebeigaben“ sei zu dem der inhaltlichen Kenntnisvermittlung ins Verhältnis zu setzen – wobei im Streitfall letztere in den Hintergrund trete – verfängt nicht. Die Arbeitgeberin vermengt in unzulässiger Weise Fragen einer etwaigen durch die Seminarbeigaben entstehenden Kostenbelastung mit denen der auf die Kenntnisvermittlung bezogenen Erforderlichkeit. Den Schutz des Arbeitgebers vor einer unangemessenen Kostenbelastung bewirkt aber der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit, den der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung über die Entsendung eines (oder mehrerer) seiner Mitglieder zu beachten hat, und der von ihm die Prüfung verlangt, ob die verlangten Schulungskosten angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse dem Arbeitgeber zumutbar sind13.

Auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat habe dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung getragen, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

Die Arbeitgeberin hat nicht geltend gemacht, ein vergleichbares Seminar für die Erstschulung des Betriebsratsmitglieds sei kostengünstiger in Betracht gekommen14. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen und mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen in den Gründen der angefochtenen Entscheidung15 waren vergleichbare Seminare nicht wesentlich günstiger, aber wesentlich teurer zu buchen, lag der Seminarpreis im Rahmen des Marktüblichen und boten andere Veranstalter, die auf derartige Werbeartikel verzichteten, vergleichbare Seminare nicht deutlich günstiger an. Auf Grundlage dieser das Bundesarbeitsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen lässt die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Seminarpreis sei „durchaus moderat“ und der Betriebsrat habe die Arbeitgeberin nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet, Rechtsfehler nicht erkennen.

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Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin musste der Betriebsrat nicht deshalb von der Entsendung seines Mitglieds zum Seminar absehen, weil der Schulungsveranstalter den Teilnehmern das „Starter-Set“ überließ und die Möglichkeit einer anwaltlichen Erstberatung einräumte.

Dabei kann dahinstehen, ob diese Seminarbeigaben – sollten mit ihnen gesonderte Kosten ausgelöst sein – der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin nach § 37 Abs. 6 iVm. § 40 Abs. 1 BetrVG unterfielen. Denn selbst wenn einzelne oder sämtliche Seminarbeigaben für die Durchführung der Schulungsveranstaltung nicht erforderlich sein sollten, hält sich der Beschluss des Betriebsrats, sein Mitglied zu der Schulung zu entsenden, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums. Da die Seminargebühr nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts marktüblich war und vergleichbare Seminare nicht deutlich günstiger angeboten werden, hätte der Betriebsrat die Kosteninteressen der Arbeitgeberin ungeachtet gesonderter Kosten für die Seminarbeigaben gewahrt. Eine Überschreitung seines Beurteilungsspielraums käme allenfalls in Betracht, wenn es im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über die Schulungsteilnahme Anzeichen dafür gegeben hätte, die Seminarbeigaben beeinflussten maßgeblich die Höhe des Seminarpreises und die Wahl gerade dieser Schulung bewirkte hohe Kosten. Das ist nach den für das Bundesarbeitsgericht bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht der Fall. Danach konnte die Schulungsveranstaltung nicht unter Verzicht auf die Seminarbeigaben zu einem günstigeren Preis gebucht werden. Berücksichtigt man dies und weiter den Umstand, dass nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Veranstalter die gleiche Schulung bereits 2014 ohne Überlassung eines Tablets an die Teilnehmer zum gleichen Preis angeboten hatte und die Seminargebühr im Rahmen des Marktüblichen liegt, hatte der Betriebsrat keinen Grund für die Annahme, die Seminarbeigaben würden Kosten verursachen oder seien gesondert in die Kostenkalkulation für das gebuchte Seminar eingeflossen und lösten eine ggf. unzumutbare Kostenbelastung aus. Anhaltspunkte hierfür mussten sich dem Betriebsrat auch nicht allein aufgrund des Werts der Seminarbeigaben aufdrängen. Ungeachtet dessen, dass hierzu keine Feststellungen getroffen sind, durfte er wegen des moderaten Seminarpreises davon ausgehen, dass etwaige beim Veranstalter angefallene nennenswerte Beschaffungskosten für die Seminarbeigaben die Kosten der konkreten Schulung nicht maßgeblich beeinflusst haben.

Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin musste der Betriebsrat auch nicht deshalb von der Entsendung seines Mitglieds auf die streitige Schulung absehen, weil der Veranstalter die Seminarbeigaben als besonderen Buchungsanreiz ausgibt und mit diesen – wie die Arbeitgeberin meint – eine „unzulässige Werbemaßnahme in das Unternehmen getragen werden könnte“. Zum einen ist die – unterstellt – unzulässige Werbung für eine Betriebsratsschulung ohne Relevanz für die betriebsverfassungsrechtliche Kostentragungspflicht, sondern zeitigt ggf. andere Rechtsfolgen. Zum anderen führte die Argumentation der Arbeitgeberin zu dem Ergebnis, dass ein Betriebsrat uU sogar gehalten wäre, einen teureren Seminaranbieter nur deshalb auszuwählen, weil dieser keine Seminarbeigaben verspricht bzw. mit solchen „wirbt“. Eine solche Einschränkung des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats ist aus Kostengründen gerade nicht angezeigt. Der Einwand der Arbeitgeberin überzeugt schließlich auch deshalb nicht, weil unberücksichtigt bliebe, dass ggf. weder der Betriebsrat noch sein an der Schulung teilnehmendes Mitglied die Seminarbeigaben überhaupt in Anspruch nehmen wollen. Soweit andere Rechtsvorschriften oder Compliance-Regeln bzw. -Richtlinien im Unternehmen die Annahme der Beigaben untersagen, hätte sich das Betriebsratsmitglied ohnehin an diese zu halten und ggf. schon aus diesem Grund von der Annahme der Seminarbeigaben abzusehen.

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Der Einwand der Arbeitgeberin, die vertragliche Abrede zwischen dem Seminarveranstalter und dem Betriebsrat über die Schulungsteilnahme des Betriebsratsmitglieds16 sei aufgrund einer nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässigen Begünstigung nach § 134 BGB nichtig und schließe deshalb einen Anspruch des Veranstalters gegen den Betriebsrat – und damit den streitbefangenen Freistellungsanspruch – aus, greift schon deshalb nicht, weil die angenommene Rechtsfolge nicht besteht. Selbst wenn man – was das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich offenlässt – annähme, der Betriebsratsmitglied sei durch die mit der Schulungsteilnahme verbundene Zusage kostenloser Seminarbeigaben nach § 78 Satz 2 BetrVG wegen seines Betriebsratsamts unzulässig begünstigt worden, führte eine angenommene Nichtigkeit dieser Zusage nach § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 134 BGB nicht zur Nichtigkeit des gesamten Schulungsvertrags und damit zum Wegfall der Grundlage für den Kostenfreistellungsanspruch des Betriebsrats. Nach § 139 BGB hat die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts dann nicht die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge, wenn anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Im Streitfall ist davon auszugehen, dass die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an der streitigen Schulung auch ohne das Versprechen von Seminarbeigaben vereinbart worden wäre. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war dasselbe Seminar nicht – unter Verzicht auf die Beigaben, zu einem günstigeren Preis buchbar. Es bestehen außerdem keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Betriebsrat die Entsendung seines Mitglieds auf das Seminar gerade wegen der versprochenen Seminarbeigaben beschlossen hat und der Betriebsratsmitglied allein die Zusatzleistungen in Anspruch nehmen wollte. Über andere ggf. denkbare Rechtsfolgen einer etwaigen unzulässigen Begünstigung des Betriebsratsmitglieds durch einen Dritten – den Seminarveranstalter – hat das Bundesarbeitsgericht ebenso wenig zu befinden wie über die damit zusammenhängenden (Vor-)Fragen, wem Seminarbeigaben zufließen (dürfen) und ob – insoweit dem Wortlaut von § 78 Satz 2 BetrVG nicht unmittelbar zu entnehmen – neben dem betriebsratsmitgliederbezogenen (auch) ein betriebsratsbezogenes Begünstigungsverbot iSd. § 78 Satz 2 BetrVG greifen kann17.

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Dem Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung der Seminargebühr iHv. 699, 00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer steht entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht entgegen, dass diese nicht nach einzelnen Kostenposten aufgeschlüsselt waren. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Betriebsrat die erstattungsfähige Seminargebühr ausreichend nachgewiesen hat.

Aus den vorgelegten Rechnungen oder Belegen muss sich ergeben, welche unter die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers fallenden Leistungen der Schulungsveranstalter erbracht hat und welche Preise für diese Leistungen anfallen. Werden die Seminargebühren als Pauschalpreis in Rechnung gestellt, so genügt grundsätzlich die Angabe des vereinbarten Betrags und der Hinweis auf die Pauschalierung. Soweit nach den getroffenen Vereinbarungen die Seminargebühren nicht pauschal, sondern nach Einzelleistungen des Schulungsträgers abgerechnet werden, ist die Rechnung allerdings dementsprechend aufzuschlüsseln18. Soweit der Betriebsrat oder die Schulungsteilnehmer die erstattungsfähigen Kosten nicht ausreichend nachweisen, kann der Arbeitgeber die Leistung verweigern. Diese materiell-rechtliche Nachweispflicht ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 666 BGB19. Der Veranstalter einer Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG hat daher Rechnungen auszustellen, die als Nachweis für die Kostenerstattungsansprüche der Schulungsteilnehmer oder für den Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber ausreichen. Dabei handelt es sich um eine Nebenpflicht des Schulungsträgers aus dem Schulungsvertrag20.

Die Arbeitgeberin konnte anhand der Rechnung des Schulungsveranstalters vom 24.05.2020 den Umfang ihrer Kostenerstattungspflicht erkennen. Der Buchung der Seminarteilnahme des Betriebsratsmitglieds lag – wie sich unschwer aus der Betragshöhe von 699, 00 Euro und der Preisauskunft des Schulungsveranstalters vom 10.12.2018 erkennen lässt – ein Pauschalpreis zugrunde, der aus der Rechnung hervorgeht. Anhand dieser Angaben konnte die Arbeitgeberin die erbrachten Leistungen des Veranstalters nachvollziehen und auf ihre Erstattungsfähigkeit prüfen.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin war der Betriebsrat nicht aus koalitionsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Seminargebühr im Hinblick auf die schulungsbedingt entstandenen Selbstkosten des Seminarveranstalters aufzuschlüsseln. Der Schulungsveranstalter durfte die Seminarkosten vielmehr pauschaliert abrechnen. Die koalitionsrechtlichen Beschränkungen der betriebsverfassungsrechtlichen Kostenerstattungspflicht der Arbeitgeber kommen nicht zum Tragen.

Nach diesen Beschränkungen dürfen Gewerkschaften, die ihre betriebsverfassungsrechtliche Unterstützungsfunktion wahrnehmen und Schulungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG durchführen, aus der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1 BetrVG keinen Gewinn erzielen21. Gewerkschaften können demnach nur die Erstattung der ihnen in diesem Zusammenhang tatsächlich entstandenen Kosten verlangen. Das schließt in der Regel eine Abrechnung nach Pauschalgebühren aus, weil der Arbeitgeber in diesem Fall nicht prüfen kann, ob nur die schulungsbedingt entstandenen Selbstkosten berechnet werden, für die er von Gesetzes wegen einzustehen hat22.

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Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, es bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, der – in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft verfasste – Schulungsveranstalter sei eine gewerkschaftliche Einrichtung. Ohne Erfolg macht die Arbeitgeberin insoweit geltend, ein solcher Bezug ergebe sich bereits daraus, dass der Veranstalter ausschließlich Schulungen für Betriebsräte durchführe. Eine bestimmte Kundenausrichtung oder ein auf bestimmte Schulungsinhalte beschränktes Seminarangebot hat keinen Erkenntniswert für die gewerkschaftliche Zuordnung oder Trägerschaft des Veranstalters, zumal sich auch kommerzielle Anbieter von Betriebsratsschulungen (zwangsläufig) „an Betriebsräte wenden“ und frei darin sind, sich auf diesen Unternehmenszweck zu beschränken.

Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die Maßgaben das BAG-Entscheidung vom 28.06.199523, wonach die in die Berechnung der Schulungsgebühren eingeflossenen Kosten nach Grund und Höhe zu benennen sind, beschränkten sich nicht auf gewerkschaftliche Anbieter. Die – einen Verweis auf Pauschalpreise regelmäßig ausschließende – Verpflichtung zu weiterer Konkretisierung berechneter Schulungskosten ist Folge der Einschränkung der Kostenerstattungspflicht nach § 40 Abs. 1 iVm. § 37 Abs. 6 BetrVG durch den koalitionsrechtlichen Grundsatz, wonach der Arbeitgeber nicht zur Finanzierung der Arbeitnehmerkoalition verpflichtet ist. Entsprechend betrifft sie ausschließlich gewerkschaftlich getragene Veranstalter von Schulungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG24. Es trifft zwar zu, dass sich auch bei nicht gewerkschaftlichen Schulungsanbietern aus der Rechnung grundsätzlich ergeben muss, welche unter die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers fallenden Leistungen erbracht worden sind und welche Preise hierfür anfallen. Hierfür genügt aber im Hinblick auf die Seminargebühren bei einem Pauschalpreis die Angabe des (Pausch-)Betrags und der Hinweis auf die Pauschalierung.

Eine weitergehende Aufschlüsselungspflicht folgt schließlich nicht aus dem Umstand, dass die Schulungsveranstaltung mit der Aushändigung von Seminarbeigaben verbunden war. Dem Schutz des Arbeitgebers vor einer unangemessenen Kostenbelastung dient der vom Betriebsrat zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Demgegenüber bildet die Pflicht zur Aufschlüsselung erstattungsfähiger Kosten kein, zur Zumutbarkeit hinzutretendes – Korrektiv zur Eingrenzung der betriebsverfassungsrechtlichen Kostentragungspflicht. Eine dahingehende „erweiterte“ Pflicht besteht daher beim Nachweis einer pauschalen Seminargebühr eines kommerziellen Anbieters gerade nicht. Sie bewirkte im Übrigen bei kommerziellen Veranstaltern eine unzumutbare Verpflichtung zur Offenlegung seminarübergreifender und unternehmensweiter Kalkulationsgrundlagen25. Ungeachtet dessen spricht vorliegend nichts dafür, dass die Kosten der Seminarbeigaben unmittelbar in die Preiskalkulation für das streitige Seminar eingeflossen sind und trotz des Pauschalpreisansatzes sinnvoll aus dem Gesamtpreis für die Seminargebühren wieder herausgerechnet werden können, zumal nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts das gleiche Seminar ohne die Zugabe eines Tablets bereits 2014 zu keinem anderen (geringeren) Pauschalpreis angeboten worden ist.

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Neben den eigentlichen Seminargebühren hat der Arbeitgeber anlässlich einer nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen Schulungsveranstaltung auch die notwendigen Reise, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds zu tragen26.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. November 2021 – 7 ABR 27/20

  1. vgl. BAG 24.10.2018 – 7 ABR 23/17, Rn. 11[]
  2. st. Rspr., vgl. BAG 14.01.2015 – 7 ABR 95/12, Rn. 10 mwN[]
  3. BAG 20.08.2014 – 7 ABR 64/12, Rn. 16[]
  4. vgl. BAG 24.10.2018 – 7 ABR 23/17, Rn. 12; 27.05.2015 – 7 ABR 26/13, Rn. 16 mwN[]
  5. vgl. BAG 28.09.2016 – 7 AZR 699/14, Rn. 16; 20.08.2014 – 7 ABR 64/12, Rn. 16[]
  6. vgl. BAG 28.09.2016 – 7 AZR 699/14 – aaO[]
  7. BAG 28.09.2016 – 7 AZR 699/14 – aaO; 14.01.2015 – 7 ABR 95/12, Rn. 13; 19.03.2008 – 7 ABR 2/07, Rn. 15[]
  8. BAG 19.03.2008 – 7 ABR 2/07, Rn. 24[]
  9. BAG 14.01.2015 – 7 ABR 95/12 – aaO[]
  10. st. Rspr., vgl. BAG 27.05.2015 – 7 ABR 26/13, Rn. 17[]
  11. Hess. LAG 10.08.2020 – 16 TaBV 177/19[]
  12. vgl. zu diesen Fallkonstellationen BAG 17.11.2010 – 7 ABR 113/09, Rn. 25 ff.[]
  13. vgl. BAG 17.06.1998 – 7 ABR 25/97, zu B 2 b der Gründe, BAGE 89, 171[]
  14. vgl. zu einem solchen dem Arbeitgeber obliegenden Vorbringen BAG 19.03.2008 – 7 ABR 2/07, Rn. 24[]
  15. vgl. zur Rechtswirkung von tatsächlichen Feststellungen in den Beschlussgründen zB BAG 13.11.2019 – 4 ABR 3/19, Rn. 27 mwN[]
  16. vgl. zur Möglichkeit der vertraglichen Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber Dritten BGH 25.10.2012 – III ZR 266/11, Rn. 25, 29, 31, BGHZ 195, 174[]
  17. vgl. für das Benachteiligungsverbot BAG 25.06.2014 – 7 AZR 847/12, Rn. 32 – 34, BAGE 148, 299[]
  18. BAG 17.06.1998 – 7 ABR 20/97 – sowie – 7 ABR 22/97 – jeweils zu B 2 der Gründe; 30.03.1994 – 7 ABR 45/93, zu B II 1 und 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 76, 214[]
  19. vgl. BAG 30.03.1994 – 7 ABR 45/93, zu B II 2 der Gründe, aaO[]
  20. BAG 30.03.1994 – 7 ABR 45/93, zu B II 2 d der Gründe, aaO[]
  21. BAG 28.06.1995 – 7 ABR 55/94, zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 80, 236[]
  22. BAG 17.06.1998 – 7 ABR 20/97, zu B 3 a der Gründe mwN[]
  23. BAG 28.06.1995 – 7 ABR 55/94, BAGE 80, 236[]
  24. vgl. BAG 28.06.1995 – 7 ABR 55/94, zu B II 5 c der Gründe, aaO[]
  25. vgl. BAG 30.03.1994 – 7 ABR 45/93, zu B II 2 d bb der Gründe, BAGE 76, 214[]
  26. BAG 24.10.2018 – 7 ABR 23/17, Rn. 11 mwN[]

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