Geht ein Betrieb oder Betriebsteil nach dem Ausspruch einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter auf einen anderen Inhaber über, kann die Kündigungsschutzklage auch dann gegen den Insolvenzverwalter gerichtet werden, wenn der Übergang schon vor Klageerhebung stattgefunden hat. In einem solchen Fall würde – unterstellt, es läge ein Betriebsübergang vor – der neue Inhaber das Arbeitsverhältnis in gekündigtem Zustand übernehmen und müsste sich das Ergebnis der Kündigungsschutzklage zurechnen lassen.

Im hier entschiedenen Fall konnte es das Landesarbeitsgericht Nürnberg dahinstehen lassen, ob der Arbeitnehmer die Kündigungsklage auch gegen den neuen Inhaber richten kann. Jedenfalls dann, wenn er sich mit dem bisherigen Inhaber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung einigt, bleibt es bei den Kündigungswirkungen selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis inzwischen zum Betriebserwerber besteht. Wird innerhalb dieser Einigung mit dem bisherigen Betriebsinhaber gleichzeitig klargestellt, dass kein Betriebsübergang stattgefunden hat, so wirkt dies auch im Verhältnis des Arbeitnehmers zum Betriebserwerber. Eine solche Einigung kommt nämlich einem Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB gleich mit der Folge, dass ein Fortsetzungsverlangen gegenüber dem Betriebserwerber nunmehr rechtsmissbräuchlich wäre.
Ob dies auch gelten würde, wenn der Arbeitnehmer gegen den neuen Inhaber Antrag auf Wiedereinstellung gestellt hätte, konnte das Landesarbeitsgericht Nürnberg hier ebenfalls dahinstehen lassen, da es vorliegend an einem solchen Begehren fehlte.
Das zur ursprünglichen Arbeitgeberin bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung des Insolvenzverwalters beendet worden ist. Dies steht nicht zuletzt aufgrund des zwischen Arbeitnehmer und Insolvenzverwalter geschlossenen Vergleichs fest. Diesem Vergleich hat der im Termin anwesende Arbeitnehmer über seine Prozessbevollmächtigten ausdrücklich zugestimmt. Zwar war die Betriebserwerberin am Vergleichsabschluss nicht beteiligt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Arbeitnehmer und Insolvenzverwalter Einigkeit erzielt haben, dass das Arbeitsverhältnis beendet worden ist.
Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob die Betriebserwerberin den bisher von der Insolvenzschuldnerin geführten Betrieb oder Teile davon im Wege eines Betriebs- oder Teilbetriebsübergangs im Sinne des § 613a BGB übernommen hat oder nicht. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte die Betriebserwerberin am 01.06.2013 das Arbeitsverhältnis in derjenigen Form übernommen, in der es damals bestand. Nach § 613a BGB tritt der Betriebsübernehmer in die Rechte und Pflichten aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis ein – und zwar in der Form, wie sie im Arbeitsverhältnis gelten. Am 01.06.2013, dem Zeitpunkt also, den auch der Arbeitnehmer als Zeitpunkt des von ihm behaupteten Betriebsübergangs benennt, befand sich das Arbeitsverhältnis bereits in gekündigtem Zustand. Wenn, dann wäre es in diesem gekündigten Zustand auf die Betriebserwerberin übergegangen. Der Arbeitnehmer hat die Kündigung durch gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Klage angegriffen. Insoweit hat er sich auf die Beendigung geeinigt. Damit steht fest, dass auch ein übergegangenes Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 28.05. und 29.05.2013 mit Ablauf des 30.09.2013 beendet gewesen wäre. Es ist rechtlich nicht möglich, im jetzigen Verfahren diese Kündigung nochmals in Frage zu stellen, sie als unwirksam anzusehen und den Entschluss des Insolvenzverwalters zur Stilllegung des Betriebes in Zweifel zu ziehen. Eine Kündigung, die von einem – damaligen – Arbeitgeber bzw. seiner Bevollmächtigen ausgesprochen ist, kann allenfalls durch eine Einigung über deren Unwirksamkeit oder durch erfolgreiche Kündigungsschutzklage aus der Welt gebracht werden. Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, bleiben ihre Wirkungen bestehen. Dies führt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist.
Es kann dahinstehen, ob das Ergebnis der Kündigungsschutzklage, nämlich der Beendigungsvergleich – die Betriebserwerberin – etwa über §§ 265, 325 ZPO – prozessual gebunden hat. Jedenfalls hat der Arbeitnehmer sich auf die Kündigungsschutzklage hin mit dem Insolvenzverwalter dahingehend geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird. Auch wenn eine Einigung mit der Betriebserwerberin fehlen sollte – gegen die Betriebserwerberin hat der Arbeitnehmer die Kündigungsklage nicht gerichtet. Wenn er der Auffassung ist, die Betriebserwerberin sei als nunmehriger Vertragspartner allein für die Kündigung zuständig, hätte er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage gegen die Betriebserwerberin erheben oder diese auf sonstige Weise in den Kündigungsprozess einbeziehen müssen. Die Kündigung, die der damals zuständige und kündigungsberechtigte Insolvenzverwalter ausgesprochen hat, ist in der Welt. Sie hat zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt, soweit nicht eine rechtzeitige Kündigungsschutzklage erhoben wurde. Der Arbeitnehmer hat den einzigen Angriff gegen die Kündigung durch den Vergleichsabschluss, mit dem eine Beendigung zum Kündigungszeitpunkt vereinbart wurde, beseitigt. Es ist also bei der durch die Kündigungen vom 28.05. und 29.05.2013 bewirkten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2013 verblieben. Anderes würde nur dann gelten, wenn der Betriebsübergang zeitlich vor Zugang der Kündigungserklärungen gelegen hätte – dann wäre die Kündigung schon aufgrund der fehlenden Arbeitgeberstellung des Kündigenden unwirksam, hätte mit dem Arbeitsverhältnis, welches damals schon zum Übernehmer bestanden hätte, nichts zu tun. Dies ist vorliegend aber nach übereinstimmendem Sachvortrag nicht der Fall.
Der Arbeitnehmer ist in einer solchen Konstellation – Betriebsübergang nach Zugang der Kündigung, aber innerhalb der Kündigungsfrist – nicht schutzlos. Es ist ihm in einem solchen Fall unbenommen, Wiedereinstellung beim Betriebsübernehmer zu verlangen und diesen Anspruch gegebenenfalls einzuklagen. Dies hat der Arbeitnehmer nicht gemacht. Er hat ausdrücklich erklärt, die vorliegende Klage beinhalte keinen Wiedereinstellungsanspruch. Der Arbeitnehmer hätte einen solchen Wiedereinstellungsanspruch zudem zeitnah und nicht erst mit der im November erhobenen Klage geltend machen müssen.
Dem Arbeitnehmer ist es zudem aufgrund des mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Vergleiches verwehrt, sich auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Betriebserwerberin zu berufen. Der Arbeitnehmer hat in diesem Vergleich ausdrücklich vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2013 beendet war. Er hat ausdrücklich erklärt, er sei sich mit dem Insolvenzverwalter einig, dass ein Arbeitsverhältnis zur Betriebserwerberin nicht begründet wurde. Diese Einigung war offensichtlich Geschäftsgrundlage des Vergleiches. Zwar hat der Arbeitnehmer damit keinen ausdrücklichen Widerspruch gegen eine eventuelle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erklärt. Die Gestaltungserklärungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, verbunden mit der Wissenserklärung, zur Betriebserwerberin sei kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, kommt jedoch einem Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB, den nach Abs. 6 S. 2 auch gegen den bisherigen Betriebsinhaber erklärt werden kann, gleich. Der Arbeitnehmer verhält sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn er sich entgegen dieser Vereinbarung, die vom Insolvenzverwalter erkennbar auch im Interesse der Betriebserwerberin abgeschlossen war, nunmehr auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zur Betriebserwerberin beruft. Darüber hinaus kann unterstellt werden, dass die Betriebserwerberin den Insolvenzverwalter zu einem solchen für sie in jeder Hinsicht günstigen Vergleichsabschluss bevollmächtigt, ihn zumindest nachträglich genehmigt hat [1].
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 9. Dezember 2014 – – 6 Sa 550/14
- vgl. diesbezüglich LAG Nürnberg vom 17.09.2014, 4 Sa 344/14, II. 3. der Entscheidungsgründe[↩]