Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Hierdurch soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes erreicht werden.

Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen1. Der Betriebsrat hat daher nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht sowohl bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG als auch bei der Unterweisung der Beschäftigten nach § 12 ArbSchG2. §§ 5 und 12 ArbSchG sind Rahmenvorschriften über den Gesundheitsschutz, die dem Arbeitgeber Handlungsspielräume bei der Umsetzung lassen. Bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG bestehen solche Spielräume etwa bei den Festlegungen, welche Arbeitsplätze mit welchen Methoden auf welche Gefahrenursachen hin in welchem Zeitablauf untersucht werden sollen; bei § 12 ArbSchG müssen insbesondere Art, Umfang und der konkrete Inhalt der Unterweisung festgelegt werden.
Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeberin ein externes Unternehmen mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und der Unterweisung der Beschäftigten beauftragt hat.
In mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten kann sich der Arbeitgeber Dritten gegenüber grundsätzlich nicht in einer Weise binden, die die Mitregelungsbefugnis des Betriebsrats faktisch ausschließen würde. Vielmehr muss der Arbeitgeber durch eine entsprechende Vertragsgestaltung sicherstellen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts gewährleistet ist3.
Auch die nach § 13 Abs. 2 ArbSchG mögliche, an bestimmte Anforderungen geknüpfte Beauftragung von Dritten mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und der Beschäftigtenunterweisung schließt das bei der Durchführung dieser Aufgaben nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bestehende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht aus. Es kann daher offenbleiben, ob die Arbeitgeberin die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nach §§ 5 und 12 ArbSchG mit dem „Dienstvertrag über sicherheitstechnische Dienstleistungen nach dem ‚Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit‘ (Arbeitssicherheitsgesetz)“ vom 06.10.2008 überhaupt wirksam iSv. § 13 Abs. 2 ArbSchG auf A übertragen hat.
Nach § 13 Abs. 2 ArbSchG kann der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach dem ArbSchG, dh. auch die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und die Unterweisung der Beschäftigten nach § 12 ArbSchG, in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 ArbSchG sind die nach § 13 Abs. 2 ArbSchG verpflichteten Personen im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse neben dem Arbeitgeber verantwortlich für die Erfüllung der sich aus dem Zweiten Abschnitt des ArbSchG ergebenden Pflichten. § 13 ArbSchG regelt damit den Kreis der öffentlich-rechtlichen (verwaltungsrechtlichen) verantwortlichen Personen für die Einhaltung und Durchführung der öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften. Die Kumulation der Verantwortlichkeiten dient der Effektivierung des Arbeitsschutzes4. Die aus der (Dritt-)Beauftragung folgende Erweiterung der verwaltungsrechtlichen Verantwortlichkeit lässt die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Durchführung von Arbeitsschutzpflichten unberührt. Nach § 13 Abs. 1 Eingangssatz ArbSchG ist der Arbeitgeber neben den in Nrn. 1 bis 5 der Vorschrift genannten Personen für die Erfüllung der sich aus dem Zweiten Abschnitt des ArbSchG ergebenden Handlungspflichten öffentlich-rechtlich verantwortlich. Eine Delegation der Aufgaben der Gefährdungsbeurteilung iSd. § 5 ArbSchG und der Unterweisung der Beschäftigten iSd. § 12 Abs. 1 ArbSchG an A ändert daran nichts.
Auf die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG wirkt sich die „Externalisierung“ von Arbeitsschutzpflichten iSv. § 13 Abs. 2 ArbSchG nicht aus5. Von der öffentlich-rechtlichen Verantwortlichkeit des Arbeitgebers und der ggf. gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 ArbSchG daneben für die Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten verantwortlichen Personen ist die sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergebende Mitregelungsbefugnis des Betriebsrats bei der betrieblichen Umsetzung von ausfüllungsbedürftigen Rahmenvorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu unterscheiden. Die Beauftragung eines Dritten mit der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung iSd. § 5 ArbSchG und der Unterweisung der Beschäftigten iSd. § 12 Abs. 1 ArbSchG nach § 13 Abs. 2 ArbSchG ändert nichts daran, dass bei der Umsetzung dieser gesetzlichen Handlungspflichten ein Handlungsspielraum besteht, bei dessen Ausfüllung der Betriebsrat im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer zu beteiligen ist. Sofern die Arbeitgeberin in diesem Zusammenhang einwendet, dass die Verantwortung des nach § 13 Abs. 2 ArbSchG beauftragten Dritten zur Folge haben muss, dass dieser nicht an „Vorgaben“ des Betriebsrats gebunden sein könne, verkennt sie, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats „im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften“ besteht und allenfalls entfällt, soweit etwa eine verbindliche behördliche Anordnung vorliegt, die keinen Handlungsspielraum belässt6.
Nichts Anderes folgt aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.08.20097. Das Bundesarbeitsgericht hat darin erkannt, dass der Betriebsrat bei der Übertragung der Durchführung von Gefährdungsbeurteilung oder Unterweisungen auf externe Dritte nach § 13 Abs. 2 ArbSchG kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat, weil es sich dabei typischerweise um nicht mitbestimmungspflichtige Einzelmaßnahmen handelt8. Das Bundesarbeitsgericht hat aber auch ausgeführt, dass dadurch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen nicht verkürzt werden9.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30. September 2014 – 1 ABR 106/12
- BAG 11.02.2014 – 1 ABR 72/12, Rn. 14[↩]
- grdl. BAG 8.06.2004 – 1 ABR 4/03, BAGE 111, 48; vgl. auch 11.02.2014 – 1 ABR 72/12, Rn. 14 mwN [zur Gefährdungsbeurteilung] und 8.11.2011 – 1 ABR 42/10, Rn. 16 mwN [zur Unterweisung der Beschäftigten][↩]
- BAG 18.04.2000 – 1 ABR 22/99, zu B II 1 b der Gründe; vgl. auch 16.06.1998 – 1 ABR 67/97, zu B II 1 b dd der Gründe, BAGE 89, 128 [zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG][↩]
- vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/3540 S.19[↩]
- ebenso Fitting 27. Aufl. § 87 Rn. 300; Wiese/Gutzeit in GK-BetrVG 10. Aufl. § 87 Rn. 587[↩]
- vgl. hierzu BAG 26.05.1988 – 1 ABR 9/87, zu B II 3 der Gründe, BAGE 58, 297[↩]
- 1 ABR 43/08, BAGE 131, 351[↩]
- BAG – 1 ABR 43/08, Rn. 23, aaO[↩]
- BAG – 1 ABR 43/08, Rn. 24, aaO[↩]